Paketpreise werden erhöht

[Observer]

Man kann von Günter Wallraff halten was man will, aber er öffnet einem doch mal die Augen: war es GLS oder DPD, wo er mitgefahren ist? Einfach widerlich, unter welchen Bedingungen diese schlecht bezahlten "Aushilfskräfte" als Fußvolk der Logistik arbeiten müssen. Und dabei extrem zynisch von ihren Vorgesetzten als minderbemittelte Vollidioten betrachtet werden.
Ich habe beruflich viel mit diesen "armen Hunden" zu tun, nur bei FedEx und UPS habe ich nachhaltig das Gefühl, dass die Auslieferer unter ansatzweise würdigen Bedingungen arbeiten. Ich kenne die Preise, die Großkunden für Pakete bis 31kg hinlegen müssen. Da wundert einem nichts mehr.

[Dobbs]

nur bei [...] UPS habe ich nachhaltig das Gefühl, dass die Auslieferer unter ansatzweise würdigen Bedingungen arbeiten.

Bislang hatte ich mit denen die meisten Probleme. Gibt es da einen Zusammenhang?

[Observer]

Wer mit welchem Logistiker am meisten Probleme hat, ist Lokal sehr unterschiedlich und oft von einer Person abhängig. Ich kenne viele Leute, die besonders mit DHL Probleme haben, andere mit GLS. Ich z.B. privat mit DPD. Im "Profibereich", also in meinem Job, hatten wir besonders Ärger mit UPS, konnten wir abstellen, und mit GLS. Am "armseeligsten" erscheint mir immer das Auftreten von Hermes, aber besonderen Ärger gab es da für mich privat und im Job nicht. Von Anderen höre ich da aber andere Töne.
Wenn man ein Paket erwartet, die Trackingverfolgung per Internet uneindeutig ist und im Briefkasten eine Benachrichtigungskarte liegt (obwohl man Zuhause war) mit dem Hinweis: " Paket beim Nachbarn "keine Werbung" abgegeben". Tja, dann kann man schon am Verstand der Zulieferer zweifeln. Nur mit 5 bis 6 Euro Gehalt pro Stunde bekommt man in Zeiten des Fachkräftemangels keine Akademiker als Auslieferer. Und ja, den Mindestlohn kann man in Deutschland geschickt umgehen. Wie es mal ein zynischer Manager ausdrückte: Wer mit Peanuts bezahlt, bekommt Affen als Mitarbeiter.

[Othmar]

Man muss aber auch bedenken, dass diese Branche total verseucht ist von viel zu hohen Verprechungen.
Den Fahrern - meist "scheinselbständigen" - werden Traumgagen vorgegaukelt, wenn er nur alle Bdinungen erfüllt.
Wenn jemand auch nur ein wenig rechnen kann, muss er doch von Anfang an sehen, dass die Auslieferung von Paketen mit der Anzahl X nicht in der Normzeit Y vonstatten gehen kann; ganz zu schweigen von den saftigen Abzügen für nicht ordnungsgemäß abgelieferten Paketen.

Dass die Bezahlung so unter jede vernünftige Meßlatte fällt, ist m. Mg. nach nur ein Synonym für unsere total verrückte Welt, in der jeder für sich zusammenrafft was er kann (= Paketkunde), ohne auch nur einen Moment an die Umstände zu denken unter denen die Lieferung zustande kommt.

"Gib dem Affen Zucker" könnte man daher zu den Vorstellungsgesprächen bei Paketdienstleistern wohl oft sagen; der Vergleich mit den Peanuts und den Affen die man dafür bekommt trifft's genauso...

Nix für ungut, aber allein wenn man bedenkt, wieiviele Bücher täglich achtlos weggeworfen werden, obwohl teilweise extrem viel Arbeit dahintersteckt(e), kann man ermessen, wie es im Paketzustelldienst aussieht. Wir leben in einer völlig degenierten Wegwerfgesellschaft, und jeder der nicht spurt wird einfach ausgetauscht.
Sorry, aber das geht halt mal bei einem ungelernten Türken der nichts besitzt ausser einem Führerschein besser als bei einem fest in der Parteienstruktur des Landes verankerten Manager der High-Society...

