CD der Woche: Rush - 2112
Verfasst: Mi 23. Nov 2005, 13:36
Damit auch Herr Nollimore, der Verfechter des Kastratengesanges, zu seinem Recht kommt, nehme ich mir heute ein frühes Werk der Kanadier Rush vor. Nachdem bereits Hold your Fire, ein Klassiker der Band aus den Achtzigern gewürdigt wurde, ist es an der Zeit bis in die Siebziger zurück zu blicken.
"2112" aus dem Jahre 1976, war das vierte Studioalbum der Herren Lee, Lifeson und Peart. Wie damals bei vielen Künstlern üblich, legte man ein flottes Arbeitstempo vor. Das Debut erschien nur zwei Jahre zuvor. Bereits auf Album Nummer 2, dem gelungenen Werk "Fly by Night", hatte sich die "endgültige" Rush Besetzung gefunden. Auf dem Debut war ein gewisser John Rutsey an den Drums zu hören. Dieser wurde bereits auf dem nächsten Album, von "Octopus" Neil Peart ersetzt. Ein Glücksgriff, da Peart sicherlich einer der innovativsten Drummer der Rockgeschichte ist. Darüber hinaus ein sehr begabter Textschreiber. An der Besetzung Geddy Lee (Bass, Gesang), Alex Lifeson (Gitarre), Neil Peart (Drums) hat sich seither nichts geändert. Um den musikalischen Werdegang von Rush auch für Einsteiger nachvollziehbar zu machen, stellt "2112" einen guten Beginn dar. Die Band hat auf diesem Album ihren eigenen Stil gefunden, der sich im weiteren Verlauf ihrer Karriere noch deutlich erweitern sollte.
"2112" bietet uns einen über zwanzig Minuten langen Titeltrack, der damals die komplette erste LP-Seite füllte. Auf der zweiten Seite findet man fünf kürzere Stücke, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Der Titelsong geht als vielleicht erste "Progmetal Suite" der Geschichte durch. Gerade für damalige Verhältnisse klingt Lifesons Gitarre sehr hart und schneidend. Quasi lässt man im Titeltrack den klassischen Hardrock hinter sich, und bereitet den Nährboden für unzählige Progmetal Bands, die aber noch gut ein Jahrzehnt auf sich warten lassen sollten. Nun erwartet uns aber keine zwanzigminütige Frickel- oder gar Knüppelorgie. Rush streuen immer wieder ruhige Passagen ein, die sehr stimmig wirken, und für die nötige Entspannung und Tiefe der Suite sorgen. Der Kontrast zwischen den unterschiedlichen Stimmungen ist recht drastisch, was zum einen der harten Gitarre Lifesons liegt, zum anderen am Gesang Geddy Lees. Dieser wechselt zwischen hysterischem Robert Plant mit abgeschnürtem Gemächt, und recht entspannten melodischen Tönen. Man könnte der Grosskomposition nun eine gewisse Zerrissenheit vorwerfen. Ich sehe das allerdings anders. Gerade durch die sehr differenten Abschnitte, werden die Stimmungen des Werkes excellent zu Gehör gebracht. Alles entlädt sich in einem gewaltigen Finale, der letzte Teil der Suite nennt sich absolut treffend "Grand Finale", die erzählte Geschichte bietet kein Happy End. Auf die Story des Songs werde ich hier nicht näher eingehen, es würde den Rahmen der Rezension sprengen. Nachlesen im CD-Booklet hiermit ausdrücklich angeraten!
Nach der mächtigen, futurischtischen 2112 Suite, gewinnen wir mit "A Passage to Bangkok" wieder Boden unter den Füssen. Hier klingen Rush deutlich weniger "metallisch", sondern frönen dem klassischen Hardrock, aber drücken dieser Musikart ihren eigenen Stempel auf. Zum Titel passend, streut man leichte Einflüsse aus dem fernen Osten ein. "The Twilight Zone" klingt ebenfalls so, wie der Titel es vermuten lässt. Leicht mystisch und schleichend. Ein echtes Highlight, aber das Stück braucht ein wenig Zeit um ordentlich zu zünden. "Lessons" ist ein eher unscheinbarer Song, aber es wäre unfair den Track als Füller zu bezeichnen. Die musikalische Ausrichtung ist eher entspannt, für die frühen Rush fast poppig. Bevor es zu seicht wird, setzen Lee und Lifeson ihre Duftmarken. Danach wird nochmal um mindestens einen bis zwei Gänge zurückgeschaltet. "Tears" ist eine wundervolle, kleine Ballade. Lee singt entspannt und ein Mellotron kommt zum Einsatz. Sehr schön. "Something for Nothing" setzt den Schlusspunkt. Zunächst ein wenig verhalten, geht nach kurzer Zeit die Post ab. Lediglich der Refrain wirkt auf mich ein wenig gewöhnlich.
