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Verfasst: Fr 6. Nov 2009, 20:56
von Rank
Sirarokh hat geschrieben:...
[Schritt 5: Man passe einen parametrischen Equalizer an die Zielfunktion an.
...
Also ist's doch "nur" ein parametrischer EQ der halt in der Einstellung auf das "Frequenzgemisch" aus direktem und indirektem Schall "gemittelt" wird :?:

Oder funktioniert Eure Entwicklung vielleicht doch eher nach dem "Noice Cancelling"-Prinzip, bei dem die zu eliminierenden Geräuschanteile phaseninvertiert dem Musiksignal beigemischt werden?


In folgendem Link stehen auch noch ein paar interessante Infos zu aktuellen Raumkorrektur-Entwicklungen:
http://www.avguide.ch/index.cfm/show/pa ... 705B82DCB0



Herr Nubert hat ja auch in "Technik satt" seine bisherigen Erfahrungen geschildert:
DSP-Systeme und Equalizer zur
»Raumkorrektur« eines Klangspektrums

In letzter Zeit tauchen häufig Produktvorstellungen in Firmenprospekten
und Tests in Fachzeitschriften auf, die den Eindruck
erwecken, es sei sinnvoll, den gesamten Frequenzgang eines
akustisch unangenehmen Raumes einfach an der Hörposition
messtechnisch zu erfassen und daraus ein Korrektur-Signal abzuleiten.
Wenn dann den Boxen zusammen mit der Musik die
„umgekehrte“ Frequenzgang-Veränderung des Raumes angeboten
wird, sollen die Raumeinflüsse kompensiert werden.
Zugegeben, vor vielleicht 20 Jahren dachten auch wir, dass der
Klang einer Beschallungsanlage dann wohl gewinnen würde,
wenn der (durch gleitenden Sinus, Frequenzgemische oder durch
Schmalbandrauschen gewonnene) Frequenzgang am definierten
Sitzplatz eines Hörers durch Equalizer linearisiert werden würde!
Erst die katastrophalen Hörergebnisse dieser Versuche veranlassten
uns, konzentriert über solch eine Vorgehensweise nachzudenken
und uns mit diesem Gebiet intensiv zu beschäftigen:
Der „Frequenzgang“ von impulsartigen Signalen im Raum sieht
bei jeder Art der Impuls-Zusammensetzung völlig anders aus –
und hat praktisch gar nichts mit dem Frequenzgang im eingeschwungenen
Zustand zu tun!
In der Praxis muss man einige Teilaspekte unterscheiden:
1. Oberhalb einiger hundert Hertz sind die Resonanzen und
Auslöschungen so ungleichmäßig im Raum verteilt, dass schon
der Abstand zwischen den beiden Ohren eines Hörers ausreicht,
um für jedes Ohr völlig unterschiedliche Bedingungen zu schaffen.
Deshalb sind in diesem Frequenzbereich nur breitbandige
Beeinflussungen des Frequenzganges – also als Klangregler –
sinnvoll. Die durch Raumreflexionen verursachten Klangveränderungen
im mittleren und höheren Frequenzbereich durch
„Umdrehen“ der eingespeisten Informationen verbessern zu
wollen, funktioniert nicht. Das ist vergleichbar mit dem Versuch,
Echos oder Nachhall von Stimmen durch zusätzlich noch gegenphasig
gesprochene (quasi eingesaugte) Worte verhindern zu
wollen. Erst die völlige Stille des Sprechers – oder eine vollständige
akustische Dämpfung der reflektierenden Flächen – können
das Echo verhindern.
2. Raumbedingte, schmale Auslöschungen im Bassbereich kann
man nicht sinnvoll auffüllen; ...

