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Re: Das Wesen von Blindtests

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 14:54
von Dezisionismus
WeSiSteMa hat geschrieben:Begriffsklärung:
Bei einem Blindtest weiß die Testperson nicht welche der zu testenden Komponenten gerade in Betrieb ist. Dies wird gemacht um das Testergebnis, das sich ja nur auf die hörbaren Eindrücke beschränken soll, nicht durch andere Einflüsse zu verfälschen. Werden beispielsweise zwei CD - Player miteinander verglichen kann die Testperson Markenimage, Preis und vieles mehr nicht mehr mit seinen Höreindrücken vermischen.
Der Doppelblindtest
ist die konsequente Weiterführung des Blindtests bei dem die Testperson nicht einmal Kenntnis darüber hat was getestet wird. Sie weiß also nicht ob beispielsweise gerade zwei CD - Player oder zwei Verstärker miteinander verglichen werden. Dies soll ein Verfälschen von Testergebnissen durch Voreingenommenheit vorbeugen. Es wird sichergestellt, dass eine Testperson mit der Einstellung "alle CD-Spieler klingen gleich" nicht aufgrund dieser Meinung nichts mehr hört.
Hallo,

das ist nicht ganz richtig, Doppelblindtest meint, dass auch der Versuchsleiter nicht weiß welches Kabel oder welcher Player gerade getestet wird. Dabei wird die Vermeidung eines Teils der reaktiven Einflüsse angestrebt, um beispielsweise den Pygmalion-Effekt zu verhindern.

Tschau

Re: Das Wesen von Blindtests

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 15:26
von WeSiSteMa
Dezisionismus hat geschrieben:das ist nicht ganz richtig, Doppelblindtest meint, dass auch der Versuchsleiter nicht weiß welches Kabel oder welcher Player gerade getestet wird. Dabei wird die Vermeidung eines Teils der reaktiven Einflüsse angestrebt, um beispielsweise den Pygmalion-Effekt zu verhindern.
Tschau
Hallo.
Interessant. Habe einen DBT noch nie mit dem Pygmalion-Effekt in Verbindung gebracht. Spielt das wirklich eine Rolle, reduziert sich die von mir eh schon als marginal erachtete Anzahl vernünftiger Blindtests noch einmal.

Nur für mich zur Orientierung:
Den Pygmalion-Effekt kannte ich noch. Dezisionismus musste ich schon nachschlagen. Mit wem diskutiere ich hier gerade?

Gruß,
Werner.

Re: Das Wesen von Blindtests

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 15:29
von elchhome
WeSiSteMa hat geschrieben:Dezisionismus musste ich schon nachschlagen. Mit wem diskutiere ich hier gerade?
Der Name ist, noch dazu in diesem Thread, ja absolut passend ... ;-)

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 16:17
von Dezisionismus
WeSiSteMa hat geschrieben:Hallo.
Interessant. Habe einen DBT noch nie mit dem Pygmalion-Effekt in Verbindung gebracht. Spielt das wirklich eine Rolle, reduziert sich die von mir eh schon als marginal erachtete Anzahl vernünftiger Blindtests noch einmal.

Nur für mich zur Orientierung:
Den Pygmalion-Effekt kannte ich noch. Dezisionismus musste ich schon nachschlagen. Mit wem diskutiere ich hier gerade?

Gruß,
Werner.
Der Pygmalion-Effekt hat sogar eine sehr enge Verbindung zum DBT. Die heute mit dem PE oft in Verbindung gebrachte Studie von Rosenthal und Fode von 1963 führte die Autoren eben zum Schlussplädoyer für DBT.
Der Kern meiner Aussage zielte aber nur auf die Herausstreichung der Relevanz der Reaktivitätskontrolle, was die Reaktion sowohl auf das Messinstrument, den Versuchsleiter oder die Situation meint. Den Punkt mit der Situation hattest Du ja schon angesprochen.
Ich würde daraus aber nicht den Schluss der Unsinnigkeit von Blindtests ziehen, da auch der Einsatz Nicht-reaktiver Erhebungsverfahren Probleme mit sich bringt (z.B. Kontrolle von externen Einflüssen, Einfluss nicht erfassbarer Variablen etc.). Desweiteren schaffen es Blindtests trotz ihrer Nachteile sicher bedeutend validere Ergebnisse zu erreichen als einfaches draufloshören, da sie im Bezug auf das "Hören" methodisch der Alltagswahrnehmung weit überlegen sein sollten, indem trotzdem viele Fehlerquellen eliminert werden. Bestehende Ungenauigkeiten würden sich sicher durch mehrmaliges Wiederholen und der Variation verschiedener Methoden erreichen lassen, so dass man mal den einen, mal den anderen Methodikfehler eliminiert. Auf die Masse der Versuche müsste sich dann ein schlüssiges Bild ergeben.

