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Polypropylen Chassis bei Nuline 30 nicht optimal ???

Verfasst: Do 26. Jun 2003, 23:25
von Andy22
Hallo,

da ich mir im Herbst/Winter eventuell drei Nuline 30 als Front zulegen möchte, habe ich mal eine prinzipielle Frage zu den Tiefmitteltönern der Nuline 30. Diese haben ja eine Kunststoffmembran, auch Polypropylen genannt. Nun hört man ja immer wieder, dass dieses Material eher ungeeignet ist und als Tieftöner eigentlich total ungeeignet.

Kann mich da mal einer aufklären oder mir technische Hintergründe dazu erläutern?

Gruß
Andy

Re: Polypropylen Chassis bei Nuline 30 nicht optimal ???

Verfasst: Fr 27. Jun 2003, 01:14
von Frank Klemm
Andy22 hat geschrieben: da ich mir im Herbst/Winter eventuell drei Nuline 30 als Front zulegen möchte, habe ich mal eine prinzipielle Frage zu den Tiefmitteltönern der Nuline 30. Diese haben ja eine Kunststoffmembran, auch Polypropylen genannt. Nun hört man ja immer wieder, dass dieses Material eher ungeeignet ist und als Tieftöner eigentlich total ungeeignet.

Kann mich da mal einer aufklären oder mir technische Hintergründe dazu erläutern.
Für Lautsprecher-Membranen kommen Materialien in Frage, die steif und leicht sind. Materialien, die leicht und steif sind, erkennt man daran, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schall darin hoch ist. Steife, aber schwere Materialien sind vergleichsweise langsam (Masse = träge), genauso weiche leichte (Weicheiern nützt ihre Leichtigkeit auch nichts).

Physikalisch hat man es wieder mit einem klassischen Trägheitssystem zu tun, wie man es von einem Federschwinger kennt. Das führt wieder zu Gleichungen wie:

v ~ sqrt ( E / rho )

E: Elastizitätmodul
rho: Dichte
v: Schallgeschwindigkeit
sqrt: Funktion mit f(x*x) = x

Sieht man nun mal in Tabellen, dann gibt es eine Menge Stoffe, die verdammt fix sind:

- Aluminium: ca. 6,4 km/s
- Titanium: ca. 5,9...6,1 km/s
- Magnesium: 5,8 km/s
- Lithium: 7,1 km/s
- Stahl: 6 km/s
- Borkarbid: 11 km/s
- Beryllium: 12,9 km/s
- Aluminiumoxid: 8,7 km/s
- Diamant: 17,5 km/s
- Molybdän: 6,3 km/s
- Polypropylen: 6...7 km/s
- Polystyren: 5,1...6,8 km/s
- Glas: 5...7 km/s
- Kevlar: ???
- Siliziumkarbid: 13 km/s
- Silliziumnitrid: 11 km/s
- Papier: Papier ist meist nur das Trägermaterial, Wert hängt stark von Imprägniermaterial ab.

Sieht alles toll aus, aber da gibt es einige Probleme:

- Das ist die Schallgeschwindigkeit in unendlichen Körpern, in dünnen Folien oder dünnen Drähten ist sie viel kleiner

- [Bemerkung für nicht Klugscheißerallergiker: In Festkörpern gibt es nicht DIE Schallgeschwindigkeit, sondern zwei oder in anisotrophen Materialien sogar drei, uns interessieren aber hier nur die langsamen Biegeschwingungen (Transversalwellen)]

- Das Material muß bezahlbar sein

- Das Material muß bearbeitbar sein. Das ist besonders schwierig, weil Membranen keine Zylinderflächenform haben dürfen, sondern doppelt gekrümmt sein müssen, um radiale Moden zu unterdrücken. Man muß das Zeug daher entweder in der benötigten Form herstellen können (bei Papier ist das tradionell sehr einfach, da werden entsprechende Schöpfsiebe benutzt) oder das Material plastisch umformen können.

- Das Material darf nicht ferromagnetisch sein, sonst wird es vom Magneten des Antriebssystems angezogen

- Das Material muß klangneutral sein, d.h. es muß nach einer Anregung möglichs schnell wieder zum Stillstand kommen (und nicht wie ein Stahlblech wochenlang rumröhren). Ideal ist so was vom Klang eines Ziegelsteins, aber Ziegelsteine lassen sich verdammt schlecht umformen.

Aus diesen Gründen landet man am Ende meist bei:

- Papier: unbehandeltes Papier ist zwar mechanisch nicht besonders tauglich und klingt nach 50er und 60er Jahre Klang, aber bis auf Böse Firmen hat das Papier mit dem Papier der 50er und 60er Jahre kaum was gemeinsam. Die eigentlichen Eigenschaften bekommt es durch Imprägnierung, die auch die Feuchtigkeitsempfindlichkeit deutlich reduziert. Außerdem liegen viele Jahrzehnte Erfahrung mit deisem Werkstoff vor.

- Aluminium, Titan, Magnesium, Molybdän
feuchtigkeitsunempfindlich, bessere Temperaturabgabe, höhere Schallgeschwindigkeit,
höhere obere Grenzfrequenz, geringere Dämpfung.
Am Ende der Übertragungsfunktion hat man deutliche Resonanzen, die weggefiltert werden müssen. Teurer. Bei geeigneten Filtern breiteres Übertragungsband.

- Kevlar
ähnlich wie Al/Ti/Mg/Mo
schlechter optimierbar, da Dickenprofile etc. nicht machbar.

- Textil
Ähnlich Papier (auch mit Imprägnierung), aber noch höhere Dämpfung.

