AH hat geschrieben:
meine Erfahrung geht dahin, daß die Laufzeitverzerrungen auch bei Hochpässen um 30Hz hörbar sind, eigenartigerweise sogar bei Musik, die eher wenig tiefe Frequenzen (Orchester) enthält.
Wie hast Du das getestet? Dafür benötigt man Systeme mit identischem Amplitudenfrequenzgang, aber unterschiedlichem Phasenfrequenzgang.
Am besten per Mausclick umschaltbar.
Höhere Laufzeiten klingen dabei "fülliger/bassiger".
Höhere Laufzeiten sind bei Minimalphasensystemen immer mit einem länger
"oben gehaltenen" Frequenzgang verbunden. Wie man in dieser Graphik sieht,
sind die Auswirkungen im Amplitudenfrequenzgang auch noch 1 1/2 Oktaven (85 Hz)
oberhalb der Grenzfrequenz zu hören (ca. 1 dB). Die Auswirkungen auf die
Gruppenlaufzeit sind aber sehr auf die Nähe der Grenzfrequenz
(<1 ms bei >50 Hz, 10 ms bei 35 Hz, 30 ms bei 31 Hz) beschränkt.
Insbesondere der Hinweis, auf fülligeren Orchesterklang ist doch ein sehr verdächtiger
Hinweis auf gehörte Veränderungen im Amplitudenfrequenzgang. Zum einen ist
Orchester (z.B. Beethoven's Neunte) ziemlich unkritisch betreffs Laufzeitfehler,
zum anderen empfinde ich Laufzeitfehler eher als Verringerung der Fülligkeit.
Ich stimme jedoch Herrn Nubert zu, daß eine Sat/Sub-Trennung 4. Ordnung um 100Hz größere hörbare Probleme verursacht.
Zustimmung. Zwar hier auch nur simuliert, aber z.B. bei Merge (Lamb), Nil [ab 1:38] (Autechre). Aber um 125 Hz herum spielt sich zu viel ab, so daß hier Laufzeitfehler
bei "Popmusik" zu erkennen sind. Bei Klassik habe ich dagegen Laufzeitfehler erst
bei exorbitant großen Werten erkannt. Selbst bei 2 kHz waren 50 ms für mich nicht
erkennbar (Die 4 Jahreszeiten). Pathologisch wurde das ganze mit dem
"Adagio for Stings" von Samuel Barber.
Man sollte zudem bedenken, daß Lautsprecher in Räumen aufgestellt werden und der Amplitudenfrequenzgang (und somit die Gruppenlaufzeit) zu tiefen Frequenzen durch gleichphasige Addition von den Begrenzungsflächen verändert wird. Um eine Einmessung kommt man daher bei tiefen Frequenzen kaum umhin. Ein linearer Freifeld-Frequenzgang ist dabei meist absolut kontraproduktiv, der Frequenzgang einer Box sollte meiner Erfahrung nach zu tiefen Frequenzen sanft abfallen,
Der Betriebsschalldruck (Direkt + Diffusschall) muß nach meinem Empfinden
zu tieferen Frequenzen leicht ansteigen. Sonst klingt das ganze wie Burger Knäckebrot.
Optimale Werte liegen IMHO bei etwa:
* 32 Hz: +5 dB (geschätzt)
* 63 Hz: +3 dB
* 125 Hz: +2 dB
* 250 Hz: +1 dB
* 1 kHz: 0 dB
* 4 kHz: -1 dB
* 16 kHz: -2 dB
Das ganze ergibt immer noch ein sehr trockenes und analytisches Klangbild, die meisten
100 Hz-Buckel-Hörer haben bei 125 Hz vielleicht +4 bis +5 dB. Über die Ursachen kann
ich nur spekulieren:
* Beim Abmischen wird nicht mit linearem Frequenzgang abgemischt
* Lautstärke ist bei Abmischen höher als bei Hören zu Hause (bei mir)
* Es herrscht eine generelle Übereinkunft, tiefe Frequenzen auf Aufnahmen etwas zu dämpfen und von einer Überhöhung des Frequenzgang im tieferfrequenten Bereich auszugehen, um CDs höher aussteuern zu können.
damit sich unter Berücksichtigung der Grenzflächeneffekte eine saubere Betriebsschallpegelkurve mit entsprechend geringem group delay ergibt.
