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Verfasst: Mi 16. Apr 2003, 00:18
von AH
Leider nur wenig Zeit heute Abend, daher nur kurz an Malte:

Der LSR28 hat ein recht tiefes Horn, ich denke, deswegen kommt schon einiges Mehr aus der Kalotte im Vergleich zu freistehender Montage und wohl auch verglichen mit eher flachen Waveguides wie bei Genelec etc.

http://tymphany.com/datasheet/pdf/pl/811647.pdf

Schau Dir mal die Peerless-Kalotte an, die mit einem ähnlich großen (eher kleinerem) Hornvorsatz 96dB/SPL Kennempfindlichkeit bei 2kHz aufweist, ab 3kHz sind es dann 99dB/SPL @ 1m.
Gegenüber der freistehenden Kalotte (bei gleicher Resonanzfrequenz) bringt das Hörnchen recht viel. Bei so einer Kalotte sähe ich auch kein Problem bei einem Einsatz ab 2kHz.

Gruß

Andreas

Verfasst: Mi 16. Apr 2003, 10:06
von Malte
Hallo Andreas,

da muß ich Dich enttäuschen: Das Horn der JBL ist eher kürzer als das der Genelec (+Derivate), ich hatte JBL und Mackie 824 hier nebeneinander stehen. Das JBL-Horn sieht auf Fotos nur tiefer aus, weil es relativ gesehen kleiner und daher stärker gekrümmt ist. Außerdem wirken diese Hörner im Bereich unter 3 kHz nicht so stark, dafür sind sie zu kurz und zu klein.

zu Frank:

sicher, auch 119 dB ist kein Pappenstiel...

zur Canton: Ich habe ehrlich gesagt die Erfahrung gemacht, daß die Frequenzgänge unter 30 und 10 Grad - leider in der Hifi-Presse beliebt - über die Directivity wenig aussagen. Es ist durchaus denkbar, daß ein Lautsprecher ein beliebig zwischen 0 und 10 dB schwankendes Bündelungsmaß aufweist, ohne daß sich das irgendwie besonders negativ im 30-Grad-Amplitudengang bemerkbar machen würde. Viel besser geeignet zur Beurteilung des Abstrahlverhaltens sind Messungen unter 60 oder 90 Grad bzw. gleich über einen ganzen Winkelbereich (ich bevorzuge Isobaren).

Ich habe dazu ein interessantes Beispiel hier, es handelt sich faktisch um das Konzept der B&W Nautilus 805, also 17cm+freistehendem Hochtöner. Zu erkennen ist, daß der Frequenzgang auf 30 Grad (grün) völlig unkritisch aussieht, aber bei 60 Grad (braun) sieht man den Schlamassel in Form eines "Tannenbaums" (Trennfrequenz 4 kHz, wie leicht zu erkennen ist).

Bild

Zustimmung zu KEF: Man darf nur vermuten, daß die koaxiale Konstruktion, wo der Hochtöner quasi in der Schwingspule des Mitteltöners sitzt, diese Probleme verursacht, insbesondere die starken Interferenzen um 8 kHz. Obwohl die Directivity darunter ganz ordentlich aussieht, bin ich allerdings etwas skeptisch, ob die Tatsache, daß die Mitteltönermembran als Horn des Hochtöners wirkt und sich dabei bewegt, nicht andere Probleme aufwirft. Hier übrigens das Problem meßtechnisch dargestellt (achtung: 0 Grad ist normalisiert):

Bild
Dein Vorschlag 2 liest sich schon recht gut, erinnert mich an die gute alte Klein+Hummel O92, auch wenn da die beiden TT nicht "D?Appo" angeordnet wurden. Allerdings hast Du gerade für typische Hifi-Anwendungen das Problem, daß eine Bündelung von nur 5 dB eigentlich zu wenig ist, das ist ja quasi ein Halbraumstrahler. Und ein leichtes "Tannenbaumverhalten" mit Aufweitungen jeweils knapp oberhalb der Trennfrequenzen dürfte immer noch zu beobachten sein.

Gegenvorschlag:

30cm Tieftöner bzw. 2x25cm
kleinen Mitteltöner 7-10cm mit Horneinsatz, sodaß dieser bei der Trennfrequenz von ~500Hz in der Bündelung ungefähr an den Tieftöner angepaßt wird (schätze mal BM ca. 8 dB), was nebenbei Sensivity und Maximalpegel steigert.
1" Kalotte ab 2,5...3kHz, ebenfalls mit Horn auf eine konstante Directivity gebracht.