Rush legen mit ihrem vierten Album einen Klassiker vor. Das dürfte wohl ausser Frage stehen. Einsteiger könnten eventuell Probleme mit dem Gesang von Geddy Lee haben. Manche Stellen wirken kompositorisch noch ein wenig holprig. Aber gerade diese Ecken und Kanten, machen einen nicht unerheblichen Teil des Reizes dieser Scheibe aus. Auch wenn ich eher die Rush der Achtziger und Neunziger bevorzuge, so sind auch für mich die alten Werke unverzichtbar. Die Remaster CD ist günstig zu haben, und bietet einen satten, druckvollen und sehr transparenten sowie dynamischen Sound!!!!
Weitere Empfehlungen:
Caress of Steel (1975) : Ein abwechslungsreiches Frühwerk. Von eingängigen Stücken bis zum Longtrack ist alles vorhanden. Rush haben ihren eigenen Stil gefunden.
Hemispheres (1978) : Das Ende der spacigen Phase. Mit "Cygnus X-1 Book II,Hemispheres", gibt es den letzten Longtrack zu hören.
Moving Pictures (1981) : Rush sind in den Achtzigern angekommen. Überwiegend kompakter, aber ohne Verlust der alten Klasse. Der Gesang von Geddy Lee wird immer besser.
Signals (1982) : Mehr Keyboards, aber noch immer erstklassig!!!
Power Windows (1985) : Sicherlich das "Keyboard Album" von Rush. Qualitativ wie aus einem Guß, absolut überzeugend!
Hold your Fire (1987) : Oft unterschätztes Werk. Siehe Link.
Counterparts (1993) : Das stärkste Album der Neunziger. Mehr Gitarren, weniger Keyboards. Dafür etliche Ohrwürmer!
Test for Echo (1996) : Noch eine Spur kantiger als "Counterparts". Sehr gelungen!
"2112" aus dem Jahre 1976, war das vierte Studioalbum der Herren Lee, Lifeson und Peart. Wie damals bei vielen Künstlern üblich, legte man ein flottes Arbeitstempo vor. Das Debut erschien nur zwei Jahre zuvor. Bereits auf Album Nummer 2, dem gelungenen Werk "Fly by Night", hatte sich die "endgültige" Rush Besetzung gefunden. Auf dem Debut war ein gewisser John Rutsey an den Drums zu hören. Dieser wurde bereits auf dem nächsten Album, von "Octopus" Neil Peart ersetzt. Ein Glücksgriff, da Peart sicherlich einer der innovativsten Drummer der Rockgeschichte ist. Darüber hinaus ein sehr begabter Textschreiber. An der Besetzung Geddy Lee (Bass, Gesang), Alex Lifeson (Gitarre), Neil Peart (Drums) hat sich seither nichts geändert. Um den musikalischen Werdegang von Rush auch für Einsteiger nachvollziehbar zu machen, stellt "2112" einen guten Beginn dar. Die Band hat auf diesem Album ihren eigenen Stil gefunden, der sich im weiteren Verlauf ihrer Karriere noch deutlich erweitern sollte.