- Polypropylen
Von den Eigenschaften zwischen Papier und Al/Mg/Ti/Mo

- Mischwerkstoffe
Verbundwerkstoffen, z.B. Ti/Polypropylen/Ti

Verfasst: Fr 27. Jun 2003, 10:40
von Andy22
Au, das klingt ja interessant! :) Wäre sehr interessiert an weiteren Ausführungen.

Gruß
Andy

PP Chassis nicht optimal

Verfasst: Sa 28. Jun 2003, 10:33
von stan libuda
Hi Andy 22,
wenn das chassis nicht optimal wäre, würde es Sir Nubert gar nicht verwenden 8O
Mfg Stan

nuBox 580, Cs 3, rs 3 :D

Verfasst: Sa 28. Jun 2003, 21:48
von Andy22
@Stan

Bitte? "Sir" Nubert? Wo bin ich denn hier gelandet? Nein, Spass bei Seite, aber solche Aussagen finde ich schon etwas Kindergartenmässig! ;)

Ich dachte eben, dass es kostentechnische Hintergründe hat und Herr Nubert den Klang halt mit der Weichenkonstruktion so lange optimiert, dass selbst das PP Chassis gut klingt aber in der Serienproduktion halt ein insgesammt besserer Preis drin ist. Die Weichenentwicklung macht man ja nur einmal, die Chassis muss man immer wieder einkaufen. So dachte ich halt.

Mag ja sein, dass eben gerade PP das optimale Material für die Nuline ist, dann möchte ich das aber vernünftig argumentiert haben und nicht so einen albernen "Sir Nubert" Spruch. Ich finde die Arbeit von Herrn Nubert bemerkenswert und meine Wahl auf die Nuline steht eigentlich schon fest (zumal ich ja kein Risiko eingehe), dennoch hätte ich meine Frage mal aus technischer Sicht erläutert.

Gruß
Andy

Verfasst: So 29. Jun 2003, 16:17
von g.vogt
Hallo,

Konstruktionsdetails zu den Nubert-Boxen sind unter Technik-Satt zu finden. Die dortigen sehr ausführlichen Erläuterungen haben mich einst auf Nubert neugierig gemacht. Schau dich doch mal da um, das Lesen lohnt sich!

Hab dir als kleine Suchhilfe mal den Link zu einem der entsprechenden Dokumente rausgesucht:
http://www.nubert.de/downloads/nubox.pdf
Eine Erklärung zur Verwendung von Polypropylen findet sich auf Seite 1, zweite Spalte rechts oben.

Noch ausführlichere Erläuterungen zum verwendeten Material finden sich hier:
http://www.nubert.de/downloads/konstruktionsdetails.pdf

Mit internetten Grüßen

Re: Polypropylen Chassis bei Nuline 30 nicht optimal ???

Verfasst: Di 1. Jul 2003, 17:59
von pinglord
Frank Klemm hat geschrieben:sqrt: Funktion mit f(x*x) = x
Ich hasse diese Uni-mäßige wissenschaftliche "wir machen es so kompliziert wie möglich"-Ausdrucksweise.

Musste ne Weile nachdenken, bis ich feststellte, dass du auch einfach hättest sagen können:

sqrt(x) -> Quadratwurzel von x

aber nein warum einfach wenns auch kompliziert geht. Und mit solchen Blüten plage ich mich jetzt seit 2 Semestern rum.

Verfasst: Di 1. Jul 2003, 18:19
von *-chipmunk-*
hehe,

jaja so nen prof hatte ich auch an der fh. hauptsache formeln mit doppelringintegralen herleiten. sinushyperbolicus dabei nicht zu vergessen. am ende stand dann M = q * l² und Q = q * l/2

tolle wurst.....

gruß chip

Re: Polypropylen Chassis bei Nuline 30 nicht optimal ???

Verfasst: Di 1. Jul 2003, 18:42
von Frank Klemm
pinglord hat geschrieben:
Frank Klemm hat geschrieben:sqrt: Funktion mit f(x*x) = x
Ich hasse diese Uni-mäßige wissenschaftliche "wir machen es so kompliziert wie möglich"-Ausdrucksweise.
Sag' es kürzer: Du haßt Mathematik! Wie die meisten auf diesem Planeten.

BTW: Diese Definition der Funktion ist die einfachste,
die es gibt und die jeder nachvollziehen kann.

Da diese Bezeichnung in fast allen Programmiersprachen verwendet wird, braucht man
sie eigentlich gar nicht zu definieren.

Verfasst: Di 1. Jul 2003, 18:53
von Frank Klemm
*-chipmunk-* hat geschrieben:hehe,
jaja so nen prof hatte ich auch an der fh. hauptsache formeln mit doppelringintegralen herleiten. sinushyperbolicus dabei nicht zu vergessen. am ende stand dann M = q * l² und Q = q * l/2
Was stört Dich am "sinus hyperbolicus"? Wenn bei Berechnungen bekannte Funktionen auftreten, ist das
doch eher schön. Bei etwas komplexeren Rechnungen
treten die häufig nicht mehr auf, und dann wird es
es meistens wesentlich unangenehmer.

Bekannte Funktionen sind einfach nur Kurzformen
von Abbildung f(x) -> y, die häufig auftreten und
die meistens bestimmte angenehme Eigenschaften
haben, die Umformungen erleichtern.

Logarithmus, Exponentialfunktion, Winkelfunktionen, inverse Winkelfunktionen,
Hyperbelfunktionen, inverse Hyperbelfunktionen,
Potenzfunktionen sind die einfacheren, die
bekannt sein sollten und die viele dieser
angenehmen Eigenschaften haben.

Es gibt aber auch jede Menge anderer Funktionen, die noch Namen haben.