Der Thread um richtig Dampf abzulassen!

[Genussmensch]

@Zuwanderung
Mir scheint, dass Ihr bewusst ein wenig aneinander vorbeiredet. Dass wir ein massives demografisches Problem haben, ist so betrüblich wie wahr. In der Tat sind wir deshalb auf Zuwanderung angewiesen.

Allerdings sind wir nach wie vor nicht bereit, eine aktive Zuwanderungspolitik zu betreiben. Wir lassen Zuwanderung mehr oder minder ungeregelt und ungesteuert über uns ergehen. Wer kommt, der kommt - und bleibt oft auch, ob er sich hier integriert oder nicht. Ob Integration gelingt, ist dann Glückssache. Dass Integration leider allzu oft scheitert, kein Wunder.

Aus meiner Sicht ist das ein auf Dauer unhaltbarer Zustand. In einer Demokratie zählt es zu den ureigenen Rechten des Staatsvolkes, darüber zu befinden, mit wem man zusammenleben will. Das setzt eine offene Diskussion voraus, die bei uns nicht stattfinden kann, weil sie von den etablierten Parteien bewusst tabuisiert wird. Dieser Zustand ist sehr gefährlich, weil die Sorgen und Ängste vieler Menschen nicht mehr von den etablierten Parteien, sondern nur noch von Populisten auf beiden Seiten des politischen Spektrums ernst genommen werden.

Aus meiner Sicht müsste eine öffentliche und kontroverse Diskussion in ein Quotenmodell münden: Auf diese Weise könnten wir wie die klassischen Einwanderungsländer wirklich integrationswillige (und qualifizierte) Menschen gewinnen. Außerdem würde ein solches Quotenmodell auch eine Diskussion darüber ermöglichen, wie viele Flüchtlinge wir bereit sind aufzunehmen. Dezidiert bin ich nicht der Auffassung, dass man diese Frage nicht öffentlich diskutieren sollte! Wie wenn nicht durch eine solche kontroverse öffentliche Diskussion, die auch die Kosten und Belastungen der hier Lebenden nicht tabuisiert, wollen wir denn Akzeptanz in dieser Frage erreichen? Indem wir alle, die Sorgen äußern, als "Rechte" entlarven? Wohl kaum, denn gemeinhin führt Beschimpfung kaum zu besonders ausgeprägter Hilfsbereitschaft. Und die Deutschen sind eines der hilfsbereitesten Völker weltweit; die einzigen, die das nicht wahrhaben wollen, sind zumeist die Deutschen selbst bzw. bestimmte Kreise in Politik und Journaille.

Viele Grüße

Genussmensch

[CarlTheodor]

@Genussmensch: Vollkommen einverstanden mit diesem Ansatz. Das ist gewissermaßen eine der Lebenslügen der Bundesrepublik, kein Zuwanderungsland zu sein. Und natürlich wäre es viel besser, die Zuwanderung über Quoten zu steuern. Flüchtlinge würde ich persönlich allerdings nicht auf solche Quoten anrechnen - die aufzunehmen ist einfach ein humanitärer Akt. Hier ist es allerdings skandalös, dass sich die Europäer untereinander nicht auf eine quotale Verteilung einigen können. Das Problem wird im Moment auf Italien, Spanien, Deutschland und Schweden abgeladen, habe ich den Eindruck.

Was mich an der hier geführten Diskussion geärgert hat ist das zwischen den Zeilen zu lesende Vorurteil, dass es sich bei den Zuwanderern überwiegend um ungebildete Menschen handele, die in ihren jeweiligen Heimatländern irgendwo zwischen "gerade vom Baum geklettert" und "Lagerfeuer im Wohnzimmer", also in primitiven Verhältnissen gelebt haben. Wenn man mit ein bisschen wachen Augen durchs Leben geht und auf Reisen über Malle hinauskommt, weiß man, dass das nicht so ist - siehe das von mir geschilderte Beispiel aus Indonesien. Deshalb bin ich der Meinung, dass diese Menschen auch in unserer Gesellschaft wertvoll sind, wenn wir sie ihren Beitrag leisten lassen.

Gruß CT

[Marcel123]

Hier mal etwas Lustiges zu Thema: Christian Ulmen macht ein Interview mit einer Politikerin der Linkspartei....

https://www.youtube.com/watch?v=YSjvAOPmgnY

Dann kommt ihr Mal wieder etwas runter....

[mk_stgt]

wie krass ist denn der typ???

