CD der Woche: U2 - Zooropa
Verfasst: Mi 17. Aug 2005, 10:58
Was ging mir dieser Bono zeitweise auf den Geist. Gefielen mir die Alben "War" und "The unforgettable Fire" wirklich gut, nervte mich das Predigergehabe, während der Phase "The Joshua Tree" und "Rattle and Hum" unglaublich. Ok, ich war damals ein zorniger junger Mann, da konnte ich sowas nicht gebrauchen.
U2 waren in den späten Achtzigern für mich kein Thema mehr. Aber plötzlich sehe ich 1991 das Video zu "The Fly". Was ist denn nun los? Das rockt, Bono sieht aus wie Puck die Stubenfliege, kein nerviges Pathos, bunt und leicht bizarr. Das hatte ich den Iren nicht zugetraut. Also musste das Album "Achtung Baby" her. Teils in Berlin produziert, lebt dieses Album von der damaligen Aufbruchsstimmung der frisch vereinigten Metropole. U2 erfanden sich selbst neu, ohne ihre Wurzeln völlig zu kappen. Dazu sind der Gesang und das Gitarrenspiel viel zu charakteristisch.
1993 vollzog man dann einen weiteren konsequenten Schritt. Das Album "Zooropa" treibt den mit "Achtung Baby" eingeschlagenen Weg auf die Spitze. Damit sind viele alte Fans überfordert, und das übliche Mainstreampublikum runzelt die Stirn.
Zur Sache Baby,
los geht es mit dem Titelsong. "Zooropa" beginnt mit einem atmosphärischem Intro, aus dem sich die Gitarre von The Edge herausschält. Ein wahrer Kunstgriff, denn irgendwie klingt sein Sound generalüberholt, und doch erkennt sofort mit wem man es zu tun hat. In Verbindung mit der eingesetzten Elektronik klingt der Song futuristisch, aber dem aufmerksamen Hörer wird nicht entgehen, dass wir es hier mit einem erstklassigen Stück Rock zu tun haben. Was für den Gitarrensound gilt, trifft auch auf den Gesang zu. Entschlackt, frisch, mitreissend, grosse Geste ohne Predigergehabe. "Babyface" schlingert gekonnt zwischen Rock und Pop, kriegt immer die Kurve, und ist genau das richtige Bindeglied zwischen dem Opener und der ersten Single "Numb". Man muss sich das mal vorstellen, einen Song wie "Numb" als erste Single! The Edge trägt einen gesprochenen, abgedrehten Text vor, Bono jault im Hintergrund rum, die Musik ist sperrig, auch das Video setzt dies konsequent um. Ich möchte nicht wissen welche Mengen Beruhigungsmittel, die Menschen von der Plattenfirma einwerfen mussten... Wie dem auch sei, ich finde die Nummer absolut klasse. Dem konservativen Hörer wird nach "Numb" keine Gnade zuteil. Es geht mit "Lemon" weiter, hier dominieren Elektronik, eine packende Basslinie, und natürlich der Kastratengesang von Bono! Einfach nur geil! (Verzeiht meine Wortwahl) "Lemon" war die dritte Single, und dürfte ebenfalls für wenig Freude bei der Plattenfirma gesorgt haben. Nun wird es doch noch etwas konventioneller. "Stay (Faraway, so close!)" klingt überwiegend wie ein klassischer U2 Song, und wurde als zweite Single ausgekoppelt. Der Text bedeutet mir sehr viel, sind doch einige Erinnerungen damit verbunden. Der Song findet sich auch im Wim Wenders Fim "Bis ans Ende der Welt" wieder. (Diesen Streifen möchte ich euch sehr ans Herz legen, aber erwartet kein Mainstream-Kino.)
