Ich hab mir jetzt auch nochmal Gedanken gemacht über diese Frage.
Erst mal zu der Vermutung von kanadagrami, dass Klassik möglicherweise ganz andere Klangereignisse bietet und darum mglw. andere Ansprüche an Boxen stellt als andere Musikstile. Das wurde von den meisten hier ja von vornherein abgebügelt, aber ich denke das war vielleicht etwas vorschnell.
Dass ich besonders die Streicher bei Klassik im "Verdacht " habe, schwierig zu übermitteln zu sein, hab ich ja schon ausgeführt, und der von Kikl genannte Jazzmusiker Stephane Grapelli ist da ein gutes Demonstrationsobjekt. In der Tat: Er spielt Geige. Was ihn aber von Violinmusik in klassischen Stücken unterscheidet, ist (soweit ich das in Erinnerung habe) dass er fast durchgehend, den für ihn berühmten schlanken, federnden Ton hat, und die Dynamik sich fast durchgehend zwischen mf (mittellaut) und f (laut) bewegt. Bei klassischer Musik ist aber gerade das bezeichnende, dass die Tonfälle oft wechseln und dass die Dynamik schwanken kann zwischen ppp (fast unhörbar) bis fff (mit höchster Kraft so steht es bei Mahler z.B. oft wortwörtlich in der Partitur) das findet man glaube ich kaum in anderer Musik, im Jazz höchstens noch bei Sachen die ganz in FreeJazz-Richtung gehen.
Insofern sind "schrille" spitze, manchmal geradezu schmerzhafte Töne ein wichtiger Bestandteil von vieler klassischer Musik. Die Vorstellung, dass klassische Musik immer "schön" klingen müsse/würde, geht glaube ich an der Realität vorbei. Um Beispiele zu nennen: In Alban Bergs Oper "Lulu" gehen am Schluß bei Lulus Todesschrei, die Violinen in mehreren Schüben in die allerhöchsten Tonlagen und das bei größtmöglicher Lautsstärke das kann und soll nicht "schön" klingen. Andere Komponisten (Janacek, Strawinski und auch schon Mahler) haben bestimmte Instrumenten bewusst in Lagen und Lautstärken gebracht, die ihnen gar nicht liegen, um hier die Klangmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Oder in Beethovens späten Streichquartetten spielen die Streicher pizzicati, also gezupfte Töne, so laut, daß die Saiten auf's Holz zurückschlagen auch das klingt nicht schön. Auch die sogenannte "historische Aufführungspraxis" hat sich sozusagen vom reinen Schönklang abgewendet hin zu einem vor allem dramatischen, ausdruckfähigen Klang und damit auch viele Dirigenten beeinflusst, die nicht direkt zu dieser Richtung gehören. Und ein letztes Beispiel: Maria Callas. Viele Sängerinnen haben viele Partien ganz sicher "schöner" gesungen als sie. Aber das war ihr gar nicht wichtig: Sie hat sie am dramatischsten gesungen, oder wie sie es glaube ich selbst auch gesagt hat mit "wahrhaftigem Ausdruck", das heißt, eine Sterbe- oder Verzweiflungsarie o.ä. klingt auch so, also z.T. geradezu schmerzhaft und eben nicht "schön". Und das kann z.B. schon meine NuBox 381 eben alles wesentlicher besser übermitteln als eine "gesoundete" Box, wie sie oben beschrieben sind. Das muß man natürlich wollen zum Nebenherhören ist das dann oft nichts mehr. Das heißt aber alles natürlich nicht, dass man jetzt nur noch mit Schmerzen und Krämpfen Musik hören muß
- denn es gibt sicher genug Komponisten und auch Aufnahmen, die einem dann wieder Erholung bieten können.
Und noch kurz was zur "Klangfülle" als ich damals von meinen NoName-Boxen auf die Nuberts umgestiegen bin, hatte ich auch ein paar mal das Gefühl, die Musik wäre geradezu seziert, z.B. gerade bei einem Nicht-Klassik-Stück, einem meiner Lieblingslieder: "Love vigilantes" von New Order (Album "Low-life") hatte ich erst mal das Gefühl, die ganze "Atmosphäre" ist weg, weil ich plötzlich lauter "vereinzelte Klangereignisse" gehört habe. Meine Vorgängerboxen haben da eben einen mehr oder weniger undifferenzierten Mischklang produziert, der einem manchmal (gerade beim Nebenbeihören) vielleicht sogar angenehmer sein kann. Ich vermute der Weg der Umgewöhnung von den Hecos zu den Nuberts ist wahrscheinlich ähnlich weit und mit den Elacs wie bei Vinylman beschrieben- eher nicht zu vergleichen. Das dauerte dann bei mir einfach, bis ich beim Hören (gerade auch bei Klassik) die einzelnen Klänge wieder richtig "zusammensetzen" konnte. Deswegen noch mal an kanadagrami der Rat: Probezeit nutzen und auch weiter mit der Aufstellung experimentieren (Ich habe es selbst nicht geglaubt: wenige Zentimeter hoch oder runter, nach links oder rechts können da schon merkliche Unterschiede bringen).