Auf der anderen Seite stellt sich mir die Frage ob dies für das private Musikhören nicht etwas viel Aufwand wäre. :wink:

Tschau

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 16:21
von eyeball
Aus dem Profil von Dezisionismus:
Interessen: Musik, Bier, Politik (nicht ganz so ernst nehmen)

Na, da bin ich aber beruhigt :wink: 8)

Verfasst: Di 14. Mär 2006, 16:25
von Dezisionismus
eyeball hat geschrieben:Aus dem Profil von Dezisionismus:
Interessen: Musik, Bier, Politik (nicht ganz so ernst nehmen)

Na, da bin ich aber beruhigt :wink: 8)
irgendwie weiß ich nicht so recht was Ihr alle an dem Namen so interessant findet

edit: aber Du hast schon recht, die Interessen klingen etwas eigenartig, ein ironischer Unterton lässt sich leider schwer in Worte fassen

Verfasst: Mi 15. Mär 2006, 09:30
von eyeball
Dezisionismus hat geschrieben:
eyeball hat geschrieben:Aus dem Profil von Dezisionismus:
Interessen: Musik, Bier, Politik (nicht ganz so ernst nehmen)

Na, da bin ich aber beruhigt :wink: 8)
irgendwie weiß ich nicht so recht was Ihr alle an dem Namen so interessant findet

edit: aber Du hast schon recht, die Interessen klingen etwas eigenartig, ein ironischer Unterton lässt sich leider schwer in Worte fassen
Deine Beiträge klangen etwas wissenschaftlich abgehoben für so ein Forum. Dein Profil verrät aber, dass Du offenbar doch ein normaler Mensch bist :wink: :wink: :D

Verfasst: Mi 15. Mär 2006, 15:10
von Ramius
Raico hat geschrieben:...Das schließt nicht aus, dass "unwissenschaftliche" Verfahren sehr wohl geeignet sind, Klangeindrücke - vor allem die Frage: Klingt etwas besser oder schlechter - einigermaßen treffsicher zu beschreiben bzw zu entscheiden.
Nach meinen jüngsten Erfahrungen mit der neuen Verstärkerkombi kann ich folgende Kriterien bzw Postulate anbieten:

1) Der erste Eindruck ist ein Indiz, aber noch nicht verlässlich.
Teilweise. Der erste Eindruck ist auch von der Optik und Testberichten IMHO sehr geprägt.
Raico hat geschrieben:2) Wenn der Klang in sich schlüssig, natürlich und glaubhaft wirkt, ist das ein gutes Zeichen. Das Ohr hat durchaus verlässliche Referenzklangbilder aus dem akustischen Alltag gespeichert, die eine spontane Einordnung nach diesen vermeintlich "weichen" Kriterien erlauben.
3) Je weiter ich die Lautstärke erhöhen kann, ohne dass der Klang lästig wird, desto besser.
Das kann ich voll unterstreichen, gerade im Stereobereich kann man da schon eine erste Einschätzung abgeben.
Raico hat geschrieben:4) Hohe Frauenstimmen und Sologeigen entlarven Schwächen einer Wiedergabekette im Hochtonbereich gnadenlos.
5) Sprechstimmen tun dasselbe im Grundtonbereich.
6) Wenn es auch nach einer Stunde intensiven Zuhörens noch angenehm klingt, ist das ein gutes Zeichen.
Gerade bei erhöhten Pegeln (über Zimmerlautstärke aber noch angenehm) merkt man das sehr schnell obs angenehm ist oder nervt.
Raico hat geschrieben:7) Wenn ich vom "Spothören" , d.h. der Fixierung auf einzelne Aspekte des Klangbildes, wegkomme und mich (unmerklich) in die Musik versenken kann, ist das ein gutes Zeichen.

Sprich wenns Spass macht der Musik zu lauschen ohne an die Anlage zu denken...

Ich finde man sollte deine obigen Punkte viel mehr gewichten als irgendwelche Vergleichstest, bei denen noch das Problem der Praxis besteht. Welche Händler gibt mir schon mehrere Anlagen mit zum hören. Mag ja solche Händler durchaus geben, leider sind die aber sehr rar gesät.

