joe.i.m hat geschrieben:Hey Martin, das kann ich mir bei Deinem Alter eigentlich fast nicht vorstellen. Die SED gibt es seit irgendwann 1990 nicht mehr. Scheinst Du doch im Wendejahr geboren, ob Du dich daran also noch erinnerst?
Bitte
Ich bin Baujahr '79 => habe also noch 11 Jahre DDR erlebt bis zur Wiedervereinigung (davon 10 Jahre harten Kommunismus).
Und ja, ich habe es am eigenen Leib ständig in der Schule erfahren, wie es ist, der Sohn von "Intellektuellen" zu sein (Mutter Lehrerin, Vater Ingenieur) => Im Klassenbuch gab es zwei Einträge für die Schüler: "Arbeiterkinder" und "Intellektuellenkinder" => bei zweiteren wurde massiv aufgepasst, ob es man sich evtl. kritisch über das System äußert.
Meine Lehrerin sowie Hortnerin waren häufig auf "Elternbesuch" bei uns in der Wohnung und haben nachdrücklich davor gewarnt, was passieren kann, wenn man sich zu kritisch äußert.
Mein Vater wurde von der Stasi bespitzelt, da er sich weigerte "der Partei" beizutreten und hatte auch im Job darunter zu leiden (keine Beförderungen).
Soviel zum Thema, ich könne mich nicht mehr daran erinnern.
Nun verstehst du vielleicht, wieso mir die Galle hochkommt, wenn man mich als "linken Protestwähler" tituliert.
Ein Großteil der heutigen Linken sind nichts anderes als Post-Kommunisten der ehemaligen SED und wollen die alten Systeme wieder einführen (Verstaatlichung, Bevormundung, Enteignung der Reichen etc.), der Rest der Linken sind extrem linke Ex-SPD-ler sowie Spinner ehemaliger kommunistischer Splitterparteien aus Westdeutschland. Der Steinbrück hat gut erkannt, dass man mit denen keine Koalition eingehen kann. Leider bekommen die in manchen neuen Bundesländern regelmäßig über 20% der Stimmen, meist von den älteren Wählerschichten, die anscheinend Probleme mit ihrer "selektiven Erinnerung" zu haben scheinen. Sie schwelgen in den Erinnerungen von früher und vergessen den Terror des Regimes. Vielleicht haben diese Wähler aber auch keine schlechten Erfahrungen mit der SED gemacht, weil sie ja der "Zielgruppe", also dem Proletariat angehört haben (es gab in der DDR fast nur Bauern und Arbeiter und wenige mit Studienabschluss).
Gruß, Martin