Gruß

Rank

Verfasst: Fr 6. Nov 2009, 22:05
von Sirarokh
jakobert hat geschrieben:Ich kenne das mit den Raumimpulsantworten nur so, dass man einen Knall aufnimmt, also ein minimal kurzes Rauschen.
Kann ich auf die Weise, wie du es beschreibst, das abgespielte Rauschen aus der aufgenommenen Impulsantwort rausrechnen?
Kurz: Ja.
Lang: Knalle sind schwierig zu erzeugen, enthalten wenig Schallenergie, sind anfällig gegenüber Messrauschen und sind schwierig sauber aufzuzeichnen. Heute misst niemand mehr mit Knallen. Durch die Entfaltung des aufgenommenen Rauschens mit dem abgespielten Rauschen erhält man wesentlich genauere Ergebnisse bei wesentlich geringerem Aufwand. Es kann aber auch jedes andere Signal verwendet werden, wobei sich breitbandige Signale (Rauschen, Sweeps) naturgemäß gut für breitbandige Beurteilungen eignen.
jakobert hat geschrieben:Vor allem, weil mich interessiert, wie wichtig die erste Wellenfront für eine natürliche Wiedergabe wirklich ist.
Denn die musst du ja ziemlich verbiegen um die Raumeinflüsse zu korrigieren.
Die erste Wellenfront ist wichtig für die Lokalisation und den Lautheitseindruck. Aber in einem Konzertsaal klingt ein Lautsprecher anders als in einem Klo. Diese vielbeschworene "erste Wellenfront" ist nur genau das: Die erste Wellenfront. Ihr folgen viele weitere Wellenfronten und in der Summe hat der Nachhall wesentlich mehr Schallenergie als die erste Wellenfront. Wer schon einmal in einem Reflexionsarmen ("Schalltoten") Raum war, weiß, wie beschissen die erste Wellenfront alleine klingt. Das will niemand. Hört auf damit.
Rank hat geschrieben:Also ist's doch "nur" ein parametrische EQ der halt in der Einstellung auf das "Frequenzgemisch" aus direktem und indirektem Schall "gemittelt" wird :?:
Vorsicht, verwechsle nicht einen Terzband-EQ mit einem PEQ. Das sind grundverschiedene Dinge.
Rank hat geschrieben:Oder funktioniert Eure Entwicklung vielleicht doch eher nach dem "Noice Cancelling"-Prinzip, bei dem die zu eliminierenden Geräuschanteile Phaseninvertiert dem Musiksignal beigemischt werden?
Wenn du es so möchtest, funktioniert meine Entwicklung auch nach dem "Noise Cancelling"-Prinzip. Ich argumentiere nur lieber im Frequenzbereich, weil es dort anschaulicher ist. Aber Frequenzbereich und Zeitbereich sind mathematisch äquivalent und ob du nun sagst, du gleichst eine Frequenzüberhöhung aus oder ob du sagst, du gleichst eine Reflexion aus, läuft am Ende aufs Selbe hinaus.

Verfasst: Fr 6. Nov 2009, 22:14
von Sirarokh
Äähm, noch was: Lasst uns nicht streiten hier, OK? Ich bin ganz zahm und will niemandem etwas zu Leide tun. Wenn sich jemand angegriffen fühlt, war das nicht meine Absicht und ich entschuldige mich hiermit schon jetzt.

(Aber ich kann einen HAUFEN wissenschaftliche Untersuchungen vorweisen, die alles hier von mir gesagte unterstützen ;-))

Verfasst: Fr 6. Nov 2009, 22:50
von Rank
Sirarokh hat geschrieben: ...Wenn du es so möchtest, funktioniert meine Entwicklung auch nach dem "Noise Cancelling"-Prinzip. Ich argumentiere nur lieber im Frequenzbereich, weil es dort anschaulicher ist. Aber Frequenzbereich und Zeitbereich sind mathematisch äquivalent und ob du nun sagst, du gleichst eine Frequenzüberhöhung aus oder ob du sagst, du gleichst eine Reflexion aus, läuft am Ende aufs Selbe hinaus.


Naja, ob man nun versucht Frequenzgangwelligkeiten (die durch Raumeinflüsse entstanden sind) mit einem parametrischen EQ geradezubiegen, oder ob man versucht Reflektionen durch ein phaseninvertiertes Signal auszulöschen, sind schon zwei völlig verschiedene Dinge!

Nur deshalb hab' ich auch gefragt, ob die gleiche Technik wie beim "Noice-Cancelling"-Prinzip eingesetzt wird :?:
(also eine Schalleliminierung wie es z.B. hier beschrieben wird: http://www.avguide.ch/index.cfm/show/pa ... B69E7997AF )

Ausserdem streiten wir doch nicht, sondern diskutieren lediglich. :wink:


