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Widerruf von Internetgeschäften

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Nubox481fan
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Registriert: Fr 26. Dez 2008, 12:07

Beitrag von Nubox481fan »

R.Spiegler hat geschrieben: Kann mir bitte jemand erklären, warum die Hinsendekosten ein "Hemmnis" darstellen, die andernorts
drohenden Rücksendekosten aber kein "Hemmnis für den freien Widerruf" sind ????
Ich kann mir das nur so erklären, da ja im Deutschen Recht zwischen Verpflichtungs und Verfügungsgeschäft unterschieden wird. Denke das ist auf Europäischer Ebene genau so gehandhabt.

Beim Verpflichtungsgeschäft geht man eine Verpflichtung ein d.h. man geht einen Vertrag ein der Vorausssetzung für ein künftiges Verfügungsgeschäft ist.

Der Widerruf betrifft das Verpflichtungsgeschäft. Hier will wohl der EuGH den Verbraucher entlasten. Also alle Zwänge die zum Vertragsabschluss führen könnten beseitigen. In diesem Fall währe der Zwang die Hinsendekosten übernehmen zu müssen das will man somit abschaffen weil es ein Dorn im Auge ist.

Beim Verfügungsgeschäft geht es darum den Eigentumsübergang also die gewünschte Rechtsänderung zu vollziehen. Hier geht es nur um die Übertragung des Eigentums(nicht ganz korrekt formuliert müsste ich in meinen Unterlagen nachschauen), also ihm die Ware zur Verfügung zu stellen. Hier hingegen scheint es auf Europäischer Ebene keine Bedenken zu geben den Verbraucher mit Rücksendekosten zu belasten, da der Widerruf ja nicht belasted wird.

Klingt Paradox kann es mir aber nur so erklären. Ist aber meinerseits auch nur Spekulation zumindest könnte es eine mögliche Erklärung sein. Hinweis:Bin kein Rechtsanwalt oder Jurastudent! Aber Sie könnten Ihre Rechtsverdreher ja mal fragen ob das mit dem Abstraktionsprinzip zu tun hat. Würde mich selbst interessieren,

Edit: Hier nochmal eine kurze Erläuterung zur Problematik.

Abstraktionsprinzip - Trennungsprinzip:
Trennung zwischen schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und sachenrechtlichem Verfügungsgeschäft.
Ø Schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und dessen Wirksamkeit sind beim Kauf von sachrechtliche Verfügungsgeschäft und dessen Wirksamkeit getrennt zu betrachten.
Ø Die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes hat keine Einfluss auf die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes

Ergo wären rein rechtlich die Rücksendekosten kein Hemmnis für den Widerruf - rein logisch betrachted natürlich schon weil es auf die gleichen Kosten rausläuft aber nur wenn auch zurückgesendet wird.
robe
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Rücksendekosten

Beitrag von robe »

Hallo zusammen,

als Jurist darf ich mich hier vielleicht noch in Nachurlaubszeit einschalten. Die Sache ist die von Huhn und Ei. Zuerst war die EU-Fernabsatzrichtlinie da, die von den EU-Staaten, also auch Deutschland umgesetzt wurde. In der Fernabsatzrichtlinie steht zu den Versandkosten drin, dass die einzigen Kosten, die der Händler dem Kunden bei einem Widerruf auferlegen darf, eben die Rücksendekosten sind. In Deutschland hat man das allerdings so umgesetzt, dass der Händler nur unter weiteren Einschränkungen im Ausnahmefall diese Rücksendekosten auferlegen darf. Da hier im Wesentlichen eine 40-Euro Grenze gilt, greift diese Möglichkeit der Auferlegung der Kosten der Rücksendung bei den Nubert-Boxen nicht.

In anderen EU-Ländern wurde die Richtlinie zum Fernabsatz so umgesetzt, dass der Kunde immer die Rücksendekosten trägt oder der Händler sie ihm zumindest in den AGB auferlegen kann. Das war eine einigermaßen „faire“ Lösung. Der Händler trägt beim Widerruf die Hinsendekosten, der Kunde die Rücksendekosten.
Das mit den Hinsendekosten war schon immer aus der Richtlinie zu lesen, glaubt man den Richtern des EuGH. Man hat das hierzulande aber nie so gehandhabt und hatte deshalb eine "geteilte Lösung" bei der in der Praxis der Kunde beim Widerruf die Hinsendekosten trug und der händler in den meisten Fällen die Rücksendekosten.

Jetzt scheint sich dies umzudrehen durch das klarstellende Urteil des Europäischen Gerichtshofs.

Die deutsche Sonderlösung mit der nur eingeschränkten Möglichkeit der Auferlegung der Rücksendekosten stört das eigentlich gewollte „Gleichgewicht“ der Richtlinie. Der deutsche Händler wird benachteiligt. Er muss sehen, wie er über Produktkosten diese Kosten einkalkuliert.
Momentan versuchen die Verbände den Gesetzgeber zu einer Anpassung zu bewegen, die in Richtung der ursprünglichen Richtlinienlösung geht. Danach soll der Händler dem Kunden die Rücksendekosten generell auferlegen können. Verbraucherverbände argumentieren aber dagegen. Ob es zu einer Änderung kommen wird, sehe ich eher als offen an, denn Verbraucherprivilegien zu entziehen gelingt selten. Am Ende muss jedes Versandunternehmen sehen, dass seine Kosten gedeckt werden über den Preis.


Mit freundlichen Grüßen
R. Becker
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Re: Rücksendekosten

Beitrag von R.Spiegler »

Vielen Dank für diese Erläuterungen, Herr Becker!

Fakt ist: Deutsche Internet-Händler sind benachteiligt.

Warum (bei europäischer Sichtweise) nicht erstatte Hinsendekosten ein Widerrufs-Hemmnis darstellen sollen,
erlaubte Rücksendekosten aber kein Widerrufs-Hemmnis sein sollen,
erschließt sich wohl nur einem EU-Politiker. :roll:
robe hat geschrieben:..Momentan versuchen die Verbände den Gesetzgeber zu einer Anpassung zu bewegen, die in Richtung der ursprünglichen Richtlinienlösung geht. Danach soll der Händler dem Kunden die Rücksendekosten generell auferlegen können. Verbraucherverbände argumentieren aber dagegen. Ob es zu einer Änderung kommen wird, sehe ich eher als offen an, denn Verbraucherprivilegien zu entziehen gelingt selten. Am Ende muss jedes Versandunternehmen sehen, dass seine Kosten gedeckt werden über den Preis.
So sehe ich das auch:
Den Preis werden langfristig die Händler und die "nicht-zurücksendenden" Kunden tragen.
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