Einer gegen das Imperium (Italien, Türkei 1983, Originaltitel: Il mondo di Yor)
Tapferes Goldlöckchen trifft den wahnsinnigen Herrscher der rotierenden Blechschädel
Yor (Reb Brown) streift durch eine urzeitliche Welt voller Gefahren und Rätsel, kein Feind oder Untier kann den blonden Hünen stoppen. Glück für Ka-Laa (Corinne Clery) und Pag (Luciano Pigozzi), deren Leben durch das beherzte Eingreifen Yors gerettet wird, ein gefräßiger Dinosaurier wollte die junge Schönheit und ihren väterlichen Begleiter verspeisen. Freilich verguckt sich Ka-Laa sofort in ihren Retter, der gestählte Leib des Helden bringt die Säfte der Dame in Wallung. Friedlich und freundlich begrüssen die Stammesgenossen der Geretten den furchtlosen Jäger, doch das nächste Unheil lässt nicht lange auf sich warten. Blutrünstige Höhlenmenschen fallen über den unvorbereiteten Stamm her, richten ein fürchterliches Blutbad an, Yor, Ka-Laa und Pag können dem Unheil knapp entkommen. Weiterer Ärger mit den Höhlenbewohnern steht bevor, allerdings sind diese Ereignisse nur Vorboten des Schreckens, auf unseren strahlenden Helden wartet eine weitaus dramatischere Begegnung. Schon immer trägt Yor ein goldenes Amulett, er kennt weder dessen Bedeutung, noch weiss er etwas über seine Eltern oder Herkunft. Bevor der Haudegen auf seinen wahren und gefährlichsten Gegner trifft, kreuzen weitere Freunde und Feinde seinen Weg, für Ka-Laa wird es mehrfach Anlass zur Eifersucht geben, Pag erweist sich als zuverlässiges Helferlein und sicherer Bogenschütze...
Antonio Margheriti zählt zu den wichtigsten und verehrungswürdigsten Regisseuren des italienischen Genrekinos. Meist unter dem Pseudonym
Anthony M. Dawson unterwegs, verdanken wir dem eifrigen Filmemacher zahlreiche wundervolle Werke. Um den Rahmen dieses Beitrages nicht zu sprengen, will ich mich auf ein paar besonders liebenswerte Filme beschränken. 1968 kam der schöne Giallo
"Sieben Jungfrauen für den Teufel" (Nude... si muore) in die Kinos, 1970 der starke und angenehm unheimliche Western
"Satan der Rache" (E Dio disse a Caino), in dem Klaus Kinski großartig aufspielte. Sehr am Herzen liegen mir auch der
"Grusel-Giallo" mit dem klangvollen Titel
"7 Tote in den Augen der Katze" (La morte negli occhi del gatto, 1973), sowie der Söldner-Reisser
"Kommando Leopard" (1985), mit dem damals massiv gehypten Lewis Collins in der Hauptrolle. Antonio Margheriti war in unterschiedlichen Genres aktiv, eines haben jedoch alle Filme
(in deren Genuss ich bisher kam) gemeinsam, der Spassfaktor ist sehr hoch, auch wüster Unfug kommt nie ohne handwerkliches Geschick daher. So hat
"Einer gegen das Imperium" beste Voraussetzungen mein Herz im Sturm zu erobern, was dem Flick dann auch ohne Mühe gelingt, sogar ein altes Mufflon ist noch immer zu tosenden Lachanfällen und ehrlicher Liebe fähig.
Zunächst mutet der Streifen wie eine
knuffige Fantasy-/Barbaren-Sause an. Bereits der erste auftauchende Dino kündet unmißverständlich von einem gesteigerten Pegel des Irrsinns, Conan würde beim Anblick des geifernden Ungeheuers panisch auf dem Fellstiefel kehrtmachen. Später gibt sich weiteres Viehzeug die Ehre, mir hat es besonders der
"Tödliche Nachtvogel" angetan, für den die Begegnung mit Yor zu einer schmerzhaften und endgültigen Erfahrung werden soll. Für Brüller sorgen die Antagonisten der ersten Filmhälfte, mit blauem Schlonz eingeschmiert und in einer Höhle hausend, glotzen sie wie eine Kreuzung aus Urmensch und Werwolf aus der Wäsche, gewissermaßen wie Waldemar Daninsky auf Crack. Diese Stinker
-vorrangig deren Rudelführer- erweisen sich als anhänglicher und zunehmend lästiger Pöbel, Yor holt sich nicht nur Hautauschlag und Brechreiz, ihm saust auch eine Keule auf die harte Rübe. Alles sehr schön und herzallerliebst, genug für einen Eintrag im Register der unverzichtbaren Barbaren-Perlen. Damit gibt sich Margheriti aber nicht zufrieden, nach einer lustigen Seefahrt landen Yor und seine Begleiter im Zentrum des Grauens, sie treffen auf einen Schmalspur-Imperator, welcher von seinen Vasallen ehrfurchtsvoll
"Der Höchste" genannt wird. Ja, dieser
"Höchste" erinnert stark den den Imperator aus dem Sternenkrieg des Herrn Lucas. Nur hat sich der finstere Impi des guten George möglicherweise nicht zwei Tonnen Koks durch den Riechkolben gezogen, was der
"Höchste" aber ganz offensichtlich mit Hingabe und Ausdauer getan hat, denn anders ist sein wirrer Geisteszustand kaum erklärbar. Mehr Wahnwitz passt nicht in die Tüte? Von wegen, ihr solltet euch die Androiden anschauen, die dem
"Höchsten" als persönliche Mädchen für alles zur Seite stehen. Lustige Blechmützen zieren die laufenden Mülltonnen, Lord Vader dreht sich vor Zorn im Grabe um. Ferner gibt es noch die
"normalen" Bewohner unter der Knute des Höchstenpopöchsten, die schon lange keinen Bock mehr auf den Größenwahn ihres Obermotzes haben. Es brodelt gewaltig unter der Oberfläche, den Blechköppen wird es an den Lack gehen...
