Hallo horch!,
horch! hat geschrieben:Fahrradthread ist immer gut
Ich überlege momentan, ein neues Fahrrad zu kaufen - bin aber förmlich erschlagen ob der vielen Varianten und Möglichkeiten. Die Auswahl ist mir zu groß...
ja, der Markt ist unübersichtlich geworden, wobei viele Angebote nur Abwandlungen der immer gleichen durchschnittlichen Konzeptionen sind.
Der Anlass ist, dass ich gerne ein Rad hätte, das besser für den Winter geeignet ist als mein bisheriges: ich möchte wartungsfrei durch den Winter kommen und keine Probleme mit eingefrorener Schaltung etc. haben. Das spricht zunächst mal für eine Nabenschaltung. Dann stellt sich aber die Grundsatzfrage, über die ich bis jetzt nicht hinweg gekommen bin: Ein zusätzliches Rad nur für den Winter bzw. für den Alltag, oder weiterhin ein Rad für alles, wie bisher?
Meines Erachtens kann man mit einem Rad durchs ganze Jahr kommen, mit einer Ausnahme: Wenn man, aus welchen Gründen auch immer, Spikereifen zu brauchen glaubt, dann sollte man sich ein extra Rad dafür anschaffen/aufbauen. Oder willst du dauernd die Laufräder umstecken? Aber angesichts des Umstandes, dass das Rad immer draußen stehen muss, würde ich versuchen, alles mit einem Rad abzudecken, weil dann auch nur eins draußen vergammelt.
Im Sommer fahre ich auch gerne (Tages)Touren, da muss ein Rad auch bergtauglich sein- das könnte wohl allenfalls die teure Rohloff-Nabe bieten (von der noch teureren Pinion mal abgesehen).
Kommt auf die Steigung an. Wenn man nicht den Ehrgeiz hat, in der Ebene mehr als 30 Sachen zu fahren und die Steigungen nicht zu heftig sind, dann reicht auch eine 8er Shimano-Nabe oder die Nuvinci, die man entsprechend kurz übersetzt. Mit der 8er kommt man bei noch akzeptabler Trittfrequenz auf ca. 8/9km/h, die man dann noch hinbekommen muss an der Steigung.
Die 11er von Shimano habe ich überlegt - aber die bringt wohl in Richtung Bergtauglichkeit kaum etwas gegenüber einer 8er und ist dafür auch relativ teuer.
Die 11er darf man nicht kürzer übersetzen als die 8er, die zusätzlichen Gänge sind daher nur was für mehr Speed. Ein weiterer Vorzug ist die gleichmäßige Gangabstufung, die 8er hat einen häßlichen Sprung ausgerechnet zwischen der 5 und der 6, das nervt manchmal. Zu kurze Eingangsübersetzung bringt ein zu hohes Drehmoment an die Nabe, was deren Lebensdauer verkürzen soll.
Momentan liebäugele ich mit einer NuVinci - nein, leider nicht von Nubert
- stufenlos, Übersetzungsbereich ähnlich den 8er, relativ preisgünstig, gilt als robust. Habe allerdings den Eindruck, dass die eher in Pedelecs verwendet wird...
Nach der lunse ich auch. In Pedelecs wird sie offenbar gerne verbaut, weil sie idiotensicher zu schalten ist. Im Pedelec hat man schnell ziemlich viel Druck auf der Kette, und so ganz freiwillig schalten auch die moderneren (Stufen-)Naben nicht unter Last. Ob das Kilo mehr bei einem Rad ohne Zusatzantrieb sehr stört, weiß ich nicht.
Allerdings rät mir der Fahrradmonteur meines Vertrauens noch ab, gerade für den Einsatz in einem Alltagsrad. Die Vertriebsstruktur für Ersatzteile sei unzuverlässig, wenn dir da mal etwas kaputtgeht (die Nabe selber ja eher nicht, aber der Bowdenzug oder was von den Kleinteilen außen an der Nabe, bspw. durch einen Sturz) stünde das Rad wochenlang rum. Aber ich hoffe immer noch, dass sich das bessern wird, wenn die nuVinci erst einmal mehr Verbreitung hat, die sie durch die Pedelecs ja gerade bekommt.
Ganz winterfest sind aber auch Nabenschaltungen nicht. Ihre Achillesferse ist der Schaltzug. Bei den zweizügigen (Rohloff, nuVinci) ist es etwas besser, die mit einfachem Schaltseil klemmen bei Frost gerne mal, weil sich mit der Zeit immer Kondenswasser im Schaltzug sammelt. Man kann dann meist noch auf Zug schalten und dann gibt es kein Zurück mehr. Bei der üblichen Führung des Schaltzuges gibt es formatbedingt einen "Wassersack" unterm Tretlager. Mein Rad steht im Keller und im Winter stelle bzw. hänge ich es hochkant - das hilft tatsächlich, die Einfrierneigung zu reduzieren.
