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Verfasst: So 16. Apr 2006, 17:04
von maks
Überlandleitungen übertragen sehr hohe Ströme über äusserst lange Leitungen. Dementsprechend kommt auch jeder kleinste Verlust von Leitfähigkeit stärker zum tragen.

Trotzdem sind Auswirkungen bei Lautsprecherkabel eher gering, und davon abgesehen besteht ohnehin jedes mittelmäßige LS Kabel aus einzelnen kleinen Litzen.

Verfasst: So 16. Apr 2006, 17:13
von tiyuri
Amperlite hat geschrieben:Naja, in der Wikipedia steht unten was von Problemen mit Überlandleitungen. Diese übertragen zwar sehr hohe Ströme und Spannungen, aber die Frequenz ist niedrig. Da sehe ich einen Widerspruch.

*grübel*
Beginnt der Skineffekt bei 0 Hz und steigt einer Funktion folgend an oder ist der Effekt bei niedrigen Frequenzen nicht nur unwichtig, sondern schlichtweg nicht vorhanden?

Ohne dich jetzt ärgern zu wollen, aber beides ist weder komplett richtig noch falsch!
Ja, der Skineffekt tritt prinzipiell bei jeder Frequenz größer null auf.
Sieh dir die Formel für die Eindringtiefe delta noch einmal an: delta ~ f^-1/2

Bild
  • Geht die Frequenz gegen null Hertz, strebt die Eindringtiefe gegen unendlich,
    d.h. bei Gleichstrom hat der komplette Leiter die gleiche Stromdichte.
  • Bei steigenden Frequenzen nimmt die Eindringtiefe immer weiter ab,
    d.h. der Abfall der Stromdichte zum Leiterinneren hin, nimmt zu.
Zur Erinnerung:
Wikipedia hat geschrieben:Für einen Rundleiter, dessen Radius sehr klein gegenüber der Länge,
aber deutlich größer als delta ist, gibt delta die Tiefe an,
bei der die Stromdichte um den Faktor 1/e abgesunken ist.

Mit anderen Worten, es handelt sich nicht um eine streng abgegrenzte Schicht,
in welcher der Strom fließt, sondern um einen kontinuierlichen exponentiellen Abfall
der Stromdichte zur Leitermitte hin.

:: edit ::
Bild



Zur Hochspannungsleitung muss man sich zudem vor Augen führen,
dass die Kabel mehrere Zentimeter Durchmesser haben.

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Frequenz       delta
50 Hz          9.38 mm   ->   knapp 1cm !
60 Hz          8.57 mm
10 kHz         0.66 mm
10 MHz         21   µm

Man stelle sich den Querschnitt einer solchen Leitung als eine Scheibe
mit vielleicht 5cm Durchmesser vor. Vom Rand ausgehend messe man
einen Zentimeter zur Mitte hin und zeichne einen Kreis ein. In dieser
Leiterschicht beträgt die Stromdichte nur noch 37% derer vom
Rand usw.

Die Sache mit der hohen Spannung hat eine andere Ursache:
Je höher die Spannung bei konstanter Leistung, desto niedrieger der Strom
und damit die Verlustleisung.

Verfasst: So 16. Apr 2006, 18:46
von g.vogt
Hallo Sirarokh,
Sirarokh hat geschrieben:Witzige Sache: soweit ich weis, benutzt AreaDVD eben die Klingeldrähte über die wir uns hier auslassen!
wenn man sich den Impedanzverlauf der Isophon Europa II ansieht (siehe Testbericht in Stereophile.com), dann lässt sich eine hörbare Veränderung des Klangs im Bassbereich durch Verwendung dünner Kabel sogar begründen, nämlich einfach durch dessen hohen ohmschen Widerstand.

Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt

Verfasst: So 16. Apr 2006, 19:38
von tiyuri
ramses hatte mir via PN folgende (gute) Frage gestellt:
( mit seinem Einverständnis darf ich auch öffentlich antworten )
ramses hat geschrieben:Mal eine Frage, du/ihr rechnet mit einem 4mm² Kabel das einen Radius von 1,13mm hat. Da wir aber viele Einzeladern (0,7 - 0,10mm²) in dem Kabel haben, ist der Radius von 1,13mm doch nicht von Belang, oder?

Die Idee dahinter ist klar: viele kleine Äderchen in welchen der Effekt
aufgrund des kleineren Querschnitts weniger zum tragen kommt und
insgesamt eine Erhöhung der Gesamtoberfläche des Leiters.

Bei vielen Kabeln stehen die Einzeladern dennoch im elektrischen Kontakt,
wodurch der Effekt auf das gesamte Bündel wirkt - allerdings dürften die
(kleinen) Zwischenräume schwach kompensierend wirken, da eine räumliche
Trennung die Verdrängung des E-Feldes (etwas) behindert.