Reb Brown ist wie geschaffen für die Hauptrolle, sein überwiegend debiler Gesichtsausdruck steigert den Unterhaltungswert enorm. Wo Arnold nur Muckis am Start hat, da wirft Reb zusätzlich eine gehörige Portion Schwachsinn in die Waagschale, Yor regiert Conan in den Staub. Bekanntlich machen die putzigen Helferlein und bösartigen Schweinebacken oft einiges mehr her, als so mancher aalglatter und langweiliger Held, erfreulicherweise lassen sich die Nebenfiguren auch in diesem Streifen nicht lumpen
(der Fairness halber sei erwähnt, dass Reb Brown keinesfalls langweilig erscheint). Mein
Oberknuffel ist eindeutig Luciano Pigozzi, den ich ausdauernd knuddeln möchte. Man kennt den Herrn mit dem Froschgesicht aus zahlreichen Italoknüllern, er wurde gern als Bösewicht besetzt, diesmal fungiert er als Sympathieträger erster Güte. Pigozzi ist ein toller Schauspieler, sein Talent kommt ihm im Rahmen dieses groben Unfugs zugute, er hatte sichtlich Spass an seiner Arbeit. Im lustigen Felldress ist der Mann mit Pfeil und Bogen immer zu Stelle, folgt seinem Freund bis in die hintersten Winkel der Welt. John Steiner taucht zwar erst spät auf, hinterlässt als völlig durchgeknallter
"Höchster" aber bleibenden Eindruck. Er röchelt wie Vader, kleidet sich wie der Imperator, hängt faschistoidem Rassenwahn nach, hält sich für den Herrscher der Welt. Steiner hat mir schon so manchen Filmabend versüßt, für diesen Auftritt verdient er einen der oberen Plätze auf meinem Altar der Paranoia und Neurosen. Die Damen werden von Corinne Clery angeführt, die ich vor allem für ihre Darbietung in
"Wenn Du krepierst - lebe ich" (Autostop rosso sangue, 1977) verehre, in dem sie sich mit Franco Nero und David Hess plagen musste
(hervorragender Film, bitte anschauen!). Clery wacht mit Eifersucht über Yor, weibliche Konkurrenz treibt ihr im Eiltempo die Zornesröte ins Gesicht. Lustige Gestalten füllen das Ensemble ansprechend auf, auf jeden Mitwirkenden einzugehen erscheint mir unnötig, schaut euch gefälligst den Film an, ihr werdet euren persönlichen Liebling sicher finden!
Mit dem tollkühnen Sprung vom
"Fantasy-Barbaren-Spielplatz" in Richtung Science-Fiction, vollführt
"Einer gegen das Imperium" auch einen konsequenten Wechsel der Kulissen, der böse, böose, böööse
Höchste macht keine halben Sachen, der Todesstern ist ein Spielzeug im Vergleich zu seiner Schaltzentrale der Macht! Die De Angelis Brüder haben einen flotten Titelsong beigesteuert, passt. Was
"eigentlich" als vierteilige TV-Serie gedacht war, findet heute auf Spielfilmlänge gestutzt den Weg in unsere Player. Egal wie dieses Treiben ursprünglich angedacht war, die mir vorliegende Fassung funktioniert erstklassig, knapp 84 Minuten ohne eine Sekunde Leerlauf oder gar Langeweile
(trotzdem würde ich zusätzlich gern die "vollständige" Version sehen). VZM hat diese Perle italienischer Filmkunst vor ein paar Jahren auf den Markt geworfen, die DVD kann der geneigte Süchtling für wenige Taler erstehen, entsprechende Angebote sind im Netz mühelos zu finden. Sicher, die Scheibe ist weit davon entfernt perfekt zu sein. Aber der geringe Preis für den Silberling
-und vor allem die Unverzichtbarkeit des Streifens!!!- lassen die technischen Schwächen der DVD zur Nebensache werden. Immerhin hat dieser Titel ein Wendecover im Gepäck, mit dem sich der allseits beliebte
FSK-Flatschen tarnen lässt.
Gern würde ich weiter von diesem Film schwärmen, doch ich habe gleich eine dringende Verarbredung mit einem anderen Knuffel. Also genug der Sülze, beschafft euch die DVD!
8/10 (sehr gut + Knuffigkeit kennt keine Grenzen)
Lieblingszitat:
"Du verdammter Affenschädel!"