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CD der Woche: Pink Floyd - Wish you were here

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 14:16
von Blap
CD der Woche, Kapitel 20. Das Blap, Beitrag 4000. Zu diesem Anlass, muss natürlich eines meiner ewigen Lieblingsalben hervorgekramt werden.

Schon länger war eine Rezension zu einem Pink Floyd Album fällig. Aber welches Album wählt man aus, wenn man alle Schaffensperioden der Band schätzt, egal ob die psychedelische Frühphase mit Werken wie "The Piper at the Gates of Dawn" oder "A Saucerful of Secrets", die "Übergangsphase" mit starken Alben wie "Atom Heart Mother" und "Meddle", den großen kommerziellen Durchbruch mit "The Dark side of the Moon", dem sträflich unterbewerteten Meisterwerk "Animals", oder der extrem von Roger Waters dominierten Phase "The Wall", "The final Cut", oder aber vielleicht doch die von David Gilmour beherrschte Spätphase, mit Titeln wie "A momentary Lapse of Reason" und "The division Bell"???

Schwierig, schwierig. Letztendlich habe ich mich, für das in meinen Ohren schönste Album entschieden. "Wish you were here" aus dem Jahre 1975. Dieses unglaublich intensive, atmosphärische Wunderwerk des (Prog)Rock, begeistert auch nach vielen Jahren immer wieder, und inspiriert noch heute Legionen von Musikern. Man lausche z.B. dem Beginn des Titelsongs auf dem aktuellen Album von Dream Theater, oder höre aufmerksam das letztjährige Album "Dark Matter" der britischen Neo-Progger IQ.


Vermutlich wird fast jeder dieses Album kennen. Von daher werde ich mich diesmal recht kurz fassen. Vielleicht legt der Eine oder Andere dieses gute Stück mal wieder auf, vielleicht gibt es tatsächlich noch "Nachwuchs" der diesen Höhepunkt der Musikgeschichte noch nicht gehört hat.

Los geht es mit dem über dreizehnminütigen "Shine on you crazy Diamond (Part One)". Eigentlich lautet der korrekte Klammertext "Parts 1-5", aber wir wollen ja keine Haarspaltereien betreiben. Das Keyboardintro ist legendär und entführt den Hörer in andere Sphären, wenn dann nach knapp über zwei Minuten Gilmours Gitarre einsetzt, herrscht Gänsehautstimmung in Vollendung. Floyd nehmen sich Zeit, lassen den Song langsam auf den Hörer einwirken, die Spannung steigert sich nach und nach. Nach viereinhalb Minuten setzt das Schlagzeug ein, die fast meditative Atmosphäre wird dadurch aber keinesfalls zerstört. Das feinfühlige Gitarrenspiel und die wundervollen Keyboards bilden weiterhin eine perfekte Symbiose. Erst nach fast neun Minuten setzt der Gesang ein. Roger Waters befasst sich textlich auf diesem Album mit Syd Barrett, dem Mitbegründer von Pink Floyd, der nach dem Debut aus der Band entfernt wurde, da er langsam aber sich in den Wahnsinn abdriftete. Im weiteren Verlauf des Stückes bekommen wir ein Saxophon zu hören. Dieses setzt einen interessanten Kontrapunkt zu Gilmours Gitarre.

Nahtlos wird mit wabernden Sounds zu "Welcome to the Machine" übergeleitet. Das Intro wird immer wieder gerne kopiert, siehe mein obiger Hinweis auf IQ. Das Stück geht energischer zur Sache als sein Vorgänger, die Keyboards/Synthesizer dominieren, während die Akustikgitarre den Unterbau für die elektronischen Spielereien bereitet. Am Ende des Songs katapultiert uns ein rasanter Fahrstuhl in eine offensichtlich feierende Gesellschaft. Bei der LP war nun störendes Umdrehen angesagt, was glücklicherweise im Zeitalter der CD nicht mehr nötig ist. Bei "Have a Cigar", dem rockigsten Stück der Scheibe, fällt wieder das sehr schöne Zusammenspiel der Tasteninstrumente und der Gitarre auf, als Gastsänger hat man Roy Harper ans Mikro geholt. Dieser trägt das Stück mit viel Gefühl und Power vor, eine bessere Wahl hätte man kaum treffen können. Dann ist es soweit, der Titelsong wird uns präsentiert, jemand stellt ein Radio ein, spielt am Frequenzregler, Stimmen, eine Melodie, dann setzt die Akustikgitarre ein. Gänsehaut!!! Dazu ein sehr bewegender Text. Das sind diese Momente absoluter Perfektion, Musik die man auch in hunderten von Jahren noch kennen und lieben wird. Die Klassik der Zukunft! Stimmungsvoll wird nun "Shine on you crazy Diamond (Part Two)" bzw. "Parts 6-9" eingeleitet. Diesmal wird zügiger Tempo aufgenommen, als man es zu Beginn des Album tat. Der Kreis schliesst sich, wenn schliesslich auch diese knapp zwölfeinhalb Minuten vergangen sind, hat man die Gewissheit, einem der schönsten Werke der Rockmusik gelauscht haben zu dürfen!

