Im Grunde genommen ist es tatsächlich recht leicht die "Sache mit der Farbe"... solange es nur gleiche Lichtquellen gibt, die sich nie ändern
Dann misst man die Farbtemperatur der Lichtquelle(n) mittels eines Targets, stellt die Kamera entsprechend ein, und die Bilder werden konsistent und farbmäßig gleichmäßig. Dieser Fall wird aber nur dann zum Tragen kommen, wenn man im abgedunkelten Studio mit einem fest vorgegebenen Setting arbeitet. Hier würde ich auch definitiv den automatischen Weißabgleich der Kamera ausschalten und sowieso nur voll manuell fotografieren (bzw. halt so wenig Automatiken wie möglich aktiv haben - je nach Kamera).
Sobald man Mischlicht bzw. sich änderndes Licht hat wird es kompliziert.
Da gibt's mehrere Möglichkeiten:
- Man verlässt sich darauf, dass die Kamera "so schlau" ist und den Weißabgleich so einstellt, dass es "passt". Für mich die schlechteste Variante, denn nicht immer weiß die Kamera, was ich persönlich möchte. Daher...
- Natürlich haben moderne Kameras alle möglichen automatischen Helferlein an Bord aber bei so wichtigen Dingen wie dem Weißabgleich lasse ich mir nichts vorschreiben und stelle ihn manuell ein
Natürlich muss man dann darauf achten, nicht in strahlender Sonne mit einem Weißabgleich für "Schatten" zu fotografieren... Diese Sache funktioniert ganz gut, wenn man sich auf die wechselnden Bedingungen beim Fotografieren einstellt (Wechsel zwischen Sonne/Schatten/Wolken/...). Aber auch diese Variante hat ihre Grenzen...
- Wenn nämlich Mischlicht ins Spiel kommt hat man sowohl mit der Automatik, als auch dem manuellen Weißabgleich verloren - zumindest wenn man ein farblich homogenes Bild möchte. Wird z. B. in einem Innenraum, der mit Neonröhren beleuchtet wird ein Blitz verwendet während man draußen im Fenster wunderschönen Sonnenschein sieht wird das farbtechnisch ohne Korrekturen sehr wahrscheinlich in einem mittleren Fiasko enden. Dann kommt man nicht umhin die Farbwerte der Lichtquellen so gut es geht "anzupassen" (Stichwort: "color balancing"). Da sich die Sonne nur ungern anpassen lässt, was ihre Farbtemperatur angeht könnte man sie (bzw. das Fenster) z. B. aus dem Bild herausschwenken. die Neonröhren wird man auch nur sehr unpraktikabel mit großen Farbfolien umhüllen können. Also bleibt noch die Option den Blitz in der Temperatur zu verändern (z. B. mittels eingefärbter Folien / "Gels").
Auf andere Möglichkeiten (RAW Fotografie, nachträgliches selektives Ändern der Farbtemperatur und Korrektur mittels Maskieren, etc.) gehe ich mal nicht ein
Wobei: RAW zu fotografieren macht es einem sehr leicht einen grundlegend falsch eingestellten Weißabgleich ohne Verluste der Bildqualität zu ändern. Daher lege ich es jedem ans Herz- wenn es die Kamera hergibt - gerade bei wichtigen Shootings unbedingt im RAW Format zu schießen.
Interessenten des Themas kann ich folgende (englischsprachige) Seite nur wärmstens ans Herz legen:
- Den strobist Blog mit ihrem umfangreichen "101":
http://strobist.blogspot.de/2006/03/lighting-101.html
- Den Blog von lightingmods:
http://lightingmods.blogspot.de/2007/11 ... color.html
- Den Artikel über "color balancing" auf der Seite der "Digital Photography School":
http://digital-photography-school.com/h ... with-gels/
Die "Sache mit der Farbe" lässt sich also nur dann reproduzierbar und korrekt umsetzen, wenn man sie von Anfang (Farbtemperatur beim Foto) an bis zum Ende (Ausbelichtung) stringent umsetzt und sich mit der Materie ein klein wenig auskennt.
Die Anpassung (Kalibirierung/Profilierung) der einzelnen Komponenten aufeinander ist da absolut wichtig. Denn gilt es doch hier verschiedene Farbräume unter einen Hut zu bringen. Die meisten Kameras schießen Fotos in RGB (additive Farbmischung), die meisten Drucker (bzw. die Druckvorstufe) arbeiten aber im (kleineren) CMYK Farbraum (subtraktive Farbmischung). Eine bestmögliche Anpassung der verschiedenen Systeme (Drucker, Scanner, Kamera) und Farbräume (RGB, CMYK, HCL) wird durch die Verwendung von ICC-Profilen (Farbprofilen) und das sogenannte "Gamut-Mapping" vorgenommen. Hier wird versucht, dass möglichst alle Farben auf dem gesamten Arbeitsprozess gleichmäßig und konsistent wiedergegeben werden. Im besten Fall geschieht die Profilierung der einzelnen Prozesse bzw. Hardware durch genormte Muster ("IT8-Targets") an deren Ende ein ICC-Profil entsteht, welches für den weiteren Arbeitsprozess gerätetypisch eingesetzt werden muss, um die Farbverbindlichkeit gewährleisten zu können.
Interessante Links zum Thema "Profilierung":
http://www.saxoprint.de/blog/der-farbra ... vergleich/
http://de.wikipedia.org/wiki/ICC-Profil
http://de.wikipedia.org/wiki/IT8
Kurzfazit: Wenn Farbverbindlichkeit gewünscht ist, müssen ALLE beteiligten Geräte Profiliert sein und die jeweiligen Profile auch verwenden - sonst wirds nix
Viel Spaß beim Fotografieren und weiterhin immer gutes Licht
P.S.: Kleine Anekdote zum Thema "Wenn Farbmanagement schief läuft" zum Schluss...
Ich hatte mal - aus Mangel an entsprechenden Labors und weil ich die Fotos schnell brauchte - einen Film Ilford HP5 (Schwarzweissfilm) in einem kleinen Fotolädchen entwickeln und ausbelichten lassen, der "sich damit auskennt". Ergebnis: Der Film wurde zwar einigermaßen korrekt entwickelt, die Bilder jedoch wurden auf allerbestes "Kodak Royal Digital" Papier ausbelichtet und hatten alle einen ganz sanften... Hellblaustich - Kunst kommt eben doch von Können!