CD der Woche: Magnum - Wings of Heaven
Verfasst: Do 1. Dez 2005, 13:57
Wer denkt bei dem Wort Magnum, an eine schlechte TV-Serie, oder gar ein ekelhaftes Eis? Du? Weiterlesen! Du nicht? Ebenfalls weiterlesen!
Die britische Rockband stand in den späten Achtzigern, an der Schwelle zum grossen Durchbruch. Künstlerischer und kommerzieller Höhepunkt, war das 1988 veröffentlichte Werk "Wings of Heaven". Eine erstklassig produzierte Scheibe, die eine perfekte Mischung aus Rock, Hardrock, Bombast, Balladen und Eingängkeit bot, ohne dabei Tiefgang vermissen zu lassen.
Ein kurzer Abriss über die Geschichte der Band. Zunächst unterschrieb man bei JET Records, einen Vertrag über insgesamt fünf Alben. Diese verkauften sich allerdings nur mäßig, und die Promotion seitens der Plattenfirma war ebenfalls recht bescheiden. Ständige Querelen führten letzlich zur Beendigung des Vertrages. Man hatte vier Studioalben und ein Livealbum veröffentlicht (1978-83), stand aber mit leeren Händen da. Das nächste Album "On a Storyteller's Night", produzierte man auf eigene Kosten. Ein hohes Risiko welches sich aber auszahlen sollte. In der britischen Heimat verkaufte sich das Album ordentlich, und man konnte einen neuen Plattendeal ergattern. Queen Drummer Roger Taylor produzierte das folgende Album "Vigilante". In den Queen Studios Montreux aufgenommen, konnte dieses Werk mit einer erstklassigen Produktion überzeugen, und steigerte den Bekanntheitsgrad der Band deutlich. Zwei Jahre später war es soweit. "Wings of Heaven" wurde auf den Markt gebracht, und erreichte in Europa hohe Chartplatzierungen. Die Band war auf dem besten Weg in den Rockolymp. Der weitere Verlauf ist eher tragisch. Die Plattenfirma schielte auf den amerikanischen Markt. Man nötigt den Gitarristen und Songschreiber Tony Clarkin, mit amerikanischen Co-Writern zusammen zu arbeiten. Das folgende Album "Goodnight L.A." kann die Erwartungen, weder in künstlerischer noch kommerzieller Hinsicht erfüllen. Das Songmaterial ist nur mittelprächtig, die Produktion von Keith Olsen eine Zumutung. Nun beginnt der unaufhaltsame Abstieg der Band. Dieser endet mit der Auflösung Mitte der Neunziger. 2002 wagt man das Comeback, und veröffentlicht ein solides Spätwerk ("Breath of Life"). Das folgende "Brand new Morning", aus dem Jahre 2004, übertrifft den Vorgänger sogar.
Tauchen wir also in die späten Achtziger ein, und betrachten eines der besten Rockalben dieser Zeit. "Days of no Trust" beginnt hymnenhaft, und entwickelt sich zu einem gradlinigen Rocker. Obwohl der Text keine Jubelarie ist, verbreitet der Song eine sehr positive Stimmung. Man wird beim hören regelrecht mitgerissen, angesteckt von dieser Euphorie. Man merkt der Band um Tony Clarkin und Sänger Bob Catley deutlich an, dass sie sich bewusst sind, auf dem Sprung nach ganz oben zu sein. Schon hier sei die sehr druckvolle, erstklassige Produktion erwähnt, mit diesem warmen Sound verwöhnt uns die komplette Scheibe. "Wild Swan" präsentiert sich vielschichtiger als der Opener. Bob Catley legt stimmlich noch eine Schippe drauf. Der Bombastfaktor nimmt zu. Bei Zeilen wie "Fly home its just me and you...", bleibt kein Auge trocken. Sehr schön sind die Keyboardsounds, die sich wohltuend vom damals üblichen "80er Gequietsche" abheben. Ein ganz grosser Song! "Start talking Love" ist ein netter, kommerzieller Rocksong. Quasi die ideale Single, die ohne Frage massenkompatibel ist, aber nicht als peinlicher Ausrutscher angekreidet werden muss. Nach dem gigantischen "Wild Swan", genau der richtige Song um etwas zu entspannen. "One Step away" bietet dann wieder deutlich mehr Tiefe. Der Song beginnt ruhig, mit sehr einem sehr stimmigen Intro. Schleichend, fast etwas bedrohlich wird man von diesem Stück in Besitz genommen, bevor sich Tempo und Bombast hinzugesellen.