Das Konzept hat eigentlich nur praktische Nachteile, z.B. die hohen Kosten für einen entsprechenden Mitteltöner (der ganze Chassismarkt ist voller 10cm-Pseudotieftöner, aber Mitteltöner gibt es kaum) und die Schwierigkeit die beiden Hörner so aufzubauen, daß sie auch um Übernahmebereich keine Probleme machen - da dürften wahrscheinlich auch Simulationsprogramme schnell am Ende sein, da hilft nur Try&Error und jede Menge GFK... ;-)

Gruß, M.

Verfasst: Mi 16. Apr 2003, 11:39
von AH
@ Malte: Ich kenne den LSR28 nicht nur von Fotos, hatte sie mal als "Ständer" für einen O400 (war gerade nix anderes da) ... das Horn schien mir eng und dafür recht tief, aber ich kann mich täuschen.

@ Frank: Ich halte Deine Angaben zum linearen Hub für zu optimistisch. 3" Kalotten wie die von ATC müßten vom Motor her theoretisch +/- 3mm machen können - was real davon bleibt, ohne daß starke Verzerrungen auftreten, sind offenbar +/- 1mm.
Bei 1" Kalotten rechne ich mit +/- 0,25mm, das markiert meist die Grenze für 3% THD (Maximalpegelmessungen mit monkey forest).
Wie bereits erwähnt, das Problem ist nicht allein die Mechanik, sondern vor auch die geringe elektrische Belastbarkeit.
Nubert hat bei 8" Tiefmitteltönern wohl keine Wahl, da muß er bei 1,7kHz einkoppeln. Für eine freistehende Kalotte ohne Hornvorsatz ist das meiner Ansicht nach grenzwertig.

"Nimm einen DSP, design den Mitteltöner so, daß er zur Not bis 3,5 kHz arbeiten kann und der Hochtöner zur Not ab 1,5 kHz und verschiebe die Übergangsfrequenz moderat entsprechend der geforderten Leistung. Das ändert zwar den Diffusfeldfrequenzgang bei sehr hohen Pegeln ein wenig, aber was soll es."

Sowas ähnliches habe ich in meinem selbstgebauten Aktivsystem mit frei durchstimmbarer analog aktiver Weiche 4. Ordnung:
Eine D76 Mitteltonkalotte, die ein sauberes, resonanzfreies Tiefpaßverhalten 2. Ordnung mit einer Eckfrequenz von 5kHz zeigt und eine Peerless WA10 Hochtonkalotte, die ein Hochpaßverhalten 2. Ordnung mit einer Eckfrequenz von 1000Hz zeigt. Ich kann von ca. 1,5kHz bis 3,5kHz durchstimmen, ohne das der Amplitudenfrequenzgang sich ändert.
Bei lauter (obertonreicher, z.B. Blechbläser, wo im Bereich zwischen 1kHz und 3kHz wenige einzelne Töne voll ausgesteuert sind, Blechblasinstrumente haben wenige, aber extrem starke Oberwellen) Musikwiedergabe bekommt die Peerless-Kalotte bei Frequenzübergängen unter 2,5KHz hörbar Schwierigkeiten (kreischt). Daher bin ich bei FÜ = 2,6kHz gelandet, wo die 76mm-Kalotte auch noch völlig sauber klingt und sich Interferenzen in Grenzen halten.

Gruß

Andreas

Verfasst: Mi 16. Apr 2003, 21:33
von Frank Klemm
AH hat geschrieben:@ Frank: Ich halte Deine Angaben zum linearen Hub für zu optimistisch. 3" Kalotten wie die von ATC müßten vom Motor her theoretisch +/- 3mm machen können - was real davon bleibt, ohne daß starke Verzerrungen auftreten, sind offenbar +/- 1mm.
Ursache rausfinden. Bei geeignet designtem Magnetsystem sind es weder Inhomogenitäten des Statorfeldes noch sind es Vorboten von zu schnellen Membranbewegungen.
Sind ordentliche Faraday-Fallen gelegt? ist die Polkappe ordentlich belüftet? Ist die Membranaufhängung auch bei größeren Auslenkungen nachgiebig genug?
Bei 1" Kalotten rechne ich mit +/- 0,25mm, das markiert meist die Grenze für 3% THD (Maximalpegelmessungen mit monkey forest).
Es soll Kalotten geben, die +/- 1mm bei 2 kHz können. Quelle weiß ich nicht mehr. Üblich sind gerinegre Werte, das stimmt.

