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Verfasst: Mo 7. Apr 2003, 00:13
von G. Nubert
Hallo,
wie schon in meinem Beitrag vom 3 .3. 2002 erwähnt, haben wir mit manchen Bändchen und manchen Elektrostaten ganz gute Erfahrungen gemacht.
Eines der besten Bändchen, das wir je im Labor hatten, war das sagenumwobene Technics EAS-10TH 800A (aus den späten 70er Jahren??).
Der horizontale Abstrahlbereich war recht gut, der vertikale war natürlich aufgrund der 65 mm "hohen Abstrahlfläche" stark eingeschränkt.
Das eigentliche Problem bei "typischen" Bändchen ist, dass sie ab einem gewissen Lautstärke-Pegel einen deutlichen Klirr-Anstieg haben, wenn man sie zu tief einkoppelt und dass sie dann auch sehr empfindlich auf Überlastung reagieren.
Wenn man sie bei 4 kHz (oder höher) einkoppelt, bekommt man oft Probleme mit der Sauberkeit des zugehörigen Mitteltöners und einen recht kleinen vertikalen Winkelbereich ohne Phasenauslöschungen.
Eine gewisse Ausnahme stellen manche großflächigen "Riesen-Bändchen" dar, die bei Stage-Anwendungen gegenüber vielen "PA-Hörnern" wesentlich besser (für meine Ohren "weniger metallisch") klingen.
Im Vergleich zu den besseren "HiFi-Kalotten" haben sie klanglich aber wohl kaum Vorteile.
Aus vielen Kundengesprächen höre ich immer wieder das "Grundgefühl" heraus, für die Impulsverarbeitung wäre eine "fast massefreie" Lautsprechermembrane vorteilhaft. -
Durch höhere Membran-Masse verringert sich bei gleichen Antriebskräften zwar die Beschleunigung der Membran; - aber genau im gleichen Maß wie der Schalldruck-Pegel im eingeschwungenen Zustand. -
Nach Pegel-Ausgleich (durch höhere Verstärkerleistung) hat man aber wieder genau die gleiche Impuls-Präzision wie vor der Masse-Veränderung.
Somit hat die Masse der Membrane nichts mit deren "Impulsschnelligkeit" sondern mit dem Wirkungsgrad zu tun.
Kalotten-Hochtöner haben gegenüber Bändchen zwar schwerere Membranen, aber im Normalfall einen wesentlich stärkeren Antrieb als die Bändchen. Sie haben deshalb trotz der höheren bewegten Masse meistens Wirkungsgrad-Vorteile, sind robuster und besser im Klirr-Verhalten.
Im Studio-Bereich, in dem der Preis eines Lautsprechers oft eine untergeordnete Rolle spielt, bemüht man sich ja ebenso um Verbesserung der Wiedergabe-Qualität. Unabhängig von der oft unterschiedlichen Auffassung über die Abstrahl-Eigenschaften von Lautsprechern hätten Bändchen-Lautsprecher hier bestimmt größere Verbreitung gefunden, wenn sie technisch oder klanglich wirklich "besser" wären.
Gruß, G. Nubert
Verfasst: Mo 7. Apr 2003, 00:26
von pinglord
Mal wieder Herr Nubert persönlich im Forum
wie sehen die Fortschritte bei der DSP Box aus?
Verfasst: Mo 7. Apr 2003, 13:18
von HeckMc
mh. Jetzt würde es mich aber brennend interessieren, was für Hochtöner dann in meinen Kappa 6.2i arbeiten. Wie gesagt es ist der EMIT-R. Das Dings sieht aus wie aus runden Folien die gefächert übereinander gelegt sind. Also kleinste Folie oben drauf und dann nach unten mit grösserem Radius.
Im Vergleich zu den T+A Criterion die ich bei nem Bekannten des öfteren höre, klingen die Kappas metallischer und irgendwie "nervöser" im Hochtonbereich. Die T+A mit ihrer Kalotte empfinde ich als "seidiger". Weiss nicht genau wie ich das besser beschreiben soll.