Nach dem wundervollen "Stay", wird es nun wieder deutlich experimenteller, aber keinesfalls schlechter. "Daddy's gonna pay for your crashed Car" gibt uns wieder Elektronik, ist sperrig und zeigt bei den Lyrics, dass Bono mehr drauf hat als Pathos. "Some Days are better than others" beginnt mit einem tollen Intro, bei dem Drummer und Basser zum Zuge kommen. Der Song bricht ebenfalls mit alten Konventionen, lauscht dem Gitarrenspiel! "The first Time" ist besinnlich, fast intim. Augen zu und zurücklehnen. "Dirty Day" kommt wie eine Mischung aus typischem, bekannten U2-Sound, und den neuen, vielschichtigen, frechen U2 daher. Ruhige Passagen bauen eine brodelnde Stimmung auf, man wartet förmlich auf die Entladung der Spannung. Ganz, ganz gross wird es dann am Ende des Albums. Ikone Johnny Cash trägt einen Text vor, untermalt von elektronischer Musik. Ein weiterer Beleg dafür, wie mutig und innovativ U2 damals waren. Natürlich auch ein Fingerzeig darauf, was Johnny Cash in seinen letzten Lebensjahren noch alles leisten sollte, und es vollbringen konnte sich vom seinem Country-Image freizuschwimmen. Aber das ist eine andere Geschichte....
Mit "Achtung Baby" und besonders "Zooropa", haben sich U2 meine Symphatie souverän zurückerobert. Die späteren Alben konnten mich bisher nicht ganz überzegen. So ist z.B. "Pop" aus dem Jahre 1997 recht gezwungen. Die Kreativität welche auf "Zooropa" übersprudelte, wirkt wie in ein Korsett gepresst.
Weitere Empfehlungen:
War (1983) - Das stärkste der frühen Alben. Nicht nur wegen "Sunday bloody Sunday" und "New Years Day".
The unforgettable Fire (1984) - Die Band wird immer erfolgreicher, "Pride" dürfte jeder kennen.
The Joshua Tree (1987) - U2 sind nun Superstars, gehören zu den grössten Bands des Planeten. Viele Jahre später, hat auch das Blap seinen Frieden mit der Scheibe gemacht. Schönes Album.
Rattle and Hum (1988) - Gute Idee nicht einfach ein stinknormales Live-Album auf den Markt zu werfen. Auch hier gilt: Ich habe inzwischen Freundschaft mit der CD geschlossen.
Achtung Baby (1991) - Für mich die positive Überraschung der frühen Neunziger. Ganz gross!!!
U2 waren in den späten Achtzigern für mich kein Thema mehr. Aber plötzlich sehe ich 1991 das Video zu "The Fly". Was ist denn nun los? Das rockt, Bono sieht aus wie Puck die Stubenfliege, kein nerviges Pathos, bunt und leicht bizarr. Das hatte ich den Iren nicht zugetraut. Also musste das Album "Achtung Baby" her. Teils in Berlin produziert, lebt dieses Album von der damaligen Aufbruchsstimmung der frisch vereinigten Metropole. U2 erfanden sich selbst neu, ohne ihre Wurzeln völlig zu kappen. Dazu sind der Gesang und das Gitarrenspiel viel zu charakteristisch.
1993 vollzog man dann einen weiteren konsequenten Schritt. Das Album "Zooropa" treibt den mit "Achtung Baby" eingeschlagenen Weg auf die Spitze. Damit sind viele alte Fans überfordert, und das übliche Mainstreampublikum runzelt die Stirn.
