Hard Candy
Bei diesem Film ist mir regelrecht die Spucke weggeblieben.
Und dabei dachte ich immer, ich sei abgebrüht.
Aber alles der Reihe nach...Ordnung muss sein
Berechenbar?
Schon mit den ersten Einstellungen im Film wähnt man sich auf der sicheren Seite: Ein (minderjähriges) Mädchen chattet mit einem erwachsenen Mann, den sie treffen will...wer würde da nicht sagen: "
Nach 5 Minuten kennt man den gesamten Plot des Filmes!?
Soweit läuft der Film im ersten Drittel auch brav in der Spur und scheint fast ein wenig brav in Relation zum Thema.
Hier - im ersten Drittel - gbit es keine Überraschungen. Schnell hat man sich auch an das kammerspielartige Spiel der Hauptdarsteller gewöhnt, die bescheidene Auswahl der Locations tut sein Übriges, um eingelullt zu werden.
Nanu?
Nach dem ersten Drittel mit seiner absoluten Berechenbarkeit fährt der Film schwerere Geschütze auf und enttarmt BEIDE Hauptdarsteller als Meister ihres jeweiligen Faches. Gut passt bei dieser vollen psychischen Dröhnung auch das intensive Spiel der beiden Kontrahenten.
Doch noch ist das Abendland nicht verloren: Mehr oder minder mit rasenden Puls sitzt man da und erwartet immer noch ein konventionelles Ende, obwohl sich der Film schon in dieser Phase sich in vielen Belangen DEUTLICH von anderen einschlägigen Filmen absetzen kann...
Orkan!
Was anfangs wie ein laues Lüfterl einlullt, später an Intensität ungemein zunimmt und als regelrechter Sturm prima unterhält, wird spätestens hier, im letzten Drittel des Streifens zu einem regelrechten Orkan!
An Dramatik und Äktschn ist (nicht nur) in diesem Abschnitt regelrecht die Hölle los.
Und führwahr: In der Hölle befinden sich auch die beiden Schauspieler, die jetzt regelrecht über sich hinauswachsen.
Drehungen, Wendungen, Unvorhergesehenes - alles hat man hier in einem der furiosesten Scripts der Filmgeschichte.
Die Beschränkung auf das Wesentliche von Set und Text fachen den Orkan an Sinneseindrücken noch einmal an, und wie in einer orgiastischen Rausch geht es Richtung Abspann...
Der Tag nach dem Orkan
Ich war zu aufgewühlt, um diese Rezension am gleichen Tage niederzuschreiben, an dem ich den Film im wahrsten Sinne des Wortes "genossen" hatte.
Auch jetzt, wo ich diese Zeilen niederschreibe, kommen mir noch immer Schlüsselszenen ins geistige Auge, und mein Puls steigt schon wieder.
Conclusio
Ich verspreche nicht zuviel wenn ich behaupte: Dieser Film ist MINDESTENS sehenswert, für mich persönlich gar ein
Meisterwerk.
Und wenn ich jetzt ein Argument gegen einen Abend mit dieser Filmrolle ins Feld führen soll, fällt es mir schwer, überhaupt ein Gegenargument zu finden. Also einen winzigsten Krifikpunkt hätte ich schon noch gefunden: Das Ende fällt im Vergleich zur Hochspannungshandlung minimalst ab und hat mir daher nur zu 98% gefallen. Aber das ist wirklich Kritik auf allerhöchstem Niveau.
Was bleibt, sind tiefe Brandings im Gehirn des Zusehers.
Diese Komplexität, diese absolute Präszision, dieses ausgefuchste Script -
Wahnsinn!
Ein psychologisch anspruchsvollster, zugleich straighter Reisser der seinesgleichen in der Filmgeschichte sucht. Man kann es nur immer wieder wiederholen: DER WAHNSINN!