Top-Alben April 2009:
1. Flowin Immo et Les Freaqz - Immoment
Immo sollte für Leute, die sich mit deutschem Hip-Hop beschäftigen, kein Unbekannter sein. Mitte der 90er machte er als Mitglied der
Freak Association Bremen von sich reden, verschwand danach im Gegensatz zu Partner Ferris MC allerdings recht schnell wieder im Untergrund. Seit einigen Jahren veröffentlicht er Alben unter eigenem Namen, zuletzt "Grenzenlose Freiheit", das mehr Funk in jedem einzelnen Takt hatte als der komplette "Mercedes Dance" von Jan Delay. Dies nur mal so nebenbei...
Auch auf "Immoment" regiert wieder der Funk - neben Elektro, Ska, Rock und unzähligen weiteren Einflüssen. Der Stil lässt sich unmöglich festlegen und sprengt sämtliche Genre-üblichen Konventionen. Ist das noch Hip-Hop? Keine Ahnung, aber es ist genial! Ohne die "Freaqz" wäre dieser Sound vermutlich nicht möglich gewesen, man kann die Spielfreude der Band förmlich spüren.
Über diese musikalische Kulisse singt und rappt Immo einige der wortgewandtesten und gleichzeitig abgedrehtesten Texte, die ich im deutschen Hip-Hop je gehört habe. Immo glänzt durch unglaublichen Sprachwitz und dezente Verrücktheit, wo sich andere Rapper mit bedeutungsschwangerer Schwerfälligkeit von Zeile zu Zeile reimen. Humor kommt jedenfalls nicht zu kurz, ernsthaftere Themen jedoch auch nicht.
Die Musik des "Helge Schneider des Rap" ist sicherlich nicht jedermanns Sache, man braucht schon einen leichten Sockenschuss und ein gewisses Faible für Wortakrobatik - aber wer wissen will wozu deutscher Hip-Hop heutzutage außer Bushido und Co noch fähig ist, der sollte Immo mal ein Ohr leihen.
8/10
2. Wolves in the Throne Room - Black Cascade
Wolves in the Throne Room sind mittlerweile, dank Artikeln und Plattenbesprechungen in der Visions und sogar Spiegel Online, einem recht breiten Publikum bekannt geworden, obwohl die Musik kaum unkommerzieller sein könnte: Black Metal. Das besondere an ihrer Interpretation dieses wohl finstersten aller Metal-Genres ist die Verbindung der Rohheit des klassischen 90er-Black Metal mit der Erhabenheit und Tiefe des Post-Rock. Obwohl brutal und düster, wirken die Songs eher meditativ als aggressionsfördernd, eher warm und einladend als kalt und abweisend. Auch der konsequente Verzicht auf die ganzen bescheuerten Genre-Klischees (vom Spiel mit Nazi-Symbolik bis hin zur Kriegs- und Waffen-Vernarrtheit) macht die Band sympathisch - erst recht in einem Genre, in dem es von Vertretern recht zweifelhafter Ideologien leider nur so wimmelt.
An das letztjährige Meisterwerk "Two Hunters" reicht die Scheibe zwar nicht ganz heran, für eine dicke Empfehlung reicht es aber immer noch locker!
8/10
3. Candlemass - Death Magic Doom
Candlemass spielen
Epic Doom, salopp gesagt eine Mischung aus Power Metal und den ersten Black Sabbath-Alben. Langsame Riffs, die sich tonnenschwer aus den Boxen wälzen, wechseln sich mit heftig rockenden Uptempo-Passagen ab. Wuchtiges Drumming und NWoBHM-Gitarrensound bestimmen das Klangbild. Das eigentliche Highlight aber ist für mich der völlig geniale Gesang von Robert Lowe, der zur Musik passt wie die Faust aufs Auge und der Platte den entscheidenden Kick gibt. Hammer-Scheibe!
Kleine Anekdote: Das Album hätte eigentlich den Titel des zweiten Tracks - "Hammer of Doom" - tragen sollen, doch die Veranstalter eines kleinen (aber äußerst feinen) Festivals in Würzburg entschieden sich kurz zuvor für den selben Namen. Also entschied man sich für "Death Magic Doom", wobei ich mir noch nicht sicher bin ob ich den Titel albern oder cool finde...
8/10
4. Bob Dylan - Together Through Life
Bob Dylan ist eine Legende. Als Songwriter hat er einige der besten und wichtigsten Songs der letzten Jahrzehnte erschaffen, neben einer ganzen Reihe von Alben (vor allem aus den 60ern), die auch heute noch in sämtlichen All-Time-Bestenlisten hohe Plätze für sich beanspruchen. Wenn so ein altgedienter Künstler (oder eine Band) ein neues Album veröffentlicht, bedeutet das meist nicht unbedingt immer etwas Gutes. Oft ist die Relevanz schon vor Jahrzehnten auf der Strecke geblieben, die Platten halten dem Vergleich mit älteren Werken so gut wie niemals auch nur ansatzweise stand.
Nicht so bei Bob Dylan. Auch wenn man der Stimme die Jahrzehnte deutlich anhört, wirkt das Album so luftig, leicht und beschwingt, als wäre Dylan fit wie ein 20jähriger. Blues ist das unüberhörbare Fundament der 10 Songs, die sich alle um das Thema "Beziehungen" drehen und - wie immer - mit großartigen Lyrics glänzen.
7/10
5. Bat for Lashes - Two Suns
Hinter
Bat for Lashes steckt die Songwritering Natasha Khan, die mit "Two Suns" gerade ihr zweites Album veröffentlicht hat. Mit Künstlerinnen von Björk über Kate Bush bis zu Cat Power wurde Bat for Lashes bereits verglichen, doch so richtig passt eigentlich keiner der Vergleiche: Sowohl Stimme als auch Musik und Atmosphäre sind völlig einzigartig. Die Songs sind meist recht ruhig und verhalten, doch auf den zweiten Blick experimentell, voller interessanter Details und Effekte (für Drums und Programming zeichnen übrigens Yeasayer verantwortlich). Natashas Stimme gibt der Musik die nötige Tiefe. Alles in allem ein absolut interessantes, anspruchsvolles und nicht zuletzt mit einer verzaubernden Atmosphäre ausgestattetes Popalbum.
7/10