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Wehwehchen

Hier dreht es sich um (fast) alles...
Bovary
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Bovary »

http://www.gewebenetzwerk.de/wp-content ... 822611.pdf

Das ist der letzte Bericht der Bundesregierung zur Versorgungssituation mit Geweben. Auf Seite 40 ist z.B. die Zusammenfassung zur Versorgungssituation mit "okulären Geweben" (dazu zählt die Hornhaut). Die Daten sind nicht mehr taufrisch, aber aktuellere Daten gibt es nicht (zumindest nicht öffentlich). Dazu muss man wissen, dass das Gewebegesetz erst 2007 in Kraft getreten ist. Davor wurden zwar auch schon Gewebe transplantiert, aber das lief ausschließlich unter ärztlicher Verantwortung bzw. über die DSO (Deutsche Stiftung für Organspende).

Man kann jetzt vom Gewebegesetz halten was man will. Die Art der Umsetzung finde ich persönlich auch eher mittelprächtig, weil ich finde, dass das Arzneimittelgesetz, dem die Gewebe unterstellt wurden, nicht wirklich passt. Aber dort hat man 1998 eben auch schon das Blut und Blutzubereitungen "reingewurschtelt" und das funktionierte (nach etwas schwierigen Anfangsjahren) schließlich auch.
Was auf jeden Fall zu begrüßen ist, ist die Tatsache, dass es somit eben möglich ist, für Gewebetransplantate und deren Herstellung sowie deren Entnahme Qualitätskriterien aufzustellen, die auch überwachbar und im Falle von Zuwiderhandlungen zu ahnden sind (z.B. vorgeschriebene Tests auf Infektionsmarker). Über die Meldepflichten (die es vorher auch nicht gab), kann man auch mal Erhebungen anstellen, ob wir in Deutschland unseren Bedarf überhaupt decken können. Und wenn nicht - woher die Transplantate, die wir* nicht selbst bereitstellen können, kommen.

P.S. mit "wir" meine ich an dieser Stelle unsere Gesellschaft und unsere Bereitschaft zur Spende nach dem Tode.
Augenhornhäute und Gefäße kann man nämlich auch als Herz-Kreislauftoter noch spenden (für komplexe Organe darf man "nur" hirntot sein).
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Weyoun
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Weyoun »

Bovary hat geschrieben:@weyoun
Eine Augenhornhautspende ist eine Gewebespende, keine Organspende.
Danke für die Klarstellung.
Was ich nicht genau verstehe: Wenn 857 Menschen 2016 nach ihrem Tod Organe gespendet haben, wie können dann 6.000 Hornhäute transplantiert worden sein?
Oder gibt es für Gewebespender eine eigene Statistik (konnte ich auf die Schnelle nicht finden) und man muss im Organspendeausweis zwischen Organ und Gewebe unterscheiden?
In meiner Patientenverfügung habe ich angkreuzt, dass man mich nach meinem Tod komplett ausschlachten darf, aber ich besitze auch keinen klassichen Organspendeausweis, sondern nur eine Chipkarte der TUTUS AG (VORTIVA-Datenbank). Da das nun schon ein Weilchen her ist, kenne ich auch nicht mehr die konkreten Fachbegriffe bei der Spende.

Ich bin übrigens nicht der einzige Dumme auf der Welt, selbst meine Krankenkasse spricht von einer Organspende:
https://www.tk.de/tk/krankheiten-a-z/kr ... tion/25410
:wink:

Und dort steht, dass der Bedarf deutlich höher ist als das Angebot => Jetzt komme ich doch ins Grübeln...
Bovary hat geschrieben:Hieltest Du es für zielführender, wenn der/die 90-Jährige erblindet und dann wohl einer 24h-Pflege bedürfte?
Nein, ich habe lediglich gefragt, ob Organspenden (oder in diesem Fall Gewebspenden) nicht bevorzugt an Patienten gehen, die nach der OP eine höhere Lebenserwartung haben (rein statistisch). Wenn es für Hornhäute allerdings keine langen Wartelisten gibt, ist ja alles bestens.
PS: Das mit den Wartezeiten scheint von Quelle zu Quelle anders beurteilt zu werden (meine Krankenkasse sieht das anders als du, oder das Wort "passabel" bedarf der Interpretation).