Gruß aus den Bergen

[Observer]

Also Türken wirst du eher selten unter den Auslieferfahrern finden. Die kennen unsere Gesellschaft mittlerweile deutlich besser und kennen mehrheitlich lukrativere Erwerbsmethoden.
Und immer mehr Deutsche denken nachhaltig, ökologisch und sozial und würden auch gern mehr für Pakete bezahlen. Müssen sie auch, wenn sie selbst etwas versenden: Ottonormalverbraucher zahlt für ein Einkilopaket knapp 7,-Euro (DHL). Höhere Gewichte kosten deutlich mehr. Amazon und andere Großversender zahlen nicht mal die Hälfte des Einkilopreises für Pakete bis 31,5kg.
Wir Nubertkunden würden auch etwas mehr bezahlen, wenn der Versand der Nuline ect. mehr kosten würde. Also den Fehler nur bei uns Konsumenten zu suchen ist zu kurz gedacht. Meine Grundeinstellung ist es, den eigenen Footprint so klein wie möglich zu halten, gelebte Bescheidenheit, die meine Liebste mit mir teilt. Gemessen an der Mehrheit der Weltbevölkerung leben wir trotzdem sehr luxeriös und bequem. Gemessen an einem Donald Trump aber armseelig und farblos.

Ich bin mir sicher, dass die Politik mehr erreichen könnte, wenn der Wille da wäre die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Aber gelebter Neoliberalismus frisst halt die soziale Marktwirtschaft.

[rockyou]

Wir brauchen eben einen Mindestlohn, der gerecht ist, meinetwegen 15€, und dazu Regelungen, die die Scheinselbständigkeit abschafft. Auch gegen die EU, die dann wieder mit Wettbewerbsverzerrungen und offenem Markt argumentiert, aber gleichzeitig den sozialen Standard erhöhen will.
Wie aber Konsumverzicht neben der Umwelt auch den Geringverdienern helfen soll, erschließt sich mir dagegen überhaupt nicht. Dann müsste das gesparte Geld ja an den Staat abgeführt und entsprechend sozial verteilt werden.
Edit: diese Argumente, durch Konsumverzicht die Welt zu retten, sind ja oft scheinheilig, ausdrücklich ohne jetzt hier jemanden persönlich angreifen zu wollen. Ich habe Bekannte, die immer mit Konsumverzicht und Gebrauchtmarkt argumentieren, deren Bankkonto u.a. dadurch jedoch mittlerweile extrem gefüllt ist, so dass sie sich im Wesentlichen nur noch mit Steuersparmodellen und Geldanlagen beschäftigen, wo dann die Moral und der Umweltgedanke leider völlig fehlen...

[David 09]

...und der Arbeitgeber, der den oktuyierten Mindestlohn bezahlen muss, gibt diese Erhöhungen an den Verbraucher mit höheren Preisen zurück...ein Teufelskreis, der imho in einer deutlich höheren inflationsrate mündet, denn mit dem mindestlohn steigen in relation die gehaltsforderungen aller...was ist damit gewonnen? Preise steigen, der Mindestlohn ist dann genausowenig wert wie vorher auch und die ganze Misere beginnt von vorne...das muss imho anders zu lösen sein...

[David 09]

Wie auch immer, der schleppende Paketbote erhält von mir immer gerne ein "kleines dankeschön"...

[rockyou]

Naja, der Anteil der Arbeitnehmer mit Mindestlohn wird ja die Inflationsrate so maßgeblich nicht beeinflussen...
Es gibt ja kaum eine andere Lösung. Man darf die Mindestlöhne dann natürlich auch nur sehr moderat besteuern. Aber die Steuergerechtigkeit ist ja noch ein anderes Thema....

[David 09]

...na unterschätze den anteil der mindestlöhner mal nicht...
sicherlich treibt der mindestlohn alleine nicht unbedingt unmittelbar die Inflationsrate in exorbitante höhen - aber der raffzahn und neider mensch (zumeist vertreten durch Gewerkschaften, die das wohl ihrer Mitglieder im Auge haben), der im gehaltsgefüge über dem mindestlohn liegt, wünscht sich wiederum daran orientiert die einhaltung des besserverdienens...und dann kommt es im weiteren verlauf zu einem hübschen dominoeffekt...