Grummel hat geschrieben:zur Fragestellung DSP vs. CPU: soweit ich das bisher beurteilen kann, sollte ein eigener Controller mit DSP wesentlich einfacher aufzubauen sein als entsprechendes Gerät mit aktuellen oder historischen Desktop-CPUs (Intel/AMD und Konsorten). Für letztere braucht man AFAIK einen "ganzen PC" und hat dann wieder das Problem an die analogen / digitalen Daten zu kommen - insbesondere summieren sich ja hier auch noch die Latenzen der verschiedenen Bussysteme im PC.
Ein paar Bemerkungen zum Entwurf von Systemen.
Ich unterscheide immer streng zwischen Proof-Of-Concept-Phase und
Produktentwicklung. Diese haben so unterschiedliche Anforderungen,
daß man sie unbedingt trennen sollte. Wie sie zeitlich/personell
abgedeckt werden, ist aber egal. Man kann das Projekt nach der
Proof-Phase abbrechen, man kann erst die Proof-Phase durchführen,
dann die Geräteentwicklung, man kann auch beides parallel laufen lassen.
Nehmen wir mal die Entwicklung einer DSP-Box (Stereo, 2-Wege)
oder eines riesigen Mehr-Kanal-DSP-Systems (7.1, Fronts mit 5 Chassis,
Center und Rears mit 4 Chassis).
Für die Proof-Of-Concept-Phase möchte ich in 24 Stunden zu arbeiten
anfangen, Teile müssen bei Ungeeignetheit zumindest technisch in
wenigen Stunden auswechselbar sein, ohne das störende Zusatzkosten
entstehen. Ein DSP-System ist dafür etwa so geeignet wie ein Pottwal
zum Fliegen.
Man nimmt einen normalen PC, hängt z.B. über IEEE-1394 AD- und
DA-Wandler dran, nimmt die komfortablen Entwicklungswerkzeuge
des PCs und schreibt eine Applikation, die genau das macht, was später
das Gerät machen soll. Hinter die Wandler kommen dann noch ein
paar Verstärker und daran direkt die Chassis. Zum Testen und Vorführen
reicht das aus. Entwickeln ist um Lichtjahre komfortabler als auf einem
kruden DSP-System. Der Faktor 10 oder mehr zu viel Rechenleistung ist
beim Entwickeln Gold wert. Erst ausprobieren, ob etwas geht (z.B. in 10
Minuten), erst dann optimieren (teilweise monatelang).
Für das Stereo-2-Wege-System reicht eine 4-Kanal-Karte aus, für das
7.1-System nimmt man ein 32-Kanal-System oder zwei kaskadierbare
16-Kanal-Systeme. Gibt es im Musikbedarf nebenan. Ist zwar nicht
billig, aber eine DSP-Eigenentwicklung ist um etliches teurer, dauert
Monate und eigentlich weiß man ja noch gar nicht, was man will und
braucht und ob das mal eine Verkaufslösung wird.
Die eigentliche Verkaufslösung entsteht dann durch die eigentliche
Produktentwicklung. Bei geringen Stückzahlen versucht man möglichst
nah an der PC-Lösung zu bleiben, bei sehr großen Stückzahlen oder
geforderter Kompaktheit sind DSP-Lösungen besser.
Ein PC-Board mit 150 €-CPU sieht zwar gegenüber einem DSP für 8 €
teuer aus, aber dafür werden die Motherboards bei üblichen Stückzahlen
wesentlich teurer (z.B. 4000 € statt 120 €).
Selbst in der Proof-Of-Concept-Phase gibt es verschiedene Phasen:
Phase 1: Programm muß nur irgendwie laufen, CPU-Bedarf, RAM-Bedarf und Latenzzeiten sind unwichtig.
Phase 2: Zum schnellen Durchprobieren sind die Latenzzeiten zu reduzieren. Echtzeitfilterung ist angesagt. Meist sind wesentliche Algorithmen umzustellen.
Phase 3: RAM- und CPU-Bedarf sind zu optimieren
Phase 4: Oberfläche zur Bedienung durch Laien ist zu kreiern, an dieser Stelle sollte man sich langsam auch Gedanken über das Bedienkonzept des Verkaufsproduktes machen.
Die Geräteentwicklung ist komplizierter. Es gibt mehrere Wege, je nachdem,
ob es eher in die Richtung Embedded-PC, Fertig-DSP oder Eigen-DSP-Entwicklung
geht. Das führt hier zu weit.
Zum ATM noch eine Bemerkung. Die EMV-Probleme der Einschaltautomatik
kann man auch mit VCAs lösen. Außer in pathologischen Fällen
treten dann keine Übersteuerungen mehr auf, die in den Nutzsignalweg eingreifen
könnten.