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Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 17:55
von bony
Sorry, Gerald, ich finde das nicht haarspalterisch. Den Vergleich zur (digitalen) Fotografie finde ich sehr gut; man findet dort sicherlich mehr Parallelen als beim Vergleich zur Automobilwelt. In manchen fällen ähnelt sich die Bedienung von Bearbeitungsprogrammen sogar sehr. Man sollte dann aber schon versuchen, die Parallelen an der richtigen Stelle zu ziehen.

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 18:16
von BlueDanube
g.vogt hat geschrieben:Kein Mensch käme auf die Idee, von einer Fotografie zu erwarten, dass man die abgebildeten Personen und Gegenstände berühren, ums Bild herumgehen und sie von hinten anschauen könnte etc. Bei Hifi/Stereo gibt es dagegen immer wieder die Erwartungshaltung, die perfekte Anlage müsse möglichst genauso klingen wie das Original.
Das ist in beiden Fällen Quatsch - ich erwarte mir aber beim Betrachten eines Fotos oder Filmes, dass das Bild genauso ist, wie es der Produzent gewollt hat. Schwarz ist schwarz, weiß ist weiß, und wenn das Bild eine Sepia-Tönung hat, soll es bei mir nicht wie eine angesch.... Windel aussehen! Wenn das Original unscharf ist, soll keine künstliche Schärfe hinzugefügt werden

Genau das selbe erwarte ich mir auch von einer HiFi-Anlage!
g.vogt hat geschrieben:Bei Fernsehgeräten und Monitoren hat übrigens noch niemand das Fehlen von Einstellmöglichkeiten für Kontrast, Helligkeit, Schärfe und Farbtemperatur als Voraussetzung für höchste Wiedergabequalität bezeichnet ;-)
Bei Fernsehgeräten und Monitoren braucht man diese Einstellmöglichkeiten, um das Bild einigermaßen neutral hinzukriegen, nachdem sie völlig falsch eingestellt geliefert werden! :evil:
Genaugenommen braucht man Kontrast, Helligkeit und Gamma (!) getrennt für die 3 Grundfarben und meist muss auch noch das Overscan eingestellt werden....
Bei Beamern ist das alles vorhanden, obwohl schon besser eingestellt ausgeliefert werden. :roll:
Jeder Bildwandler muss kalibriert werden, denn da sind die Fehler oft noch viel größer als bei einem Lautsprecher und im direkten Vergleich von jedem Laien sofort erkennbar.

Eines darf man bei all diesen technischen Geräten nicht vergessen:
Sie sollen möglichst keinen Fehler in der Weitergabe oder Wandllung des Signals produzieren.
Besser als 0% Fehler geht nicht - da kann man sich noch so bemühen.
Je kleiner der Fehler wird, desto weniger fällt er auf und jede weitere Verbesserung kann nur in ganz kleinen Schritten erfolgen und kostet viel Geld.
Wenn der Fehler unterhalb der Wahrnehmungsgrenze oder unterhalb der individuellen Toleranzgrenze ist, ist jede weitere Verbesserung rausgeschmissenes Geld!

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 18:18
von tiyuri
g.vogt hat geschrieben:Bei Hifi/Stereo gibt es dagegen immer wieder die Erwartungshaltung, die perfekte Anlage müsse möglichst genauso klingen wie das Original.
Und diese Erwartungshaltung ist falsch?
g.vogt hat geschrieben:Bei Fernsehgeräten und Monitoren hat übrigens noch niemand das Fehlen von Einstellmöglichkeiten für Kontrast, Helligkeit, Schärfe und Farbtemperatur als Voraussetzung für höchste Wiedergabequalität bezeichnet ;-)
Das Fehlen solcher Einstellmöglichkeiten schränkt das Vermögen ein,
die hohe Wiedergabequalität zu gewährleisten, auch nach längerem
Betrieb. Selbst bei einer exakten Kalibrierung ab Werk würde die
fehlende Konstanz der Werte weitere Kalibrierungen veranlassen und
Parameter wie Helligkeit werden meines Wissens nach der Umgebung
richtig eingestellt. Solch ein Gerät käme für mich nicht in Frage :!:

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 18:46
von g.vogt
Hallo bony,

mir liegt daran, pbeiers Gleichnis nicht gleich wieder auseinanderzunehmen und ich denke, eine 100%ige Transformation Hifi <-> Fotografie gelingt sowieso nicht - und selbst wenn, dann bleibt fraglich, ob das Gleichnis dann noch verständlich bleibt.