@Jens
Gute Besserung für deinen Großvater. :D
Bovary hat geschrieben:Augenhornhäute und Gefäße kann man nämlich auch als Herz-Kreislauftoter noch spenden (für komplexe Organe darf man "nur" hirntot sein).
Heißt das, man kann eine Hornhaut auch dann transplantieren, wenn der Versorbene während der Festsellung seines Todes NICHT an der Herz-Lungen-Maschine hängt und künstlich am Leben erhalten wird? Stirbt die Hornhaut nicht so schnell ab wie komplexere Organe?
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Bovary »

Hallo @Weyoun, ich will es mit einer Antwort versuchen, wenngleich ich sicher bin, das nicht mit der Präzision beantworten zu können, die Du eventuell erwartest.

Vielleicht das Einfache zu Anfang:
Ja, Gewebe kann man auch spenden, wenn man nicht an der Herz-Lungen-Maschine hängt. Das ist in Praxis sogar die weit überwiegende Fallkonstellation.
Bei Augenhornhäuten soll die Entnahme spätestens 72h nach dem Tod abgeschlossen sein. Die Entnahme findet häufig noch im Krankenhaus statt, aber auch öfter mal im Kühlhaus des Bestattungsinstituts.
Eben dann, wenn mit den Hinterbliebenen alles geklärt ist und eine solide Entscheidung getroffen werden konnte.
Das Wichtigste ist, die eigene Entscheidung dazu irgendwo niederzulegen. Das kann ein Organspendeausweis sein (der meines Wissens auch den Punkt Gewebespende enthält), eine Patientenverfügung oder ein Schönschreibebrief, den man seinen Angehörigen anvertraut. Es reicht im Grunde auch, seine Angehörigen über die eigene Sichtweise dazu in Kenntnis zu setzen. Sofern es nichts Schriftliches gibt oder dies dann nicht auffindbar ist, müssen die Angehörigen nämlich im Sinne des Verstorbenen entscheiden.

Nein, anhand der Anzahl der Organspender kann man nicht auf die Anzahl der Gewebespender schließen.
Die Organspende hat laut Transplantationsgesetz immer Vorrang. Sie ist aber auch nur in bestimmten Fallkonstellationen überhaupt möglich. Wenn die Organe entnommen (und auf dem Weg zu ihren Empfängern sind), werden in der Regel danach noch Gewebe entnommen.
Überwiegend findet die Gewebespende jedoch bei herzkreislauftoten Spendern statt.
Für den Laien interessant ist ggf. die Tatsache, dass für eine Organentnahme immer das "Transplantationsteam" anreist. Also die Ärzte der Patienten, die die Organe erhalten sollen.
Erst bei / nach Entnahme kann der Arzt nämlich entscheiden, ob das Organ transplantabel ist.
Ist es das nicht, wird es vom Organ zum Gewebe umgewidmet (z.B. Gewinnung von Herzklappen aus einem nicht transplantablen Herzen).

So und nun zur Versorgungssituation:
Das ist das Schwierigste. Durch die Meldepflichten nach dem 2007 eingeführten Gewebegesetz (§ 8d TPG) haben wir einen Überblick, was an Geweben entnommen, aufgearbeitet, verworfen, importiert, abgegeben wurde...
Inzwischen wissen vielleicht auch alle beteiligten Entnahmeeinrichtungen, dass sie melden müssen :wink:
Was wir nicht wissen, wenigstens nicht so genau, ist die Frage, wieviel brauchen wir überhaupt.
Das liegt auch daran, das die Gewebe "passen" müssen. Ähnlich wie beim Blut, dort nützt mir eine Blutspende der Gruppe A wenig, wenn der Patient Gruppe B braucht. Es ist leider auch mit den besten statistischen Werkzeugen nicht konkret vorhersehbar, welche Gewebemerkmale wir nächste Woche für die Transplantation brauchen.
Deshalb kann man nur die Fachgesellschaften fragen und z.B. Zeiten bis zur Versorgung anfragen. (Wir sprechen dann von Surrogatparametern.)