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 02:32
von Inder-Nett
Liebe Kinder,

nur auf audrückliche Bitte eines einzelnen Forums-Teilnehmers schalte ich mich in diese hirnrissige Diskussion ein :roll:

Zum Grundsätzlichen:
1. Ja, der Skin-Effekt exisitert tatsächlich bei allen Frequenzen, insofern sind die Beiträge von tiyuri auch nicht grundsätzlich falsch.
2. Auch die Vermutung von Amperlite, dass man den Skin-Effekt bei NF-Übertragung völlig vernachlässigen kann, ist korrekt.

Das mag erstmal widersprüchlich klingen, ist es aber aus den folgenden Gründen nicht:
1. Der Skin-Effekt ist umso stärker, je dicker der Leiter. Dickere Leiter haben aber eine größere Oberfläche und einen geringeren Gesamt-Widerstand, sodass der Effekt lange nicht so drastisch ausfällt, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ein 4mm²-Kabel hat dann eben bei 20kHz einen nicht mal doppel so hohen spezifischen Widerstand.
2. Der Effekt der Höhen-Dämpfung durch die Kabel-Induktivität ist deutlich höher und auch die Kabel-Induktivität ist bei dickeren Kabel höher als bei dünnen. Insofern erscheint es zulässig, den Skin-Effekt zu vernachlässigen.
3. Lautsprecher sind induktive Lasten, d.h. ihre Impedanz steigt bei hohen Frequenzen. In der Praxis bedeutet das, dass die mit zunehmender Frequenz steigende Last-Impedanz der Box die Wirkung des Skin-Effektes und der Kabel-Induktivität weitestgehend kompensiert.
4. Die Verluste am Lautsprecherkabel sind im Normalfalle so gering, meist um den Faktor 10 (oder höher) geringer als die Verluste in den Weichen der Box, dass es völlig hirnrissig erscheint, dafür mehr als das unbedingt Notwendigste an Zeit, Energie, Geld oder Gedanken zu verschwenden.
Sirarokh hat geschrieben:Kein Ahnung, aber ich denke...
Wie gut, dass wir mal drüber gesprochen haben :twisted:
...nicht, dass das Kabel so wahnsinnig schlecht ist.
Ich hatte bei den wiederholten Diskussionen um den Kabelklang nicht umsonst schon einige Male vorgeschlagen, die Kabelklang-Verfechter mögen sich doch einfach mal eine 10-Meter-Rolle Klingeldraht im nächsten Baumarkt holen, das Ganze über einen Schalter in Reihe zum "High-End"-Kabel legen und dann einfach mal vergleichen. 8)

In allen Fällen, wo ein Fadel-Kabel eine Klangverbesserung bringen könnte wäre man mit Klingeldraht wahrscheinlich mindestens genausogut beraten gewesen.

Verstehe nicht, was diese ständige gekünstelte Klugscheisserei soll, wenn man nicht ansatzweise dazu bereit ist, mit geringstem materiellen und zeitlichen Aufwand auch nur ein Minimum an praktischer Erfahrung zu sammeln oder einfach mal Google, 'ne Formelsammlung und einen Taschenrechner zu bemühen, um sich wenigstens ansatzweise einen Eindruck um die Größenordnungen der diskutierten Effekte zu verschaffen :roll:

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 02:43
von Gianni
Inder-Nett hat geschrieben:Liebe Kinder,
:mrgreen:
Inder-Nett hat geschrieben:
Sirarokh hat geschrieben:Kein Ahnung, aber ich denke...
Wie gut, dass wir mal drüber gesprochen haben :twisted:
:mrgreen: :mrgreen:

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 09:23
von mcBrandy
Man(n), man(n), man(n), ihr habt keine andere Probleme mehr, oder?

Erfreut euch den Klang von eurer Musik auf eurer Anlange und laßt die Physik aus dem Kabel raus.
Klar gibt es die Skin-Effekte, aber die sind wirklich so vernachlässigbar, dass man, wenn man sie mit einberechnet, Flöh husten hört.

Bei der Hochfrequenz (größer 1 GHz) muss man das einberechnen, aber nicht bei max. 20kHz!!!

Gruss
Christian

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 12:01
von tiyuri
Inder-Nett hat geschrieben:Ja, der Skin-Effekt exisitert tatsächlich bei allen Frequenzen, insofern sind die Beiträge von tiyuri auch nicht grundsätzlich falsch.

Abgesehen von übersehenen Leichtsinnsfehlern & unvollständigen
Herleitungen ist an den Beiträgen gar nichts falsch :roll:

Ich sparte mir lediglich die Interpretation des Dargelegten ;-)
Das Ding ist: viele hier tun solche Effekte gänzlich ab und
liefern Gründe dafür, welche so nicht ganz stimmen.

