Hifi-Biber hat geschrieben:Ich finde es extrem schade, dass hier von Nubert keine Reaktion kam. Die Abstrahldiagramme sind doch Teil der technischen Daten eines Lautsprechers und sollten dem interessierten Käufern nicht vorenthalten werden.
Für mich ist das irgendwie wenig "ehrlich"!
Hallo zusammen, hallo "Hifi-Biber",
zunächst mal sorry dafür, dass wir die Messkurven wieder gelöscht haben. Die Gründe dafür möchte ich kurz erläutern:
Für viele unserer Lautsprecher haben wir in der Vergangenheit Messkurven veröffentlicht. Bei Kurven wie dem Impedanzfrequenzgang gibt es nur wenig Interpretationsspielraum.
Um ein Vielfaches heikler ist jedoch die Darstellung des Amplitudenfrequenzganges: Fehlt Hintergrundwissen beim Betrachter dieser Kurven, ist schnell ein falsches Urteil über die Box gefällt.
Daher sind wir in jüngeren Jahren wieder davon abgerückt, solche Kurven zu veröffentlichen.
Auch deswegen, weil jeder Hersteller und Tester derartige Messungen anders durchführt, sodass die Ergebnisse fast nie ohne weiteres miteinander vergleichbar sind. Daher kommt es immer wieder vor, dass sich bei Tests des gleichen Lautsprechermodells in verschiedenen Fachmagazinen die abgebildeten Messkurven teils signifikant voneinander unterscheiden. Bis dato gibt es keine einheitliche Messvorschrift für die akustische Messung von Schallwandlern.
Wie Herr Nubert in „Technik satt“ schreibt: „Technisch interessierte HiFi-Fans stellen häufig fest, dass fast jeder Hersteller und fast jede Testzeitschrift unterschiedliche Messverfahren und Glättungsmethoden für die Darstellung ihrer Frequenzgänge anwenden. Es erfordert fast wissenschaftlichen Spürsinn, wenn man diese Ergebnisse exakt miteinander vergleichen möchte.“
Wir haben es immer wieder erlebt, dass wir gerade mit unseren ungeschönten internen Messprotokollen im Vergleich zu anderen Marken oberflächlich betrachtet „schlecht“ dastehen, sei es, weil dort möglicherweise „sanfter“ gemessen wird, die Graphen großzügig geglättet, andere grafische Tricks angewendet werden – oder weil die Lautsprecherbox tatsächlich auf Kosten des guten Klangs auf „messtechnisch linear“ getrimmt werden. Mancher technikbegeisterte Kunde kann dann zu dem voreiligen Schluss kommen, dass „der andere Lautsprecher ja besser klingt“, weil die Kurven glatter verlaufen oder ähnliches.
Der Klang, sei er nun gut oder nicht, lässt sich nun mal nicht messen. Akustische Messtechnik ist aber deswegen keineswegs umsonst: Immerhin lässt sich überprüfen, ob sich grobe Fehler bei der Abstimmung eingeschlichen haben. Aber selbst ein linearer Frequenzgang, bei dem festgestellt wird, wie laut die Box verschieden hohe Töne wiedergibt, selbst wenn er bei verschiedenen Abstrahlwinkeln dargestellt ist, ist noch lange kein Garant für einen guten Klang. Beim akustischen Feintuning eines Lautsprechers müssen wir Entwickler oft sogar gezielt von einem messtechnisch absolut linearen, also schnurgeraden Verlauf abweichen. Nur so lässt sich das letzte Quäntchen an Klanghomogenität noch herauskitzeln und nebenbei meist auch das Abstrahlverhalten optimieren. Auch die besten Messgeräte und Computersysteme können das musikalisch geschulte menschliche Ohr und die langjährige Erfahrung eines Entwicklers nicht ersetzen. Das beste Ergebnis ist erst dann erzielt, wenn sich korrektes Messen und differenziertes Hören ergänzen. Dies ist ein oft langwieriger iterativer Prozess, dessen Ergebnis selbst ein fachkundiger Leser im dargestellten Amplitudenfrequenzgang oftmals nicht erkennen kann.
Ich hoffe, diese Ausführungen erklären, warum wir inzwischen unsere Messprotokolle größtenteils intern halten. In „Technik satt“ wird noch weiter ausgeführt, warum derartige Graphiken oft so wenig aussagekräftig beziehungsweise so schwer miteinander zu vergleichen sind.
Auch hoffe ich, dass sich damit auch das hier gefällte Urteil bezüglich der "Ehrlichkeit" ein wenig relativiert.
Gruß,
Thomas Bien