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Verfasst: So 26. Jun 2005, 16:43
von Hindena
raw hat geschrieben:Man muss die Wiedergabeapparatur getrennt von der Aufnahme sehen. Erst wenn das Instrument perfekt aufgenommen wurde und dann über die neutrale Wiedergabeapparatur perfekt wiedergegeben wird, klingt es so wie in der Realität.
Aber was eine perfekte Aufnahme ist, ist auch wieder Interpretationssache. Musik besteht ja nicht nur aus einem Instrument, sondern aus mehreren und meistens noch einem/mehreren Sängern. Wie das ganze jetzt zusammen klingt, hängt von der Abmischung bzw. den Vorlieben des Produzenten ab. Live oder wo anderst aufgenommen klingt das ganze ganz anderst, da der Klang immer von verschiedenen Faktoren abhängt. Auf einer CD sind diese verschiedenen Faktoren quasi schon mit drauf. Dies kann gefallen oder auch nicht, das ist Geschmackssache. Wie das ganze nun wiedergegeben wir, ist auch Geschmackssache. Vor der eigentlichen Wiedergabe auf der Anlage wird die Musik also schon beeinflusst. Mein Gedanke war eigentlich nur, warum "HiFi-Freaks" Musik unbeeinflusst wiedergeben wollen, wenn sie eigentlich schon beeinflusst wurde. Ich finde das ist nicht OT, sondern eine Hinterfragung der HiFi-Philosophie, die in deinem Text behandelt wird. Was du geschrieben hast finde ich insgesamt sehr richtig und stelle das auch nicht in Frage, denn in deinem Text beziehst du ja auch nicht Stellung, denn du schreibst nur, die einen machen es so, die anderen so.

Verfasst: So 26. Jun 2005, 19:01
von Philipp
raw hat geschrieben:
Philipp hat geschrieben:Jetzt liegt glaube ich der Interpretationsfehler eher auf deiner Seite.
Nein, tut er nicht.
Doch tut er schon!
Und zwar in dem Sinne dass du irgendwie nicht einsehen willst, dass wir dir überhaupt nicht widersprechen (!!!) sondern lediglich einige Gedanken weiterspinnen.

Ich zweifle ja gar nicht den Sinn neutraler Abhörbedingungen an und ich weiß auch, dass rosa Rauschen sich nur unter Idealbedingungen wie rosa Rauschen anhört.

Trotzdem reden wir irgendwie aneinander vorbei.

Eine einfache, wertefreie Tatsachenbeschreibung, wie du sie im Eingangspost lieferst, ist zwar interessant und lehrreich, letzten Endes nützt sie aber niemandem was der sie nicht als Diskussionsgrundlage für weiterführende, subjektive Beschäftigung mit dem Thema benutzt. Und nichts anderes tun wir gerade.

Verfasst: So 26. Jun 2005, 23:12
von teite
Hallo,

Irgendwie läuft die Diskussion mal wieder ihren typischen Gang, ich versuch nochmal klar zu machen worum es eigentlich geht.
Hindena hat geschrieben: Aber was eine perfekte Aufnahme ist, ist auch wieder Interpretationssache. Musik besteht ja nicht nur aus einem Instrument, sondern aus mehreren und meistens noch einem/mehreren Sängern. Wie das ganze jetzt zusammen klingt, hängt von der Abmischung bzw. den Vorlieben des Produzenten ab.
Mischen bzw. Mastering ist zwar teilweise ein künstlerischer Prozess, sollte aber auf neutrale Wiedergabebedingungen abgestimmt sein. Was bei diesem Punkt versaut wird, lässt sich nicht wieder korrigieren.

Wenn beim Mastern für unlineare Wiedergabe abgemischt wird, ist das Endprodukt nur noch reiner Zufall und wird hochwertige Wiedergabesysteme ad absurdum führen. Bestes Beispiel ist die zunehmende Dynamikreduktion bei DVDs für die Mini-Sat/Sub-Systeme.
Live oder wo anderst aufgenommen klingt das ganze ganz anderst, da der Klang immer von verschiedenen Faktoren abhängt. Auf einer CD sind diese verschiedenen Faktoren quasi schon mit drauf. Dies kann gefallen oder auch nicht, das ist Geschmackssache. Wie das ganze nun wiedergegeben wir, ist auch Geschmackssache.
Geschmack lässt sich aber schwierig in Normen fassen, wie sollte deiner Meinung nach eine HiFi-Geschmacksnorm aussehen? Jeder mischt und hört wie er lustig ist? Nicht sehr zielführend.
Vor der eigentlichen Wiedergabe auf der Anlage wird die Musik also schon beeinflusst. Mein Gedanke war eigentlich nur, warum "HiFi-Freaks" Musik unbeeinflusst wiedergeben wollen, wenn sie eigentlich schon beeinflusst wurde.
Beliebigkeit beim Mischen ist schlimm genug, es sollte aber nicht die Beliebigkeit bei der Wiedergabe rechtfertigen, auch wenn heutige Schallwandler suboptimal sind.


