CD der Woche: Pulp - Different Class
Verfasst: Fr 20. Mai 2005, 12:38
1995 erreicht der Medien-Hype "Brit Pop" seinen Höhepunkt. Oasis und Blur zerfleischen sich in der Öffentlichkeit gegenseitig, Hauptsache die Schlagzeilen sind garantiert. Davon unbehelligt veröffentlichen Pulp mit "Different Class" ihr bis dahin stärkstes Album. Die Scheibe erobert Platz 1 der englischen Charts, und wirft vier Top Ten Singles ab. Sicherlich ist dieser Erfolg auf die Brit Pop Hysterie zurückzuführen, glücklicherweise bietet das Album aber genügend Substanz, um auch nach gut zehn Jahren noch zu gefallen.
Das Vorgängerwerk "His 'N' Hers" brachte der Band bereits mehr Beachtung als zuvor. Die älteren Veröffentlichungen kamen nie über den Insiderstatus hinaus, 1993/94 begab man sich in Lauerstellung, um 1995 dann ganz vorne auf der Erfolgswelle mitzuschwimmen.
Typisch für Pulp ist diese seltsam symphatische britische Arroganz, die eine gehörige Portion Selbstironie nicht vermissen lässt. Die Texte von Sänger Jarvis Cocker, beinhalten mehr oder weniger versteckte Gesellschaftskritik, machmal Drogen und häufig Sex als Themen.
Mit "Mis-Shapes" steigen wir in das Album ein. Ein flotter Song der stellvertretend für das Motto der Platte: "Please Understand. We don't want no trouble. We just want the right to be different. That's all.", stehen könnte. "Mis-Shapes" war die zweite Single aus dem Album. Mit "Pencil Skirt" haut uns Jarvis Cocker sogleich eines seiner Lieblingsthemen um die Ohren. "Common People" war die erste Single aus dem Album, ein herrlich sarkastischer Text über eine verwöhnte Göre, die einmal so sein möchte wie die "Common People". Dann wird es bombastisch und theatralisch. "I Spy" ist grosses Kino für die Ohren, vielleicht zunächst ein wenig sperrig, aber dafür ohne Verfallsdatum. "Disco 2000" war der dritte Top Ten Hit des Albums, und erreichte sogar in Deutschland eine Platzierung in den unteren Regionen der Charts. Ein Ohrwurm mit Bestand, auch nach Jahren immer wieder gerne gehört. "Live Bed Show" ist dann doch nicht so schlüpfrig wie der Titel vermuten lässt.
Schon sind wir in der zweiten Hälfte des kurzweiligen Albums angelangt. "Something changed" bietet schöne Steicher aus der Konserve, und warf die vierte Top Ten Single ab. Kitsch in Reinkultur, aber mit Stil. "Sorted for E's & Wizz" ist dann der wohl unvermeidbare Drogensong. Damals umstritten, und noch noch immer verschiedene Interpretationen zulassend. F.E.E.L.I.N.G.C.A.L.L.E.D.L.O.V.E bedarf keines weiteren Kommentares. Ein Song mit dem Titel "Underwear" eigentlich auch nicht. "Underwear" erinnert ein wenig an "Pencil Skirt", ist aber dramatischer und spannender aufgebaut. Ganz klar einer der stärksten Songs des Albums. Danach geht es wieder etwas flotter zu, "Monday Morning" reisst uns aus der Rotlichtstimmung, und mit "Bar Italia" gibt es noch einen melancholischen Abschiedsgruß obendrauf.
Die Musik von Pulp ist schwer einzuordnen. Wenn auf eine Band der damals oft strapazierte Begriff "Brit Pop" zutrifft, dann sicherlich auf Jarvis Cocker und seine Mitstreiter. Leicht versnobt, nie die Fassung verlierend, geleitet uns Cocker durchs seine Erzählungen. Die Band spielt routiniert und grundsolide, die Show überlässt man dem Frontmann.
Nach dem Ende der Brit Pop Welle machen Pulp noch immer gute Musik. Leider konnte man nicht an den großen kommerziellen Erfolg von "Different" Class anknüpfen. Das hier besprochene Album klingt auch nach zehn Jahren noch frisch und unverbraucht. Ich kann selber kaum glauben, dass die Scheibe schon zehn Jahre auf dem Buckel hat.
Weitere Empfehlungen:
His 'N' Hers (1994) - Der Vorbote des großen Erfolges. Ein starkes Album, hört euch "Acrylic Afternoons" und "Babies" an, das ist zeitlose gute Popmusik vom Allerbesten!