Zur Sache Baby,
los geht es mit dem Titelsong. "Zooropa" beginnt mit einem atmosphärischem Intro, aus dem sich die Gitarre von The Edge herausschält. Ein wahrer Kunstgriff, denn irgendwie klingt sein Sound generalüberholt, und doch erkennt sofort mit wem man es zu tun hat. In Verbindung mit der eingesetzten Elektronik klingt der Song futuristisch, aber dem aufmerksamen Hörer wird nicht entgehen, dass wir es hier mit einem erstklassigen Stück Rock zu tun haben. Was für den Gitarrensound gilt, trifft auch auf den Gesang zu. Entschlackt, frisch, mitreissend, grosse Geste ohne Predigergehabe. "Babyface" schlingert gekonnt zwischen Rock und Pop, kriegt immer die Kurve, und ist genau das richtige Bindeglied zwischen dem Opener und der ersten Single "Numb". Man muss sich das mal vorstellen, einen Song wie "Numb" als erste Single! The Edge trägt einen gesprochenen, abgedrehten Text vor, Bono jault im Hintergrund rum, die Musik ist sperrig, auch das Video setzt dies konsequent um. Ich möchte nicht wissen welche Mengen Beruhigungsmittel, die Menschen von der Plattenfirma einwerfen mussten... Wie dem auch sei, ich finde die Nummer absolut klasse. Dem konservativen Hörer wird nach "Numb" keine Gnade zuteil. Es geht mit "Lemon" weiter, hier dominieren Elektronik, eine packende Basslinie, und natürlich der Kastratengesang von Bono! Einfach nur geil! (Verzeiht meine Wortwahl) "Lemon" war die dritte Single, und dürfte ebenfalls für wenig Freude bei der Plattenfirma gesorgt haben. Nun wird es doch noch etwas konventioneller. "Stay (Faraway, so close!)" klingt überwiegend wie ein klassischer U2 Song, und wurde als zweite Single ausgekoppelt. Der Text bedeutet mir sehr viel, sind doch einige Erinnerungen damit verbunden. Der Song findet sich auch im Wim Wenders Fim "Bis ans Ende der Welt" wieder. (Diesen Streifen möchte ich euch sehr ans Herz legen, aber erwartet kein Mainstream-Kino.)
Nach dem wundervollen "Stay", wird es nun wieder deutlich experimenteller, aber keinesfalls schlechter. "Daddy's gonna pay for your crashed Car" gibt uns wieder Elektronik, ist sperrig und zeigt bei den Lyrics, dass Bono mehr drauf hat als Pathos. "Some Days are better than others" beginnt mit einem tollen Intro, bei dem Drummer und Basser zum Zuge kommen. Der Song bricht ebenfalls mit alten Konventionen, lauscht dem Gitarrenspiel! "The first Time" ist besinnlich, fast intim. Augen zu und zurücklehnen. "Dirty Day" kommt wie eine Mischung aus typischem, bekannten U2-Sound, und den neuen, vielschichtigen, frechen U2 daher. Ruhige Passagen bauen eine brodelnde Stimmung auf, man wartet förmlich auf die Entladung der Spannung. Ganz, ganz gross wird es dann am Ende des Albums. Ikone Johnny Cash trägt einen Text vor, untermalt von elektronischer Musik. Ein weiterer Beleg dafür, wie mutig und innovativ U2 damals waren. Natürlich auch ein Fingerzeig darauf, was Johnny Cash in seinen letzten Lebensjahren noch alles leisten sollte, und es vollbringen konnte sich vom seinem Country-Image freizuschwimmen. Aber das ist eine andere Geschichte....
Mit "Achtung Baby" und besonders "Zooropa", haben sich U2 meine Symphatie souverän zurückerobert. Die späteren Alben konnten mich bisher nicht ganz überzegen. So ist z.B. "Pop" aus dem Jahre 1997 recht gezwungen. Die Kreativität welche auf "Zooropa" übersprudelte, wirkt wie in ein Korsett gepresst.
Weitere Empfehlungen:
War (1983) - Das stärkste der frühen Alben. Nicht nur wegen "Sunday bloody Sunday" und "New Years Day".
The unforgettable Fire (1984) - Die Band wird immer erfolgreicher, "Pride" dürfte jeder kennen.
The Joshua Tree (1987) - U2 sind nun Superstars, gehören zu den grössten Bands des Planeten. Viele Jahre später, hat auch das Blap seinen Frieden mit der Scheibe gemacht. Schönes Album.
Rattle and Hum (1988) - Gute Idee nicht einfach ein stinknormales Live-Album auf den Markt zu werfen. Auch hier gilt: Ich habe inzwischen Freundschaft mit der CD geschlossen.
Achtung Baby (1991) - Für mich die positive Überraschung der frühen Neunziger. Ganz gross!!!