Die Remaster CD kommt mit erstklassiger Klangqualität daher. Auch das Booklet ist authentischer und aufwändiger gestaltet als bei der alten CD Ausgabe. Wer es noch nicht getan hat, sollte sich dieses Werk schnellstens ins Regal stellen, oder noch besser: Ab in den Player damit!!!



Weitere Empfehlungen: (Da sind noch einige zukünftige "CDs der Woche" enthalten)


The Piper at the Gates of dawn (1967) - Das legendäre Debut. Ein Standardwerk psychedelischer Rockmusik. Syd Barrett ist der Wahnsinn anzumerken, aber noch hat er, zumindest teilweise, die Kontrolle.

Ummagumma (1969) - Ein Doppel-Album. Die erste Scheibe bringt uns das beste Pink Floyd Live-Album ins Haus. Scheibe Nr.2 konfrontiert uns mit mehr oder weniger experimentellen Solowerken der vier Bandmitglieder. Sperrig aber gut!

Atom Heart Mother (1970) - Der Titelsong ist eines der besten Floyd Stücke überhaupt. Dazu runden kleine, ruhige Stücke das Album ab, am Ende gibt es nochmal einen experimentellen Track.

Meddle (1971) - Nach "Atom Heart Mother" wieder ein gigantisch guter Longtrack: "Echoes". Den Opener "One of these Days" dürfte fast jeder kennen.

The Dark side of the Moon (1973) - Der Aufstieg zur Supergroup. Was manchen Songs an Substanz fehlt, wird durch gekonnte Effekthascherei und eine Weltklasse-Produktion wett gemacht.

Animals (1977) - Steht zu Unrecht im Schatten der Vorgänger (Dark side of the Moon, Wish you were here), und des Nachfolgers ("The Wall"). Hier gibt es die vielleicht kompositorisch besten Songs der Band zu hören.

The Wall (1979) - Ein Standardwerk der Rockmusik, obwohl schon mehr ein Roger Waters Album, als ein echtes Bandprojekt.

The final Cut (1983) - Roger Waters zieht nun alle Fäden. Ein bis heute sehr umstrittenes Album. Ich mag es sehr gerne.

A Momentary lapse of Reason (1987) - Waters ist im Zorn gegangen, Gilmour prägt nun den Stil. Ein schönes Album, wobei mir ein wenig das zynisch-depressive Element fehlt, für das Waters früher verantwortlich zeichnete.

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 14:36
von *-chipmunk-*
klasse album.....

soweit ich mich entsinne hab ich es mir 1984 gekauft. man was haben wir zu diesem album alles weggeraucht....geile zeit das.

gruß chip

Re: CD der Woche: Pink Floyd - Wish you were here

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 14:37
von Philipp
Gut gemacht! :D

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer vielleicht in deine Auflistung am Ende noch "The Division Bell", das mir nach einigen Jahren mittlerweile doch noch ziemlich gut gefällt, vor allem wegen dem genialen "High Hopes".
Ich hörs sogar lieber als etwa "The Wall", das zwar ein absoluter Klassiker ist, aber IMHO unter kompletter Ausblendung des historischen Status eigentlich gar nicht so toll ist und so manchen halbgaren Lückenfüller enthält.

"Wish You were here" ist unangefochten meine Lieblingsplatte von Floyd, und "Shine on..." gehört für mich neben der zweiten Hälfte von "Into the Everflow" und ein paar anderen Kandidaten zu den schönsten Momenten der Rockgeschichte.

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 14:39
von Philipp
*-chipmunk-* hat geschrieben:man was haben wir zu diesem album alles weggeraucht....geile zeit das.
Bei der Bundeswehr sind wir mal auf die Idee gekommen, nen Johnny zu "Into the Everflow" anzuzünden...
8O 8O 8O sag ich da nur! :wink:

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 15:19
von burki
Hi Blap,
nach Elton John ist Pink Floyd natuerlich wohltuend :wink: ...
Fuer mich war ein Meilenstein eigentlich schon 1967 die Singlesauskopplungs-LP ("Arnold Layne"), wobei ich eben auch ein richtiger Syd-Fan ("Opel" ist eines meiner Lieblingsalben) bin.
Eine Bemerkung sei mir aber erlaubt:
IMHO ist "The Wall" nur aeusserlich von Waters bestimmt (klar, auch die Thematik), doch merkt man deutlich (wenn man die Solo-Alben von Waters nimmt), wie stark sich musikalisch eben Gilmour (aber auch noch der Geist von Syd Barret) noch eingebracht hat.