[aaof]

@ct

Ich stimme mit dir grundsätzlich überein, dass es für die Wiedervereingung, dem zusammenschmelzen 2er kplt. verschiedener Systeme (einzig die Sprache und gemeinsame Geschichte verband uns) keinen Masterplan gab. Fehler also unausweichlich waren. Aber, wie war das mit einer gewissen Selbstüberschätzung aus Bonn? Die Wiedervereinugng bezahlen wir aus der Portokasse? Heute wissen wir, dass die Wiedervereinigung erheblich teurer wurde (geschätzt 2 Billionen DM oder Euro) und eine damit eingehende Kluft zwischen Ost und West welche bis heute anhält, unausweichlich ist. Wobei mich die Reaktionen einiger Westdeutschen vor einigen Wochen dahin überrascht hat, dass man hier mittlerweile meint, Hauptsache das Geld blieb hier im Land und geht nicht in die Rettung von maroden Nachbarstaaten. Immerhin differenziert man hier endlich mal etwas.

Und wenn es die Wiedervereinigung angenommen nicht gegeben hätte, hätte die BRD heute auch keinen Cent mehr in der Kasse. Das ist zum Teil sogar wissenschaftlich belegt. Das Geld wäre an anderer Stelle ausgegeben wurden und damit meine ich nich zwangsläufig in den zugegeben maroden Straßenzustand hier in Teilen der alten Republik.

Aber um noch mal zum Ausgangspunkt zurück zu gehen: es gab keinen Plan und wie hätte eine Alternative ausgesehen? So wie es damals die SPD zum Teil wollte? Die Ostdeutschen wollten um jeden Preis die DM. Die Grenzfrage stellte sich erst gar nicht, da hier niemand mehr zu halten gewesen wäre.

Gruß

aaof

[CarlTheodor]

Aber, wie war das mit einer gewissen Selbstüberschätzung aus Bonn? Die Wiedervereinugng bezahlen wir aus der Portokasse? Heute wissen wir, dass die Wiedervereinigung erheblich teurer wurde ...

Das ist der einzige Punkt, an dem ich überzeugt bin, dass man die Ausmaße kannte oder jedenfalls ahnte, sich aber nicht getraut hat, dem Wähler reinen Wein einzuschenken. Kohl hätte meiner Meinung nach 1990 die Bundestagswahl auch gewonnen, wenn er vorher eine "Blut, Schweiß und Tränen-Rede" gehalten hätte. Das wäre ehrlicher gewesen.

Und wenn es die Wiedervereinigung angenommen nicht gegeben hätte, hätte die BRD heute auch keinen Cent mehr in der Kasse. Das ist zum Teil sogar wissenschaftlich belegt. Das Geld wäre an anderer Stelle ausgegeben wurden und damit meine ich nich zwangsläufig in den zugegeben maroden Straßenzustand hier in Teilen der alten Republik.

Das ist ein total hypothetisches Szenario. Keiner weiß, wie es weitergegangen wäre. Vermutlich hätte Lafontaine 1990 ohne Mauerfall die Wahl gewonnen. Im schlechtesten Fall hätte das zu mehr Sozialausgaben ohne entsprechende Einnahmen geführt, damit in eine Situation, wie man sie heute in Frankreich hat. Vielleicht wäre aber sowas wie eine Agenda 2010 ohne das Konjunkturprogramm Wiedervereinigung (das war es - ohne Zweifel) einfach nur eher gekommen und Westdeutschland stünde heute in etwa so da wie Gesamtdeutschland.

Aber um noch mal zum Ausgangspunkt zurück zu gehen: es gab keinen Plan und wie hätte eine Alternative ausgesehen? So wie es damals die SPD zum Teil wollte? Die Ostdeutschen wollten um jeden Preis die DM. Die Grenzfrage stellte sich erst gar nicht, da hier niemand mehr zu halten gewesen wäre.

Genau. Der DDR wären einfach die Leute weggerannt. Die SPD wollte im übrigen auch die Wiedervereinigung, eigentlich nur in Nuancen anders als Kohl. Lafontaine hat das damals nur extrem ungeschickt kommuniziert, er kam eher so rüber, als würde er das wegen der enormen Kosten ablehnen. Dabei hat er eigentlich nur die Wahrheit gesagt, nämlich dass es teuer wird und dass man deshalb mindestens vorübergehend Steuererhöhungen braucht. Dass das nicht falsch war, sieht man an der heute über den Soli geführten Debatte. Ich mochte ihn nie besonders und verstehe auch den Altershass auf seine frühere Partei nicht. Keine Ahnung, was ihn da reitet - vermutlich gekränkte Eitelkeit, dass nicht er, sondern Schröder Kanzler wurde ... Aber damals hatte er recht.

EDIT: Übrigens sind Heerscharen von Wirtschafswissenschaftlern, Politikberatern und Historikern aus Südkorea intensiv damit beschäftigt, die deutsche Vereinigung zu analysieren. Die betrachten das als Vorbild für den Fall, dass der Norden kollabiert. Die wissen aber sicher ganz genau, dass gegen eine Verschmelzung der beiden Korea die deutsche Vereinigung ein Kindergeburtstag war ...