This is Hardcore (1998) - Eine ganze Ecke sperriger als "Different Class". Das Album fordert, aber es lohnt sich.
We love Life (2001) - Verbindet die Leichtigkeit und Frische von "Different Class", mit der Tiefe von "This is Hardcore". Sehr gelungen!
Edit: Tippfehlerteufel
Das Vorgängerwerk "His 'N' Hers" brachte der Band bereits mehr Beachtung als zuvor. Die älteren Veröffentlichungen kamen nie über den Insiderstatus hinaus, 1993/94 begab man sich in Lauerstellung, um 1995 dann ganz vorne auf der Erfolgswelle mitzuschwimmen.
Typisch für Pulp ist diese seltsam symphatische britische Arroganz, die eine gehörige Portion Selbstironie nicht vermissen lässt. Die Texte von Sänger Jarvis Cocker, beinhalten mehr oder weniger versteckte Gesellschaftskritik, machmal Drogen und häufig Sex als Themen.
Mit "Mis-Shapes" steigen wir in das Album ein. Ein flotter Song der stellvertretend für das Motto der Platte: "Please Understand. We don't want no trouble. We just want the right to be different. That's all.", stehen könnte. "Mis-Shapes" war die zweite Single aus dem Album. Mit "Pencil Skirt" haut uns Jarvis Cocker sogleich eines seiner Lieblingsthemen um die Ohren. "Common People" war die erste Single aus dem Album, ein herrlich sarkastischer Text über eine verwöhnte Göre, die einmal so sein möchte wie die "Common People". Dann wird es bombastisch und theatralisch. "I Spy" ist grosses Kino für die Ohren, vielleicht zunächst ein wenig sperrig, aber dafür ohne Verfallsdatum. "Disco 2000" war der dritte Top Ten Hit des Albums, und erreichte sogar in Deutschland eine Platzierung in den unteren Regionen der Charts. Ein Ohrwurm mit Bestand, auch nach Jahren immer wieder gerne gehört. "Live Bed Show" ist dann doch nicht so schlüpfrig wie der Titel vermuten lässt.
Schon sind wir in der zweiten Hälfte des kurzweiligen Albums angelangt. "Something changed" bietet schöne Steicher aus der Konserve, und warf die vierte Top Ten Single ab. Kitsch in Reinkultur, aber mit Stil. "Sorted for E's & Wizz" ist dann der wohl unvermeidbare Drogensong. Damals umstritten, und noch noch immer verschiedene Interpretationen zulassend. F.E.E.L.I.N.G.C.A.L.L.E.D.L.O.V.E bedarf keines weiteren Kommentares. Ein Song mit dem Titel "Underwear" eigentlich auch nicht. "Underwear" erinnert ein wenig an "Pencil Skirt", ist aber dramatischer und spannender aufgebaut. Ganz klar einer der stärksten Songs des Albums. Danach geht es wieder etwas flotter zu, "Monday Morning" reisst uns aus der Rotlichtstimmung, und mit "Bar Italia" gibt es noch einen melancholischen Abschiedsgruß obendrauf.
Die Musik von Pulp ist schwer einzuordnen. Wenn auf eine Band der damals oft strapazierte Begriff "Brit Pop" zutrifft, dann sicherlich auf Jarvis Cocker und seine Mitstreiter. Leicht versnobt, nie die Fassung verlierend, geleitet uns Cocker durchs seine Erzählungen. Die Band spielt routiniert und grundsolide, die Show überlässt man dem Frontmann.
Nach dem Ende der Brit Pop Welle machen Pulp noch immer gute Musik. Leider konnte man nicht an den großen kommerziellen Erfolg von "Different" Class anknüpfen. Das hier besprochene Album klingt auch nach zehn Jahren noch frisch und unverbraucht. Ich kann selber kaum glauben, dass die Scheibe schon zehn Jahre auf dem Buckel hat.
Weitere Empfehlungen:
His 'N' Hers (1994) - Der Vorbote des großen Erfolges. Ein starkes Album, hört euch "Acrylic Afternoons" und "Babies" an, das ist zeitlose gute Popmusik vom Allerbesten!
This is Hardcore (1998) - Eine ganze Ecke sperriger als "Different Class". Das Album fordert, aber es lohnt sich.
We love Life (2001) - Verbindet die Leichtigkeit und Frische von "Different Class", mit der Tiefe von "This is Hardcore". Sehr gelungen!
Edit: Tippfehlerteufel
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