Cover der britischen DVD, das Set enthält die Unrated- und die R-rated-Fassung
The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning (USA 2006, Originaltitel: The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning)
Die Wurzel der Lederfratze
1939: In einem Schlachthof, irgendwo im texanischen Hinterland gelegen, wirft eine Mitarbeiterin ein ausgesprochen hässliches Baby
(Ich entschuldige mich für den Begriff "wirft", doch die Darstellung der Geburt lässt kaum eine andere Wortwahl zu). Da dieses kleine Bündel unfassbar abstossend aus der Suppe schaut, wird es kurzerhand in einem Müllcontainer entsorgt. Doch das unglückliche Wesen hat Glück im Unglück, es wird aus dem Abfallbehälter geborgen, wächst bei der Familie Hewitt auf, bekommt den Namen Thomas verpasst. 1969: Jahr um Jahr zog ins Land, aus dem widerlichen Säugling wurde ein noch widerlicherer junger Brocken von Kerl, der -wie könnte es anders sein- im Schlachthof im texanischen Hinterland seine Arbeit verrichtet. Als die Fleischmühle endgültig geschlossen wird, schlägt Thomas seinen Chef zu Brei, wenig später steht die Polizei vor dem Haus der Hewitts. Kein Problem für Onkel Charlie (R. Lee Ermey), er knallt den örtlichen Gesetzeshüter kurzerhand über den Haufen, zieht sich dessen Uniform über, gibt sich von nun an als Sheriff Hoyt aus. In dieses Szenario werden zwei junge Pärchen per Autounfall geschleudert, die Brüder Eric (Matt Bomer) und Dean (Taylor Handley), samt deren Freundinnen Chrissie (Jordana Brewster) und Bailey (Diora Baird). Der selbsternannte Sheriff sackt die Unfallopfer ein, nebenbei ballert er eine großmaulige Rockerbraut nieder. Während Eric und Dean gefesselt und erniedrigt werden, lernt Bailey das Anwesen der Hewitts näher kennen. Chrissie konnte unerkannt entkommen, bemüht sich um Hilfe. Onkel Charlie überzieht seine "Gäste" mit purem Terror, Thomas fährt derweil auf seine zukünftige Betriebtemperatur hoch, entdeckt die Vorzüge und Möglichkeiten der modernen Kettensäge...
Klatsch, Matsch. Tobe Hoopers Orignal von 1974 ist legendär, zählt ohne Zweifel zu den besten und packendsten Streifen seines Genres. So war meine Furcht vor dem 2003er Remake entsprechend gross, doch Marcus Nispel gelang -unter der Knute von Michael Bay- ein solides Werk. Klar, die Vorlage konnte nicht erreicht werden, aber wer hat dies ernsthaft erwartet? 2006 ging das Prequel zur "TCM-Saga" an den Start, wir erfahren interessante Details über die vorherigen Ereignisse um die Familie Hewitt. Die Regie übertrug man dem Nachwuchstalent Jonathan Liebesman, der/das einen wirklich guten Job gemacht hat. Tatsächlich kommt "The Beginning" teils der dreckigen, räudigen Atmosphäre des 1974er Urgesteins recht nah, wirkt eine Spur fieser und härter als das 2003 veröffentlichte Remake. Das liegt nicht nur an der rustikalen Gangart der Unrated-Fassung. Auch die geschickt gewählte Farbgebung, der ruppig-zynische Humor, vor allem der grandios aufspielende R. Lee Ermey, all diese Zutaten sorgen für ein zupackendes Gesamtbild.
