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Verfasst: Fr 19. Jan 2007, 11:28
von g.vogt
Hallo Thomas,
sanus hat geschrieben:Ja? Woran erkennst du das? Kannst du konkrete Stellen nennen?
ich kann das schlecht beschreiben und muss auch einschränkend sagen, dass ich ja nur die kurzen Hörschnipsel zur Beurteilung zur Verfügung hatte. Allerdings wüsste ich auch nicht, wieso es bei der Bereitstellung dieser Hörschnipsel zu Ungenauigkeiten in der Tonhöhe kommen sollte.

Hier im Osten war die Situation so, dass viele Kirchen und eben auch Orgeln in einem beklagenswerten Zustand waren. Notgedrungen wurden Schallplattenaufnahmen auch auf Orgeln gemacht, die nicht astrein klangen (ich vermute sogar, das da teilweise der Gedanke mitspielte, wenigstens diesen Klang noch für die Nachwelt zu erhalten, ehe so eine Orgel gänzlich vor die Hunde geht).

Jedenfalls kenne ich von daher den Klang von derart angeschlagenen Orgeln. Es ist so eine Art unangenehme Reibung im Ton, die besonders bei hell klingenden Registern besonders auffällt. Gerade wenn die Orgel "so richtig loslegt" kommt dann eben kein strahlend schöner, gigantischer Orgelton, sondern eher ein "grandioses Wimmern" in Gang.
Sollte das nicht der Organist erkennen und die Einspielung auf einer anderen Orgel vornehmen? (Dieser Organist hat schließlich eine Serie auf mehreren verschiedenen Orgeln - auch in Europa - rausgebracht)
Da kenne ich mich nicht aus, dass ich sagen könnte, wie die Situation heute ist und warum ein Organist auf einer nicht gut gestimmten Orgel spielt. Generell dürfte das aber auch heute durchaus ein Problem sein. Man kann ja nicht wie bei einem Klavier mal eben den Klavierstimmer heranzitieren, der sich in den Kasten hängt und an den Stiften dreht. So eine Orgel ist nur in Grenzen begehbar, manche Register sind wohl nur durch Teildemontage der Orgel zu erreichen. Orgeln werden also, so vermute ich, nicht so regelmäßig neu gestimmt, sind aber gerade in Kirchen häufig wechselnden Temperaturen ausgesetzt, was der Reinheit des Tones auch nicht zuträglich ist.
Ich als Nicht-Organist konnte jedenfalls nicht sowas wahrnehmen, aber da bin ich wahrscheinlich nicht kompetent genug. :wink:
Och, das glaub ich nicht. Wenn man öfters Orgelwerke hört, dann erschließt sich einem schon, ob eine Orgel "in guter Stimmung" ist.

Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt

Verfasst: Mo 22. Jan 2007, 11:21
von sanus
Hallo Gerald
ich kann das schlecht beschreiben und muss auch einschränkend sagen, dass ich ja nur die kurzen Hörschnipsel zur Beurteilung zur Verfügung hatte. Allerdings wüsste ich auch nicht, wieso es bei der Bereitstellung dieser Hörschnipsel zu Ungenauigkeiten in der Tonhöhe kommen sollte.
Wahrscheinlich wirst du schon recht haben aber ein rauher Ton könnte eventuell auch durch die Komprimierung der Hörschnipsel entstehn. Es ist ja so das diese Orgel ja nicht gerade wenig Register hat - 242 Register und eine stattliche Anzahl von 20.417 Pfeifen, da kann ich mir durchaus vorstellen das hier die einen oder anderen angeschlagen sind bzw. es mühsam ist alle regelmäßig zu warten und zu restaurieren. Aber die Mehrzahl dürfte doch o.k. sein sonst hätte ich auch was gemerkt :wink: und der Organist sich einer Blamage unterzogen :)
Hier im Osten war die Situation so, dass viele Kirchen und eben auch Orgeln in einem beklagenswerten Zustand waren. Notgedrungen wurden Schallplattenaufnahmen auch auf Orgeln gemacht, die nicht astrein klangen (ich vermute sogar, das da teilweise der Gedanke mitspielte, wenigstens diesen Klang noch für die Nachwelt zu erhalten, ehe so eine Orgel gänzlich vor die Hunde geht).
Als ich jetzt neugierdehalber nach der Orgel im Internet gesucht habe las ich das diese zwischenzeitlich (nach der Aufnahme) teilweise erneuert bzw. restauriert wurde, das könnte deine Theorie also bestätigen. Die Aufnahme der CD war aber glaub ich mindestens 10 Jahre zuvor, weiß nicht inwieweit das jetzt etwas zu sagen hat. Falls es interessiert hier wäre eine Seite über die Orgel.
Orgel First Congregational Curch Los Angeles
Ich als Nicht-Organist konnte jedenfalls nicht sowas wahrnehmen, aber da bin ich wahrscheinlich nicht kompetent genug. :wink:
Och, das glaub ich nicht. Wenn man öfters Orgelwerke hört, dann erschließt sich einem schon, ob eine Orgel "in guter Stimmung" ist.
Ich höre nicht häufig Orgel, meist höre ich andere Bereiche der Klassischen Musik, bin also darin nicht so bewandert, aber das kann sich ändern weil ich in letzter Zeit mehr Interesse dafür zeige - großteils verantwortlich auch weil es Musik ist die das ATM gut hörbar machen kann. :wink:

gruß
Thomas

Orgelmusik

Verfasst: Fr 2. Feb 2007, 20:08
von KlaWe
M.E. kommt man bei ernsthaftem Orgelgenuß sowohl der klassischen Literatur (Bach) aber auch der Modernen um einen Interpreten und Komponisten nicht mehr herum: Jean Guillou. Einige behaupten, DER Organist dieses Jahrhunderts überhaupt - er beherrscht sowohl Bach einzigartig, bietet aber auch erstklassige Transcribtionen, wie z.B. Bilder einer Ausstellung von Mussorgsky, und das eben auf einer Orgel! Hier einzureihen dann noch eine Variation der Golbergvariationen und Vivaldi-Transkribitionen. Aufgelegt wurden diese Sachen vom Label Dorian, die eine super Aufnahmequalität bieten, wie man sie selten zu hören bekommt. Wenn irgend möglich, sollte jeder Orgelinteressierte hier mal reinhören. Es ist Genuß pur, der auf einer guten Anlage erst richtig zur Geltung kommt. Ich habe z.B. noch nirgend anders so einen Baßbereich zu hören bekommen.

Verfasst: Sa 3. Feb 2007, 16:27
von DommX
@KlaWe
Die "Bilder einer Ausstellung" für Orgel gefallen mir auch sehr gut.

IMHO ist die Orgel der Gott unter den Instrumenten.

Re: Orgelmusik

Verfasst: Di 6. Feb 2007, 20:47
von Kaddel64
KlaWe hat geschrieben:M.E. kommt man bei ernsthaftem Orgelgenuß sowohl der klassischen Literatur (Bach) aber auch der Modernen um einen Interpreten und Komponisten nicht mehr herum: Jean Guillou. Einige behaupten, DER Organist dieses Jahrhunderts überhaupt - er beherrscht sowohl Bach einzigartig, bietet aber auch erstklassige Transcribtionen, wie z.B. Bilder einer Ausstellung von Mussorgsky, und das eben auf einer Orgel! Hier einzureihen dann noch eine Variation der Golbergvariationen und Vivaldi-Transkribitionen.

Zustimmung! Jean Guillou zu hören ist immer eine Freude, vor allem in "seiner" Kirche (er ist seit 1963 Titularorganist in St. Eustache, Paris) an "seinem" Instrument, der großartigen Van-Heuvel-Orgel, die nach seinen höchst kompetenten Vorstellungen und Ideen konzipiert wurde und perfekt in den Raum und zu seiner Akustik passt. Am besten gefällt mir Guillous Spiel bei französischer Musik des 19. und 20. Jahrhunderts; er gilt als letzter großer Vertreter der Improvisationskunst nach französischer Tradition, was man naturgemäß nur live erleben kann. Ich hatte das Vergnügen vor ein paar Jahren mehrfach an eben jenem Ort, und diese Konzerte und Gottesdienste bleiben mir unvergesslich.
Als Bach-Interpret ist er nicht unumstritten, aber jedenfalls interessant. Nach meinem Geschmack nimmt er sich jedoch zu große Freiheiten heraus bei Bachs Musik, auch wenn diese so etwas aushält, wie Gerald Vogt hier und anderswo richtig anmerkt. Ich höre Bach dennoch lieber auf historischen mittel- oder norddeutschen Orgeln von führenden Organisten der heimischen oder internationalen Alte-Musik-Szene, deren Spiel sich auch musikwissenschaftlich an den neuesten Erkenntnissen orientiert.
KlaWe hat geschrieben:Aufgelegt wurden diese Sachen vom Label Dorian, die eine super Aufnahmequalität bieten, wie man sie selten zu hören bekommt. Wenn irgend möglich, sollte jeder Orgelinteressierte hier mal reinhören. Es ist Genuß pur, der auf einer guten Anlage erst richtig zur Geltung kommt. Ich habe z.B. noch nirgend anders so einen Baßbereich zu hören bekommen.

Stimmt! Es geht auch hier zwar nichts über das Live-Erlebnis, gerade in einem solch riesigen Kirchraum mit einer derart komplexen, auch problematischen Akustik, aber wie die Tontechniker des New Yorker Labels Dorian das einfangen, ist mehr als beeindruckend. Die Orgelmusik-CDs von Dorian sind für mich klanglich die Referenz, haben in Hörtests schon manchen Hifi-Händler in ungläubiges Staunen versetzen können. Nicht selten kam ein Händler dann an: "Jetzt nehmen Sie mal Ihre CD, und wir hören uns das auf meiner Top-Anlage an." *grins*
Leider sind viele der Dorian-Aufnahmen mit Jean Guillou zur Zeit nicht greifbar; drei von ihnen nenne ich stellvertretend und rate dem Orgelliebhaber dringend zum Kauf:
- "The Art of Improvisation" mit Guillou an Orgeln in Paris (St. Eustache), Zürich (Tonhalle) und New York City (Trinity Church).
- "César Franck: Sämtliche Orgelwerke", J. Guillou in St. Eustache.
- "The Great Organ of St. Eustache", J. Guillou mit Werke von Bach, Mozart, Liszt, Widor, Guillou, de Grigny.

Spannende Entdeckungen wünscht
Kaddel