Die Bundesregierung ist verpflichtet, den Bundesrat alle 4 Jahre über die Versorgungssituation zu informieren.
Andere offizielle Daten wirst Du nicht finden. Auch Deine Krankenkasse dürfte über keine anderen Daten verfügen (die haben bloß die Pflicht, über das Thema aufzuklären :wink: ).

Auf die DGFG habe ich gestern verwiesen, weil sie die einzige bundesweit tätige Gewebebank ist. Es gibt aber auch noch regional tätige Gewebebanken. Also bitte nicht als "Werbung" missverstehen. Das ist so ähnlich wie bei der Blutspende. Das DRK kennt jeder, die kleinen Blutbanken an den Krankenhäusern eben nicht.
Wenn Dich das Thema interessiert, rate ich dazu, mal bei der DGFG anzurufen. Die senden Dir ganz bestimmt einmal Ihren Jahresbericht zu. Der enthält viel Wissenswertes zum Thema Gewebespende (der ist leider nicht online).
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Weyoun »

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung! Das war sehr informativ und für eine gegenüber dem Gebiet der Medizin außenstehende Person äußerst interessant.

Ich glaube, ich werde am Wochenende noch mal in meiner Patientenverfügung nachschauen, was da konkret zu Gewebespenden steht.
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Re: Wehwehchen

Beitrag von JensII »

Ich habe einen Organspendeausweis im Portemonaie.
Ich gebe alles ab, was man nach meinem Ableben gebrauchen kann.
Unschön finde ich allerdings, dass dies durch ankreuzen auf einer Papp-Visitenkarte dokumentiert ist.
WoZi: NuVero 11 & NuVero 7 & RS5 @ Anthem MRX540

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Re: Wehwehchen

Beitrag von Bovary »

Tja, Jens. Es gibt das mittlerweile auch als Plastikvisitenkarte. :mrgreen:
Die Widerspruchslösung war ja (leider) nicht durchsetzbar.
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... hsregelung

Wobei ich jeden verstehen kann, der sich dagegen entscheidet.
Ich finde, man sollte fragen: Würden sie eine Organspende / Gewebespende / Blutspende für sich oder ihre Kinder annehmen? Wer das mit ja beantwortet, muss im Falle einer vorliegenden Eignung und Tauglichkeit auch für die Spende bereitstehen.
Aber ich glaube, es gibt sehr viele juristische Argumente dagegen. :wink:
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Weyoun »

Die Widerspruchslösung, die die Mehrheit der EU-Länder praktiziert, fände ich auch besser, denn dann müsste jeder aktiv werden, der nicht spenden will. Ich unterstelle einfach mal, das viele nur deshalb keinen Organspendeausweis haben, weil sie nur zu faul oder bequem dazu sind, sich die Zeit für das Besorgen und Ausfüllen des Ausweises zu nehmen.
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Bovary »

Weyoun hat geschrieben:Ich unterstelle einfach mal, das viele nur deshalb keinen Organspendeausweis haben, weil sie nur zu faul oder bequem dazu sind, sich die Zeit für das Besorgen und Ausfüllen des Ausweises zu nehmen.
Nein, das sehe ich anders. Es ist eine schwierige (medizin-)ethische und auch persönliche Frage.
In vielen Fällen will man sich einfach nicht ("zu Unzeiten") mit dem unausweichlichen Thema des eigenen Ablebens beschäftigen. (Soweit für mich völlig nachvollziehbar.)

Zum anderen schwingen ggf. auch diffuse Ängste in Richtung "Organhandel" oder ähnliches mit. Auch das ist nachvollziehbar.