"2112" bietet uns einen über zwanzig Minuten langen Titeltrack, der damals die komplette erste LP-Seite füllte. Auf der zweiten Seite findet man fünf kürzere Stücke, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Der Titelsong geht als vielleicht erste "Progmetal Suite" der Geschichte durch. Gerade für damalige Verhältnisse klingt Lifesons Gitarre sehr hart und schneidend. Quasi lässt man im Titeltrack den klassischen Hardrock hinter sich, und bereitet den Nährboden für unzählige Progmetal Bands, die aber noch gut ein Jahrzehnt auf sich warten lassen sollten. Nun erwartet uns aber keine zwanzigminütige Frickel- oder gar Knüppelorgie. Rush streuen immer wieder ruhige Passagen ein, die sehr stimmig wirken, und für die nötige Entspannung und Tiefe der Suite sorgen. Der Kontrast zwischen den unterschiedlichen Stimmungen ist recht drastisch, was zum einen der harten Gitarre Lifesons liegt, zum anderen am Gesang Geddy Lees. Dieser wechselt zwischen hysterischem Robert Plant mit abgeschnürtem Gemächt, und recht entspannten melodischen Tönen. Man könnte der Grosskomposition nun eine gewisse Zerrissenheit vorwerfen. Ich sehe das allerdings anders. Gerade durch die sehr differenten Abschnitte, werden die Stimmungen des Werkes excellent zu Gehör gebracht. Alles entlädt sich in einem gewaltigen Finale, der letzte Teil der Suite nennt sich absolut treffend "Grand Finale", die erzählte Geschichte bietet kein Happy End. Auf die Story des Songs werde ich hier nicht näher eingehen, es würde den Rahmen der Rezension sprengen. Nachlesen im CD-Booklet hiermit ausdrücklich angeraten!
Nach der mächtigen, futurischtischen 2112 Suite, gewinnen wir mit "A Passage to Bangkok" wieder Boden unter den Füssen. Hier klingen Rush deutlich weniger "metallisch", sondern frönen dem klassischen Hardrock, aber drücken dieser Musikart ihren eigenen Stempel auf. Zum Titel passend, streut man leichte Einflüsse aus dem fernen Osten ein. "The Twilight Zone" klingt ebenfalls so, wie der Titel es vermuten lässt. Leicht mystisch und schleichend. Ein echtes Highlight, aber das Stück braucht ein wenig Zeit um ordentlich zu zünden. "Lessons" ist ein eher unscheinbarer Song, aber es wäre unfair den Track als Füller zu bezeichnen. Die musikalische Ausrichtung ist eher entspannt, für die frühen Rush fast poppig. Bevor es zu seicht wird, setzen Lee und Lifeson ihre Duftmarken. Danach wird nochmal um mindestens einen bis zwei Gänge zurückgeschaltet. "Tears" ist eine wundervolle, kleine Ballade. Lee singt entspannt und ein Mellotron kommt zum Einsatz. Sehr schön. "Something for Nothing" setzt den Schlusspunkt. Zunächst ein wenig verhalten, geht nach kurzer Zeit die Post ab. Lediglich der Refrain wirkt auf mich ein wenig gewöhnlich.
Rush legen mit ihrem vierten Album einen Klassiker vor. Das dürfte wohl ausser Frage stehen. Einsteiger könnten eventuell Probleme mit dem Gesang von Geddy Lee haben. Manche Stellen wirken kompositorisch noch ein wenig holprig. Aber gerade diese Ecken und Kanten, machen einen nicht unerheblichen Teil des Reizes dieser Scheibe aus. Auch wenn ich eher die Rush der Achtziger und Neunziger bevorzuge, so sind auch für mich die alten Werke unverzichtbar. Die Remaster CD ist günstig zu haben, und bietet einen satten, druckvollen und sehr transparenten sowie dynamischen Sound!!!!
Weitere Empfehlungen:
Caress of Steel (1975) : Ein abwechslungsreiches Frühwerk. Von eingängigen Stücken bis zum Longtrack ist alles vorhanden. Rush haben ihren eigenen Stil gefunden.
Hemispheres (1978) : Das Ende der spacigen Phase. Mit "Cygnus X-1 Book II,Hemispheres", gibt es den letzten Longtrack zu hören.
Moving Pictures (1981) : Rush sind in den Achtzigern angekommen. Überwiegend kompakter, aber ohne Verlust der alten Klasse. Der Gesang von Geddy Lee wird immer besser.
Signals (1982) : Mehr Keyboards, aber noch immer erstklassig!!!
Power Windows (1985) : Sicherlich das "Keyboard Album" von Rush. Qualitativ wie aus einem Guß, absolut überzeugend!
Hold your Fire (1987) : Oft unterschätztes Werk. Siehe Link.
Counterparts (1993) : Das stärkste Album der Neunziger. Mehr Gitarren, weniger Keyboards. Dafür etliche Ohrwürmer!
Test for Echo (1996) : Noch eine Spur kantiger als "Counterparts". Sehr gelungen!