
Blu-ray von Anchor Bay (USA)
Deer Woman (USA 2005)
Detective Dwight Faraday (Brian Benben) geniesst bei seinen Kollegen kein hohes Ansehen. Seit einiger Zeit darf er sich nur noch um belanglose Fälle kümmern, wenn der ihm zugeteilte Bereich "Animal attacks" keine Vorkommnisse zu bieten hat, starrt Faraday hauptsächlich Luftlöcher ins das trostlose Großraumbüro der Polizeiwache. Weil sich kein Kollege dazu aufraffen kann einem befremdlichen Anruf nachzugehen, wird der aufs Abstellgleis geschobene Detective mit der lästigen Aufgabe betraut. In einem Truck wurde ein bizarr anmutender Klumpen gefunden, der Fahrer der Zugmaschine ist nicht auffindbar. Schnell steht fest, dass es sich bei dem grausigen Fund um einen zu Mettgut verarbeiteten Menschen handelt, noch schneller drängt man Faraday aus dem Fall heraus. Gemeisam mit Officer Jacob Reed (Anthony Griffith), einem vorwitzigen Streifenpolizisten, befasst sich Faraday auf eigene Faust mit der rätselhaften Angelegenheit. Weitere Tote werden aufgefunden, die Körper der Männer wurden ebenfalls zu Brei geschlagen. Alle Überreste weisen Hufspuren auf, Abdrücke eines Hirsches oder eines Rehs, die Pathologin Dana (Sonja Bennett) kann sogar DNA dieser Wildtiere nachweisen. Doch welcher Hirsch greift Menschen an, lässt nur einen blutigen Klumpen von ihnen übrig? Auch die Tatorte passen teils nicht ins Bild, seit wann laufen Hirsche in Hotelzimmern herum? Detective Faraday stellt seinem Boss diverse Ermittlungsansätze vor, die Kollegen haben nur Hohn und Spott für ihn übrig. Als sich der in Ungnade gefallene Gesetzeshüter schliesslich doch noch offiziell mit den Geschehnissen beschäftigen darf, ist er der Wahrheit näher als er zu glauben wagt, tatsächlich macht eine ganz besondere Frau die Stadt und das Umland unsicher...
Uff! Am liebsten würde ich es bei einer eindeutigen Aufforderung belassen. SCHAUT EUCH UNBEDINGT DIESE WUNDERVOLLE SCHÖPFUNG VON JOHN LANDIS AN! Ja genau, dieser John Landis, dem wir Perlen wie "Blues Brothers" (1980) und "American Werewolf" (1981) zu verdanken haben. Landis setzt nicht auf wüstes Gemetzel, er baut auf herrlichen Humor und liebenswerte Charaktere. Angenehmerweise bekommt der Zuschauer es nicht mit stumpfsinnigem Klamauk zu tun, sondern mit feinem Humor, wirklich witzig-spritzigen Dialogen, die von den starken Darstellern punktgenau vorgetragen werden. Mit Zitaten aus dieser Episode könnte man etliche Seiten füllen, hört euch z. B. die Ausführungen bezüglich erschreckender Fälle an, die sich im London der frühen achtziger Jahre zugetragen haben (bei vielen Filmfreunden wird es heftig klingeln. Klar, Landis verweist augenzwinkernd auf seinen eigenen Klassiker "American Werewolf"). Wer die Herren zu einem Häufchen Hackepeter verarbeitet ist klar, Landis gibt uns keine Rätsel auf, die "Wild-Dame" darf ihre Reize mehrfach ausspielen. Wenn das wilde Rehweibchen auftaucht, setzt Landis stets auf die Erotik seiner Schauspielerin (Cinthia Moura), selbstverständlich mit dem hier omnipräsenten Humor garniert. Gewalt und Action spielen nur eine untergeordnete Rolle, lediglich das Finale haut milde auf den Putz. Wer beim Stichwort "Horror" in erster Linie auf Brutalitäten und Terror geeicht ist, der wird mit "Deer Woman" vermutlich wenig Freude haben, dies als Warnung an die Fraktion der ganz, ganz harten und bööösen Damen und Herren.
Brian Benben ist ein unscheinbarer Typ, was ihn wie geschaffen für den Part des frustrierten Detective Faraday macht (Benben durfte in "Dark Angel" (1990) an der Seite meines geliebten Dolph Lundgren agieren. Das geht euch am Popo vorbei!? Banausen!). Faraday scheint in seinem Umfeld kaum noch wahrgenommen zu werden, ab und an wird er zur Zielscheibe für abfällige Bemerkungen der Kollegen. Die grotesken Morde wecken neue Lebensgeister, plötzlich scheint seine Existenz wieder einen Sinn zu bekommen, füllt der Tod der unglücklichen Opfer sein tristes Dasein mit Leben. Freilich giert man ständig nach Hintergrundwissen, will erfahren warum Faraday für seine Kollegen (und sich selbst) zu einer Art Unperson wurde. Keine Angst, das Drehbuch lässt den Zuschauer nicht im Regen stehen, erwartet von der Erklärung aber keine allzu kreativen Ausritte. Anthony Griffith trägt als Streifenbulle Jacob Reed zur "Auferstehung" Faradays bei, die Gespräche der beiden "Helden" sind großartig, meine Schenkel musste etliche Klopfer über sich ergehen lassen. Sonja Bennett gibt eine kauzig-hübsche Leichenzerlegerin, fungiert gelungen als zusätzliche Sympathieträgerin. Cinthia Moura ist vor allem verdammt sexy, Herr Landis gewährt uns sehr schmackhafte Anblicke (danke!). Wortlos wickelt sie ihre hormongesteuerten Opfer um die Hufe (sorry, DER musste sein), die Herren gaffen und reden sich geil, die allumfassende Ernüchterung folgt auf dem Hufe (es reicht!). Genug zum Ensemble, die weiteren Mitwirkenden fügen sich gelungen in das Gesamtbild ein. Ätzende Kollegen, ein grantiger Chef, spitze Trucker und sonstiges Gezücht.
Fazit: Humor der besten Sorte, tolle Schauspieler, extrem kurzweilige Unterhaltung. Ich kenne die deutsche Synchronisation leider nicht, im Original macht "Deer Woman" jede Menge Spass. Abseits der üblichen Klischees hat John Landis einer packenden TV-Serie eine schöne Episode hinzugefügt. Rätsel und Überraschungen sollte man nicht erwarten, die Stärken von anderer Natur, lediglich das Ende hätte für meinen Geschmack eine Spur mehr Einfallsreichtum vertragen können.
Die Blu-ray aus dem Hause Anchor Bay (Season I, Volume II) bietet neben "Deer Woman" zwei weitere Episoden aus der "Masters of Horror" Reihe an:
• Jenifer
• Sick Girl
Technik und Ausstattung wie gehabt: Gute Bildqualität, bei den Extras wurde gespart.
Nun habe ich die zweite Blu-ray zur Reihe endlich vollständig gesichtet, zwei sehr starke Folgen ("Jenifer" & "Deer Woman") und der gute Beitrag "Sick Girl" sorgen für vorzügliche Unterhaltung.
Dicke 8/10 (sehr gut) für "Deer Woman", vielleicht ist bei der nächsten Sichtung noch mehr drin.
Lieblingszitat:
"So now I'm the weird-call guy, huh?"