Verfasst: Di 29. Sep 2009, 09:20
Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe
Der US-Amerikaner Sam Dalmas (Tony Musante) lebt seit einiger Zeit in Rom. Als er am Abend in der Stadt unterwegs ist, beobachtet er zufälligerweise einen grausigen Mordanschlag. Ein schwarz gekleideter Mann sticht eine junge Frau mit einem Messer nieder und flüchtet. Der Vorfall spielt sich hinter einer stabilen Glasfront ab, Sam kann der jungen Frau nicht zur Hilfe eilen, er wird zwischen der inneren und äusseren Glasfront eingesperrt. Zumindest kann er einen weiteren Passanten auf sich aufmerksam machen und dazu bringen die Polizei zu verständigen. Inspector Morosini (Enrico Maria Salerno) leitet die Ermittlungen, offenbar geht auch dieser Mordversuch auf das Konto eines gesuchten Serienkilllers. Morosini konfrontiert Dalmas mit Verdächtigungen und zieht dessen Reisepass zunächst ein, denn der Amerikaner wollte Italien eigentlich in den nächsten Tagen verlassen. Dalmas beginnt auf eigene Faust zu Nachforschungen anzustellen, erhält dabei sogar -kalkulierten- Zuspruch vom leitenden Ermittler. Doch der junge Mann begibt sich dadurch in grosse Gefahr, selbst seine Freundin Julia (Suzy Kendall) gerät ins Visier des irren Mörders...
"L'uccello dalle piume di cristallo" (1969/70) ist die erste Regiearbeit des legendären Dario Argento, der sich in den Jahren zuvor erfolgreich als Drehbuchautor verdingte. So war Herr Argento z.B. am Drehbuch für Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" beteiligt. Das Drehbuch zu seinem ersten eigenen Film verfasste Argento selbst, was bei seiner Vorgeschichte ja durchaus naheliegend ist. "L'uccello dalle piume di cristallo" -der englische Titel ist der geläufigste: "The Bird with the Crystal Plumage"- wurde ein Erfolg und ermöglichte dem jungen Regisseur weitere Arbeiten. Heute zählt "The Bird" aka "...schwarzen Handschuhe" zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des Giallo. Argento spinnt den Faden von Mario Bava weiter, der das Genre mit dem wundervollen Film "Blutige Seide" (1964) gewissermaßen erschaffen hat. Argento fährt die von Genre-Fans geliebten Geschütze auf: Ein maskierter und psychisch gestörter Killer, schwarze Handschuhe, das (Rasier)Messer als Tatwaffe, diese Vorgaben fanden in vielen folgenden Gialli erneute Verwendung, definierten die Grundfeste des Genres. Schon der erste Film des Meisters offenbart Dario Argentos phantastisches Gespür für Atmosphäre, für den perfekten Einsatz von Kamera und Licht. Die opulenten Inszenierungen drängen die Figuren in manchen Werken Argentos ein wenig in den Hintergrund, lassen sie darin aufgehen. Hier ist dies noch nicht so ausgeprägt der Fall, obwohl die Ansätze durchaus zu erkennen sind. Die Besetzung macht ihre Sache gut, obwohl es laut Erzählungen Spannungen zwischen dem Regisseur und seinem Hauptdarsteller Tony Musante gab. Offensichtlich haben sich diese Reibereien nicht negativ auf das Ergebnis ausgewirkt. Enrico Maria Salerno sehe ich immer gern, sehr angenehm ist mir sein Auftritt in "Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien" (L'ultimo treno della notte (1975)) von Aldo Lado in Erinnerung, wo er den verzweifelten, rächenden Vater sehr überzeugend gibt. Absolut herrlich ist der kurze Auftritt von Mario Adorf, der einen durchgeknallten Künstler mit einer ganz speziellen Vorliebe für Katzen spielt! Die Damenriege bietet mit Suzy Kendall und Eva Renzi zwei nette Vertreterinnen auf, die allerdings nicht den Schärfegrad von Überzähnen wie Edwige Fenech oder Barbara Bouchet erreichen. Dies tut allerdings auch nicht Not, denn der Erotikfaktor spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. In späteren Werken Argentos sorgten häufig die Progger Goblin für die musikalische Untermalung, hier zeichnet Ennio Morricone für den Soundtrack verantwortlich.
Fazit? Fazit! Darios Erstling ist ohne Zweifel ein sehr guter Film und ein für die Entwicklung des Genres extem wichtiger Beitrag! Wenig später folgten mit "Die neunschwänzige Katze" und "Vier Fliegen auf grauem Samt" zwei weitere Gialli des Meisters, diese drei frühen Werke fasst man unter dem Titel "Tier-Trilogie" zusammen. Für Fans des Genres sind diese Filme natürlich unverzichtbar. Besonders für Einsteiger scheinen mir die Filme sehr empfehlenswert! Findet man hier doch alle relevanten Zutaten, die die Faszination des Giallo ausmachen, trotzdem werden zarte Gemüter nicht durch Härte, Sleaze und Sex verstört, die einige andere Beiträge des Genres aufbieten. Mein absoluter "Lieblingsgiallo" ist Argentos Erstling zwar nicht, unverzichtbar und sehr unterhaltsam ist das Werk aber auf jeden Fall! Es besteht eine enge Verwandtschaft zu "Profondo Rosso" aka "Deep Red", den Argento im Jahre 1975 drehte. "Profondo Rosso" ist mit weniger Tempo und ausufernder erzählt -was ich in diesem Fall sehr angenehm finde- und trumpft mit einer unglaublich intensiven Atmosphäre auf, man sehe sich nur die Szenen in der alten Villa an!
Die deutsche DVD Auswertung von "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" ist wenig erbaulich. Der Film liegt stark gekürzt vor und die Bildqualität ist wenig ansprechend. Nun bin ich bekanntlich kein Zeilenzähler, aber optisch derartig ansprechende und prächtige Werke wie die Filme von Dario Argento, profitieren sehr von einer soliden Umsetzung und machen diese zur Pflicht! Die US-DVD von Blue Underground macht alles besser, die Wahl sollte also leicht fallen. Inzwischen hat Blue Underground auch eine Blu-ray des Titels veröffentlicht, die bei dem aktuell sehr günstigen Dollarkurs sicher mehr als nur eine Überlegung wert ist!
Sehr gut und für jeden Italo-/Giallo-/Argento-Freund unentbehrlich!
8/10
Der US-Amerikaner Sam Dalmas (Tony Musante) lebt seit einiger Zeit in Rom. Als er am Abend in der Stadt unterwegs ist, beobachtet er zufälligerweise einen grausigen Mordanschlag. Ein schwarz gekleideter Mann sticht eine junge Frau mit einem Messer nieder und flüchtet. Der Vorfall spielt sich hinter einer stabilen Glasfront ab, Sam kann der jungen Frau nicht zur Hilfe eilen, er wird zwischen der inneren und äusseren Glasfront eingesperrt. Zumindest kann er einen weiteren Passanten auf sich aufmerksam machen und dazu bringen die Polizei zu verständigen. Inspector Morosini (Enrico Maria Salerno) leitet die Ermittlungen, offenbar geht auch dieser Mordversuch auf das Konto eines gesuchten Serienkilllers. Morosini konfrontiert Dalmas mit Verdächtigungen und zieht dessen Reisepass zunächst ein, denn der Amerikaner wollte Italien eigentlich in den nächsten Tagen verlassen. Dalmas beginnt auf eigene Faust zu Nachforschungen anzustellen, erhält dabei sogar -kalkulierten- Zuspruch vom leitenden Ermittler. Doch der junge Mann begibt sich dadurch in grosse Gefahr, selbst seine Freundin Julia (Suzy Kendall) gerät ins Visier des irren Mörders...
"L'uccello dalle piume di cristallo" (1969/70) ist die erste Regiearbeit des legendären Dario Argento, der sich in den Jahren zuvor erfolgreich als Drehbuchautor verdingte. So war Herr Argento z.B. am Drehbuch für Sergio Leones "Spiel mir das Lied vom Tod" beteiligt. Das Drehbuch zu seinem ersten eigenen Film verfasste Argento selbst, was bei seiner Vorgeschichte ja durchaus naheliegend ist. "L'uccello dalle piume di cristallo" -der englische Titel ist der geläufigste: "The Bird with the Crystal Plumage"- wurde ein Erfolg und ermöglichte dem jungen Regisseur weitere Arbeiten. Heute zählt "The Bird" aka "...schwarzen Handschuhe" zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des Giallo. Argento spinnt den Faden von Mario Bava weiter, der das Genre mit dem wundervollen Film "Blutige Seide" (1964) gewissermaßen erschaffen hat. Argento fährt die von Genre-Fans geliebten Geschütze auf: Ein maskierter und psychisch gestörter Killer, schwarze Handschuhe, das (Rasier)Messer als Tatwaffe, diese Vorgaben fanden in vielen folgenden Gialli erneute Verwendung, definierten die Grundfeste des Genres. Schon der erste Film des Meisters offenbart Dario Argentos phantastisches Gespür für Atmosphäre, für den perfekten Einsatz von Kamera und Licht. Die opulenten Inszenierungen drängen die Figuren in manchen Werken Argentos ein wenig in den Hintergrund, lassen sie darin aufgehen. Hier ist dies noch nicht so ausgeprägt der Fall, obwohl die Ansätze durchaus zu erkennen sind. Die Besetzung macht ihre Sache gut, obwohl es laut Erzählungen Spannungen zwischen dem Regisseur und seinem Hauptdarsteller Tony Musante gab. Offensichtlich haben sich diese Reibereien nicht negativ auf das Ergebnis ausgewirkt. Enrico Maria Salerno sehe ich immer gern, sehr angenehm ist mir sein Auftritt in "Mädchen in den Krallen teuflischer Bestien" (L'ultimo treno della notte (1975)) von Aldo Lado in Erinnerung, wo er den verzweifelten, rächenden Vater sehr überzeugend gibt. Absolut herrlich ist der kurze Auftritt von Mario Adorf, der einen durchgeknallten Künstler mit einer ganz speziellen Vorliebe für Katzen spielt! Die Damenriege bietet mit Suzy Kendall und Eva Renzi zwei nette Vertreterinnen auf, die allerdings nicht den Schärfegrad von Überzähnen wie Edwige Fenech oder Barbara Bouchet erreichen. Dies tut allerdings auch nicht Not, denn der Erotikfaktor spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. In späteren Werken Argentos sorgten häufig die Progger Goblin für die musikalische Untermalung, hier zeichnet Ennio Morricone für den Soundtrack verantwortlich.
Fazit? Fazit! Darios Erstling ist ohne Zweifel ein sehr guter Film und ein für die Entwicklung des Genres extem wichtiger Beitrag! Wenig später folgten mit "Die neunschwänzige Katze" und "Vier Fliegen auf grauem Samt" zwei weitere Gialli des Meisters, diese drei frühen Werke fasst man unter dem Titel "Tier-Trilogie" zusammen. Für Fans des Genres sind diese Filme natürlich unverzichtbar. Besonders für Einsteiger scheinen mir die Filme sehr empfehlenswert! Findet man hier doch alle relevanten Zutaten, die die Faszination des Giallo ausmachen, trotzdem werden zarte Gemüter nicht durch Härte, Sleaze und Sex verstört, die einige andere Beiträge des Genres aufbieten. Mein absoluter "Lieblingsgiallo" ist Argentos Erstling zwar nicht, unverzichtbar und sehr unterhaltsam ist das Werk aber auf jeden Fall! Es besteht eine enge Verwandtschaft zu "Profondo Rosso" aka "Deep Red", den Argento im Jahre 1975 drehte. "Profondo Rosso" ist mit weniger Tempo und ausufernder erzählt -was ich in diesem Fall sehr angenehm finde- und trumpft mit einer unglaublich intensiven Atmosphäre auf, man sehe sich nur die Szenen in der alten Villa an!
Die deutsche DVD Auswertung von "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" ist wenig erbaulich. Der Film liegt stark gekürzt vor und die Bildqualität ist wenig ansprechend. Nun bin ich bekanntlich kein Zeilenzähler, aber optisch derartig ansprechende und prächtige Werke wie die Filme von Dario Argento, profitieren sehr von einer soliden Umsetzung und machen diese zur Pflicht! Die US-DVD von Blue Underground macht alles besser, die Wahl sollte also leicht fallen. Inzwischen hat Blue Underground auch eine Blu-ray des Titels veröffentlicht, die bei dem aktuell sehr günstigen Dollarkurs sicher mehr als nur eine Überlegung wert ist!
Sehr gut und für jeden Italo-/Giallo-/Argento-Freund unentbehrlich!
8/10