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Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:10
von Klapskalli
Homernoid hat geschrieben:
ChrisBi hat geschrieben:Da kann man sich auch wieder streiten. Ich denke, dass einige Entlassungen wirklich überflüssig sind. Aber die Welt ist im Wandel... Sauron... äh ne das war ne andere Baustelle. Qualifizierte Leute finden leichter Arbeit als einfache Arbeiter. Schaut man sich die Arbeitslosen an, so sind die geringqualifizierten doch deutlich in der Überzahl. Und der Stellenabbau trifft meißt die gering qualifizierten.
Nein. Eher im Gegenteil. Man verlagert ins Ausland und dort sind die Arbeitskräfte zwar billiger aber nicht unbedingt besser. ;) Die Qualifikation spielt hierbei schon lange keine Rolle mehr. Es geht nur noch um die reine Abzocke, um mehr nicht.
Ich will damit auch nicht gesagt haben, dass Leute entlassen werden, weil sie gering qualifiziert sind, sondern weil einfache Tätigkeiten in vergleichbarer Qualität günstiger im Ausland erledigt werden können. Wenn die Qualifizierung und Bildung besser wäre, würden die arbeitslosen aber deutlich einfacher einen Job finden.

Ich münz das einfach mal auf "meine" Firma um: Wir suchen händeringend Auszubildende und können bei weitem nicht alle Stellen besetzen. Das Angebot ist da, es kommen genung Bewerbungen rein, aber die Qualität..... Der Mensch muss sich zwangsweise anpassen, will er in der von der Globalisierung und Kapitalismus geprägten Welt nicht untergehen. Und da ist jeder seines eigenen Glücks Schmied. Zumindest zum Teil.

Ein anderes großes Problem besteht auch hier leider wieder in der Gewinn-Gier der Unternehmenseigner - im Beispiel von Aktiengesellschaften sind diese natürlich breit gestreut. Problem an der Sache: Wird nicht genug Gewinn erwirtschaftet, stagniert/sinkt der Aktienkurs. Das Unternehmen kann leicht zu einem Übernahmekandidaten werden. Und was dann an Stellen abgebaut wird, toppt Entlassungen zwecks Kostenreduktion meißtens um ein vielfaches.

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:12
von Klapskalli
pbeier hat geschrieben:
ChrisBi hat geschrieben: Und der Stellenabbau trifft meißt die gering qualifizierten.
falsch!

das geht inzwischen durch alle bildungsgrade!! da hat verdi einiges zu beigetragen! der gute gedanke des sozialverträglichen stellenabbaus führt sogar zu vermehrt hochqualifizierten arbeitslosen!
da:
mutter mit kind
alter
betriebszugehörigkeit
und auch behinderung ( autsch ich weiss, brandheisse aussage - ich nehme exemplarisch mal "asthma" als anerkannte behinderung)

mehr zählen als berufliche qualifikation. diese gruppen sind schwerer "freisetzbar" oder dem arbeitsmarkt "zurückzuführen" als ein 33jähriger diplom-ing mit nur 5 jahren berufserfahrung!!
also ist er fällig...

dazu sterben die "meister" aus...prozessoptimierung macht abteilungsleiter überflüssig, bereichsleiter reicht dann!

gruss pb
Ok, ich kenne die Zahlen nicht wirklich. Aber du willst mir doch nicht erzählen, dass es mehr hochqualifizierte Arbeitslose als geringqualifizierte gibt... das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:36
von pbeier
ChrisBi hat geschrieben:Ok, ich kenne die Zahlen nicht wirklich. Aber du willst mir doch nicht erzählen, dass es mehr hochqualifizierte Arbeitslose als geringqualifizierte gibt... das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
um himmels willen, nein - natürlich nicht!

es gibt nur so etwas wie eine erweiterung der situation.
die wahrnehmung sagt: es trifft nur die kleinen.
neu ist: es trifft zunehmend mehr qualifizierte ! ( ich rede von abgeschlossener, weiterführender ausbildung)
die azubiproblematik, die du ansprichst ist davon nicht betroffen, aber auch ein drama, da stimme ich dir zu!

das ergebniss ist die ausdünnung des materiellen und qualifizierten mittelstandes, der zu einer dramatischen verschärfung der situation führen wird!

pro verlagerung in länder mit geringen lohnkosten auf einstiegs- bis mittleren qualifikationsniveau
pro sharholdervalue-schematik in der unternehmensführung
pro "ausverkauf" der traditionellen gewerke
kontra soziale integrität
pro akademikerarbeitslosikeit, bei weiterführenden bestrebungen die ausbildung zu verbessern und das ist echt legendär !
solange aber niemand einen vorteil von der veränderung oder reform hat, wird es leider so weitergehen. das ist traurigerweise das motivationsschema zur zeit.

das mit der ausbildung ist von der sache her zwar der richtige schritt, nur leider kommt die arbeitsmarktstruktur nicht hinterher!
wir müssen lernen, dass wir ein technologiestandort werden müssen, der die dienstleistung und nicht das produkt verkauft.
da liegt das potenzial dieses landes, auf dem weg aber leider ziemlich viele steine...

gruss pb

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:39
von imacer
Die internationalen Finanzmärkte kümmert es nicht, was der ein oder andere hier sozial findet, es geht um Gewinnmaximierung. Mit Ausnahme einiger Ideologien der Sinn einer Unternehmung.