Gruß

Rank

Verfasst: Fr 6. Nov 2009, 23:13
von jakobert
jakobert hat folgendes geschrieben:
Ich kenne das mit den Raumimpulsantworten nur so, dass man einen Knall aufnimmt, also ein minimal kurzes Rauschen.
Kann ich auf die Weise, wie du es beschreibst, das abgespielte Rauschen aus der aufgenommenen Impulsantwort rausrechnen?
Kurz: Ja.
Lang: Knalle sind schwierig zu erzeugen, enthalten wenig Schallenergie, sind anfällig gegenüber Messrauschen und sind schwierig sauber aufzuzeichnen. Heute misst niemand mehr mit Knallen. Durch die Entfaltung des aufgenommenen Rauschens mit dem abgespielten Rauschen erhält man wesentlich genauere Ergebnisse bei wesentlich geringerem Aufwand. Es kann aber auch jedes andere Signal verwendet werden, wobei sich breitbandige Signale (Rauschen, Sweeps) naturgemäß gut für breitbandige Beurteilungen eignen.
Danke für die Info. Mir war die Problematik wohl bewusst, aber nicht, dass es dafür eine Lösung gibt.
jakobert hat folgendes geschrieben:
Vor allem, weil mich interessiert, wie wichtig die erste Wellenfront für eine natürliche Wiedergabe wirklich ist.
Denn die musst du ja ziemlich verbiegen um die Raumeinflüsse zu korrigieren.
Die erste Wellenfront ist wichtig für die Lokalisation und den Lautheitseindruck. Aber in einem Konzertsaal klingt ein Lautsprecher anders als in einem Klo. Diese vielbeschworene "erste Wellenfront" ist nur genau das: Die erste Wellenfront. Ihr folgen viele weitere Wellenfronten und in der Summe hat der Nachhall wesentlich mehr Schallenergie als die erste Wellenfront. Wer schon einmal in einem Reflexionsarmen ("Schalltoten") Raum war, weiß, wie beschissen die erste Wellenfront alleine klingt. Das will niemand. Hört auf damit.
Das die erste Wellenfront alleine beschissen klingt, bedeutet ja nicht, dass sie nicht trotzdem wichtig für eine natürliche Wiedergabe ist.
Inwieweit sie das ist, kann ich nicht beurteilen, deswegen hätte ich mir das auch gerne bei deinem Test angehört.

Das man den Direktschall für die Ortung braucht, ist mir auch klar, deswegen werden bei Konzerten etc. die Boxen oft mit einem Delay befeuert, damit man trotzdem bspw. noch den Sänger als Schallquelle ortet.
Aber warum der Direktschall deswegen sozusagen kein "Qualitätsmerkmal" ist, ist mir nicht klar.
Außerdem werden doch auch die Early Reflections auf diese Weise stark verändert, zugunsten des ausgeglichen Nachhalls.

Äähm, noch was: Lasst uns nicht streiten hier, OK? Ich bin ganz zahm und will niemandem etwas zu Leide tun. Wenn sich jemand angegriffen fühlt, war das nicht meine Absicht und ich entschuldige mich hiermit schon jetzt.

(Aber ich kann einen HAUFEN wissenschaftliche Untersuchungen vorweisen, die alles hier von mir gesagte unterstützen Wink)
Ich studiere etwas in einer ähnlichen Richtung und frage nur um es zu verstehen.
Falls du Links hast, die einen in dieser Richtung erhellen können, immer her damit. Auch Buchtipps wären mir ganz Recht.

Geht es bei deinem Projekt denn eigentlich darum eine gute Raumakustik zu ersetzen, oder geht es mehr darum aus einer bescheidenen Raumakustik ein Plus an Klanqualität zu gewinnen?

Verfasst: Sa 7. Nov 2009, 12:07
von Sirarokh
Rank hat geschrieben:Naja, ob man nun versucht Frequenzgangwelligkeiten (die durch Raumeinflüsse entstanden sind) mit einem parametrischen EQ geradezubiegen, oder ob man versucht Reflektionen durch ein phaseninvertiertes Signal auszulöschen, sind schon zwei völlig verschiedene Dinge!
Glaubst du mir, wenn ich jetzt einfach sage: "Nein"?

Frequenzgang (besser: Übertragungsfunktion) und Impulsantwort sind mathematisch äquivalent. Sie können verlustfrei ineinander umgewandelt werden. Die Impulsantwort beschreibt ein System im Zeitbereich, die Übertragungsfunktion beschreibt das selbe System im Frequenzbereich. "Geradebiegen" ist eine Beschreibung im Frequenzbereich, "Phaseninvertiertes Signal" ist eine Beschreibung im Zeitbereich. Wobei du mit "Signal" die Impulsantwort meinst und "Phaseninvertiert" bei einer Impulsantwort keine gute Beschreibung ist, da Impulsantworten reellwertig sind und damit überhaupt keine Phasen haben (sie enthalten die Information über die Phasen, stellen die Phasen selbst aber nicht dar). Fairerweise ist eine Phasendrehung um 180° einer reellen Zahl aber genau dessen negativer Wert, also die inverse Impulsantwort.

Ich kann mein System auch so beschreiben: Ich berechne die mittlere geglättete gefensterte Raumimpulsantwort, und erstelle dann einen Filter, der die inverse Impulsantwort des Raumes modelliert. Das wäre dann das, was Rank als "Noise Cancelling" beschreibt.

Verfasst: Sa 7. Nov 2009, 13:24
von tomdo
Hört sich sehr interessant an!
Daran als Proband teilzunehmen ist sicher aufschlussreich und kurzweilig.