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 10:33
von paepcke
G. Nubert hat geschrieben:Im Studio-Bereich, in dem der Preis eines Lautsprechers oft eine untergeordnete Rolle spielt, bemüht man sich ja ebenso um Verbesserung der Wiedergabe-Qualität. Unabhängig von der oft unterschiedlichen Auffassung über die Abstrahl-Eigenschaften von Lautsprechern hätten Bändchen-Lautsprecher hier bestimmt größere Verbreitung gefunden, wenn sie technisch oder klanglich wirklich "besser" wären.
Gruß, G. Nubert
Nur gut dass andere Entwickler nicht auch solch eine Einstellung haben, sonst würde mit diesem Blickwinkel ja wohl jegliche Weiterentwicklung von Produkten im Keim ersticken.
Übersetzt in die Autobranche:
Weil Mercedes kein Serien-Wasserstoff Auto hat brauchen sich BMW, Audi und VW mit der Technologie nicht auseinandersetzen, denn wenn das ein Fortschritt wäre, hätte die bereits bei Mercedes eins.
Dass im Studiobereich nach optimalen Klang ohne Rücksicht auf die Kosten gesucht wird, ist ja nur ein Aspekt. Für Studio Equipment gelten ja auch andere Anforderungen, welche im Hifi Bereich uninteressant sind:
Stabilität & Haltbarbeit (Pegel-fest & dauerbelastbar). Auch ist es im Studiobereich wenig Sinnvoll eine CD zu produzieren und Probe zu hören auf Lautsprechern, welche bis 18 Hz runter gehen und im Hochtonbereich aufwändige Bändchen-exoten Lösungen haben und über 10.000 EUR das Stück kosten und die CD aber von 99.95% der Käufer auf "Normalen" Lautsprechern gehört werden.
Also wären doch klangliche Vorteile durch neue Technologien möglich und interessant für den Hifibereich welche für Studios aber noch uninteressant sind.
MfG
Michael Pascal Paepcke
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 14:26
von kenwoodfan87
Wie arbeitet eigentlich ein Bändchenhochtöner??
Ich hab noch nie einen gesehen.
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 15:34
von Oliver67
Hallo Kenwoodfan,
tröste Dich, die meisten haben noch keinen Bändchenhochtöner gesehen.
Ein echtes Bändchen ist ein zieharmonikaartig gefalteter Alustreifen, der links und rechts von einem Magneten umgeben ist.
Wenn Strom durch das Aluband fließt, tritt die gute alte Lorenzkraft in Aktion. Vorteil: die Schwingspule (also das Bändchen) ist auch schon die Membran, sprich die gesamte, geringe, bewegte Masse wird angetrieben.
Was oft als Bändchen verkauft wird (auch bei Infinity) ist eine Folie, auf die ein mäanderndes Drähtchen als Schwingspule geklebt ist. Diese Bauart ist zwar robuster (mechanisch) aber dann hat man halt wieder eine Masse, die mitbewegt werden muss.
Oliver
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 17:32
von kenwoodfan87
Wie sieht es da im Ein- und Ausschwingverhalten aus??
Kann mir nur schwer vorstellen, dass die mit nubert-ht mithalten können. oder liege ich da falsch
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 19:27
von Frank Klemm
kenwoodfan87 hat geschrieben:Wie arbeitet eigentlich ein Bändchenhochtöner??
Ich hab noch nie einen gesehen.
Im Gegensatz zu schwingspulenbasieren Lautsprechern, wo es primär nur zwei Möglichkeiten in je zwei Varianten gibt, gibt es bei Bänchen eine wahre Flut an Möglichkeiten, die sich ziemlich unterschiedlich verhalten, daher sind verallgemeinerte Aussagen etwa so wahr wie "Gemüse ist orange".