Werfen wir einen Blick auf die Besetzung. Die jungen Opfer werden angmessen in die Geschichte eingeführt, Eric und Dean sollen in den Vietnamkrieg ziehen, doch Dean und seine Freundin Bailey wollen sich aus dem Staub machen, nach Mexiko flüchten. Matt Bomer und Taylor Handley erfüllen ihre Aufgaben solide, gleiches gilt für Diora Baird. Jordana Brewster hat man die grösste Rolle auf der "Opferseite" überlassen, sie meistert diese Aufgabe ansprechend, ist ausserdem ganz nett anzuschauen
(Chauvi-Phrase, ohne geht es nicht). Freilich haben die Bösewichter die Lacher meist auf ihrer Seite. Da hätten wir Terrence Evans, der sich nicht der Fürsorge von Charlie entziehen kann. Ein Typ namens Andrew Bryniarski stellt Leatherface dar, der Part verlangt in erster Linie nach einem massiven Erscheinungsbild, Mission erfüllt. Weitere Gesichtsruinen runden die Familie Hewitt ab, alle stehen im Schatten von R. Lee Ermey. Besagter R. Lee Ermey ist der breiten Masse als brüllender Ausbilder in bester Erinnerung, sein Auftritt ist die Zierde des Kubrick-Klassikers "Full Metal Jacket" (1987). Bereits im 2003er Remake sorgt Ermey für gute Laune, doch im Prequel lässt er nun vollends die wilde Sau von der Leine. Selbstverständlich gibt es Verneigungen vor seiner Paraderolle Gunnery Sergeant Hartman, überhaupt hat "Sheriff Hoyt" das Zeug zum "Kultbösewicht". An der Besetzung gibt es nichts zu meckern, R. Lee Ermey rockt das Hinterland, Leatherface sägt sicher, die Opfer wirken nicht wie Abziehbildchen.
"The Texas Chainsaw Massacre: The Beginning" funktionert sehr gut, weil nicht allein auf wüste Gewaltszenen gebaut wird, sondern die zentralen Rollen stark besetzt sind, die Optik stimmt, der Humor für feiste Grinser sorgt. Wer sich mit Momenten des Mettguts nicht anfreunden mag, dürfte eventuell gewisse Schwierigkeiten mit dem Film bekommen. Wenn es blutig zur Sache geht, wird es ab und an recht saftig, doch diese Szenen wirken nie erzwungen und/oder aufgesetzt, sie passen perfekt zum scheußlich-schönen Treiben der Unholde. Ich kenne die deutsche Synchronisation (leider?) nicht, im englischen Originalton zündet der grobe Humor bestens. Wir werden Zeuge der Geburts des späteren Leatherface, sehen wie aus Thomas Hewitt der legendäre Kettensägen-Killer wird (der Spender der Maske ist nicht zu beneiden). Trotz seiner offensiven Ruppigkeit, Fiesheit und Dreckigkeit, ist der Flick kein stupider 08/15-Slasher. Nein, gerade wegen dieser Elemente hebt sich der Streifen aus der Masse ähnlicher Werke hervor, weil die Macher mit den üblichen Zutaten umgehen können, ihr Handwerk verstehen!
In Deutschland wurde nachträglich die Schere aus der Schublade geholt, daher fiel mir der Griff zur ungekürzten UK-DVD sehr leicht. Ich habe Anfang 2010 schlappe £5.14 für dieses Boxset bezahlt:
Im Set enthalten:
• Texas Chainsaw Massacre: The Beginning (2006)
• The Texas Chainsaw Massacre (2003)
• Leatherface - The Texas Chainsaw Massacre 3 (1990)
Die beiden neuen Filme haben jeweils eine Bonus-DVD im Gepäck. Ergo enthält das Boxset insgesamt 5 Scheiben, die zu einem verdammt günstigen Preis unter Volk gebracht werden! An der DVD zu "Texas Chainsaw Massacre: The Beginning" gibt es nichts zu mäkeln, der Film wird in ansprechender Qualität präsentiert. Wer auf die deutsche Synchronisation verzichten kann/mag, tätigt mit dieser Box einen sehr guten Griff!
Fies und gut = 7/10 (Da geht noch mehr...)
Lieblingszitat:
"He ain't retarded. He's misunderstood."