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Verfasst: So 5. Jun 2005, 13:03
von Frank Klemm
bony hat geschrieben:Wir reden wohl etwas aneinander vorbei :wink:. Ich meine, dass viele versucht sind, sich mehr auf die Art der Reproduktion als auf die Art der Musik selbst, den eigentlich musikalischen Inhalt zu konzentrieren. Möglicherweise fällt es aber auch vielen, die nie ein Instrument gespielt haben, schwer, zwischen diesen beiden Dingen zu unterscheiden (?).
Welche zwei Dinge? Das klingt mir wie "Schneewitchen und die zwei Zwerge".

Die Qualität fängt doch schon wesentlich eher an. Wenn man hört, wie sich die
beteiligten die Seele aus dem Leib spielen statt lustlos auf dem Synthi rumzuklimpern,
dort fängt doch schon das wesentliche an, was kein TonIng mehr dazukreiern oder auch
wegnehmen kann.

Das ganze geht dann über Aufnahmeakustik, Mikrofonierung (Aufstellung,
Richtcharakteristik, Klangeigenschaften) weiter. Wesentlich an diesem Aufnahmeschritt
ist die Entscheidung, eher in die Richtung Nahfeldmikrofonierung und synthetische
Klangbilder oder eher Fernfeld und Einfangen der Originalakustik zu gehen.

Das nächste ist das ganze Themenfeld um Mixing, Effektgeräte (Kompression, Equalizer,
Klangfeldsynthese a la QSound), Positionierung der Aufnahmequellen ...

Erst ganz am Ende kommt die Wiedergabetechnik zu Hause. Lautsprecher und
Raumakustik speilen hier mit Abstand die größte Rolle.


Jede dieser Entstehungsstufen hat ihre spezifischen Eigenheiten. Fehler oder
auch persönliche Vorlieben wirken sich unterschiedlich auf das Klangbild aus.

Audiophile sind so eine ganz komische Mischung aus Technikverliebtheit und
Technikignoranz. Zum einen wandert die Technik (und da vor allem das Aussehen
und die vermeintlichen Werte) in den Vordergrund, zum anderen wird die ganze
Aufnahmeseite weitgehend ausgeblendet und zum dritten wird viel rumoptimiert
an weitgehend klangneutralen Komponenten (Kabelfetischismus z.B.).

Verfasst: So 5. Jun 2005, 14:49
von bony
Frank Klemm hat geschrieben:Welche zwei Dinge? Das klingt mir wie "Schneewitchen und die zwei Zwerge".
Naja gut, schön dass du es weiter ausführst und immerhin "Schneewittchen und die fünf Zwerge" aufführst. :wink:

Ich denke, dass man aber schon grob unterteilen kann in einerseits die künstlerische Leistung des Komponisten und die Interpretation des/der Künstler/s und auf der anderen Seite die Art, in der die Darbietung auf einen Tonträger umgesetzt wurde. Bannt man die Darbietung in "mono" auf Tonträger, schmälert das ja nicht die Leistung des Komponisten und des Interpreten. Bei s.g. E-Musik kann man diese "Grenze" vielleicht schärfer ziehen, als bei z.B. elektronischer Musik (und audiophilem Pling-Plong :wink:), wo der Übergang fließender ist (wobei man wohl auch lange über den künstlerischen Wert einer audiophilen Aufnahme philosophieren könnte, bei der z.B. eine Rassel von links nach rechts und wieder zurück wandert und die "Wirkung" weitgehend flöten ginge, hielte man die Rassel in der Mitte an und hätte einfach nur eine Rassel, die vor sich hin rasselt - aber das ist in diesem Thread ja nicht das eigentliche Thema) .

Im Grunde wollte ich ja nur sagen, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, weshalb so viele Aufnahmen als "schlecht" bezeichnet werden, nur weil man bei der Produktion auf irgendwelche supertollen räumlichen Effekte etc. verzichtet hat und weshalb man selbst mit tatsächlichen Fehlern behaftete Aufnahmen mit "guten" Lautsprechern nur unter Schmerzen ertragen könne (was natürlich nicht heißen soll, dass "herausragende" Produktionen keinen ganz besonderen Genuss darstellen können).