Verfasst: Do 16. Mär 2006, 12:31
von Zweck0r
Hi,

kann das sein, dass hier beim fröhlichen Blindtest-Bashing die ganze Zeit zwei völlig unterschiedliche Sachen in einen Topf geworfen werden ?

Wo steht denn geschrieben, dass ein Blindtest zwangsläufig ein Kurzzeittest sein muss ? Die Verblindung an sich ist doch nur ein Hilfsmittel, das den Placeboeffekt aus der Bewertung entfernen soll, damit nicht nach Preis, Optik und Erwartung ("bei MP3 werden doch Daten weggelassen, das muss ja schlechter klingen") entschieden wird.

Als Hauptproblem bei Kurzzeitvergleichen sehe ich, dass zumindest mein Klangempfinden extrem stimmungsabhängig ist. An einem Tag kann mich etwas nerven, was mir am nächsten Tag gar nicht auffällt. Deshalb halte ich bei offensichtlich unterschiedlich klingenden Komponenten wie z.B. Lautsprechern einen Vergleich über mehrere Tage oder Wochen für sehr sinnvoll, um die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen zu können. Eine Verblindung würde auch dabei die Qualität des Urteils deutlich verbessern, ist aber umständlich zu realisieren. Ohne Verblindung bleibt immer ein Restrisiko, dass Vorurteile das Ergebnis verfälschen, z.B. "drei Wege = grundsätzlich bessere Mitten", "Bassreflex = wummerig" usw.

Ein völlig anderes Feld sind Komponenten, bei denen es nach dem Stand der Technik wahrscheinlich ist, dass sie ab einer bestimmten Qualitätsklasse schlicht und einfach gleich klingen, sprich die sich akustisch völlig transparent verhalten. Dazu zähle ich z.B. CD-Player, Verstärker und Kabel sowieso. Ausgenommen sind natürlich absichtlich gesoundete Geräte, für deren integrierte "Effektkomponente" ist das gleiche Prozedere sinnvoll wie für Lautsprecher.

Wenn zwei Komponenten im Direktvergleich überhaupt nicht zu unterscheiden sind, auch nicht nach Testwiederholungen an mehreren Tagen, dann halte ich unverblindete Langzeitvergleiche für unsinnig.

Grüße,

Zweck

Verfasst: Do 16. Mär 2006, 14:26
von Inder-Nett
Zweck0r hat geschrieben:kann das sein, dass hier beim fröhlichen Blindtest-Bashing die ganze Zeit zwei völlig unterschiedliche Sachen in einen Topf geworfen werden ?
JA!, auch von Dir!

Der DBT ist ausschließlich dazu geeignet, die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung bezüglich eines dedizierten Kriteriums festzustellen.
Für die Beurteilung technischer Komponenten ist er nicht geeignet.

Die meisten DBTs scheitern schon bei der Planung, nämlich bei der Auswahl der Probanten, der Vorbereitung des Test-Aufbaus und der Auswahl der Methoden zur Auswertung des DBT.

Wenn also z.B. Burkhardt im DBT festgestellt hat, dass er mit einer 100%igen Trefferquote hören kann, ob beim Audio Agile DAC der Masterclock-Eingang aktiviert bzw. deaktiviert ist, dann wissen wir nichts weiter, als eben genau DAS!
Wir wissen nicht, ob diese Fähigkeit auf andere Menschen übertragbar ist, ob der Unterschied auf andere Geräte übertragbar ist, ob der Audio Agile DAC mit aktiviertem oder mit deaktiviertem Masterclock-Eingang ein Taktungs-Problem hat (oder ob es vielleicht irgendeine andere Nebenwirkung) war etc...

Für Alle, die schon immer wissen wollten, ob burki hören kann, ob beim Audio Agile DAC der Masterclock-Eingang aktiviert bzw. deaktiviert ist, eine sehr wertvolle Information, für den Rest der Welt weniger :roll:
Zweck0r hat geschrieben:Als Hauptproblem bei Kurzzeitvergleichen sehe ich, dass zumindest mein Klangempfinden extrem stimmungsabhängig ist.
Das Hauptproblem bei akustischen Langzeit-Tests ist, dass sie nur sehr schwer als Blindtest durchzuführen sind und dass sich das menschliche Gehör sehr schnell an spezifische Klangbilder gewöhnt, d.h. Dein Hirn kann Dir nach einigen Minuten einen adaptiven EQ oder eine Raumschall-Kompensation hinter die Ohren konfigurieren, die mit zunehmender Zeit (einigen Tagen) immer besser werden :wink:

Dieser Effekt wird von den Bauernfängern gern "Einspielzeit" genannt und den Geräten angedichtet.