Gruß CT

[backes69]

Langsam wird's ärgerlich.

Sehe ich ähnlich.
Du legst mir Dinge in den Mund welche ich nie gesagt oder geschrieben habe .

Und, du hast absolut recht. Sie sollen nicht nur integriert werden, in meinen Augen müssen sie integriert werden,
was die fehlende Integration der letzten Jahrzente angeht, dem werden wir sowieso nicht mehr Herr,
das können wir uns abschminken.
Hoffe da geht es zukünftig in eine andere Richtung, was in meinen Augen aber nicht absehbar ist.

@ Genussmensch
Absolute Zustimmung

[aaof]

Aber, wie war das mit einer gewissen Selbstüberschätzung aus Bonn? Die Wiedervereinugng bezahlen wir aus der Portokasse? Heute wissen wir, dass die Wiedervereinigung erheblich teurer wurde ...

Das ist der einzige Punkt, an dem ich überzeugt bin, dass man die Ausmaße kannte oder jedenfalls ahnte, sich aber nicht getraut hat, dem Wähler reinen Wein einzuschenken. Kohl hätte meiner Meinung nach 1990 die Bundestagswahl auch gewonnen, wenn er vorher eine "Blut, Schweiß und Tränen-Rede" gehalten hätte. Das wäre ehrlicher gewesen.

Und das war der Betrug von dem ich vorher sprach. Zugegeben eine gezielte Falschinformation für Ost und West. Wenn man damals reinen Tisch gemacht hätte und alle auf eine schwierige und langwierige Reise eingestellt hätte, wäre möglicherweise die Kluft zwischen Ost und West in den Köpfen der Menschen etwas kleiner ausgefallen.

Am Tag der Deutschen Einheit kamen dazu einige interessante Berichte. Auch über Kohl. Ich bin zwar heute immer noch fest davon überzeugt, dass er damals der richtige Kanzler war. Er sah seine historische Chance und hat sie clever genutzt. Heute weiß man, dass es doch erheblich schwieriger war, weil eigentlich niemand der Siegermächte (ausgenommen den Amis, denen war es im Prinzip egal, die wollten dann aber Gesamtdeutschland in der NATO haben) die Wiedervereinigung wirklich wollte. Niemand glaubte an eine schnelle Lösung. Nachdem ihm dieser historische Drahtseilakt gelungen ist, wirkte er aber Ideen- und planlos. Er war damit wohl auch überfordert. Tagespolitik war wohl nicht seins. Er hätte nach der Wiedervereinigung sich nicht mehr zur Wahl stellen sollen.

Als er damals in Erfurt mit Eiern beworfen wurde, tat er mir zwar etwas leid, aber die Wut der Ostdeutschen manifestierte sich eben dann auch in seiner Person, in dem Betrug alles über Nacht regeln zu können.


Gruß

aaof

[CarlTheodor]

@backes:

Sehe ich ähnlich.Du legst mir Dinge in den Mund welche ich nie gesagt oder geschrieben habe .

Das tue ich nicht. Du erweckst mit Deinen Posts z.B. hier

Und in Syrien geht sicher der größte Teil der Bevölkerung eben auf diese beiden Unis.Hab ich damit jetzt deine Ironie erkannt?Und in Eritrea sieht es wahrscheinlich noch besser aus für uns.

den Eindruck, als wären die Zuwanderer, die als Flüchtlinge zu uns kommen, vollkommen nutzlos, ungebildete, unqualifizierte Menschen. Ich habe lediglich versucht klarzustellen, dass das nicht so ist, dass wir nur bisher das Potential, welches in Zuwanderern liegt, nicht nutzen.

@aaof:

... aber die Wut der Ostdeutschen manifestierte sich eben dann auch in seiner Person, in dem Betrug alles über Nacht regeln zu können.

Die Ostdeutschen wollten das aber auch glauben. Ich kann von mir als damals 18jährigem Abiturienten behaupten, dass ich es jedenfalls nicht geglaubt habe. Mir war instinktiv ziemlich klar, dass mit der Art des Wirtschaftens und Arbeitens, wie sie in der DDR gepflegt wurde, kein Blumentopf zu gewinnen sein wird und dass das für viele eine sehr brutale Umstellung werden wird. Witzigerweise: Auf der erwähnten Kohl-Kundgebung standen zwei ihm zujubelnde Männer vor mir, die sich gegenseitig erzählten, dass sie - um Kohl zu sehen - ihre Arbeitsstelle während der Arbeitszeit verlassen haben. Ich habe damals schon gedacht: "Ihr werdet Euch noch wundern ...!"

Gruß CT

[mk_stgt]

sorry die beiträge nachzulesen ist too much! ist es nicht sinnvoll, hier einen eigen thread zu eröffnen? danke!