Verfasst: So 5. Jun 2005, 22:51
von Frank Klemm
bony hat geschrieben: Im Grunde wollte ich ja nur sagen, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, weshalb so viele Aufnahmen als "schlecht" bezeichnet werden, nur weil man bei der Produktion auf irgendwelche supertollen räumlichen Effekte etc. verzichtet hat und weshalb man selbst mit tatsächlichen Fehlern behaftete Aufnahmen mit "guten" Lautsprechern nur unter Schmerzen ertragen könne (was natürlich nicht heißen soll, dass "herausragende" Produktionen keinen ganz besonderen Genuss darstellen können).
Was bei vielen Produktionen aber auftritt, ist
* daß er Sound zu "busy" ist, d.h. überladen, undurchsichtig, zu dick. Gute Lautsprecher kommen aber mit so was besser zurecht als schlechte. Ein geringes Reduzieren von Höhen und Tiefen macht den Zound angenehmer.
* daß die Lautstärke von Anfang bis zum Ende konstant ist. So was anzuhören nervt schneller als Musik, die noch Restlautstärkeschwankungen hat.

Beides führt aber zu dem Effekt, daß zwar eine tolle Soundkulisse entsteht, aber
daß man nie in die Nähe der Illusion kommt, daß da was real wäre. Manche Musik
und mache Filme vermitteln diesen Eindruck. Vielleicht ist das gemeint?

Verfasst: Mo 6. Jun 2005, 15:58
von Raptus
Frank Klemm hat geschrieben:Audiophile sind so eine ganz komische Mischung aus Technikverliebtheit und
Technikignoranz. Zum einen wandert die Technik (und da vor allem das Aussehen
und die vermeintlichen Werte) in den Vordergrund, zum anderen wird die ganze
Aufnahmeseite weitgehend ausgeblendet und zum dritten wird viel rumoptimiert
an weitgehend klangneutralen Komponenten (Kabelfetischismus z.B.).
Sehr schöne definition. Aufgenommen ins Repertoir :D
bony hat geschrieben:Im Grunde wollte ich ja nur sagen, dass ich nicht ganz nachvollziehen kann, weshalb so viele Aufnahmen als "schlecht" bezeichnet werden, nur weil man bei der Produktion auf irgendwelche supertollen räumlichen Effekte etc. verzichtet hat
Nein, nicht der Verzicht auf Effekte, sondern deren übermässiger Gebrauch ruinieren viele der heutigen Produktionen. Damit meine ich insbesodere Dynamikprozessoren (Kompressoren, Limiter, sonstige Maximizer), die alles gleichlaut machen, generell bis hin ans clippen, frei nach dem Motto "lauter ist besser" ($$ - Stichwort: Loudnessrace). Das trifft hauptsächlich Mainstreamproduktionen und äussert sich dann für den Hörer wie Frank schon gesagt hat als dieser busy-Klang und/oder als schon leicht verzerrt laut. Was insbesondere schade ist, wenn die Produktion ansonsten gut ist und der Inhalt interessiert.
Bannt man die Darbietung in "mono" auf Tonträger, schmälert das ja nicht die Leistung des Komponisten und des Interpreten.
Natürlich nicht. Schmälert aber das Erlebnis oder den Spass den man beim Anhören hat.
Und ja, das Geniessen von Musik sollte man trotz aller Technikverliebtheit nicht verlernen.

Verfasst: Di 7. Jun 2005, 11:41
von bony
Raptus hat geschrieben:Nein, nicht der Verzicht auf Effekte, sondern deren übermässiger Gebrauch ruinieren viele der heutigen Produktionen. Damit meine ich insbesodere Dynamikprozessoren (Kompressoren, Limiter, sonstige Maximizer), die alles gleichlaut machen, generell bis hin ans clippen, frei nach dem Motto "lauter ist besser" ($$ - Stichwort: Loudnessrace).
Da reden wir wohl mal wieder darin aneinander vorbei, wie wir den Begriff "Effekte" meinen :wink:.

Dass besonders bei Rockmusik Kompressoren heftig eingesetzt werden, kann ich nachvollziehen. Möglicherweise im Rockbereich ja auch als bewusstes Stilmittel, weil man einen richtig fetten Gitarrensound haben möchte. Dass das auf einem "weniger analytischen" Lautsprecher besser klänge, kann ich hingegen nicht nachvollziehen.