Wie Inder-Nett vortrefflich argumentiert hat, gibt es viele andere
Fehlerquellen, welche den Skineffekt mehr als nur relativieren.

Wenn eine Meinung derart intensiv vertreten wird,
sollte man schon genau wissen weshalb!

:: edit ::

Kleiner Ausschnitt aus den realistischen Betrachtungen
von David Messinger (zu Verbindungskabeln)
:
David Messinger hat geschrieben:In der Frequenzweiche jeder passiven Lautsprecherbox wird dem Basslautsprecher als Tiefpass eine Spule (zum Ausfiltern hoher Frequenzen) vorgeschaltet. Diese Spule besteht aus Kupferlackdraht, mit meist 1mm Durchmesser - also ca. 0,75mm² Querschnitt. Je nach notwendiger Induktivität werden dazu etwa 20 bis 50 Meter Draht verwendet. Sehr gute Spulen in teuren Boxen (oder solche mit geringer Induktivität) erreichen Widerstandswerte von etwa 0,3 Ohm. Weniger gute (oder solche mit hoher Induktivität) 0,7 bis 1 Ohm. Dieser Widerstandswert bewirkt, dass auch der "tollste" Dämpfungsfaktor eines High-End Verstärkers weitgehend wirkungslos bleibt und nur noch zu einem Bruchteil beim Basslautsprecher ankommt (wieder ein schönes Beispiel für Theorie und Praxis). Selbst das teuerste Boxenkabel kann hier nichts verbessern.

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 12:06
von bony
mcBrandy hat geschrieben:Erfreut euch den Klang von eurer Musik auf eurer Anlange und laßt die Physik aus dem Kabel raus.
Klar gibt es die Skin-Effekte, aber die sind wirklich so vernachlässigbar, dass man, wenn man sie mit einberechnet, Flöh husten hört.
Ich glaub', ich verstehe immer weniger. Warum muss ich die arme Physik rauslassen, um mich an Musik zu erfreuen? Schließt sich doch so wenig aus, wie sich an Musik zu erfreuen und andere ständig aufzufordern, mit dem Diskutieren aufzuhören. :twisted: :wink: Und warum bekommen die Flöhe husten, wenn ich einen Skin-Effekt berechne?? :? :)

Ja, ist schon so eine Sache mit dem (Kabel)Klang (in der Kasse). :wink:

Verfasst: Mo 17. Apr 2006, 23:43
von Inder-Nett
tiyuri hat geschrieben:Abgesehen von übersehenen Leichtsinnsfehlern & unvollständigen
Herleitungen ist an den Beiträgen gar nichts falsch :roll:

Ich sparte mir lediglich die Interpretation des Dargelegten ;-)
OK, um ehrlich zu sein habe ich den Formel-Kram nicht auf Korrektheit geprüft, weil er plausibel klang.
Mit "nicht grundsätzlich falsch" meinte ich auch eher, dass die bloße Darlegung von an sich plausibel klingenden (und ggf. völlig korrekten) Fakten durchaus einen irreführenden Eindruck erwecken kann, wenn man sich eben genau diese Interpretation spart, welche die nüchternen Fakten in Relation zum eigentlichen Problem stellt.
mcBrandy hat geschrieben:Erfreut euch den Klang von eurer Musik auf eurer Anlange und laßt die Physik aus dem Kabel raus.
Bevor man sich am Klang der Musik freuen kann muss eben Diese erstmal in mehreren Schritten und unter Ausnutzung aller möglichen physikalischen Effekte von den unsichtbaren Struktur-Änderungen einer Plastik-Scheibe in Luft-Schwingungen konvertiert werden.

Und solange es immer wieder HiFi-Anbieter gibt, welche mit allerlei unseriösem Hokus-Pokus für viel Geld eine Verbesserung dieser Konvertierung durch die Optimierung völlig irrelevanter Parameter versprechen, solange kann es nicht schaden, wenn man sich vor einer (Fehl-)Investition auch mal kurz über die Physik Gedanken macht.

Im übrigen macht sich der Skin-Effekt keinesfalls erst im GHz-Bereich wirklich bemerkbar.
Bereits im Lang- und Mittelwellen-Bereich wird aus gutem Grunde HF-Litze (aus vielen dünnen, einzeln isolierten Leitern) verwendet, im UKW-Bereich (so um die 100MHz) hilft das schon nicht mehr, da verwendet man versilberte Leiter und jenseits der GHz-Grenze kann man davon ausgehen, dass ein Großteil des "Strom-Flusses" tatsächlich (wie vom Anbieter der ursprünglich zitierten Lautsprecherkabel behauptet) zu einem ernstzunehmenden Teil auf der Oberfläche (also ausserhalb des metallischen Leiters) stattfindet.