Rein entfernungsmäsig hätte ich auch recht gute Karten.

Leider habe ich derzeit beruflich wie auch schulisch einiges um die Ohren :(

Verfasst: Sa 7. Nov 2009, 17:53
von Sirarokh
jakobert hat geschrieben:Aber warum der Direktschall deswegen sozusagen kein "Qualitätsmerkmal" ist, ist mir nicht klar.
Außerdem werden doch auch die Early Reflections auf diese Weise stark verändert, zugunsten des ausgeglichen Nachhalls.
Die Idee ist, die gesamte Wiedergabe zu verändern. Das schließt natürlich die erste Wellenfront mit ein. Überhaupt gibt es gar keine Möglichkeit, elektronisch nur selektiv den Nachhall oder den Direktschall zu verändern. Das geht nur mit (baulichen) raumakustischen Maßnahmen, etwa Absorbern oder Resonatoren. Wer die gut einsetzt, braucht keine elektronische Raumkorrektur mehr.
jakobert hat geschrieben:Geht es bei deinem Projekt denn eigentlich darum eine gute Raumakustik zu ersetzen, oder geht es mehr darum aus einer bescheidenen Raumakustik ein Plus an Klanqualität zu gewinnen?
Da fragst du etwas Wichtiges! Das ist vielleicht der Quell vieler Missverständnisse hier. Eine gute Raumakustik ist nicht zu ersetzen, aber oftmals auch nicht zu erreichen. Das Ziel meines Projektes ist daher, raumakustische Probleme elektronisch zu mildern. Wer aber das Geld, den Raum, (die Frau) und die Muße hat, um sich physikalisch raumakustisch zu betätigen, wird damit zu besseren Ergebnissen kommen können. Oftmals ist dies aber nicht möglich und in diesen Fällen kann eine elektronische Raumkorrektur sehr helfen.
jakobert hat geschrieben:Ich studiere etwas in einer ähnlichen Richtung und frage nur um es zu verstehen.
Falls du Links hast, die einen in dieser Richtung erhellen können, immer her damit. Auch Buchtipps wären mir ganz Recht.
Wirklich gute Tipps habe ich nicht, denn ich bin kein Mensch, der gut aus Büchern lernt. Grundsätzlich ist die AES-Bibliothek eine fantastische Quelle für wissenschaftliche Veröffentlichungen. Alles was Rang und Namen hat in der Akustik, schreibt für die AES. Viele Unis haben einen universitären Zugang. Frag doch vielleicht einmal deine Profs, ob sie Zugriff auf die AES Library haben.

Verfasst: Sa 7. Nov 2009, 18:44
von jakobert
Das ist vielleicht der Quell vieler Missverständnisse hier. Eine gute Raumakustik ist nicht zu ersetzen, aber oftmals auch nicht zu erreichen. Das Ziel meines Projektes ist daher, raumakustische Probleme elektronisch zu mildern.
Du hast so vehement die Argumente gegen einen Equalizer als Raumkorrektur niedergemacht, dass ich den Eindruck hatte, es ginge darum eine gute Raumakustik zu ersetzen.
Da sich das als Missverständnis rausstellt, war der Diskussion über den Direktschall etc wirklich unnötig.

Wirklich gute Tipps habe ich nicht, denn ich bin kein Mensch, der gut aus Büchern lernt. Grundsätzlich ist die AES-Bibliothek eine fantastische Quelle für wissenschaftliche Veröffentlichungen. Alles was Rang und Namen hat in der Akustik, schreibt für die AES. Viele Unis haben einen universitären Zugang. Frag doch vielleicht einmal deine Profs, ob sie Zugriff auf die AES Library haben.
Ja, an die AES Papers komme ich hier gut dran, allerdings lerne ich ganz gerne aus Büchern. Leider ist man damit manchmal nicht ganz am Zahn der Zeit, da sind die AES Papers klar im Vorteil.

MfG
jakob

Verfasst: Sa 7. Nov 2009, 20:36
von Rol@nd
Probanden
Habt ihr Lust, einmal einen richtigen Hörtest mitzumachen? So richtig spannend ist es nicht und eine Entschädigung jenseits von Kaffee und Kuchen kann ich auch nicht bieten. Aber wenn jemand im Raum Waldshut-Tiengen wohnt und übernächste Woche Lust auf einen Hörtest hat, ist er/sie herzlich eingeladen.
Hi Bastian,

hätte Interesse an dem Hörtest teilzunehmen, wann und wo findet der Hörtest denn nun statt.

Kann einige Stockfisch CDs , Klassik SACDs z.B. 1812 und die Netrebko ... mitbringen, und aus dem Bereich Electronic wäre vieleicht Infected Mushroom noch interesant.

Greetz vom
Rol@nd