Schön dass das Video auf Anklang stösst und rege Diskussionen hervor ruft - ich bin der von einigen hier sogenannte "Schwätzer" in dem Video und das Kino ist von mir geplant und gemeinsam mit Grobi gebaut worden, nach relativ genauen Vorgaben des Kunden an Bild, Ton und Optik des Kinos.
Mal kurz zum Hintergrund der unterschiedlichen Lautsprecher: der Kunde hatte in seinem alten Kino Nuvero 10 (oder 11 ? Habs vergessen) stehen mit dem Nuvero 7 als Center. Die Stands hat er seinem Neffen geschenkt (!) und sich als Fronts die Nuvero 70 gekauft. Gut erkannt, dass das unterschiedliche LS sind. Die anderen Lautsprecher hatte er noch und wollte diese ebenfalls weiter verwenden. Wir haben das im Vorfeld besprochen, ich habe ihn beraten und er hat sich dann letztendlich doch so entschieden wie er sich entschieden hat.
Warum ich "Schwätzer" das im Video falsch erwähnt habe ? Ganz einfach: ich bin Raumakustiker und Kinobauer und kein Schauspieler. Die Videos von Grobi werden am Stück gedreht - und zwar genau EINMAL, ohne Wiederholungen, ohne vorbereitete Fragen, ohne Absprachen. Da ich eben kein Schauspieler bin, ist das eine ganz schöne Drucksituation, in der man sich da befindet: bloss nicht verhaspeln, bloss nicht zu oft in die Kamera schauen, bloss keinen Fehler reinbringen. Dabei ist mir in der Aufregung schlicht und ergreifend durchgegangen, dass die Fronts unterschiedlich zum Center sind. Wer mal vor großem Publikum frei geredet hat oder vor laufender Kamera interviewt wurde, der wird mich verstehen - und das frei präsentieren vor hundert und mehr Leuten fällt mir dabei noch leichter (weil berufsbeding jahrzehntelang erfahren) als in einem One-Shot ein fehlerfreies Video zu drehen ohne zu wissen was Patrick (Mr. Grobi) mich fragen wird. Drum werfe den ersten Stein, der...
Das ganze Lautsprecher-Setup war wie schon erwähnt die Vorgabe vom Kunden. Selbstverständlich stehen wir hier beratend zur Seite, aber wenn der Kunde diese und jene Lautsprecher verbaut haben will (und diese zum größten Teil auch schon zuhause hat), dann werde ich mit ihm nicht in eine kontroverse Diskussion einsteigen. Des Kunden Wunsch ist sein Himmelreich - wir bauen was der Kunde haben will (nachdem wir beratend manchmal einwirken und den Kunden manchmal erfolgreich, manchmal auch erfolglos doch noch zu einer Änderung bewegen können).
Die Diskussion um den sogenannten "Wandeinbau" ist müßig, da hier einige fachliche Punkte durcheinander geworfen werden. Erstens ist es kein Wandeinbau im herkömmlichen Sinn einer BaffleWall oder sogenannter InWall-Lautsprecher, sondern der Freiraum in der Front wurde ausschließlich absorbierend ausgelegt, die Lautsprecher hängen aber trotzdem "frei" - was einem komplett anderen Prinzip entspricht als einem sogenannten Wandeinbau. Es gibt auch keine "Kästen" um die Lautsprecher herum - das was vielleicht als "Kästen" angesehen wird, ist schlicht und ergreifend nur Unkrautvlies (sehr luftdurchlässig), um die Lautsprecher vor dem Dämmmaterial zu schützen. Da ist nichts schallhart, nichts aus Holz oder Stein gebaut - die Nubis hängen an den original Wandhalterungen frei im Raum und die ganzen Freiräume dazwischen bis zu den Subwoofern sind absorbierend ausgelegt. Somit entledigt man sich sehr vieler akustischer Nachteile, die man bei freier Aufstellung (egal wie weit im Raum) einfach trotzdem hätte (hier seien exemplarisch nur mal SBIR-Effekte genannt).
Die von Stefan im Video bei 15min 14sek. kritisierte Aufstellung sieht wie folgt aus: die Lautsprecher sind exakt auf den Sitzplatz eingedreht und befinden sich dabei genau im Stereodreieck (Abstand Lautsprecher-Sitzplatz identisch zu Abstand Lautsprecher links zu Lautsprecher rechts). Das hat sich bei meinen eigenen Tests mit diesen Lautsprechern als beste Variante in diesem speziellen Kundenfall herausgestellt. Das schwarze ist Unkrautvlies, welches nach Fertigstellung der Front noch soweit nach hinten in die Wand hinein befestigt wurde, dass da nichts mehr vor dem Lautsprecher hängt. Im folgenden Bild erkennt man was ich meine: gelb neben den LS = Dämmmaterial, akustisch absorbierend - schwarz = Unkrautvlies als Schutz vor dem Dämmmaterial und als eine Art Pseudo-"Black Backing" für die Leinwand. Wie man erkennt hängt da nichts vor den Lautsprechern, was stören würde - und erst recht nichts schallhartes.
