Cover der italienischen DVD von Stormovie
Emanuelle Nera (Italien 1975, Originaltitel: Emanuelle Nera)
Black Emanuelle feiert ihren Einstand
Ihr Beruf führt die junge Fotojournalistin Emanuelle (Laura Gemser) nach Afrika. Sie wohnt während ihres Aufenthalts bei Gianni Danieli (Angelo Infanti) und dessen Gattin Ann (Karin Schubert). Die Danielis führen auf den ersten Blick ein fröhliches Leben, ständig wird auf ihrem Anwesen gefeiert und üppig gebechert. Doch Gianni und Ann haben sich nicht mehr viel zu sagen, der schöne Schein trügt. Emanuelle wirbelt die Hormone des Ehepaares gehörig durcheinander, verdreht Männlein und Weiblein den Kopf. Auch Gloria (Isabelle Marchall) und Richard Clifton (Gabriele Tinti), die mit den Danielis befreundet sind, können sich der betörenden Ausstrahlung der schönen Fotografin nur schwer entziehen...
In diesem Fall habe ich meinen Inhaltseinblick nicht aus Faulheit kurz gehalten, viel mehr gibt der Plot wirklich nicht her. Überhaupt ist der erste Streifen aus der losen Black Emanuelle Reihe eher bieder und zurückhaltend inszeniert. Regisseur Bitto Albertini wandelt auf gemäßigteren Pfaden, als es bei seinen Kollegen Joe D'Amato und Bruno Mattei der Fall ist. Der geschätzte Herr D'Amato kocht z.B. bei "Emanuelle und die letzten Kannibalen" (Emanuelle e gli ultimi cannibali, 1977), ein packendes "Abenteuer-Sex-Mettgut-Menü" auf flott züngelnder Flamme. Bruno Mattei schickt Frau Gemser während "Laura - Eine Frau geht durch die Hölle" und "Laura II - Revolte im Frauenzuchthaus" (Violenza in un carcere femminile & Emanuelle fuga dall'inferno 1982/83) in den Knast, sie erlebt dort eine Sleaze-Hölle aus Sex, Folter, Erniedrigungen und sonstigen Wüstheiten. Zweifellos bieten die späteren Black Emanuelle Flicks nicht nur mehr "exploitative Schauwerte", sie haben weiterhin sogar die besseren Drehbücher im Gepäck. Die Sichtung von "Emanuelle Nera" ist trotzdem ein Genuss, sofern man nicht nach dem tieferen Sinn fragt und sucht, sondern sich einfach von den schönen Bildern verführen lässt. Carlo Carlini fängt mit seiner Kamera die Reize der Landschaft ein, freilich auch die Vorzüge der knackigen Laura Gemser. Lediglich ein paar kurze HC-Einlagen, in denen die regulären Darsteller gedoubelt wurden, passen nicht so ganz in das ansonsten stimmige Gesamtbild. Dafür erfreut der angenehme Score von Nico Fidenco die Ohren, trifft stets die richtigen Töne.
Laura Gemser ist mir zwar noch immer zu dürr, doch ihrer natürlichen und auf besondere Art faszinierenden Ausstrahlung kann (und will) ich mich nicht entziehen. Die Rolle der Emanuelle wurde ein wenig anders angelegt, als in den weiter oben gennanten Filmen der Fall ist. Die schöne Fotografin fungiert nicht als moralische Instanz und/oder makellose Sympathieträgerin, sondern ist eher berechnend gezeichnet, spielt mit den Begierden ihrer Bewunderer(innen). Karin Schubert gelingt als gelangweilte Ehefrau eine solide Vorstellung, wenn sie sich bereits in der Frühphase des Films mit einem Tankwart vergnügt, ist sofort klar wo der Hase lang läuft. Leider kann ich mit den Reizen der Frau Schubert nichts anfangen. Auf mich wirkt die Dame so erotisch wie ein verfaulter Kopfsalat vom Discounter, der im Hinterhof langsam aber sicher in der Biotonne vergammelt. Die grauenvolle Kurzhaarfrisur vertreibt auch noch die letzten Reste meiner Gelüste
(Alter Chauvi, widerlicher Drecksack!). Isabelle Marchall gehört zwar ebenfalls nicht zu meinen bevorzugten Damen, kommt aber immerhin deutlich hübscher als Ka
rind Schubert daher. Die Herren schlagen sich durchaus achtbar, der 2010 verstorbene Angelo Infanti punktet mit (s)einer nahezu tragischen Darbietung. Garbiele Tinti, der Laura Gemser 1976 heiratete, bleibt recht blass und austauschbar. Mein heimlicher Star der Sause ist Venantino Venantini. Oft sieht man Venantini in eher bodenständigen Rollen, doch diesmal darf er als versoffener Möchtegernkünstler richtig aufdrehen, sondert mit wilder Frisur wirre Sätze ab, herrlich!
Hier und da ein wenig Gefummel und Geknutsche, ab und zu ein kleines Räppelchen. Um mehr Nährwert vorzutäuschen, sehen wir Laura Gemser nach einem Exzess mit Eingeborenen vor einem Schild stehen, auf dem bedeutungsschwanger zu lesen ist:
Do not walk beyond this Point! Doch Emanuelles Nachdenklichkeit währt nur kurz, wenig später muss eine halbe (oder ganze) Mannschaft junger Sportsmänner den Riemen auf die Orgel spannen. Gewissermaßen eine Art von Befreiungsschlag, um den liebeskranken Verehrer endgültig loszuwerden, garniert mit ein paar pseudo-philosophischen Ausführungen. Weitere "Plattsymbolik" gesellt sich hinzu, der eingeführte Tankstutzen, das eindringlich arbeitende Gestänge einer Dampflok. Wenig Handlung mündet in ein dezent tragisch-pathetisches Finale, garniert mit einem Anflug von zarter Melancholie. Eine Gemser-Show für Fans, Einsteiger greifen besser zu anderen Filmen mit der schlanken Schönheit.
Mir liegt die italienische DVD von Stormovie vor. Die gebotene Qualität geht in Ordnung, doch hätte man den Film nicht auf eine DVD-5 gequetscht, wäre die Kompression vermutlich ein wenig weiter in den Hintergrund getreten. Der Ton ist in italienischer und englischer Sprache enthalten, ein Booklet (16 Seiten) rundet das Paket ab. Allerdings kommt das Heftchen lediglich in italienischer Sprache daher, vorwerfen kann man dies einer Scheibe aus Italien selbstverständlich nicht.
Liebhaber kleiner Euro-Erotikstreifen aus den siebziger Jahren kommen auf ihre Kosten, ich habe den Film sofort ins Herz geschlossen. Allerdings erscheint es mir nahezu unmöglich, in diesem Fall eine Bewertung per Zahlenraster vorzunehmen. Die Beiträge von Joe D'Amato und Bruno Mattei liegen im Bereich von 7-8/10 (gut, sehr gut), Bitto Albertinis Werk reicht nicht an diese Flicks heran. Doch eine Bewertung unterhalb 7/10 möchte ich nicht ziehen, dazu mag ich "Emanuelle Nera" viel zu sehr. Ergo bleibt nur der Verzicht auf die unseligen Noten (Von mir aus stellt euch 6/10 + viele
Knuffel- und Wohlfühlpunkte vor...).
Lieblingszitat:
"Are you scared?"
"No, not at all. It's exiting!"