Andy22 hat geschrieben:
da ich mir im Herbst/Winter eventuell drei Nuline 30 als Front zulegen möchte, habe ich mal eine prinzipielle Frage zu den Tiefmitteltönern der Nuline 30. Diese haben ja eine Kunststoffmembran, auch Polypropylen genannt. Nun hört man ja immer wieder, dass dieses Material eher ungeeignet ist und als Tieftöner eigentlich total ungeeignet.
Kann mich da mal einer aufklären oder mir technische Hintergründe dazu erläutern.
Für Lautsprecher-Membranen kommen Materialien in Frage, die steif und leicht sind. Materialien, die leicht und steif sind, erkennt man daran, daß die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schall darin hoch ist. Steife, aber schwere Materialien sind vergleichsweise langsam (Masse = träge), genauso weiche leichte (Weicheiern nützt ihre Leichtigkeit auch nichts).
Physikalisch hat man es wieder mit einem klassischen Trägheitssystem zu tun, wie man es von einem Federschwinger kennt. Das führt wieder zu Gleichungen wie:
v ~ sqrt ( E / rho )
E: Elastizitätmodul
rho: Dichte
v: Schallgeschwindigkeit
sqrt: Funktion mit f(x*x) = x
Sieht man nun mal in Tabellen, dann gibt es eine Menge Stoffe, die verdammt fix sind:
- Aluminium: ca. 6,4 km/s
- Titanium: ca. 5,9...6,1 km/s
- Magnesium: 5,8 km/s
- Lithium: 7,1 km/s
- Stahl: 6 km/s
- Borkarbid: 11 km/s
- Beryllium: 12,9 km/s
- Aluminiumoxid: 8,7 km/s
- Diamant: 17,5 km/s
- Molybdän: 6,3 km/s
- Polypropylen: 6...7 km/s
- Polystyren: 5,1...6,8 km/s
- Glas: 5...7 km/s
- Kevlar: ???
- Siliziumkarbid: 13 km/s
- Silliziumnitrid: 11 km/s
- Papier: Papier ist meist nur das Trägermaterial, Wert hängt stark von Imprägniermaterial ab.
Sieht alles toll aus, aber da gibt es einige Probleme:
- Das ist die Schallgeschwindigkeit in unendlichen Körpern, in dünnen Folien oder dünnen Drähten ist sie viel kleiner
- [Bemerkung für nicht Klugscheißerallergiker: In Festkörpern gibt es nicht DIE Schallgeschwindigkeit, sondern zwei oder in anisotrophen Materialien sogar drei, uns interessieren aber hier nur die langsamen Biegeschwingungen (Transversalwellen)]
- Das Material muß bezahlbar sein
- Das Material muß bearbeitbar sein. Das ist besonders schwierig, weil Membranen keine Zylinderflächenform haben dürfen, sondern doppelt gekrümmt sein müssen, um radiale Moden zu unterdrücken. Man muß das Zeug daher entweder in der benötigten Form herstellen können (bei Papier ist das tradionell sehr einfach, da werden entsprechende Schöpfsiebe benutzt) oder das Material plastisch umformen können.
- Das Material darf nicht ferromagnetisch sein, sonst wird es vom Magneten des Antriebssystems angezogen
- Das Material muß klangneutral sein, d.h. es muß nach einer Anregung möglichs schnell wieder zum Stillstand kommen (und nicht wie ein Stahlblech wochenlang rumröhren). Ideal ist so was vom Klang eines Ziegelsteins, aber Ziegelsteine lassen sich verdammt schlecht umformen.
Aus diesen Gründen landet man am Ende meist bei:
- Papier: unbehandeltes Papier ist zwar mechanisch nicht besonders tauglich und klingt nach 50er und 60er Jahre Klang, aber bis auf Böse Firmen hat das Papier mit dem Papier der 50er und 60er Jahre kaum was gemeinsam. Die eigentlichen Eigenschaften bekommt es durch Imprägnierung, die auch die Feuchtigkeitsempfindlichkeit deutlich reduziert. Außerdem liegen viele Jahrzehnte Erfahrung mit deisem Werkstoff vor.
- Aluminium, Titan, Magnesium, Molybdän
feuchtigkeitsunempfindlich, bessere Temperaturabgabe, höhere Schallgeschwindigkeit,
höhere obere Grenzfrequenz, geringere Dämpfung.
Am Ende der Übertragungsfunktion hat man deutliche Resonanzen, die weggefiltert werden müssen. Teurer. Bei geeigneten Filtern breiteres Übertragungsband.
- Kevlar
ähnlich wie Al/Ti/Mg/Mo
schlechter optimierbar, da Dickenprofile etc. nicht machbar.
- Textil
Ähnlich Papier (auch mit Imprägnierung), aber noch höhere Dämpfung.
- Polypropylen
Von den Eigenschaften zwischen Papier und Al/Mg/Ti/Mo
- Mischwerkstoffe
Verbundwerkstoffen, z.B. Ti/Polypropylen/Ti