Die Lautsprecher werden aufgrund des DBA´s auf "small" betrieben und bei 100hz getrennt - dieses hat sich in diesem Raum mit dieser Aufstellung und dank des DBA´s als messtechnisch beste Variante herausgestellt. Der Bassbereich spielt dabei aufgrund des DBA´s absolut präzise, trocken, satt, gut gestaffelt und druckvoll und die Fronts schließen daran dann nahtlos an. Eingemessen ist das ganze übrigens relativ linear, mit einem (vom Kunden gewünschten) kleinen Spaßbuckel unter 40hz, damit bei Explosionen im Film auch was passiert, sich das ganze bei Musik aber immer noch neutral und linear anhört.
Der "Stoff" ist akustisch relativ transparent (nicht ganz so transparent wie Lautsprecher-Bespannstoff), dieser wurde von mir vor Jahren akustisch vermessen und die Klangeinbußen bewegen sich im fast vernachlässigbaren Bereich. Deswegen verbaue ich diesen Stoff auch in allen von mir gebauten Kundenkinos (alleine im letzten Jahr 12 Stück, in diesem Jahr bislang 3). Ebenso ist die Montage der akustisch transparenten Leinwand vor dem Center zu bewerten - auch diese Einbussen im Hochtonbereich sind vernachlässigbar (gemessene 1,5dB ab ca. 2khz - somit absolut per EQ ausgleichbar, genau wie bei den Fronts). Alles in allem ist dem Kunden der optische Gewinn (cleane Optik) sowie der akustische Gewinn durch die identisch hohen Fronts und Center in Verbindung mit der Stimme aus der Bildmitte wichtiger gewesen als die letzten 2% im Klang.
Der Kunde hatte sehr hohe Ansprüche an Bild und Ton, was man auch seinem High-End-Setup im Wohnzimmer entnehmen kann (das hier darüber geurteilt wird ohne das Wohnzimmer jemals gehört zu haben finde ich schon fast amüsant
). Diese Ansprüche haben wir vollumfänglich erfüllt. Man wird sehr schön in den Film hineingezogen mit einem umhüllenden, lebendigen und sehr homogenen Klang ohne dass irgendwelche Frequenzen hervorstechen oder untergehen, ohne Raummoden, ohne Dröhnen oder Auslöschungen, mit einem auf allen Sitzplätzen identischen Bassbereich, druckvollen Mitten und lebendigen Höhen. Die Räumlichkeit im Klang ist aufgrund der verbauten Akustikmodule (nicht nur aufgrund der sichtbaren 1D-Diffusoren an den Seiten - viele Module sieht man im Video und auf den Bildern nicht) sehr sehr gut, alle Schallereignisse sind klar ortbar und sehr präzise mit immer noch ausreichender Lebendigkeit im Klang (RT60 zwischen 3500ms im Bassbereich und 200ms im Hochton). Auch Grob- und Feindynamik passen sehr gut, hier machen die ganzen Nubi-Lautsprecher einen sehr guten Job in Verbindung mit der Raumakustik.
Der Kunde war zudem überrascht wie gut sich auch Musik bei ihm noch anhört. Insofern war er mehr als zufrieden - auch was die Optik und die handwerklichen Ausführungen des Kinos angeht. Da er aber nicht im Video erwähnt und gezeigt werden wollte, muss man mir das nun glauben (oder auch nicht
).
Ich hoffe, hier ein wenig Licht ins Dunkel hineingebracht zu haben und freue mich über weitere sachliche Diskussionen.
Euch allen noch schöne Osterfeiertage...
Holger
PS: ich selber bin ja auch ein alter Nubianer und hatte jahrelang (bis Februar diesen Jahres) 2x NuLine 122 und 3x CS72 in meinem Kino spielen - auch diese waren in der Front "eingepackt" und wurden von einem DBA aus 8x18" unterstützt. Zahlreiche Messungen dazu habe ich in einschlägigen Foren und in Facebook des öfteren gepostet und da konnte dann niemand mehr etwas gegen den "Wandeinbau" (der ja keiner ist) mehr sagen - und auch vor Ort anwesende zahlreiche Besucher haben sich nie beschwert über den Klang.