Ich verstehe pbeier so, dass bei der Fotografie - wie bei Hifi auch - keine 1:1-Abbildung des Originals möglich ist. Und schon beim Prozess des Fotografierens und erst recht bei einer Nachbearbeitung ((digitale) Dunkelkammer) findet eine weitere "Verfälschung des Originals" statt, der Fotograf entscheidet, in welcher Weise die Fotografie den besten Eindruck macht. Das muss nicht zwangsläufig allen Betrachtern gefallen und dementsprechend gibt es auch keine allgemeingültige "Betrachtungsvorschrift" - jedenfalls nicht, wenn man sich die Bilder nur des Genusses wegen ansieht. Herr Nubert formulierte es für Hifi mal ungefähr so: "Mancher Highender leidet lieber mit auf 0-Strich gestellten oder abgeschalteten oder gar nicht vorhandenen Klangreglern, anstatt mit einem beherzten Griff zu selbigen einen angenehmeren Klang einzustellen."
Auch "OL-DIEs Pyramiden" sind eine herbe Abweichung von den Wiedergabebedingungen, die in den meisten Tonstudios herrschen dürften, trotzdem ist es - wie auch Gäste immer wieder bestätigen - eine beeindruckende Möglichkeit, Musikaufnahmen zu hören. Sind OL-DIEs Pyramiden nun besser oder schlechter als ein Pärchen nuWave125? (Um wenigstens 1x die Kurve zur Ausgangsfrage zu kriegen ;-))

Ja, es ist immer wieder das gleiche Thema. Mehrkanalaufnahmen sind ein schwaches Abbild des Originals - ich denke, es gibt keine einzig allgemeingültige Weise, diese wiederzugeben (im Sinne von Hören, nicht im Sinne von Beurteilen). So falsch der Ansatz ist, eine Aufnahme so wiederzugeben dass es sich wie im richtigen Leben anhört, so verständlich ist der Wunsch, genau dies zu erreichen. Idealerweise findet man eine Lösung, die bei möglichst allen gern gehörten Aufnahmen der eigenen Vorstellung guten Klangs - nahe dem wirklichen Leben - bestens entspricht.

Beim nuFescht habe ich erlebt, dass sich Herr Nubert auch mit Aufnahmetechniken, Mikrofonen, Effektprozessoren etc. auszukennen scheint und von einigen Aufnahmen auch weiß, wie sie produziert worden sind. Dies scheinen wichtige Kenntnisse zu sein, um Lautsprecher zu bauen, die seine Vorstellung von Hifi-Wiedergabe verschiedenster Aufnahmen bestmöglich realisieren. Und die vielzitierte Neutralität im Sinne einer "unverfälschten Wiedergabe" - ist sie bei Nubert-Boxen überhaupt zu finden? Ein neutraler Frequenzgang wird heute vorausgesetzt und hier gibt es ja nun wirklich bessere Möglichkeiten, eine variable Veränderung des Frequenzgangs nach eigenem Geschmack einzusetzen. Wie diese 2 oder 5 Kanäle jedoch als Schallereignis in den Raum übertragen werden - hier gibt es doch deutliche Unterschiede in der Auffassung, was "richtiger" ist. Idealerweise gäbe es nun am Lautsprecher Regler, mit denen man bspw. die Richtwirkung nach eigenem Ermessen oder je nach Aufnahme verändern könnte - aber das scheint technisch nicht so ohne weiteres möglich zu sein. Also kauft man einen Lautsprecher, bei dem der Konstrukteur festgelegt hat, in welcher Weise der Raum in die Wiedergabe der Aufnahme einbezogen wird. Die Nubertschen Pyramiden und die von OL-DIE (über letztere liest man hier im Forum nun mal erheblich öfter etwas), die Dipole und in gewissem Maße alle Nubert-Boxen repräsentieren lediglich die Auffassung des Konstrukteurs, wie sich Hifi am besten anhört.

Wenn man eine Aufnahme 100%ig so hören möchte wie sie der Toning gemeint hat, dann bleibt einem nichts weiter übrig als mit seiner CD in exakt dieses Aufnahmestudio zu traben. Und auch dann bleibt das Manko bestehen, dass die eigenen Ohren nicht denen des Toning entsprechen - man hört also selbst dann nicht das, was der Toning gehört hat...

Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 18:54
von pbeier
tiyuri hat geschrieben:
g.vogt hat geschrieben:Bei Hifi/Stereo gibt es dagegen immer wieder die Erwartungshaltung, die perfekte Anlage müsse möglichst genauso klingen wie das Original.
Und diese Erwartungshaltung ist falsch?
Ha, mein Einsatz!

SIE IST!

und zwar deswegen, weil das Original zum Vergleich nicht zur verfügung steht! Daher ist eine neutrale und sachliche Einschätzung "wie original" unmöglich! Und vor allem: wo im Konzertsaal ist der Klang original? dort wo der Dirigent steht? Na ja, mag sein, aber welcher sterbliche steht dort schonmal zum zuhören :?: Dieser Sterbliche hört immer etwas anderes, je nach dem welchen Platz im Saal er bezahlt hat!

Der Wunsch nach dem Original ist schon fast paradox, weil er unerfüllbar und das Original flüchtig ist.

Sinnvoll empfinde ich die Erwartungshaltung: die Anlage soll möglichst "authentisch" in meinen Ohren sein. Die gleichen Empfindungen und Eindrücke wecken. Ich nehme hier die Übersetzung authentisch=glaubwürdig zur Grundlage!-Dann bleibt noch Platz für die subjektiven Vorlieben des Betrachters!

@bony,

das mit dem kalibrierbaren Monitoren:
Ist auch einer der schönsten Irrtümer in der Printindustrie! Erstens kann kaum ein Monitor den Farbumfang der digitalen Aufnahmegeräte abbilden (scanner und cameras) und selbst wenn, ist es Humbug, weil der Urteilende sich meist schön richtig verfälschte original-RGB's ansieht und die kümmerlichen Separationsreste nie zu Gesicht bekommt... Was also Anfangs noch für sachlich und subjektiv schön befunden wurde, ist spätestens vor dem ersten Ausgabegerät komplett verändert.
Kalibration hin oder her. Beim Andruck ist das Gejaule dann gerne groß!

greetz vom pb

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 19:09
von Koala
g.vogt hat geschrieben:Bei Fernsehgeräten und Monitoren hat übrigens noch niemand das Fehlen von Einstellmöglichkeiten für Kontrast, Helligkeit, Schärfe und Farbtemperatur als Voraussetzung für höchste Wiedergabequalität bezeichnet ;-)
Das unterscheidet eben Consumer-Geräte von professioneller Hardware, letztere sollten von der Helligkeit abgesehen keine Manipulationen zulassen, um nicht an der Kalibrierung vorbei falsche Farben wiederzugeben ;)
Es stellt sich eben die Frage, ob Manipulationen einzelner Parameter zugunsten der Gefälligkeit kausale Kettenreaktionen auslösen (falscher Farbraum => falsche Farben im Offsetdruck u.ä. bzw. "verbogene" Klangwiedergabe => "verbogene" Pressungen) oder ob sie lediglich der Kompensation störender Faktoren dienen.

greetings, Keita

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 19:18
von pbeier
g.vogt hat geschrieben:Ich verstehe pbeier so, dass bei der Fotografie - wie bei Hifi auch - keine 1:1-Abbildung des Originals möglich ist. Und schon beim Prozess des Fotografierens und erst recht bei einer Nachbearbeitung ((digitale) Dunkelkammer) findet eine weitere "Verfälschung des Originals" statt, der Fotograf entscheidet, in welcher Weise die Fotografie den besten Eindruck macht. Das muss nicht zwangsläufig allen Betrachtern gefallen und dementsprechend gibt es auch keine allgemeingültige "Betrachtungsvorschrift"

Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt
jeap !

und das Beste fehlt noch: es ist das Ziel dem Betrachter zu gefallen! Somit wäre eine 1:1 Abbildung eher abträglich. Doch genau darüber wird als Qualitätsmaßstab, Bewertungsgrundlage und Zielsetzung diskutiert und geschrieben!

Der Ansatz ist in meinen Augen schon falsch!