So wie du (@homernoid) für dein Geld das Meiste/Beste möchtest, steht es auch jedem Unternehmen zu, so effizient wie möglich zu arbeiten.
Wenn man mehr Umsatz und mehr Gewinn mit weniger Personal bewerkstelligen kann, was spricht dann (betriebswirtschaftlich) dagegen diesen Schritt zu gehen?
"Grüne" Zahlen sind kein Grund, nicht noch besser werden zu wollen.
Die Unternehmen sind auch längst nicht mehr so frei in der Entscheidung, wie es dargestellt wird.
Die Eigentümer zwingen sie zu dem handeln, die Gefahr einer Übernahme durch einen ausländischen Konzern bei zu geringem Aktienkurs wurde ja schon erwähnt.
Wenn bestimmte Renditen nicht erzielt werden, wird das Geld eben abgezogen und kommt einem anderen Unternehmen zu Gute, so einfach ist das.
Das kann man schlecht finden, aber sich mit der Realität abfinden und entsprechend handeln ist sinnvoller, als auf Verhaltensweisen anderer zu schimpfen.
Es ist, wie es ist und Deutschland wird es nicht schaffen, ein anderes System zu etablieren.
Also kauft Daimler und freut euch über die Dividende :wink:

imacer

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:44
von teite
Hallo Imacer,

Die Welt besteht aber nicht nur aus Finanzmasse von Investoren.

cu,
Stefan

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:44
von pbeier
wenn das mal kein schlusswort war...

in 45 minuten ist anpfiff - oder?

:wink: weltpokalsiegerbesieger - auf ein neues!

pb

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:45
von Klapskalli
@ pbeier

Da sind wir uns glaub ich auch recht einig. Wollte auch nicht gesagt haben, dass es nur die gering qualifizierten trifft :)
Ich seh schon, dass wird wirklich mal Zeit für einen Hamburger Stammtisch :wink: Kollege ist im Stadium - machet Pauli

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 19:56
von imacer
Hallo Imacer,
Die Welt besteht aber nicht nur aus Finanzmasse von Investoren.
Wäre es dir lieber, alle Investoren zögen ihre Gelder aus deutschen Firmen, weil sie nicht nach "unseren" Ideologien handeln? Dann wäre hier aber Schicht im Schacht.
Speziell in diesem Thread ging es ja nun um DaimlerChrysler und der Konzern erzielt mehr als die Hälfte des Umsatzes und Gewinns im Ausland, dazu ist die Mehrheit an Aktien in ausländischer Hand...unter diesen Umständen "Patriotismus" (Keine Abwanderung von Arbeitsplätzen ins Ausland usw) zu fordern halte ich für etwas vermessen.
Das trifft auf die Mehrheit der börsennotierten Gesellschaften (auch die Kleineren) zu.

Zu der Arbeitslosigkeit:
In den letzten Jahren wurde Märkte geöffnet, die uns (global gesehen) mehrere hundert Millionen zusätzliche Arbeitnehmer bescherten. In diesem Umfeld müssen wir uns bewähren und das geht nicht auf dem Niveau auf dem wir zur Zeit stehen, zumal es sinkt und anders wo steigt.
Noch gibt es einige Technologien in denen wir international Spitze sind(wovon aber auch gleich wieder einige madig gemacht werden und die Risiken über die Chancen gestellt werden), aber andere Länder holen schneller auf, als wir besser werden. Die Abwanderung von Jobs sog. "Hochqualifizierter" in größerem Mäße ist nur eine Frage der Zeit, der Proßess als solches ist schon im Gange.

imacer

P.S.
Gute Unterhaltung beim Fussball.

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 20:12
von teite
Hallo,
imacer hat geschrieben: Wäre es dir lieber, alle Investoren zögen ihre Gelder aus deutschen Firmen, weil sie nicht nach "unseren" Ideologien handeln? Dann wäre hier aber Schicht im Schacht.
Nein, mir wäre es lieber wenn wirklich mal investiert würde anstatt sinnlos Firmen zu übernehmen und dann wieder zu verkloppen. Unter investieren verstehe ich u.a. auch Werte zu schaffen und nicht nur zu vernichten.

Die Industrie sollte auch mal aufhören zu jammern, und lieber das tun was notwendig ist. Man kann nicht ständig Forderungen an den Staat und die Bürger stellen und dann den Gewinn einstreichen ohne ein Teil davon zu sozialisieren. Verluste sozialisiert man ja auch gerne.

IMHO muss das ganze bundesdeutsche System gründlichst reformiert werden. Da aber jeder auf seinen Pfründen sitzt, muss es uns vermutlich erst richtig dreckig gehen, bevor was passiert.

cu,
Stefan

Verfasst: Mi 12. Apr 2006, 20:29
von imacer
Was ein Investor mit seinem Geld macht, sollte man ihm nicht vorschreiben wollen.
Hauptziel ist die Rendite und die wird nunmal kurzfristig verfolgt und nicht über Dekaden hinweg.
Das beste Beispiel ist doch gerade unser Völkchen, die Verfechter der risiko-und "renditelosen" Sparbücher und Bausparverträge. Von Beteiligung an Firmen des eigenes Landes kaum eine Spur, aber bitteschön doch ein großes Mitspracherecht.
Wir überlassen doch selbst unsere Firmen dem Ausland und wundern uns, dass diese mit den Firmen machen, was nicht in unserem Interesse ist.
Die Industrie sollte auch mal aufhören zu jammern, und lieber das tun was notwendig ist.
Das tut sie doch bereits seit langem wesentlich besser als die Politik oder der Privatmann.
Im Gegensatz zu den meisten Bürgern und den Gesetzesgebern (die immer noch ideologische Ansichten aus vergangenen Zeiten im Kopf haben), hat sich die Industrie an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst, gerade deswegen steht sie relativ gut dar.

Deinem letzten Satz stimme ich zu.
Uns gehts "zu gut". Woanders wird ums Überleben gekämpft, davon sind wir weit entfernt.

imacer