Musik und Emotionen geht. Da kann man niemandem sagen, er mache einen Fehler, wenn Original und Wiedergabe sich nicht decken, jedenfalls nicht, wenn es um dessen individuellen Genuss geht. Im Gegenteil, was hat derjenige davon zu wissen, dass er "die Wahrheit" hört, er aber todunglücklich ist, weil es ihm nicht mehr gefällt?
(...)ist für meinen Geschmack zu allgemeingültig, wie will Andreas anderer Leute Ästhetikempfinden beurteilen?
Hallo Daniel
woher weiß ich, daß mir eine Tonaufnahme gefällt? Ich wiederhole zunächst den wichtigen Satz:
Neutrale Hörbedingungen sind die Voraussetzung zur ästhetischen Beurteilung einer Tonaufnahme
Das Ästhetikempfinden anderer Leute kann und will ich nicht beurteilen. Über Musik als Kunst können, dürfen und sollen verschiedene Individuen verschiedene Auffassungen vertreten. Das gilt ebenso für das Klangbild einer Aufnahme.
Damit ein ästhetisches Urteil über eine Tonaufnahme überhaupt möglich ist, muß aber sichergestellt sein, daß bei der Rezeption tatsächlich diese Tonaufnahme gehört wird und nichts anderers. Durch eine Verfälschung der physikalisch definierten Wiedergabequalität kommt es zu einer Verfälschung der Tonaufnahme, zu einer Verfälschung des Wahrgenommenen. Ein fehlerhaftes Schall-Ereignis führt zu einem fehlerhaften Hör-Ereignis. Das Individuum hört etwas ganz anderes, was nachhaltige Konsequenzen auf das ästhetische Urteil hat, welches naturgemäß auf dem Hör-Ereignis basiert.
Hätte das Individuum für neutrale Hörbedingungen Sorge getragen, würde
sein individuelles ästhetisches Urteil u.U. ganz anders ausfallen.
Unter diesem Aspekt sei daher der Satz von oben nochmals wiederholt, in der Hoffnung, daß er jetzt besser verständlich ist:
Neutrale Hörbedingungen sind die Voraussetzung zur ästhetischen Beurteilung einer Tonaufnahme
Neutrale Hörbedingungen können zu einer großen Ent-Täuschung führen. Was auf dem Kofferradio in der Küche noch wunderbar "emotional" klang, kann sich als eine völlig steril und leblos wirkenden Produktion erweisen (bei populärer Musik oft anzutreffen). Usw. usf.
Physikalisch / technisch mangelhafte Hörbedingungen täuschen das Individuum, gaukeln etwas vor, was gar nicht vorhanden ist. Dies kann in ein falsches ästhetisches Urteil münden, was von genau diesem Individuum so nicht gefällt worden wäre, hätte es die Tonaufnahme unverfälscht wahrgenommen.
Das ästhetische Urteil verschiedener Individuen über ein und dieselbe Tonaufnahme kann und soll dagegen differieren, niemandem kann vorgeschrieben werden, welche Art von Musik und welches Klangbild einer Aufnahme ihm gefällt oder nicht gefällt.
Das alles wirkt vielleicht alles etwas abstrakt, aber meine Erfahrung geht dahin, daß dieses Thema eine ungeheure praktische Relevanz hat.
Gruß
Andreas