Bändchen
- Planarstrahler
- Radialstrahler
Planarstrahler
- (1) homogenes Gleichfeld, eine in einer Richtung durchflossene Membran
- (2) zwei antiparallel geschaltete Gleichfelder, Membran ringförmig durchflossen
- (3) Parallel moduliertes, symmetrisches Gleichfeld, mäanderförmiger Stromfluß
- (4) Antiparallel moduliertes, symmetrisches Gleichfeld, mäanderförmiger Stromfluß
- (5) Antiparallel moduliertes, asymmetrisches Gleichfeld, mäanderförmiger Stromfluß
Streugleichfeld
- (1) extrem stark, Dipol
- (2) extrem stark, Quadropol
- (3) mittel bis mittelstark, Quadropol
- (4) mittel, Quadropol
- (5) mittel bis mittelstark, Quadropol
Klirr
- (1) extrem gering
- (2) extrem gering
- (3) geringer k3, sehr geringer k2
- (4) geringer k3, sehr geringer k2
- (5) sehr hoher k2, mittlerer k3
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 20:56
von Malte
Hallo Kenwood,
vereinfacht gesagt funktioniert ein Bändchenhochtöner, indem ein dünnes, leichtes Bändchen (aus Metallfolie bzw. metallbeschichteter Folie), das sich in einem starken Magnetfeld befindet, vom Hochtonsignal durchflossen wird und aufgrund des dabei erzeugten Magnetfeldes in Schwingung versetzt wird. Die Abgrenzung zu anderen verwandten Konstruktionsprinzipien (Magnetostat, AMT oder der von Hr. Nubert erwähnte Ribbon Tweeter) ist manchmal etwas ungenau.
Zu Michael,
ich glaube, Du mißverstehst die Aussagen von Hr. Nubert absichtlich bzw. verbiegst sie. Er hatte sich lediglich darauf bezogen, daß Bändchen-Hochtöner und verwandte Konstruktionen im Profibereich keine nennenswerte Verbreitung haben, obwohl dort teilweise sehr hohe Anforderungen an die Wiedergabequalität gestellt werden. Das bedeutet nicht, daß hier eine überlegene Technologie links liegen gelassen wird, nur weil sie unkonventionell wäre - so stellst Du es dar - sondern da haben sich genug Leute Gedanken über das Für und Wider gemacht (btw, der nicht gerade unbekannte Hersteller Genelec hatte früher auch bändchengeladene LS im Programm, bei aktuellen Konstruktionen nutzt man nur noch Kalotten).
Das Thema Haltbarkeit ist nur ein Nebenaspekt (wenn auch ein ernstzunehmender, s. die Berichte von Magnepan-Besitzer über gerissene Bändchen...). Fakt ist, daß die heute am Markt verfügbaren Konstruktionen guten Kalotten offensichtlich nicht das Wasser reichen können, insbesondere beim von Hr. Nubert angerissenen angestrebten Kompromiß aus tiefer unterer Grenzfrequenz, Abgabe von hohen unverzerrten Pegeln bei gleichzeitigem kleinen Membranabmessungen (die den Einsatz bis 20 kHz erlauben).
Daß in Studios absichtlich schlechte oder technologisch rückschrittige LS zum Abmischen eingesetzt werden, weil "der Konsument ja auch drauf hört", kann ich zumindest für seriöse Studios und deren Hauptabhören nur vehement bestreiten - es gibt zwar zuweilen Kompatibilitätsabhören (die unsächlichen Yamaha NS10), aber Abmischen tun die Profis eigentlich auf hochwertigem Gerät. Der Preis ist dabei übrigens kein Argument, die von Dir genannte Größenordnung wird nicht selten erreicht.
zu Frank:
kannst Du mal ein Beispiel für einen sehr klirrarmen Vertreter dieses Prinzips nennen (außer AMT-und Ribbontweeter-Derivate)?
Gruß, M.
Verfasst: Di 8. Apr 2003, 21:07
von g.vogt
Hallo Michael!
Nur gut das andere Entwickler nicht auch solch eine Einstellung haben,
sonst würde mit diesem Blickwinkel ja wohl jegliche Weiterentwicklung
von Produkten im Keim ersticken.
Ich denke, da hast du Herrn Nubert gründlich missverstanden. Wer wie ich das Forum schon seit längerer Zeit interessiert und aktiv verfolgt, der weiß, dass Herr Nubert gerade nicht so arbeitet wie du es ihm hier leichtfertig unterstellst.
Mit internetten Grüßen
Gerald Vogt
Ergänzung: Malte verteidigt Herrn Nubert?! Da ist gerade (m)ein Vorurteil in sich zusammen gebrochen