Hallo Schabbeskugel,
das Bündelungsmaß eines Kolbenstrahlers auf unendlicher Schallwand (trifft in guter Näherung auf Hochtöner zu) steigt zunächst langsam und dann stärker, wenn er groß gegen die Wellenlänge wird. Siehe z.B. Seite 5:
http://www.htwm.de/pwill/kolbst.pdf
Eine Bündelung oberhalb ka = 1 ist daher etwas simplifizierend, trifft jedoch im Kern gut zu. Hier am Beispiel einer Seas-Gewebekalotte, wobei der Amplitudenfrequenzgang leider nur bis 60° dargestellt ist und nicht bis 90°. Wirklich ausgeprägt wird die Bündelung oberhalb "Strahlerdurchmesser = halbe Wellenlänge" (ka ~ 1,5), d.h. für eine 25mm-Kalotte ab 6,8kHz:
http://www.seas.no/seas_line/tweeters/H831.PDF
Während man Tief- und Mitteltöner recht bequem klein gegen die Wellenänge halten kann (wenn man will...) und so eine Bündelung vermeidet, ist dies beim Hochtöner nur schwer möglich. Ich habe selbst diverse Betriebsschallpegelkurven gemessen (Frequenzgang am Hörplatz) und kann daher bestätigen, daß diese meist zu hohen Frequenzen hin fällt, was auch deutlich hörbar ist. Hier spielt sowohl der Diffusfeldfrequenzgang des Lautsprechers, wie auch die Nachhallzeit des Raumes als Funktion der Frequenz eine Rolle.
Nach Untersuchungen von Leckschat wird eine vollständige Linearisierung der Betriebsschallpegelkurve (durch eine Anhebung des Freifeldfrequenzganges im Hochtonbereich, wo die Bündelung auftritt) von der Mehrzahl der Hörer nicht positiv bewertet. Gar keine Entzerrung (linearer Freifeld-Frequenzgang, zu hohen Frequenzen fallende Betriebs-Schallpegelkurve) erwies sich aber ebenfalls für die Mehrzahl der Probanden als nicht günstig. Am besten wurde eine halbe Entzerrung bewertet, also weder eine vollständig linearisierte Betriebsschallpegelkurve (mit zu hohen Frequenzen steigendem Freifeld-Frequenzgang), noch ein vollständig linearer Freifeld-Frequenzgang (mit zu hohen Frequenzen fallender Betriebs-Schallpegelkurve).
Kleinere Hochtöner wären natürlich wünschenswert, würden aber eine geringere Bandbreite aufweisen und den Übergang auf drei Wege erzwingen, was zumindest teuer ist. Zudem sind kleine Hochtöner elektrisch wenig belastbar, denn die Belastbarkeit hängt direkt mit der Größe der Schwingspule zusammen. Bereits eine 25mm-Kalotte verträgt dauerhaft nur ca. 3W elektrische Leistung, widerstandsfähige Exemplare, wo Kalotte und Spulenträger aus einem Stück Metall gefertigt sind und die mit Ferrofluid ausgerüstet sind, wohl auch 10W - über Powercompression und nichtlineare Verzerrungen ist damit noch nichts gesagt, sie gehen jedenfalls nicht kaputt.
Meine Erfahrung geht dahin, daß der Unterschied zwischen einer 25mm-Kalotte und einer 19mm-Kalotte bei identischem Freifeld-Frequenzgang unter normalen Wohnraumbedingungen durchaus hörbar ist, die kleinere Kalotte klingt im direkten Vergleich etwas "freier". Wenn die Box belastbar sein soll, ist eine Ankoppelung unter 3kHz jedoch kaum möglich. Die klassische Kombination aus 50mm-Kalottenmitteltöner und 19mm Kalottenhochtöner, getrennt bei ~ 3,3kHz, hat in der Summe der Eigenschaften nicht wenig Vorteile.
Ein Hochtöner mit (meßbar und hörbar) ausgezeichneter Dispersion in der höchsten Oktave ist auch der Ringstrahler von Nubert/Peerless mit einer 0,5"-Spule (12,5mm).
Die ganz hohen Frequenzen sind nun glücklicherweise für Klangfarbe und/oder Entfernungseindruck nicht überaus relevant, aber angenehm ist eine stetige Richtcharakteristik auch in diesem Frequenzbereich.
Gruß
Andreas