Aber ich erinnere da mal an Tieftonlautsprecher. Da gibt es jede Menge Schrott mit +/- 2 mm. Vor 15 Jahren war das Standard.
Das es auch anders geht, haben mir zwei Chassis (so um 1990) gezeigt, die damals 50 mm bzw. 65 mm Hub erlaubt haben.
Da wußte ich auf einmal, daß so was möglich ist.

Mittlerweile gibt es von diesem Kaliber schon wesentlich mehr Chassis, aber es gibt immer noch genügend, die immer noch +/-1,5mm oder +/-2mm bei 8"-Tieftonlautsprechern zulassen.
Und das teilweise bei teuren Produkten.

Vielleicht sind auch bei 1"- und 3"-Kalotten weit mehr als heutzutage üblich möglich ???
Wie bereits erwähnt, das Problem ist nicht allein die Mechanik, sondern vor auch die geringe elektrische Belastbarkeit.
Probleme bei der elektrischen Belastbarkeit führen zu keinem Klirr, weil dazu die thermische TK viel zu lang ist.
Nubert hat bei 8" Tiefmitteltönern wohl keine Wahl, da muß er bei 1,7kHz einkoppeln. Für eine freistehende Kalotte ohne Hornvorsatz ist das meiner Ansicht nach grenzwertig.
Vielleicht sind aber auch die Kalotten einfach nur deutlich besser als die üblichen? Meßdiagramme könnten das zeigen.
"Nimm einen DSP, design den Mitteltöner so, daß er zur Not bis 3,5 kHz arbeiten kann und der Hochtöner zur Not ab 1,5 kHz und verschiebe die Übergangsfrequenz moderat entsprechend der geforderten Leistung. Das ändert zwar den Diffusfeldfrequenzgang bei sehr hohen Pegeln ein wenig, aber was soll es."

Sowas Ähnliches habe ich in meinem selbstgebauten Aktivsystem mit frei durchstimmbarer analog aktiver Weiche 4. Ordnung:
Eine D76 Mitteltonkalotte, die ein sauberes, resonanzfreies Tiefpaßverhalten 2. Ordnung mit einer Eckfrequenz von 5kHz zeigt und eine Peerless WA10 Hochtonkalotte, die ein Hochpaßverhalten 2. Ordnung mit einer Eckfrequenz von 1000Hz zeigt. Ich kann von ca. 1,5kHz bis 3,5kHz durchstimmen, ohne das der Amplitudenfrequenzgang sich ändert.
Bei lauter (obertonreicher, z.B. Blechbläser, wo im Bereich zwischen 1kHz und 3kHz wenige einzelne Töne voll ausgesteuert sind, Blechblasinstrumente haben wenige, aber extrem starke Oberwellen) Musikwiedergabe bekommt die Peerless-Kalotte bei Frequenzübergängen unter 2,5KHz hörbar Schwierigkeiten (kreischt). Daher bin ich bei FÜ = 2,6kHz gelandet, wo die 76mm-Kalotte auch noch völlig sauber klingt und sich Interferenzen in Grenzen halten.
Die D76 wurde mal in einem Elektor-Projekt eingesetztt (oder ar das die D65)???
Mit dynamischer Anpassung meinte ich eine Änderung der Übergangsfrequenz während der normalen Arbeit. Bei normalen Lautstärken liegen die Übergangsfrequenzen sehr tief, um bei Grenzpegeln angehoben zu werden. Wenn Filterung mit DSP, dann kann dieser auch gleich noch Temperatur, Hub und Geschwindigkeit abschätzen und bei Überschreitung von Grenzwerten die Übergangsfrequenzen anpassen.

Ganz böse wäre es, die Verzerrungen gleich noch etwas zu kompensieren.

Gruß,
Frank

Verfasst: Mi 16. Apr 2003, 21:50
von Frank Klemm
Mal bei Vifa nachgeshen, bei welchen Frequenzen 60° auf unter -10 dB gegenüber 0° gefallen ist. Die 3"-Kalotte ist da deutlich schlechter als die 3 1/2"-Konuslautsprecher.

Und bei Peerless gibt es 5"-Konuslautsprecher, die deutlich weniger bündeln als die 3"-Kalotte.

(1) http://tymphany.com/datasheet/pdf/pl/821575.pdf hat bei 3 kHz -3,5 dB unter 60°.
(2) http://www.d-s-t.com/vifa/data/freq_d75mx-31-08.gif **admin: Seite nicht mehr verfügbar. Ähnlicher Nachfolger**:
http://tymphany.com/datasheet/pdf/vf/D75MX-41-08.pdf

hat bei 3 kHz -9 dB unter 60°.