"It must have been Love". Man errät es schon am Titel. Das kann nur eine Ballade sein. Zum Glück eine, bei der man sich nicht unangnehm berührt fühlt. Ohne Zweifel ist der Song purer Kitsch. Aber wenn stört das, wenn er so wundervoll vorgetragen wird. Bob Catleys warme Stimme, der Chorbombast, die fetten Drums. Perfekt! "Different Worlds" erinnert ein wenig an den Opener "Days of no Trust". Allerdings variiert man das Tempo, und sorgt so für Abwechslung. "Pray for the Day" startet bombastisch. Dann setzt der Gesang ein, und der Song wird besinnlich. Der Text beschäftigt sich mit dem damals noch geteilten Berlin. Wie auch schon bei "Days of no Trust" oder "Different Worlds" ein durchsaus politischer, kritischer Text. Allerdings kommen die Lyrics von Tony Clarkin nicht kopflastig, oder gar mit intellektuell erhobenem Zeigerfinger daher. Nun ist es an der Zeit das grosse Finale einzuläuten. Wie kann man ein grosses Rockalbum zu einem würdigen Ende führen? Ganz einfach, man setzt den ultimativen Höhepunkt an das Ende der Tracklist. "Dont wake the Lion (Too old to die young)". Ein Monument, ein Meilenstein, ein Meisterwerk von epischen Ausmaßen. Ein Antikriegsgebet, eine Anklage, eine Entmystifizierung sinnlosen Heldentums. Das über zehnminütige Epos beginnt ruhig, steigert sich und gipfelt in einem bombastischen Refrain. Nie hat Catley intensiver und besser gesungen!!!! Zutiefst ergreifend und beeindruckend!
Fazit: Auch nach inzwischen über 17 Jahren, hat das Album seine Reize nicht verloren. Zeitlos gute Rockmusik, perfekt gespielt und produziert!
Weitere Empfehlungen:
Chase the Dragon (1982) - Das beste der frühen Werke. "The Spirit" und "Sacred Hour" sind Klassiker!
On a Storyteller's Night (1985) - Das Album verbreitet eine schöne Fantasystimmung. Die Produktion ist etwas matt, man kann aber damit leben.
Vigilante (1986) - Roger Taylor verhilft der Band zu einem prachtvollen Soundgewand. Wer sich mit etwas härterer Rockmusik schwer tut, sollte mit "Vigilante" einsteigen. Neben "Wings of Heaven" mein Lieblingsalbum der Band.
Brand New Morning (2004) - Schönes Spätwerk. Lohnt sich!
Die britische Rockband stand in den späten Achtzigern, an der Schwelle zum grossen Durchbruch. Künstlerischer und kommerzieller Höhepunkt, war das 1988 veröffentlichte Werk "Wings of Heaven". Eine erstklassig produzierte Scheibe, die eine perfekte Mischung aus Rock, Hardrock, Bombast, Balladen und Eingängkeit bot, ohne dabei Tiefgang vermissen zu lassen.
Ein kurzer Abriss über die Geschichte der Band. Zunächst unterschrieb man bei JET Records, einen Vertrag über insgesamt fünf Alben. Diese verkauften sich allerdings nur mäßig, und die Promotion seitens der Plattenfirma war ebenfalls recht bescheiden. Ständige Querelen führten letzlich zur Beendigung des Vertrages. Man hatte vier Studioalben und ein Livealbum veröffentlicht (1978-83), stand aber mit leeren Händen da. Das nächste Album "On a Storyteller's Night", produzierte man auf eigene Kosten. Ein hohes Risiko welches sich aber auszahlen sollte. In der britischen Heimat verkaufte sich das Album ordentlich, und man konnte einen neuen Plattendeal ergattern. Queen Drummer Roger Taylor produzierte das folgende Album "Vigilante". In den Queen Studios Montreux aufgenommen, konnte dieses Werk mit einer erstklassigen Produktion überzeugen, und steigerte den Bekanntheitsgrad der Band deutlich. Zwei Jahre später war es soweit. "Wings of Heaven" wurde auf den Markt gebracht, und erreichte in Europa hohe Chartplatzierungen. Die Band war auf dem besten Weg in den Rockolymp. Der weitere Verlauf ist eher tragisch. Die Plattenfirma schielte auf den amerikanischen Markt. Man nötigt den Gitarristen und Songschreiber Tony Clarkin, mit amerikanischen Co-Writern zusammen zu arbeiten. Das folgende Album "Goodnight L.A." kann die Erwartungen, weder in künstlerischer noch kommerzieller Hinsicht erfüllen. Das Songmaterial ist nur mittelprächtig, die Produktion von Keith Olsen eine Zumutung. Nun beginnt der unaufhaltsame Abstieg der Band. Dieser endet mit der Auflösung Mitte der Neunziger. 2002 wagt man das Comeback, und veröffentlicht ein solides Spätwerk ("Breath of Life"). Das folgende "Brand new Morning", aus dem Jahre 2004, übertrifft den Vorgänger sogar.