Wir stecken in dem Dilemma dass wir unsere subjektive Wahrnehmung (sehen, hören, schmecken....) nicht wirklich ausdrücken, noch vergleichen können. (Zwei Menschen, die versuchen sich gegenseitig zu erklären: "Was ist eigentlich die Farbe ROT ?"
Dagegen ist Warten auf Godot geradezu ein rauschendes Fest mit Wein und Gesang!)

Wir trauen uns nur nicht zu sagen, dass es sich einfach "nur" glaubwürdig und gut anfühlt, was wir hören!
Wo kämen wir da auch hin, als alte DIN-Norm-Preussen - nicht wahr?

gruss vom pb

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 19:27
von pbeier
Koala hat geschrieben:Es stellt sich eben die Frage, ob Manipulationen einzelner Parameter zugunsten der Gefälligkeit kausale Kettenreaktionen auslösen (falscher Farbraum => falsche Farben im Offsetdruck u.ä. bzw. "verbogene" Klangwiedergabe => "verbogene" Pressungen) oder ob sie lediglich der Kompensation störender Faktoren dienen.

greetings, Keita
Sehr wahr!

Es passiert beides! Und das auch noch gleichzeitig!
Der eine kalibriert sich hingebungsvoll für alle tot und der nächste mault rum, dass es auf seiner "Kiste" viel schöner aussah! Es ist ein ewig grüssendes Murmeltier - bei dem alle von sich denken und behaupten, dass sie das richtige täten!

greetz vom pb

EDIT:

meine Liebste hat gerade den perfekten Einwurf von der Seite gemacht:
Sie sagt:
der perfekte Lautsprecher muss so klingen, dass:

Glenn Gould zu dir nach Hause kommt, sich seine Aufnahme anhört, und zufrieden lächelnd sagt:
"Genau so hat sich das für mich angehört"!

Das hat was!

Gruss vom pb

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 20:13
von bony
g.vogt hat geschrieben:mir liegt daran, pbeiers Gleichnis nicht gleich wieder auseinanderzunehmen und ich denke, eine 100%ige Transformation Hifi <-> Fotografie gelingt sowieso nicht - und selbst wenn, dann bleibt fraglich, ob das Gleichnis dann noch verständlich bleibt.
Ich wollte gar nichts auseinandernehmen :? (einmal und nie wieder), sorry dass ich mich an der Diskussion beteiligt habe. Dass ich den Vergleich grundsätzlich passend finde, habe ich erwähnt (auch wenn ich nicht mit allen gezogenen Schlüssen übereinstimme aber das haben wir hier und woanders schon tausend mal durchdekliniert).

Verfasst: Fr 12. Mai 2006, 20:41
von teite
Hallo,
pbeier hat geschrieben:der perfekte Lautsprecher muss so klingen, dass:

Glenn Gould zu dir nach Hause kommt, sich seine Aufnahme anhört, und zufrieden lächelnd sagt:
"Genau so hat sich das für mich angehört" !
Soso, und wie willst du erreichen, dass es sich für alle Aufnahmen so anhört als wäre es live? Weißt du im Voraus wie die Aufnahmen aufgenommen sind und welches Sounding dafür notwendig ist?

Irgendwie macht man es sich etwas zu einfach - das Endziel klingt wie Original ist nicht zu erreichen - also isses doch eh egal was fürn Klang der Lautsprecher reproduziert. Das Original für den Lautsprecher ist aber nicht das originale Schallereignis, das ist für immer verloren, sondern die Aufnahme. Und die kann man durchaus so genau wie möglich wiedergeben.

Der Reiz des ganzen Hifi-Zirkusses isses doch, seine Mucke in immer besserer Qualität hören zu können. Deswegen steigt man auf vom Ghettoblaster zur Mini-Anlage, vonner Mini-Anlage zur hochwertigen Stereo- oder Surround Anlage.

Und wenn man oben angekommen (hier zähl ich Nubert durchaus dazu) grübelt der unruhige Geist, ob es nicht noch was tolleres gibt. ;) Wenns dem Esel zu gut geht....

Nun diese Diskussion ist bestimmt schon 100mal geführt worden, und jedem sei ja auch seine persönliche Ansicht unbenommen. Jedenfalls wunder ich mich über die Logik mancher HiEnder schon.

Der Lautsprecher darf verfälschen wie er lustig ist, aber jeder arme Widerstand oder Kondensator im Signalpfad wird kritischst beäugt, ob er nicht die Seele aus der Musik saugt.

cu,
Stefan