Top-Alben Februar 2009:
1. N.A.S.A. - The Spirit of Apollo
Monatelang habe ich mehr oder weniger überhaupt keinen Hip-Hop gehört, dann bin ich irgendwo auf ein Review zu dieser Scheibe samt der beeindruckenden Gästeliste gestoßen - und mein Interesse war geweckt. Leute wie Kanye West oder Santogold (mittlerweile Sant
igold) mischen zur Zeit ja quasi überall mit, aber diese Scheibe kann neben solchen üblichen Verdächtigen auch mit Namen wie George Clinton, Karen O, John Frusciante, Nina Persson und Tom Waits aufwarten. Und als Schmankerl die letzte existierende Aufnahme von Ol'Dirty Bastard. Durch die geschätzten 50 beteiligten Künstler ist die Scheibe sehr abwechslungsreich geraten, Langeweile kommt an wirklich keiner Stelle auf. Der Höreindruck ist eher der eines richtig guten Samplers oder Mixtapes, als der eines normalen Albums.
Die Musik ist bietet alles, was ich an Hip-Hop mag, und verzichtet auf alles, was ich an Hip-Hop nicht mag. Gangsta-Blödsinn und dicke Hosen sucht man hier glücklicherweise vergeblich. Auf stilistische Grenzen wird konsequent keine Rücksicht genommen. Von jazzig-relaxten Tracks bis zu absoluten Tanzflächen-Hits ist alles dabei, und zwar ohne Ausfall auf höchsten Niveau. Aus all der Brillianz sticht noch ein Track heraus, veredelt von Kool Keith und dem schon erwähnten Tom Waits: "Spacious Thoughts". Sowas irres hab ich in diesem Genre seit Jahren nicht mehr gehört. Fette Empfehlung!
9/10
2. Sólstafir - Köld
Sólstafir haben als eher "handelsübliche" Pagan-Metaller angefangen, spielen aber spätestens seit ihrem letzten Album eine unkategorisierbare Mischung aus Doom, Black Metal und Alternative Rock. Die Songs sind allesamt von epischer Größe, die Isländer spielen gekonnt mit Spannungsbögen und Dynamik. Mal werden Klanglandschaften erzeugt, die an eine Mischung aus Kyuss und dem U2-Album "The Joshua Tree" erinnern, mal steigern sich die Isländer in fast schwarzmetallische Raserei. Die Musik fordert volle Aufmerksamkeit, entsprechend sollte man sich die Zeit nehmen und das Album auch bewusst anhören, idealerweise am Stück. Beim Nebenbei-Hören verfliegt leider ein Großteil des Reizes.
8/10
3. Thursday - Common Existence
Bisher konnte mich noch kein Album von Thursday komplett vom Hocker reissen, auch nicht die vielgerühmten Klassiker. Die gefielen mir zwar in Punkto Feeling und Atmosphäre, konnten mich aber in Punkto Songwriting über die volle Distanz nicht hundertprozentig überzeugen. Eher habe ich mir ein paar Lieblingslieder rausgepickt und nur die gehört. Bei "Common Existence" ist das anders: Ausgefeilte Arrangements, perfekte Spannungsbögen und irgendwie
erwachsene Songs, denen trotzdem nicht die emotionale Durchschlagskraft abhanden gekommen ist. Ein Drahtseilakt, den ich der Band ehrlich gesagt gar nicht mehr zugetraut habe!
8/10
4. Celeste - Misanthrope(s)
Brutaler geht wahrscheinlich kaum noch. Celeste suchen sich aus sämtlichen wirklich harten Genres - Black- und Death Metal, Sludge, Doom, Crustcore - die fiesesten Zutaten aus und basteln daraus ihre persönliche Version von Extrem-Metal. Soundtechnisch erinnert das ganze zeitweise an die härtesten Momente von Bands wie Neurosis oder das Album "Aeolian" von The Ocean (nur viel böser, und das will echt was heißen).
An dieser undurchdringlichen Soundwand kann man sich die Zähne ausbeißen. Es braucht einige Runden, bis man in diesem apokalyptischen Lärm Harmonien und Strukturen erkennt, die einem erst den Zugang zur Musik ermöglichen. Leider bleiben solche Momente eher selten, einen roten Faden und Spannungsbogen sucht man oft vergeblich - über weite Strecken regiert blinde Zerstörungswut. Dadurch bleibt der Hörer zumindest anfangs zwangsläufig ein Stück weit auf Distanz. "Misanthrope(s)" ist zwar rein musikalisch härter als fast alles, was ich jemals gehört habe, beeindruckt und verstört aber trotzdem nicht so nachhaltig wie etwa ein Album von Neurosis, obwohl letztere wesentlich subtiler zu Werke gehen. Zugegeben: in dieser Disziplin hat bisher noch
jede Band gegenüber Neurosis den Kürzeren gezogen. Letztlich ist "Misanthrope(s)" trotz dieses Kritikpunktes immernoch ein gutes Album, das aber eben viel Zeit und Mühe einfordert, bis man es "geknackt" hat.
7/10
5. The Prodigy - Invaders Must Die
Was soll man zu einem Prodigy-Album groß schreiben? The Prodigy sind einfach The Prodigy, entweder man kann etwas damit anfangen oder nicht. Geboten wird spätestens seit "The Fat of the Land" Musik, die frei von jeglichen Kompromissen und ausschließlich ein Ziel verfolgt: den ultimativen Beat zu finden, um die tobende Meute auf Konzerten und Festivals ausrasten zu lassen. Dabei machen The Prodigy von sämtlichen Zutaten Gebrauch, die für diesen Zweck tauglich erscheinen: knackige Drums, brutal laute und tiefe Bässe, poppig-eingängige Hooks und Ohrwurm-Melodien, Rockgitarren. Im Prinzip funktioniert solche Musik auch nur live und laut wirklich gut.
In den letzten Jahren haben Bands wie Justice oder Pendulum das musikalische Erbe von The Prodigy weitergeführt (nicht unbedingt stilistisch, aber in Punkto Konzertatmosphäre), aber schon beim ersten Durchlauf von "Invaders Must Die" ist klar, wer auch nach 20 Jahren noch immer der Chef im Ring ist. Nörgler können zwar beklagen, dass der kreative Zenit dieser Musikrichtung schon seit 15 Jahren überschritten ist und die musikalische Relevanz einer Neuauflage dieses (ehemals revolutionären) Sounds gegen Null tendiert. Und natürlich haben sie damit absolut Recht. Aber solange die ganze Sache so prächtig funktioniert... warum nicht?
7/10
Honorable mentions:
Marissa Nadler - Little Hells (Folk, Singer-Songwriter - 7/10)
Lamb of God - Wrath (Neo Thrash Metal - 7/10)
Morrissey - Years of Refusal (Indie, Rock - 6/10)
U2 - No Line on the Horizon (Rock, Pop - 6/10)
The Death Letters - The Death Letters (Hard Rock, Blues - 6/10)