Tauchen wir also in die späten Achtziger ein, und betrachten eines der besten Rockalben dieser Zeit. "Days of no Trust" beginnt hymnenhaft, und entwickelt sich zu einem gradlinigen Rocker. Obwohl der Text keine Jubelarie ist, verbreitet der Song eine sehr positive Stimmung. Man wird beim hören regelrecht mitgerissen, angesteckt von dieser Euphorie. Man merkt der Band um Tony Clarkin und Sänger Bob Catley deutlich an, dass sie sich bewusst sind, auf dem Sprung nach ganz oben zu sein. Schon hier sei die sehr druckvolle, erstklassige Produktion erwähnt, mit diesem warmen Sound verwöhnt uns die komplette Scheibe. "Wild Swan" präsentiert sich vielschichtiger als der Opener. Bob Catley legt stimmlich noch eine Schippe drauf. Der Bombastfaktor nimmt zu. Bei Zeilen wie "Fly home its just me and you...", bleibt kein Auge trocken. Sehr schön sind die Keyboardsounds, die sich wohltuend vom damals üblichen "80er Gequietsche" abheben. Ein ganz grosser Song! "Start talking Love" ist ein netter, kommerzieller Rocksong. Quasi die ideale Single, die ohne Frage massenkompatibel ist, aber nicht als peinlicher Ausrutscher angekreidet werden muss. Nach dem gigantischen "Wild Swan", genau der richtige Song um etwas zu entspannen. "One Step away" bietet dann wieder deutlich mehr Tiefe. Der Song beginnt ruhig, mit sehr einem sehr stimmigen Intro. Schleichend, fast etwas bedrohlich wird man von diesem Stück in Besitz genommen, bevor sich Tempo und Bombast hinzugesellen.
"It must have been Love". Man errät es schon am Titel. Das kann nur eine Ballade sein. Zum Glück eine, bei der man sich nicht unangnehm berührt fühlt. Ohne Zweifel ist der Song purer Kitsch. Aber wenn stört das, wenn er so wundervoll vorgetragen wird. Bob Catleys warme Stimme, der Chorbombast, die fetten Drums. Perfekt! "Different Worlds" erinnert ein wenig an den Opener "Days of no Trust". Allerdings variiert man das Tempo, und sorgt so für Abwechslung. "Pray for the Day" startet bombastisch. Dann setzt der Gesang ein, und der Song wird besinnlich. Der Text beschäftigt sich mit dem damals noch geteilten Berlin. Wie auch schon bei "Days of no Trust" oder "Different Worlds" ein durchsaus politischer, kritischer Text. Allerdings kommen die Lyrics von Tony Clarkin nicht kopflastig, oder gar mit intellektuell erhobenem Zeigerfinger daher. Nun ist es an der Zeit das grosse Finale einzuläuten. Wie kann man ein grosses Rockalbum zu einem würdigen Ende führen? Ganz einfach, man setzt den ultimativen Höhepunkt an das Ende der Tracklist. "Dont wake the Lion (Too old to die young)". Ein Monument, ein Meilenstein, ein Meisterwerk von epischen Ausmaßen. Ein Antikriegsgebet, eine Anklage, eine Entmystifizierung sinnlosen Heldentums. Das über zehnminütige Epos beginnt ruhig, steigert sich und gipfelt in einem bombastischen Refrain. Nie hat Catley intensiver und besser gesungen!!!! Zutiefst ergreifend und beeindruckend!
Fazit: Auch nach inzwischen über 17 Jahren, hat das Album seine Reize nicht verloren. Zeitlos gute Rockmusik, perfekt gespielt und produziert!
Weitere Empfehlungen:
Chase the Dragon (1982) - Das beste der frühen Werke. "The Spirit" und "Sacred Hour" sind Klassiker!
On a Storyteller's Night (1985) - Das Album verbreitet eine schöne Fantasystimmung. Die Produktion ist etwas matt, man kann aber damit leben.
Vigilante (1986) - Roger Taylor verhilft der Band zu einem prachtvollen Soundgewand. Wer sich mit etwas härterer Rockmusik schwer tut, sollte mit "Vigilante" einsteigen. Neben "Wings of Heaven" mein Lieblingsalbum der Band.
Brand New Morning (2004) - Schönes Spätwerk. Lohnt sich!