rockyou hat geschrieben:..... Von runtergewirtschaftet zu sprechen, ist doch wohl völlig unsinnig. ...
Das lag auch nicht im Kontext meines Geschreibsel.
Nur immer so zu tun als wenn es aus Sicht der Altbundesländer nichts Gutes an der Wende gab tut es auch nicht. Nahrungsmittel, Klamotten und Autos, Werkzeuge und Maschinen für den Heimwerker, neue Möbel vom Höffi in Berlin oder vom Kraft in Bad Seegeberg (zumindest was Berlin und den nördlichen Teil der ehemaligen Ostzone anging, im Süden war ich damals nicht so unterwegs). Und nach kurzer Zeit die entsprechenden Ableger vor Ort. Ich glaube es gab nicht mehr sehr viel was im Osten produziert und verkauft wurde. Ich würde das zwar nicht in den Kontext eines nahen Unterganges stellen, ein willkommene Konjunkturspritze war es aber mit Sicherheit allemal.
Und es trug dazu bei, das die Arbeitslosigkeit Höhen erreichte, die sich im Westen wohl kaum jemand vorstellen konnte. Gut, zum Teil waren wir auch selbst mit schuld an der Misere, wir hätten früher dran denken sollen, das nur der Kauf der Produkte von vor Ort Pruduktion Arbeitsplätze und damit Einkommen generiert.
Und nicht zu vergessen, auch wenn es gerne verdrängt wird: Auch der gemeine Ossi hat zum Soli beigetragen und trägt heute dazu bei, natürlich nur in so weit, wie er in entsprechende Gehaltsregionen vorgedrungen ist. Ich habs jedenfalls auf meinem Lohnzettel schon in den 90ern zu stehen gehabt, zu der Zeit als ich noch in Ostberlin in Lohn und Brot stand. Wenn er da nicht hinkommt mit seinem Gehalt, ist es natürlich legitim, das er daran nicht beteiligt ist. Dort ist dann auf Dauer aber schon eine Lenkende Hand gefragt, das ganze so hinzubekommen, das wieder dort produziert wird, und vieleicht der eine oder andere der Abgewanderten zurückkommt, weil er wieder eine Perspektive sieht.
rockyou hat geschrieben:.....
Ein Beispiel ist doch das Rentensystem, das plötzlich vor ungeahnten Problemen stand. ...
Nö, das Rentensystem stand nicht wegen der Wende vor Problemen, eher wirkte sich die Wende durch die deutlich höhere Geburtenrate im Ostteil bis zur Wende positiv aus, da der Lebensbaum noch nicht ganz so deformiert war wie in der Altbundesrepublik. Da unser Rentensystem Umlagenfinanziert ist, hat es Langfristig gesehen andere Ursachen als ein paar dazugekommende Ossis. Eher würde ich das zeitweise geringe Aufkommen zur Umlagenrente wegen hoher Arbeitslosigkeit in den Ostländern als zeitweiliges Problem sehen.
Dieses Problem ist aber nicht dem Ostteil per se anzulasten. Wer Arbeit hatte hat zur Rente beigetragen. Andere Aussagen dürften kaum Bestand haben.
rockyou hat geschrieben:.....
Man kann es eben nicht so einseitig betrachten.
Nein einseitig betrachten nicht, das wäre fatal.
Generell ist so ein Aufrechnen immer eine schlechte Sache, wie es palefin schon andeutete und liegt auch nicht in meinem Sinn.
Die Augen davor zu verschließen wer, wann, was gesagt oder getan hat, bringt es aber schon aus historischer Sicht nicht. Nur mit allem dazugehörigen Sachen kann die Vergangenheit in ihrer Entwicklung zum Heute verstanden werden.
Sonst wären wir bei Gottgegeben, und da sträuben sich mir die Nackenhaare.
Sprich man kann auch ohne sich gegenseitig im Schützengraben die Tomaten um die Ohren zu schmeißen durchaus wahrnehmen was, wie, wo und wann zur Entwicklung ins Heute beigetragen hat und von wem dieser Beitrag (positiv wie negativ) geleistet wurde. Das geht sogar völlig wertungsfrei.