Und es ist eine wirklich schwer zu bedenkende und noch viel schwerer zu beurteilende Fragestellung. (M.E. in beide Richtungen: Würde ich ein Organ annehmen resp. würde ich spenden?)

Wie genau Organe verteilt werden, wissen wir "Normalbürger" nicht.
Dem Grundsatz nach: Wer am längsten auf der Liste steht und das Organ am dringendsten braucht, kriegt es, wenn ein passendes kommt. Dürfen auch Kriterien wie "der/die hat sich seine/ihre Leber selber kaputt gesoffen" eine Rolle spielen?
Oder: Da ist ein Patient, dessen Organ ist im Eimer, aber der kann noch mit anderen Maßnahmen über Wasser gehalten werden...der ist also noch nicht dran. Bekäme er jetzt ein Organ, hätte er gute bis sehr gute Chancen - muss er noch drei Jahre warten, nur noch geringe..."Schummelt" jetzt ein Arzt und macht seinen Patienten (auf dem Papier) kränker als er ist, haben wir einen Organspendeskandal...

Alles nicht so einfach. Zumal auch mit wenig Fantasie in diesem Sektor gewisses "kriminelles" Potential steckt.

Speziell bei der Organspende kommt dazu, dass man Vertrauen in die Feststellung des Hirntodes haben muss.
Verstirbt z.B. Dein Kind und es kommt als Organspender in Frage, musst Du Dich von einem warmen Körper, der atmet, dessen Herz schlägt (wenn auch künstlich) verabschieden. Ein kaum vorzustellendes Drama.
(Wichtig ist hierzu vielleicht zu wissen: Die Ärzte die den Tod feststellen (es müssen mindestens 2 sein), dürfen nichts mit der Transplantation zu tun haben.)

Es hat m.E. nichts mit Faulheit zu tun, sich mit dieser Frage nicht zu beschäftigen. Sie ist - wenn man sie genau bedenkt - einfach sehr unangenehm und schwer zu entscheiden. Es ist aus meiner Sicht menschlich, sie aufzuschieben. Und an diesem "Aufschieben" setzt die Widerspruchslösung an. Es wäre dann aber keine freie Entscheidung zu einer hoch altruistischen Tat mehr.
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Weyoun »

