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Verfasst: Do 30. Nov 2006, 13:54
von rodriguez69
Düren hat geschrieben:Was wäre denn die beste Lösung gewesen und wie hätte es umgesetzt werden können?
Da müßte man alle Varianten durchsimulieren und schauen, was hinten bei rauskommt. Das kann man nicht sagen. Ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün, eine tolerierte Minderheit, Jamaica oder was auch immer.
rodriguez69 hat geschrieben:Niemand wollte die große Koalition - oder hat irgendjemand seine erste Stimme der SPD und die Zweitstimme der CDU gegeben? Ich glaube niemand hat das gemacht. Es wurde im Vorfeld ausgeschlossen - und danach anders gemacht - sie wurde aber so nicht gewählt, es ist also undemokratisch.
Das ist, mit Verlaub, ein recht seltsames Demokratieverständnis.
Was sollte denn bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen am Ende rauskommen? Solage neu wählen bis es irgendwie passt??
Dass keiner die große Koalition wollte ist klar, aber sie ist in einem demokratischen Prozedere zustande gekommen.
Das ist Fakt.
Darum geht es ja. Natürlich ist die Koalition durch die Mechanismen der Demokratie zu Stande gekommen. Was ich sagen will, ist, dass kaum ein Wähler explizit dieses Konstrukt gewählt hat bzw. dass die meisten - höchstwahrscheinlich - davon ausgingen, dass genau diese Alternative nicht zur Debatte steht.

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 13:58
von boddeker
Düren hat geschrieben:Was wäre denn die beste Lösung gewesen und wie hätte es umgesetzt werden können?
Ich möchte mir nicht anmaßen die beste Lösung parat zu haben. Ich denke aber das dieses "Was schert mich mein Geschwätz von gestern" in der Politik fatale Folgen für die Demokratie hat. Warum soll ich demoktratische Parteien wählen, wenn ich damit rechnen muss das am Ende eine nahezu 180° Wende, zwischen Aussage vor der Wahl und Umsetzen in die Tat nach der Wahl, vollzogen wird?
Dieses Verhalten schürt den Frust der Menschen. Und die wählen dann mitunter auch extreme Parteien, sei es um "denen da oben" einen Denkzettel zu verpassen, oder weil sie ernstlich glauben dort Gehör zu finden. Schuld am Erstarken der Ränder sind sie nicht, diese Wähler, sicher aber naiv. Denn die Volksparteien verschliessen weiter die Augen und suchen die Verantwortung beim Wähler, nicht bei sich.

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:05
von Bravado
boddeker hat geschrieben: Es geht doch schon lange nicht mehr um das Wohl des Volkes, sondern um die Stimmenanteile bei der nächsten Wahl und den Machterhalt.
Dem Stimme ich grundsätzlich zu.
Aber: gerade wenn es darum gegangen wäre, hätten die Parteien für Neuwahlen sein müssen, da man die Erfolge in großen Koalitionen (so war es zumindest in der Vergangenheit) nicht gut instrumentalisieren kann.
(jetzt wo ich den Satz nochmal durchlese überkommt mich die Frage, ob "Erfolge" in diesem Zusammenhang eine adäquate Vokabel ist ... aber das ist ein anderes Thema).
Ich für meinen Teil bin jedenfalls froh, dass sich die Wahl nicht in einen Wahlmarathon entwickelt hat. Das wäre übrigens m.E. wirklich undemokratisch, da es die kleinen (und finanzschwachen Parteien) benachteiligt (und damit meine ich weder die Grünen, noch die FDP oder die steinreiche PDS ).

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:07
von Dueren
Ich denke man muss realistisch prüfen was möglich ist. So kann es auch zu anderen Konstellationen/Entscheidungen kommen als vor der Wahl propagiert.
In dem zurückliegenden Fall war die MWST Erhöhung für mich o.k. und auch die große Koalition. Was anderes hätte ich mir da kaum vorstellen können.
Im Verlauf dieser Regierung - bis jetzt - ist nicht viel positives zu erkennen. Ich hoffe das sich das Gewürge nach der nächsten Wahl erledigt hat.
Eine Alternative hätte ich aber auch nicht gewußt.

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:14
von Bravado
boddeker hat geschrieben: Warum soll ich demoktratische Parteien wählen, wenn ich damit rechnen muss das am Ende eine nahezu 180° Wende, zwischen Aussage vor der Wahl und Umsetzen in die Tat nach der Wahl, vollzogen wird?
Demokratie hat halt auch was mit Kompromissen zu tun und wenn "der Wähler" sich nicht eindeutig äußert dann kommt eben genau das dabei raus.
Mal ganz abgesehen davon besteht ja durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regierung keine vier Jahre durchhält und dann kann der Wähler zeigen, ob er was daraus gelernt hat ...

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:20
von Bravado
rodriguez69 hat geschrieben: Was ich sagen will, ist, dass kaum ein Wähler explizit dieses Konstrukt gewählt hat
OK, da geh' ich mit.
rodriguez69 hat geschrieben: bzw. dass die meisten - höchstwahrscheinlich - davon ausgingen, dass genau diese Alternative nicht zur Debatte steht.
nachdem ich selbst im schwarzen BaWü schon eine große Koalition erlebt habe habe ich gelernt, dass in dieser Hinsicht nichts sicher ist und nichts ausgeschlossen werden kann bevor nicht die Wahlzettel gezählt sind ...

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:48
von boddeker
Bravado hat geschrieben:Demokratie hat halt auch was mit Kompromissen zu tun und wenn "der Wähler" sich nicht eindeutig äußert dann kommt eben genau das dabei raus.
So wie:
Was ergibt 1% und kein% angekündigte MwSt-Erhöhung?
Richtig, 3%! :lol:
Bravado hat geschrieben:Mal ganz abgesehen davon besteht ja durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regierung keine vier Jahre durchhält und dann kann der Wähler zeigen, ob er was daraus gelernt hat ...
Abwarten... :roll:

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 14:59
von Dueren
Ich glaube nicht das es vorzeitige Neuwahlen gibt. Die sind doch soooooooooo erfolgreich :roll:

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 16:22
von Bravado
boddeker hat geschrieben: Was ergibt 1% und kein% angekündigte MwSt-Erhöhung?
Richtig, 3%! :lol:
In diesem Punkt finde ich Deine Frage nach der Glaubwürdigkeit viel treffender. Weil das Ergebnis hier nach menschlichem Ermessen gemessen 1% hätte sein müssen und man sich nicht zu schade war für eine Begründung à la "wir wussten ja vorher nicht, wie verheerend die Haushaltslage wirklich ist ... " *kopfschüttel*
So ein Unfug erzeugt m.E. die eigentliche Politikverdrossenheit und treibt die Wähler zu den radikalen ( und da seh' ich die PDS genauso).

Bezüglich der großen Koalition fand ich es angemessen, dass man sich trotz aller Differenzen und vorher propagierten anderweitigen Koalitionen zu einer gemeinsamen Regierung durchringen konnte - weil eben das Wahlergebnis so war wie es war und es in meinen Augen eben mit Demokratie rein gar nichts zu tun hat wenn man eine Wahl so oft wiederholt, bis ein gewünschtes ( vor allem: wer entscheidet das?) Ergebnis dabei rauskommt?

Verfasst: Do 30. Nov 2006, 17:00
von boddeker
Bravado hat geschrieben:Weil das Ergebnis hier nach menschlichem Ermessen gemessen 1% hätte sein müssen und man sich nicht zu schade war für eine Begründung à la "wir wussten ja vorher nicht, wie verheerend die Haushaltslage wirklich ist ... " *kopfschüttel*
So ein Unfug erzeugt m.E. die eigentliche Politikverdrossenheit und treibt die Wähler zu den radikalen ( und da seh' ich die PDS genauso).
Da geb ich dir absolut recht.
Bravado hat geschrieben:- weil eben das Wahlergebnis so war wie es war und es in meinen Augen eben mit Demokratie rein gar nichts zu tun hat wenn man eine Wahl so oft wiederholt, bis ein gewünschtes ( vor allem: wer entscheidet das?) Ergebnis dabei rauskommt?
Gute Frage, wer entscheidet das? Wer hat entschieden das ausgerechnet schwarz/rot die größte Schnittmenge hat? Den Prozenten nach klar, aber das ist bislang bei jeder Wahl so gewesen. Der Wähler? Vielleicht wollte der, wenn schon keine Neuwahlen, dann lieber Jamaica, oder Ampel. Wer weiss es? Letztendlich haben die Politiker enstschieden was wir vermeitlich wollten.
Ich bin fast sicher das, als die Kreuzchen auf dem Stimmzettel gemacht wurden, 90% der CDU- als auch SPD Wähler sich das so nicht vorgestellt hatten. Da träumte man wohl eher von der "klassischen" Verteilung rot/grün und schwarz/gelb. Und hätte u.U. lieber gesehen, wenn aus Rot/Grün eine Ampel, oder aus Schwarz/Gelb Jamaica geworden wäre.
Wobei mir Jamaica allein schon vom Namen her besser gefallen hätte, klingt so nach locker beschwingtem Regierungsstil. :lol:
Mal im Ernst, ich weiss nicht ob uns eine der 3-Parteien-Varianten nicht weiter gebracht hätte, als der Krampf den wir dezeit erleben.