Ob es denn auch so verstanden wird, steht dann natürlich auf einem anderem Blatt.
@palefin
Um zum Thema der Linken zurückzukommen, natürlich gibt es Leute mit Dreck am Stecken. Auch die Parteienlandschaft der Bundesrepublik war davon nicht verschont. In wieweit das heute noch so ist, mag ich nicht beurteilen, habe mich schon einige Jahre damit nicht mehr so ausgiebig beschäftigt.
Nur der Witz ist ja eigentlich der, wärend man auch aus dem Sinn des selber mitgemacht habens die eigene Aufarbeitung doch sehr zögerlich und nur auf erheblichen Druck anging und eher durch das langsame aussterben derer welche Dreck am Stecken hatten oder durch Ausstellen eines wie auch immer gestalteten Persilscheins der Entnazifizierung, verlangt man jetzt von anderen einen Schnelldurchlauf.
Und um Diskussionen vorzubeugen, auch mir ist bewußt und bekannt, das es so etwas auch im Osten gab. Warscheinlich konnte es in beiden Teilen Deutschlands nicht anders sein, da man das Land aufbauen mußte und bestimmte Erfahrungen einfach notwendig waren. Das auch vor dem Hintergrund der Tatsache, das einerseits die Verwaltungsebenen des gesamten Staates Deutschland auf allen Ebenen zum überwiegenden Teil korrumpiert waren, teilweise durch aktives Mitmachen oder durch wissentliches Schweigen.
Und auch das ist ein nicht zu vergessender Aspekt:
Durch die Spaltung Europas und den Kalten Krieg, welcher damals schon losging, spielten auch die Befindlichkeiten der Siegermächte einen nicht gerade kleinen Teil dazu bei. In Ost und in West.
Im Osten gab es aber nach der Wende nicht nur schlechtes aus dem Westen, dafür sollte man dankbar sein können und sollte Fehler, welche auf beiden Seiten gemacht wurden, so lang nicht zu hoch bewerten, wie diese nicht nachweislich bewußt zum eigenen Vorteil begangen wurden.
Und die Fehler wurden auch von ehmaligen Ossis begangen, welche sich in der Ausübung ihrer neuen Macht nach der Wende als verbitterte kleine Lichter herausstellten, die diese Macht zum eigenen Vorteil nutzten und damit eigentlich fast mit denen auf einer Stufe standen, welche sie ablösten. Und bitte, es waren nicht alle so, und einigen unterliefen einfach auch nur Fehler aus Unerfahrenheit, aus Zeitdruck oder einfach aus dem Aspekt heraus, das es eine solche Historische Aufgabe wohl vergleichbar noch nicht gab. Zumindest mit dem Hintergrund zweier so Grundsätzlich verschiedenen Gesellschaftssysteme, die zusammen wachsen sollten.
Was den Osten betrifft, sehe ich das Ähnlich. Auch da ging es mit dem Wissen vor Ort und auch mit dem Erreichen der Menschen vor Ort warscheinlich nicht, ohne das man einfach mit einem Teil der nicht offensichtlich belastet war, zu stemmen.
Und ohne jemanden etwas vorschreiben oder einreden zu wollen: Geht ein Zusammenwachsen und auch damit verbunden ein Verheilen der Wunden der Trennung nicht auch nur mit einem Verzeihen können? Damit sei nicht dem dem Verdrängen und Vergessen zugeredet, sondern dem reinen Verzeihen in dem Sinn, das es nicht möglich ist, einige Millionen Menschen auszuschließen aus der Gesellschaft, sonst wird es nie etwas.
Sie mögen schuldig sein des Einen oder Anderen was sie taten, dies sollte auch in menschlich vertretbarem Rahmen gesühnt werden. Nach der Sühne sollte dann gut sein. Sonst wird's wiegesagt nichts. Nur ein Ausgleich zwischen beiden kann zum Frieden miteinander beitragen. Jedenfalls aus meinem Verständnis heraus.
Gruß joe