(1) könnte ich mir vorstellen, zwischen 500 Hz und 2 kHz zu verwenden,
(2) zwischen 120 Hz und 3 kHz (mit Saugkreis auf 4,5 kHz).

Gerade noch bei Subwoofern reingeschaut. Die meisten 8" bündeln weniger als diese Kalotte (bei 2 kHz). Um mit Digitalfiltern (ohne Entzerrung, nur zügiger Übergang ins Sperrbereich, da steht

http://tymphany.com/datasheet/pdf/ss/21W_8551.pdf
nicht wesentlich schlechter als
http://www.d-s-t.com/vifa/data/freq_d75mx-31-08.gif **admin: Seite nicht mehr verfügbar. Ähnlicher Nachfolger**:
http://tymphany.com/datasheet/pdf/vf/D75MX-41-08.pdf

da.

Der Konus der Konuslautsprecher scheint ein guter Waveguide zu sein.

Verfasst: Do 17. Apr 2003, 13:04
von Malte
Hallo Frank,

die Vifa-Kalotte zeichnet sich - im Gegensatz zu den von AH angesprochenen Modellen von Dynaudio und ATC - durch die tendenziell flachere Membran aus, was in Kombination mit einem "harten" Membranaufbau natürlich das schnelle Ansteigen der Bündelung oberhalb der Bündelungsfrequenz von 1,4 kHz bewirkt. Auf 2,8 kHz ist der sinnvolle Einsatzbereich aufgrund der Eigenbündelung natürlich begrenzt, mehr wollten wir aber auch nicht.

Bei dem Konus handelt es sich auch nur um einen 3 1/2" mit offensichtlich weicherer Membran, der kann deshalb etwas höher laufen. Allerdings wage ich zu bezweifeln, daß mit der kleinen Schwingspule (22mm) und der geringeren Sensivity (87 dB) der von Dir angegebene Frequenzumfang sinnvoll genutzt werden kann. Wenn der Hersteller schon einen maximalen SPL von 104 dB angibt, wobei die Mini-Schwingspule schon bei 90 Watt gegrillt wird, sehe ich da durchaus Probleme.
Für beide Konstruktionen dürfte ein Hornvorsatz unerläßlich sein, wobei ich in dem Fall, Einsatz zw. 500 und 2800 Hz mit Horn, wiederum Vorteile für die Kalotte sehe, gerade, was die Belastbarkeit betrifft. Nimmt man jedoch einen größeren Konus als Vergleich, dürfte es wieder sehr schwer werden, ein entsprechendes Horn zu konstruktieren, besonders wenn das kompakt werden und wirklich konstante Directivity liefern soll. Ich kenne kein solches Horn für einen 5"-Treiber...

zu Eurer Diskussion um die Nubert-2-Wege-LS: Wenn ich es richtig mitbekommen habe, liegt die Trennfrequenz deutlich oberhalb der von AH vermuteten 1,7 kHz, glaube mal was von 3 kHz gelesen zu haben. Da wäre schon eher die Frage, wie sich ein 8"er da verhält (Eigenbündelung, Intermodulationsverzerrungen etc.), die Kalotte dürfte das problemlos mitmachen, die macht eher Probleme mit einer zu breiten Abstrahlung im Frequenzbereich knapp oberhalb der Trennfrequenz.

Gruß, M.

Große Bändchen

Verfasst: Mi 12. Sep 2007, 00:18
von yawg
Hallo,

Habe diesen Fred gerade mal "überflogen" und finde, hier wird viel zu viel theoretisiert. Ihr solltet Euch die verschiedenen Systeme mal selber anhören. Ist zwar umständlicher, bringt aber bessere Resultate.

Große Bändchen, so ca. ab 150 cm Höhe, klingen in meinen Ohren ausgezeichnet, viel "realistischer" als die besten Kalotten, haben einfach mehr Impact, auch in größerem Hörabstand, haben auch weniger Probleme mit Raumreflexionen.

Habe auch Selbstbau-LS mit alten HEIL-Hochtönern gehört, die mich sehr beeindruckt haben, die ließen auch jede Kalotte alt aussehen ...

Stellt Euch mal vor ein Schlagzeug und hört Euch die Becken an, das kann keine Kalotte wirklich überzeugend rüberbringen. Vielleicht ein Horn, aber die verfärben alle zu sehr.

Gruß, Jörg.