Wie aber immer: Lese Deine Rubrik sehr gern (auch wenn es nicht immer meinen Musikgeschmack trifft) :) .
Gruss
Burkhardt

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 15:44
von BlueDanube
"Wish you were here" ist ein tolles Album, das ich auch immer wieder gern höre, aber es überaschte damals beim Erscheinen nicht.
Das Vorgänger-Album "Dark side of the moon" hingegen war ein Paukenschlag - was waren wir von den Socken damals! Das ist eines der bemerkenswertesten Alben überhaupt!
"Wish you were here" war eine gute gemachte Fortsetzung...

Übrigens..."Division bell" höre ich auch sehr sehr gerne - damit haben die Rest-Floyds bewiesen, dass die Gruppe nicht nur aus Waters besteht (so wie er glaubte)!

Von den alten Alben finde ich "Relics" am besten - ist zwar eine Art Sampler, hat aber einige der besten Lieder dieser Zeit vereinigt und ist ein "must have".

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 16:58
von sleepyjoe
Danke an das Blap - auch hier mal wieder auf einer Wellenlänge mit mir. Klar, alle angesprochenen Alben sind eine Klasse für sich, wobei ich neben Wish you were, Dark Side of the Moon (SACD) und Division Bell favorisiere. Toll ist auch Pulse, dass Live-Album, auf dem ich die Version von Shine On You Crazy Diamond als gelungen empfinde.

Die "Divison Bell" hatte mir längere Zeit nicht so gefallen; erst Anfang des Jahres habe ich die alte CD mal wieder hervorgekramt - und war begeistert. Die Qualität der CD ist sehr gut und (liegt das am Alter :?: 8O ) das Album gefällt mir viel besser als früher. (Kann auch an der geänderten HiFi-Anlage liegen...)

Greetz
Stefan

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 17:08
von BlueDanube
sleepyjoe hat geschrieben:Die "Divison Bell" hatte mir längere Zeit nicht so gefallen; erst Anfang des Jahres habe ich die alte CD mal wieder hervorgekramt - und war begeistert.
Alt?! Tatsächlich - die Scheibe hat schon fast 10 Jahre auf dem Buckel .... und ist trotzdem die jüngste von Pink Floyd! 8O

Ich frage mich, wie man es fertig bringt, nach jahrelanger Abstinenz wieder ein Konzert oder eine CD zu produzieren.....üben die heimlich im Keller und lassen es dann doch sein? :roll:

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 17:42
von nisiboy
Die CD der Woche ist für mich - wie sicher für viele - zur Institution geworden. Ich ertappe mich dabei, wie ich (fast) alles lese und es spornt mich an, mich mit den Alben auseinanderzusetzen, die ich noch nicht kenne. So ist es ja von unserem lieben Blap bestimmt auch gedacht.

ABER!!! (1)
Am geilsten ist es doch, wenn man in der Rubrik seine eigenen Favoriten beschrieben sieht. Oder? Wie hier. Man, was werden für Erinnerungen wach. Ich kann mich noch genau erinnern, als ich das Album zum ersten Mal gehört habe.... Der Begriff erstes Mal darf hier gerne in seiner starken Bedeutung interpretiert werden.

Ok, ich werde mir neben der Schallplatte im Schrank, die zugegebenermaßen abgenüdelt ist und der alten CD mir auch noch die Remasterd-Version anschaffen.

ABER!!! (2)
Ist es wirklich so, dass die heute 15-, 16-, 17- oder 18-jährigen etwas mit dieser ruhigen Musk anfangen können? Oder können die etwas mit dieser grandiosen Musik anfangen, wenn sie 10 Jahre älter sind? Ich hoffe es sehr, allein mir fehlt der Glaube...

ABER!!! (3)
Meinen Kindern (2 1/2 und 5) kann ich die verschiedenartigste Musik näher bringen, wenn ich mich mit ihnen zusammen hinsetze und ihnen etwas Hintergrund gebe. Und zwar von Opern über Chansons bis hin zu Rock. Gibt es doch Hoffnung?

Zu guter letzt eine Empfehlung: Ich habe mir die DVD Pink Floyd in Pompeji gekauft. Mir gefällt sie super. Über die Klang-, Ton- und Bildqualität will ich nicht fabulieren, finde ich hier einfach nicht so wichtig. Die Stimmung ist es, die mich an den Aufnahmen fasziniert. Ich befürchte allerdings, dass man ein alter Pink Floyd-Fan sein muss, um das nachzuempfinden.

Grüße aus dem sonnigen Norden

Nisiboy

Verfasst: Di 12. Jul 2005, 18:19
von burki
Hi,
Alt?! Tatsächlich - die Scheibe hat schon fast 10 Jahre auf dem Buckel ....
daran kann man immer wieder merken, wie alt man eigentlich selbst geworden ist :wink: ...

Mir/uns waren damals uebrigens die Floydschen "Spaetwerke" (das fing da eben etwa mit "The Dark side of the Moon" an) schon etwas zu kommerziell und die Gruppemitglieder zu anomym (man bedenke, was es all fuer Rockgroessen zu dieser Zeit gab), was sich allerdings spaeter deutlich aenderte ...

Gruss
Burkhardt