Ich will nochmal grob den Ablauf einer typischen Wiedergabekette beschreiben. ;)

Code: Alles auswählen

1. Schallerzeugung durch Stimme oder Instrumente
2. Schallaufzeichnung durch Mikrofone oder Direktabnahme (E-Gitarre)
3. Mischen
4. Mastern

5. Abspielen
6. Decodieren/Verstärken
7. Schallerzeugung durch Lautsprecher
8. Hören
Auf welche Bereiche haben wir als Hörer Einfluss und welche Schritte sollten möglichst objektiv linear bzw. neutral sein? ;)


Zum Thema Lautsprecher beurteilen, ich sehe kein Problem dabei, Lautsprecher durch ihre Konstruktionsdetails einzuschätzen und auf vorhandene Probleme hinzuweisen, auch wenn man den Lautsprecher selber nicht gehört hat.

So hat zB die Breite der Schallwand eines Lautsprechers klare Auswirkungen auf die Schallabstrahlung und die kann man beurteilen. Um mit den gängigen Autovergleichen fortzufahren, man kann von der Breite der Auflagefläche eines Reifens durchaus zum Teil auf das Fahrverhalten schliessen.


cu,
Stefan

Verfasst: Mo 27. Jun 2005, 11:47
von Corwin
HIFI

hat nichts, aber auch GAR nichts mit der Aufnahmeseite zu tun (wie denn auch, denn ein Einfluss ist von Wiedergabe- auf die Aufnahmeseite ist ausgeschlossen).

Hifi bedeutet (für mich) den Tonträger XY so widerzugeben wie er auf dem Datenträger vorliegt.

Ob die Aufnahme mit dem PCmikro im Heizkeller gemacht wurde spielt hierbei keine Rolle. Eine Aufnahme hat keinen Warheitsanspruch. In Zeiten von Elektronisch erzeugter Musik währe das wohl auch völlig abwegig.

Wenn wir uns bei der Betrachtug auf die Wiedergabeseite (also den beeinflussbaren Bereich) konzentrieren, dann kommen wir weiter.
Bei einer Optimalen (in der Realität nie erreichbaren) Anlage entspricht das Ausgangssignal dem Eingangssignal (diese Logik gilt auch für einzelne Komponenten). Das klingt einfach, ist aber selbst mit Messungen kaum zu erfassen.
Vergleiche ich AMP Eingangssignal mit Ausgangssignal, bin ich noch nicht viel weitergekommen, denn ich habe vergessen das ein Verstärker elektrisch auf das nachgeschaltete Gerät reagiert (BOX). Das verhalten einer Box widerum zu simulieren ist deutlich schwieriger als es aussieht. Es gibt da doch mehr als eine (hab' ich gehört ;) )

Letztlich ist Hifi als das Maß der Abweichung vom theoretischen Optimum (dem Eingangsignal/Tonträger) zu sehen.

Verfasst: Mo 27. Jun 2005, 12:14
von raw
Hi Philipp,

du meinst die Frage nach dem Sinn einer neutralen Wiedergabe? Die habe ich schon weitgehend beantwortet. Die persönlichen Werte, die man mit einer neutralen Wiedergabeapparatur verbindet, kann jeder nur für sich bestimmen.

Ich finde eine Wiedergabe, die zu einer neutralen Wiedergabe hinzielt sehr sinnvoll. So gesehen ist mein Hörraum neutraler als mein alter Raum und alles hört sich im Hörraum besser an - auch schlechte Aufnahmen. Das kann ich auch bei Lautsprechern sagen. Schlechte Aufnahmen hören sich für mich auf "neutraleren" Lautsprechern immer besser an.

