Raico hat geschrieben:Ich finde diesen Artikel äußerst aufschlussreich. Das propagierte Testverfahren mag vielleicht auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Dennoch wünschte ich mir, dass heutige Lautsprecher-"Tests" wenigstens etwas von dieser Geradlinigkeit und Ehrlichkeit früherer Zeiten hätten.
Schade, dass es so etwas im Blätterwald nicht mehr gibt.
hi Raico,
ich habe mich schon in etlichen Threads (hier und im hifi-forum) versucht, der breiten Leserschaft gegenüber verständlich zu machen, wenn es um Interpretationen von Equipment geht.
Meist werden meine Einwürfe oder Fragen übersehen oder kurz abgetan.
In den genannten Artikeln (super!) sehe ich genau meine Meinung wiedergegeben. Hier wird klar herausgearbeitet, warum Tests so oder zumindest so ähnlich durchgeführt werden sollten, will man nicht nur ein bisschen rumschwätzen...
Verwunderlich ist es m.E., dass so ziemlich jeder (Quote 80-90%) Hifi-Enthusiast in den einschlägigen Foren die Wirkung wesentlicher Testkriterien vernachlässigt und behauptet, er bräuche diese Dinge nicht beachten, schließlich kenne er sich aus! Und was gefalle, das wüsste man wohl selbst am besten. etc. etc.
Wenn ich's recht erinnere, sind mindestens folgende Dinge zu beachten:
- aussagefähige Tests sollten in Räumen stattfinden, die für die Käufer eher typisch sind (ein "Normalzimmer")
Der Proband sollte nicht wissen, welches Gerät spielt (Ausschluss der Psychoakustik: Wissen über Preis, Marke, Konstruktion etc.)
Der Test sollte paarweise an identischer Technik stattfinden
Es sollten klar definierte Kriterien definiert und die jeweilige Ausprägung des Gerätes eingetragen werden (Ausschluß blumiger Beschreibungen).
Der Test sollte von mehreren Juroren gemacht werden.
So oder ähnlich hatte ich in dem AVFB-Thread
http://www.nubert-forum.de/nuforum/fpos ... tml#179504
gerade meine Forderungen für einen nachvollziehbaren Test formuliert. Um so mehr erfreute mich dieses Kleinod, welches Du ausgegraben hast.
Ich lese auch in diesem Forum, dass die meisten Tests (verständlicherweise) sehenden Auges erfolgen. Gutes Beispiel ist folgender interessanter Thread
http://www.nubert-forum.de/nuforum/fpos ... tml#179490
Da sitzen Kevin und kbbo vor dem Equipment, kennen Preise und persönliche Einstellungen zum Thema, pegeln nicht aus und versuchen Höreindrücke zu formulieren.
Das gleiche habe ich auch gemacht, als ich mit Rudi Jopp bei mir gehört habe.
Für den uninformierten newbie entstehen dann Aussagen, die evtl. zu falschen Schlüssen führen.
Ein paar Unterstellungen [*bitte nicht schlagen modus*]
kbbo will (sich und Kevin) zeigen (unbewusst), dass die Sherbourne gut klingen. Kevin will, dass sein Yami nicht abstinkt. Und ich wollte, als Rudi da war, dass er meine nuböxchen gut findet.
Wie gesagt: Unterstellungen!
Aber wie hört nun jemand, der mit einer gewissen Vor-Konditionierung ins Rennen geht und dann weiß, welches Gerät spielt???
Das kann doch nur in einer self-fulfilling-prophecy enden: "Sag ich doch, die klingen einfach räumlicher!"
Ich weiß, dass im Privaten eine solche Testanordnung nahezu unmöglich ist, aber ich fände es sehr viel überzeugender, wenn sowohl ein Hörpartner/Freund/die liebste Frau als auch meine Wenigkeit im blinden Hörversuch mit Umschaltung
a) Unterschiede hören und
b) einen Zustand wiederholt als "besser" empfinden und
c) diese Meinung reproduziert werden kann (nächster Tag z.B.).
In meinen stümperhaften Selbstversuchen gelang es mir,
einen Kenwood DVD-Receiver mit Plastikböxchen gegen ein nubox-set zu unterscheiden! Stark, oder?
Es gelang mir nicht, Pio CDP gegen Denon DVD 1910 zu unterscheiden. Es gelang mir nur mit Mühe, meine 400er von alten Quadral-3-Wege-Boxen zu unterscheiden. Aber beide klangen für unsere (Tochter und ich) Ohren gut.
Eine Phasenumschaltung am Sub hingegen ist wieder sehr deutlich auch blind zu hören.
Meine bisherige Erfahrung (habe David Messengers viel zitierten Schrieb und diverse andere gute Artikel (Anselm Goertz) gelesen:
Erst, wenn eine sehenden Auges getroffene Wertung auch blind reproduziert wird, ist sie in meinen Augen was wert.
Andere (individuelle) Wertungen sind sicherlich Anlass zu Diskussionen, machen Spaß oder bringen Streit. Aber sinnvolle Wertungen für die Allgemeinheit entstehen so nicht.
Bin gespannt, ob es zu der Testanordnung auch richtig konträre Meinungen gibt!?
Für mich wäre z.B. hochinteressant, ob erfahrene Hörer (zu denen ich nicht zähle) in so einem Testkontext die von ihnen zuvor getroffenen Aussagen bezüglich AVR-, Boliden-, Amp-, CD-Player- und Kabelklang bestätigen könnten, oder ob es dann Überraschungen geben könnte.
Im Hifi-Forum wird dann an dieser Stelle immer angeführt, dass wegen des psychischen Stresses das Hörvermögen so getrübt ist, dass die sonst vorhandene Fähigkeit, Unterschiede zu hören, verloren geht. Und ausserdem müsse man niemandem etwas beweisen.
Und da zumindest letzteres stimmt, wird die Wahrheit wohl für immer ein Rätsel bleiben.
Ganz herzliche Grüsse an alle hifi-Verrückten
von
noreflex
Rudi