Bovary hat geschrieben:Nein, das sehe ich anders. Es ist eine schwierige (medizin-)ethische und auch persönliche Frage.
In vielen Fällen will man sich einfach nicht ("zu Unzeiten") mit dem unausweichlichen Thema des eigenen Ablebens beschäftigen. (Soweit für mich völlig nachvollziehbar.)
Stimmt schon, aber wenn wir die Widerspruchslösung hätten, wäre man gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen und muss halt selber aktiv werden, wenn man aus religiösen oder anderen Gründen der Organspende nicht zustimmen möchte oder kann (ich mache den Leuten, die sich dagegen entscheiden, keinerlei Vorwurf sondern denen, die evtl. Spenden würden, sich aber nicht dazu durchringen können, sich einen Ausweis zu besorgen oder eine Patientenverfügung zu schreiben.
Bovary hat geschrieben:Zum anderen schwingen ggf. auch diffuse Ängste in Richtung "Organhandel" oder ähnliches mit. Auch das ist nachvollziehbar.
Als ob dich die osteuropäische Organmafia nach einem Spenderausweis fragt, bevor sie dich aufschneidet. :wink:
Bovary hat geschrieben:Dürfen auch Kriterien wie "der/die hat sich seine/ihre Leber selber kaputt gesoffen" eine Rolle spielen?
Ganz schwere ethische Frage!!!
Meine persönliche Meinung ist, wer eine Leberzirrhose durch jahrelangen Alkoholismus oder eine kaputte Lunge durch jahrzehntelanges Rauchen selber verantwortet hat, darf auf der Liste nicht auf der selben Stelle stehen wie jemand, der gesund gelebt hat und plötzlich ohne eigenes zutun schwer erkrankt. Dies ist aber nur meine Meinung und ich möchte jetzt auch keine Diskussion diesbezüglich beginnen.
Bovary hat geschrieben:"Schummelt" jetzt ein Arzt und macht seinen Patienten (auf dem Papier) kränker als er ist, haben wir einen Organspendeskandal...
Das kommt halt schneller als man glaubt, selbst wenn man sich als Arzt selber als unbefangen betrachtet. Kein Arzt, der jahrelang einen Patienten auf seinem Leidensweg begleitet, ist wirklich unbefangen. Solange Ärzte, die "Ranglisten" durch das "Schönen" einiger Punkte täuschen können, gibt es auch keine zu 100 Prozent objektive Beurteilung, wem das Organ wirklich zusteht.
Bovary hat geschrieben:Speziell bei der Organspende kommt dazu, dass man Vertrauen in die Feststellung des Hirntodes haben muss.
Das stimmt natürlich. Die Vorstellung, dass der Mensch bereits "hinübergegangen" ist und nur noch seine "leere Hülle" künstlich beatmet und der Kreislauf in Gang gehalten wird, ist häufig unglaublich schwer. Ich rede da aus Erfahrung, als meine Mutter damals schwer an Krebs erkrankt war und die letzten Wochen vor 4 1/2 Jahren nur noch von den Maschinen am Leben erhalten wurde. Meine Vater und meine Geschwister mussten dann gemeinsam die schwere Entscheidung treffen, die lebenserhaltenden Maßnahmen zu beenden.
Bovary hat geschrieben:(Wichtig ist hierzu vielleicht zu wissen: Die Ärzte die den Tod feststellen (es müssen mindestens 2 sein), dürfen nichts mit der Transplantation zu tun haben.)
Nicht auszudenken, wenn es anders wäre...
Bovary hat geschrieben:Es hat m.E. nichts mit Faulheit zu tun, sich mit dieser Frage nicht zu beschäftigen. Sie ist - wenn man sie genau bedenkt - einfach sehr unangenehm und schwer zu entscheiden. Es ist aus meiner Sicht menschlich, sie aufzuschieben. Und an diesem "Aufschieben" setzt die Widerspruchslösung an. Es wäre dann aber keine freie Entscheidung zu einer hoch altruistischen Tat mehr.
Nun ja, zumindest würde die Allgemeinheit davon profitieren. Dieses "Aufschieben" führt auch dazu, dass viele nicht mehr dazu kommen, ein Testament aufzusetzen. Es ist einerseits verständlich, andererseits macht man aber ohne "klare Ansagen" seinen Hinterbliebenen nur unnötig Kummer.

Ohne die persönliche traumatische Erfahrung mit meiner Mutter (wir als Verwandte durften anfangs war nicht viel bzgl. der medizinischen Maßnahmen entscheiden, weil mangels Patientenverfügung drohte, ein gerichtlicher Betreuer entsand zu werden, erst später bekam mein Vater eine Vollmacht) hätte ich wahrscheinlich heute auch keine Patientenverfügung, in der alles von Anfang an geregelt ist.

Wer sich nie damit beschäftigen musste, wird es vermutlich auf die lange Bank schieben...
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Re: Wehwehchen

Beitrag von Master J »

Bovary hat geschrieben:Speziell bei der Organspende kommt dazu, dass man Vertrauen in die Feststellung des Hirntodes haben muss.
Och, das würde man bei mir ganz schnell und sicher diagnostizieren können, sobald ich keine doofen Witze mehr bringe. ;)
Also nehmt halt, was noch brauchbar ist. Ich brauch's doch selbst nicht mehr. Hier meine krakelige Unterschrift. Punkt.

Das Thema ist natürlich ernst.
Es wird nicht mehr sooo lange dauern, bis ich das nächste Mal mit dem Tod konfrontiert bin.
Meine Eltern habe ich schon im Grundschulalter befragt, wie es "dann" mal werden soll.
Muss man einfach durch, auch wenn die "klaren Ansagen" irgendwie aus der falschen Position kommen... :(

Gruss
Jochen
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