Mit einem "Hugo". Deine Ausführungen über den Einfluß von Filtern auf den Amplitudenfrequenzgang bei minimalphasigen Systemen sind zwar plausibel, nur treffen sie hier nicht zu.Wie hast Du das getestet? Dafür benötigt man Systeme mit identischem Amplitudenfrequenzgang, aber unterschiedlichem Phasenfrequenzgang.
Meine Erfahrung geht dahin, daß zumindest zwischen 200Hz und 2kHz eine strikt lineare Betriebsschallpegelkurve erforderlich ist. Auch nur 1dB zuviel um 300Hz sorgt für einen zu ausgeprägten nähe-Eindruck aufgrund der richtungsbestimmenden Blauertschen Bänder. Man kann nicht mehr so gut in den Ursprungsraum hineinhören und merkt sofort, daß da was nicht stimmt. Gilt allerdings für konventionell aufgenommene Musik, also z.B. dokumentarische Rundfunkmitschnitte von den Salzburger Festspielen etc. Das ist oft unkomprimiertes, nicht verhalltes, nicht entzerrtes Material. Ich höre zudem immer mit einer der Originaldarbietung nahekommenden Lautstärke, wenn es mich in eine Mietwohnung verschlagen sollte, werde ich auf Lautsprecherwiedergabe ganz verzichten und nur noch eine Lautsprechersimulation über Kopfhörer verwenden.Der Betriebsschalldruck (Direkt + Diffusschall) muß nach meinem Empfinden
zu tieferen Frequenzen leicht ansteigen. Sonst klingt das ganze wie Burger Knäckebrot.
Optimale Werte liegen IMHO bei etwa:
* 32 Hz: +5 dB (geschätzt)
* 63 Hz: +3 dB
* 125 Hz: +2 dB
* 250 Hz: +1 dB
* 1 kHz: 0 dB
* 4 kHz: -1 dB
* 16 kHz: -2 dB
Das ganze ergibt immer noch ein sehr trockenes und analytisches Klangbild, die meisten
100 Hz-Buckel-Hörer haben bei 125 Hz vielleicht +4 bis +5 dB. Über die Ursachen kann
ich nur spekulieren:
* Beim Abmischen wird nicht mit linearem Frequenzgang abgemischt
* Lautstärke ist bei Abmischen höher als bei Hören zu Hause (bei mir)
* Es herrscht eine generelle Übereinkunft, tiefe Frequenzen auf Aufnahmen etwas zu dämpfen und von einer Überhöhung des Frequenzgang im tieferfrequenten Bereich auszugehen, um CDs höher aussteuern zu können.
Ich stimme Dir zu, daß etwas zuviel Tiefbaß nicht sonderlich stört, bleibe jedoch dabei, daß Boxen mit linearem Freifeld-Frequenzgang im Raum i.d.R. zuviel Baß erzeugen und somit auch ein gewisses group delay.
Das war ein Hochpaß 4. Ordnung in einem Verstärker, welchen ich abschalbar gemacht habe. Meine Erfahrung mit dem "Hugo" (s.o.) geht in dieselbe Richtung, wenn das Programm-Material denn ohne ausgeprägte Phasendrehungen aufgenommen wurde.Welche Filterkennlinie? Welche Aufnahmen? Probier' das ganze mal mit einem zugeschalteten Allpaß 4. Ordnung (auch wenn ein Allpaß 4. Ordnung einen anderen
Phasenfrequenzgang als ein Hochpaß 4. Ordnung hat).
Ich habe die Amplitudenstatistik analysiert, das Maximum von Podiumsgeräuschen oder Bühnenbodengeräuschen liegt oft um und unter 20Hz. Besonders laut sind die aber nicht. Wenn man einen elektrischen Hochpaß 4. Ordnung bei 30Hz oder gar bei 40Hz setzt, ist der Effekt weg.Das Spüren von Schall fängt bei 150 Hz an und erreicht um die 60 Hz ein Maximum.
Darunter fällt es ab, zwar nicht so schnell wie die Hörschwelle, aber immer noch
ziemlich schnell (asymptodisch 12 dB/Oktave). Ob das unbedingt die Frequenzanteile
unterhalb von 20 Hz waren oder doch eher die zwischen 40 und 80 Hz?
Es bleibt die Frage, ob Reflexboxen in derselben Weise vom Druckkammereffekt profitieren. Meine auf 30Hz getunten hifi-Boxen sind in der Nähe und unterhalb der Resonanzfrequenz keine Kugelstrahler 0. Ordnung mehr, sondern gehen mehr und mehr in einen Kugelstrahler 1. Ordnung über. In demselben kleinen Raum profitieren sie daher weniger vom Druckkammereffekt, als die geschlossenen. Tiefste Frequenzen, wie Bühnengeräusche (Sänger laufen über den Bühnenboden oder Umbaumaßnahmen) bei Opern-Liveaufnahmen wirken in meinen Ohren beim geschlossenen System realistischer.* Geschlossene Boxen sind was nettes, wenn man problemlos die Membranfläche erhöhen kann, bis man den gewünschten Maximalschalldruck hat.
* Durch Druckkammereffekte sinkt ab einer gewissen Grenzfrequenz (20...30 Hz) bei mäßiger Raumgröße der Maximalschalldruck kaum noch ab (nur noch 3 dB Abfall), wenn man die Türen schließt.
* Ein geschlossenes System aufgebohrt zum BR bringt aber immer noch ein paar dB mehr im Bereich der Resonanzfrequenz (+6 dB bei 1,4*fb, +12 dB bei 0,9*fb).
* Am unteren Frequenzende braucht man ein paar dB mehr als bei 300 Hz, um einen ordentlich hörbaren Schhalldruck zu erzeugen:
** 20 Hz/100 phon: ca. 30 dB mehr
** 20 Hz/ 80 phon: ca. 35 dB mehr
** 40 Hz/100 phon: ca. 18 dB mehr
** 40 Hz/ 80 phon: ca. 21 dB mehr
** 80 Hz/100 phon: ca. 9 dB mehr
** 80 Hz/ 80 phon: ca. 10 dB mehr
(Bei 20 Hz schafft ein 30 cm-Chassis mit 3 cm Hub gerade noch "Zimmerlautstärke" (50 phon), um BR aufgebohrt bringt es ca. 10 dB mehr, was bei 20 Hz ca. 30 phon mehr
empfundene Lautstärke entspricht). Druckkammeffekt eines normalen Raums bringt
noch mal 3 dB mehr (ca. 10 phon).
Deine Angabe bezüglich maximal 50 phon bei 20Hz eines 12"-Chassis beziehen sich anscheinend wieder aufs Freifeld. Im Raum und bei zwei Tieftönern (einer je Box) sieht es schon viel besser aus.
Ich bin keineswegs ein Reflexgegner, aber geschlossene Boxen mit Raumunterstützung sind deutlich weniger problematisch, als die Freifeld-Rechnung nahelegt. Dies ermöglicht extrem tiefe Grenzfrequenzen um 5Hz, welche Laufzeitverzerrungen im hörbaren Tieftonbereich ganz vermeiden und im Gegensatz zur digitalen Entzerrung über FIR-Filter auch keine Latenzzeiten verursachen.
Ob man bei tiefen Frequenzen tatsächlich denselben ordentlich hörbaren Schalldruck braucht, wie im Mitteltonbereich, hängt vom Programm ab. Bei akustisch erzeugter Musik sind die tiefsten Frequenzen eher schwach und gerade hörbar, man benötigt keine hohen unverzerrten Pegel, während bei elektrisch erzeuger Musik alles möglich ist.
Gruß
Andreas