Ich habe das Glück, in einem kleinen Raum (12m^2) unter Ausnutzung des Druckkammereffektes eine bis 20Hz (und vermutlich auch darunter) lineare Betriebsschallpegelkurve zu haben, dafür setze ich Lautsprecher im geschlossenen Gehäuse ein, die im Freifeld einen akustischen Hochpaß 2. Ordnung darstellen. Wenn man einen zusätzlichen elektrischen Hochpaß 4. Ordnung bei 25Hz setzt, ist das überraschenderweise bei nicht wenigen Aufnahmen hörbar.
Welche Filterkennlinie? Welche Aufnahmen? Probier' das ganze mal mit einem zugeschalteten Allpaß 4. Ordnung (auch wenn ein Allpaß 4. Ordnung einen anderen
Phasenfrequenzgang as ein Hochpaß 4. Ordnung hat).
Im Zeitalter der CD braucht man eigentlich keinen zusätzlichen elektrischen Hochpaß mehr,
mein alter Verstärker hat zudem einen schaltbaren (!) Hochpaß, den man, wenn man denn Schallplatten hätte, nutzen könnte.
Kenne ich, stand meist Rumpelfilter drauf und war leider recht häufig nur ein Filter
1. Ordnung und nicht besonders effektiv.
Mit geschlossenen Boxen in geschlossenen Räumen kann man sehr niedere Grenzfrequenzen fast bis zum Gleichdruck erreichen und somit hörbare Gruppenlaufzeitverzerrungen vermeiden.
Hier scheitert es schon häufig, bei mir hat das Wohnzimmer meist immer 2 Löcher,
die Tür zur Küche ist zu >99% offen, die zum Flur zu 90%.
Dies hängt damit zusammen, daß im Druckkammerbereich der Schalldruck nicht proportional der Membranbeschleunigung,
Membranschnelle
sondern der Membranamplitude ist.
Der Abfall geschlossener Systeme unterhalb der Resonanzfrequenz im Freifeld mit 12dB/8ve wird dabei genau kompensiert. Unterhalb der Resonanzfrequenz ist deren Membranamplitude nämlich konstant. Das Problem des vermeintlich geringeren Maximalpegels geschlossener Systeme relativiert sich dabei beträchtlich. Und es macht einfach Spaß, die tiefen Frequenzen zu spüren, wenn z.B. der Dirigent auf dem Podium rumhüpft ;)
Das Spüren von Schall fängt bei 150 Hz an und erreicht um die 60 Hz ein Maximum.
Darunter fällt es ab, zwar nicht so schnell wie die Hörschwelle, aber immer noch
ziemlich schnell (asymptodisch 12 dB/Oktave). Ob das unbedingt die Frequenzanteile
unterhalb von 20 Hz waren oder doch eher die zwischen 40 und 80 Hz?
Meine Thesen:
* Geschlossene Boxen sind was nettes, wenn man problemlos die Membranfläche erhöhen kann, bis man den gewünschten Maximalschalldruck hat.
* Durch Druckkammereffekte sinkt ab einer gewissen Grenzfrequenz (20...30 Hz) bei mäßiger Raumgröße der Maximalschalldruck kaum noch ab (nur noch 3 dB Abfall), wenn man die Türen schließt.
* Ein geschlossenes System aufgebohrt zum BR bringt aber immer noch ein paar dB mehr im Bereich der Resonanzfrequenz (+6 dB bei 1,4*fb, +12 dB bei 0,9*fb).
* Am unteren Frequenzende braucht man ein paar dB mehr als bei 300 Hz, um einen ordentlich hörbaren Schhalldruck zu erzeugen:
** 20 Hz/100 phon: ca. 30 dB mehr
** 20 Hz/ 80 phon: ca. 35 dB mehr
** 40 Hz/100 phon: ca. 18 dB mehr
** 40 Hz/ 80 phon: ca. 21 dB mehr
** 80 Hz/100 phon: ca. 9 dB mehr
** 80 Hz/ 80 phon: ca. 10 dB mehr
(Bei 20 Hz schafft ein 30 cm-Chassis mit 3 cm Hub gerade noch "Zimmerlautstärke" (50 phon), um BR aufgebohrt bringt es ca. 10 dB mehr, was bei 20 Hz ca. 30 phon mehr
empfundene Lautstärke entspricht). Druckkammeffekt eines normalen Raums bringt
noch mal 3 dB mehr (ca. 10 phon).