Gruß
Denis

Verfasst: Mi 29. Jun 2005, 14:48
von raw
PhyshBourne wollte noch ein paar Ausführungen zum Thema Objektivität.
wikipedia hat geschrieben:Objektivität ist eine Eigenschaft, die der Haltung eines Beobachters oder der Beschreibung einer Sache oder eines Ereignisses zugeschrieben werden kann.
Die Objektivität wurde hier der neutralen Wiedergabe zugeschrieben. Dies taten die Leute, die sich dieses Ziel in den 60ern zur Aufgabe gemacht haben und unter anderem die HiFi-Norm eingeführt haben. Dieses Ziel, diese Idee und die Objektivität sind nicht veraltet, nur als man gemerkt hat, dass sich eine neutrale Anlage nicht so gut an den Mann bringen lässt, fing das Abweichen von dem Ziel der Objektivität an. Somit sind wir heute an einem Punkt angekommen, wo der Großteil der Hersteller und der Kunden nicht mehr auf neutrale Wiedergabe wertlegen. Nun zählt bei vielen Leuten die Subjektivität und wird zunehmend mit der Objektivität verwechselt. Sie meinen, dass wenn sie etwas gut finden, dass es dann tatächlich gut ist. Dies ist ein riesiger Irrglaube und nach meiner Erfahrung in den Foren entstehen deswegen diese vielen Streits über eine Sache, die eigentlich vollkommen klar definiert ist. Ich persönlich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn die Menschen keine neutrale Wiedergabe wollen. Was mich lediglich stört, sind Leute, die ihre (subjektiven) Erlebnisse mit der Objektivität gleichsetzen (oft kompromisslos). Soetwas entspricht nicht der Wahrheit. Dann kommt es auch zu diesen berühmten Streit-Gesprächen. Hätten die Techniker bei dem Thema "Wiedergabe von Tonaufnahmen" die Objektivität einer subjektiv gefallenden Wiedergabe zugeschrieben, befänden sich die "Linearisten" im Unrecht. :lol:
wikipedia hat geschrieben:Verwandte Begriffe sind "Wertfreiheit", "Unparteilichkeit" oder "Neutralität", Sachlichkeit, Unvoreingenommenheit.
Ich finde, dass man auch so an das Thema herangehen sollte (egal ob Geschmack oder HiFi erwünscht ist). Eine emotionale Haltung bringt IMHO recht wenig. Eine Anlage ist nur eine Apparatur.
wikipedia hat geschrieben: Größtmögliches Ausschalten von Gefühlen, Vorurteilen und Wünschen.
Das ist auch das Ziel einer neutralen Wiedergabe: Größtmögliches Ausschalten von Störfaktoren. Geschmack zählt hier nicht wirklich.
wikipedia hat geschrieben:Gegenbegriffe sind "Subjektivität" oder "Einseitigkeit".
Objektivität ist nicht gleich Subjektivität. :wink:



Gruß
Denis

Verfasst: Mi 29. Jun 2005, 15:17
von Raico
Hallo raw!
Du schreibst: "Eine Anlage ist nur eine Apparatur."
Dem widerspreche ich entschieden. Die Beschäftigung mit dem Thema Hifi ist sicher für die meisten von uns auch immer eine emotionale Geschichte - wie übrigens viele Beiträge in diesem Forum zeigen.
Das gilt auch für das Verhältnis zu den Geräten. Warum sonst wären Aspekte wie Design und Haptik von Bedeutung?
Siehe auch die vielen gerne studierten Bilder von den Anlagen der Forumsteilnehmer in den Alben.

Verfasst: Mi 29. Jun 2005, 16:18
von Philipp
Ich weiß nicht ob ich mich da von den meisten HiFi-Fans unterscheide (ich denke schon), aber für mich ist die Anlage tatsächlich vor allem eine Apparatur. Sie soll zwar halbwegs gut aussehen, damit sie den Raum nicht verunstaltet, aber ansonsten soll sie einfach nur eines tun: Gut klingen.

Die Anlage besitzt nicht mehr (und auch nicht weniger) ideellen Wert als andere Sachen in der selben Preisklase, etwa mein Computer, mein Fahrrad oder mein E-Piano. Natürlich haben alle diese Stücke einen gewissen ideellen Wert, aber die Anlage sticht da keinesfalls besonders hervor. Am ehesten ragt da evtl. vielleicht noch mein Saxophon raus, denn ein Saxophon ist immerhin noch ein individuelles Einzelstück, im Gegensatz zu den anderen Geräten.

Übertriebene emotionale Bindungen zu solchen Geräten hatte ich noch nie, genauso wenig übrigens wie zu Autos.

@ raw:
Einverstanden!

Verfasst: Mi 29. Jun 2005, 17:25
von Maugi
Phillipp schrieb:
Übertriebene emotionale Bindungen zu solchen Geräten hatte ich noch nie, genauso wenig übrigens wie zu Autos.
Also wenn ich meine ersten soliden Geräte, vom mühsam zusammengekratzten Geld, im Keller sehe, merke ich, welche emotionalen Bindungen sich über die Jahre aufgebaut haben. Sie sind ein Teil der eigenen Biographie. :wink:

Gruß
vom Maugi

Verfasst: Mi 29. Jun 2005, 18:24
von Philipp
Ich hab meine erste "richtige" Anlage vor 3 Jahren Stück für Stück bei EBay verscherbelt. :mrgreen: