Hallo,
da mein Vater jährlich ein Abbo der TEST geschenkt bekommt, habe ich die Möglichkeit, regelmäßig mal in das Blättle reinzuschauen und hatte heute Abend die Gelegenheit, den Lautsprechertest durchzulesen.
Ins pauschale TEST-Bashing möchte ich nicht einstimmen. Viele Tests, bzw. die Beschreibung der Kriterien und Art der Durchführung, machen auf mich einen sehr soliden Eindruck. Beim Kauf habe ich mich auch schon oft an den Ergebnissen der Stiftung Warentest orientiert, wobei ich wohl noch nie einen Testsieger gekauft habe, sondern mich letztlich nach meiner eigenen Gewichtung einzelner Punkte entschieden habe.
Leider muss ich sagen, dass das wohl der schlechteste Test, die schlechteste Testbeschreibung ist, die ich jemals in diesem Blatt gelesen habe. Wenn man so was liest, stellt man vielleicht fest, dass viele der oft als Revolverblättchen geschumpfenen Hifi-Zeitschriften und belächelte Internet-Test-Portale höchstens halb so schlimm sind, wie oft geäußert. Enttäuschend ist damit möglicherweise nicht (nur), dass die nuBox so weit hinten gelandet ist, sondern dass man die Kriterien nicht nachvollziehen kann.
Ich würde ja gerne umfangreich zitieren, fürchte aber, mit dem Urheberrecht Probleme zu bekommen.
Schon bei der Beschreibung der Testkriterien muss man eigentlich mit den Ohren schlackern.
Für den Hörtest, der zu 70% in die Bewertung einfloss, wurden fünf Musikbeispiele verwendet. Die Probandengruppe bestand aus sechs Experten und drei musikinteressierten Laien. Was genau die "Experten" zu Experten macht, erfährt man leider an keiner Stelle. Ebenso wenig natürlich, welche Einschränkungen den "musikinteressierten Laien" nicht zum Experten qualifizieren.
Bewerten sollten die Probanden "Natürlichkeit", "Lokalisation", was schon etwas schwammig von TEST als "örtliche Unterscheidbarkeit von Stimmen und Instrumenten" definiert wird und "Transparenz", was als "zeitliche und klangliche Unterscheidbarkeit" definiert wird. Spätestens bei letzter Definition geht bei manchen Experten
ja vielleicht eine Alarmglocke an.
In der technischen Prüfung (10%) wurden angeblich Belastbarkeit, Impedanzkurven, Amplituden- und Phasenfrequenzgang, Impulsantwort und Zerfallsspektrum der Lautsprecher mit einem MLS-Verfahren überprüft. Interessanterweise findet dieser für die technische Beurteilung eines Schallwandlers doch bestimmt sehr wichtige Teil nirgends im Test, auch nicht in den Ergebnissen, Erwähnung!
Interessant fand ich die Testweise des Wirkungsgrades: mit einem "tiefenbegrenzten 1/f-Rauschen" wurde gemessen, wie viel Verstärkerleistung für einen Schalldruck von 90 dB(A) erforderlich ist (wobei dagegen ja glaub nichts einzuwenden ist). Ich fand interessant, dass die nuBox da mit am besten lag, wo doch den Nubert-Boxen oftmals ein geringer Wirkungsgrad vorgeworfen wird, was natürlich in Wirklichkeit an den bescheidenen und ehrlichen Angaben der NSF liegen dürfte.
Der "maximale Schalldruckpegel" wurde von einem "Experten" ermittelt, der prüfte, wann er ein Terzrauschen als verzerrt empfand.
In die technische Note ging auch die magnetische Abschirmung ein. Finde ich eigentlich sehr zweifelhaft, sowas in dieser Form in die Endnote einfließen zu lassen; so was ist doch eher "nur" eine Erwähnung bei der Ausstattung wert.
Beim Testfazit musste ich ein wenig schmunzeln. Die Canton GLE 407 "klingt besser" als die doppelt so teure Canton Ergo 607DC (was ich nicht nachvollziehen kann). Außerdem ist Box C "besser" als Box D und Boxen E,F und G klingen ähnlich "gut". Aha!
Wenigstens eine von zwei "Bildunterschriften" fand ich sehr, naja, "heikel":
"
Schwerpunkt bei einem Lautsprecherhörtest ist die Bewertung der Natürlichkeit der Klangwiedergabe. Sind die Instrumente zu erkennen? Auch die Transparenz ist wichtig: Lassen sich die beiden Violinen im Streichquartett klanglich unterscheiden?"
Wurde hier der oft von Experten bemängelte Fehler gemacht, dass Lautsprecher anhand einer Aufnahme beurteilt wurden, jedoch ohne eine "echte Referenz" für die Aufnahme zu haben?
Hatten die Probanden evtl. eine "falsche Erwartung" an einen Schallwandler? Oft erlange ich den Eindruck, dass gerade eine gewisse "Experten- und Laiengruppe"
besonders dazu neigt zu Lautsprechern mit gewissen Wiedergabefehlern zu greifen, weil sie sich teilweise (je nach Musikstil und Aufnahme) "livehaftiger" anhören. Außerdem habe ich den Eindruck, dass ausgerechnet die hohe Abbildungsschärfe der Nubert-Boxen (auch ich sah das bisher als eines der herausstechendsten Merkmale der Nubert-Boxen) bei manchen Aufnahmen (--> z.B. "Monohühner") gerne als "zu wenig räumlich", "zu wenig von den Lautsprecher lösend" empfunden wird.
Außerdem ist diese Definition von "Transparenz" doch unter Experten der Gattung Lautpsrecherentwickler und Toningenieure - mal sehr vorsichtig ausgedrückt - sehr unüblich.
Unterstrichen wird das von einem Auszug aus dem Testtext:
"
So können unsere "Goldenen Ohren" unvoreingenommen lauschen, ob ein Lautsprecher den natürlichen Klang der Instrumente abbilden kann, ob die Transparenz im Ton einzelne Geigen aus einem Orchester hörbar macht."
Außerdem altbekannte "Faustregeln" die ein Experte wohl nicht unterschreiben würde:
"Wenn Verstärker und Lautsprecher eine ähnliche Wattzahl haben, wird es kaum Probleme geben".
Naja, ist ja eigentlich auch nicht falsch.
"... Denn Verzerrungen haben übermäßig hohe Leistungsanteile im Hochtonbereich."
Hat nicht mal Frank Klemm hier versucht, dieses Vorurteil (vergeblich
) auszuräumen?
Insgesamt hinterlässt das bei mir leider keinen sehr kompetenten Eindruck. Besonders heikel finde ich, dass TEST zwar meint "vom Klang her läge man mit keinem der getesteten Lautsprecher falsch", dass man gerade dann aber einen so großen Bogen um die eigentlichen technischen Kriterien macht.
Bitte nun meine "Kritik" nicht als Abwertung der Nubert-Konkurrenz verstehen. Ich habe einfach nur den Eindruck bzw. Verdacht, dass das ein äußerst subjektiver Test mit etwas zeifelhaften Testkriterien und -bedingungen war. Man kennt nun die Klangvorlieben von "sechs Experten" und "zwei musikinteressierten Laien" und kann sich fragen, ob das die breite Masse ist und ob das in diesem Fall nicht sogar ein Gütesiegel ist, nicht zur breiten Massen zu gehören.
Für die NSF (und einige Konkurenten) ist das natürlich bitter. Ich drücke die Daumen, dass die nächsten zwei Test in der Fachpresse
die Verkaufszahlen in gewohnter Manier wieder entsprechend heben.
Christoph