Eine weitere Frage ist: Stahl- oder Alu-Rahmen. Bei Alurahmen hatte ich bisher das Problem, dass immer irgendwo was geknackst hat. Entweder erzeugen diese Rahmen selbst Geräusche, oder sie verstärken sie. Geräusche am Fahrrad nerven mich tierisch, vor allem wenn ich nicht zuordnen kann, wo sie her kommen.
Mein derzeitiges Alltagsrad hat einen Alurahmen mit einer Starrgabel aus Stahl. Ich kann deine Bedenken bestätigen - nie wieder! Das Rad ist knochenhart, übersetzt jede Unebenheit in Vibrationen und verstärkt Knarzgeräusche der Anbauteile. Dafür ist es beim Antritt wieselflink, das muss ich zugeben. Aber ich werde ja auch nicht jünger und muss nicht mehr jedem beweisen, dass ich der Schnellste bin
Und es gibt noch eine Reihe weiterer Fragen, die sich beim Fahrradkauf stellen: Federgabel ja/nein?
Am Stahlrad nicht unbedingt, am Alurad würde ich heute ja sagen. Allerdings verträgt sich Nichtwartung und Wetter auch nicht unbedingt mit ner Federgabel. Man kann auch durch die Reifen etwas Komfort ins Rad kriegen, aber bitte nicht mit diesem Schaukelstuhl Big Apple, dessen Profil und Fahrverhalten ist nur was für Asphalt-Cruiser, nichts für Kurvenkratzer oder im Wald.
Nabendynamo?
Am Alltagsrad? Selbstverständlich. Natürlich in Verbindung mit LED-Scheinwerfer, LED-Rücklicht, Standlichtfunktion. Sorgt auch schon an grauen Herbst
tagen für mehr Aufmerksamkeit bei den Autofahrern.
Es sei denn, du möchtest aus Gründen des Diebstahlschutzes lieber viele Anbauteile mit in die Wohnung nehmen (Stecklichter, Sattel...).
Geometrie?
Das ist ein weites Feld.
Und in diesem Bereich werden die meisten Fehler gemacht, von den Kunden ebenso wie von den Händlern.
Ein Rad muss passen, die Arme müssen den nicht zum Rundrücken gebogenen Oberkörper im 90°-Winkel abstützen.
Heute haben sehr viele Räder ein zu kurzes Oberrohr, das kriegt man dann auch nur begrenzt über den Vorbau geregelt, weil es beim Sattel auch nicht ganz passt, und den kann man auch nicht beliebig nach hinten setzen, weil sonst die Knie nicht optimal über den Pedalen stehen.
Bei einem Alltagsrad, mit dem man auch im Winter unterwegs ist, halte ich es für sinnvoll, auch mal den Sattel etwas zu niedrig stellen zu können, damit man auf glatter Strecke mit den Füßen schnell genug Halt bekommt. Dann braucht man bei der Rahmenhöhe etwas mehr Reserve und bei vielen Rahmen ist das Oberrohr dann noch kürzer.
Einige Händler bieten auch Vermessung und Maßanfertigungen, bei einem guten, viel genutzten Rad durchaus eine Überlegung wert.
Scheibenbremsen?
Hab ich am Tandem. Da lohnt sich deren Power auch. Nachteilig finde ich deren Empfindlichkeit (ich sage nur Fahrradständer kontra Scheibe) und ihren Hang zu Schleifgeräuschen. Am Alltagsrad genügen mir gute Felgenbremsen, ob nun per Seil oder Öl, wobei die Magura die fehlende Pflege und das Draußenstehen vermutlich besser übersteht, Bowdenzüge gehen irgendwann schwer, was die Bremskraft deutlich vermindert.
...Allerdings besteht beim Fahrrad im Gegensatz zu Boxen die erhöhte Diebstahlgefahr, was meine Bereitschaft evtl. mehrere T€ zu investieren wieder deutlich dämpft...
Ja, das treibt mich auch um. Die Rohloff kostet ja schon ohne Rad drumherum fast nen Tausender. Andererseits scheint es so zu sein, dass eher die durchschnittlichen Räder geklaut werden, die sich offenbar leichter versetzen lassen, bspw. im A+V gegen ein paar Scheine für den nächsten Schuss. Die Rohloff hat zudem eine Registrierungsnummer.
Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt