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Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Fr 30. Dez 2011, 13:56
von Oli H
Hallo liebe Nubertianer,

seit der Marktreife der neuen Nubert DSP Subs (AW-1200 und AW-1300) stelle ich mir die Frage, warum diese so aufwändige DSP-Module haben, die wohl auch zu funktionieren scheinen um Raummoden, Druckkammereffekt etc. zu minimieren aber in der Nubert Bibel "Technik satt" sehr deutlich dargestellt wird, dass diese Frequenzbeeinflussungen prinzipbedingt eigentlich nicht "wirklich gut" funktionieren können:
In letzter Zeit tauchen häufig Produktvorstellungen in Firmenprospekten
und Tests in Fachzeitschriften auf, die den Eindruck
erwecken, es sei sinnvoll, den gesamten Frequenzgang eines
akustisch unangenehmen Raumes einfach an der Hörposition
messtechnisch zu erfassen und daraus ein Korrektur-Signal abzuleiten.
Wenn dann den Boxen zusammen mit der Musik die
„umgekehrte“ Frequenzgang-Veränderung des Raumes angeboten
wird, sollen die Raumeinflüsse kompensiert werden.
Zugegeben, vor vielleicht 25 Jahren dachten auch wir, dass der
Klang einer Beschallungsanlage dann wohl gewinnen würde,
wenn der (durch gleitenden Sinus, Frequenzgemische oder durch
Schmalbandrauschen gewonnene) Frequenzgang am definierten
Sitzplatz eines Hörers durch Equalizer linearisiert werden würde!
Erst die katastrophalen Hörergebnisse dieser Versuche veranlassten
uns, konzentriert über solch eine Vorgehensweise nachzudenken
und uns mit diesem Gebiet intensiv zu beschäftigen:
Der „Frequenzgang“ von impulsartigen Signalen im Raum sieht
bei jeder Art der Impuls-Zusammensetzung völlig anders aus –
und hat praktisch gar nichts mit dem Frequenzgang im eingeschwungenen
Zustand zu tun!
... und weiter unten heißt es ...
Im Tiefbassbereich (20 bis 80 Hz) können die SchalldruckÜberhöhungen,
die durch die „Raum-Moden“ bzw. „stehende
Wellen“ verursacht werden, über eine Fläche von vielleicht einem
oder zwei Quadratmetern relativ gleichmäßig ausgebildet sein.
Mit parametrischen Equalizern, notch-Filtern (oder DSPSystemen
mit diesen Funktionen) kann man versuchen, einen Teil
dieser „Dröhnspitzen“ zu mildern. Dabei beeinflusst man aber
impulsartige Klänge negativ. Das Wegfiltern von Resonanzen
Klangentscheidende Faktoren im Umfeld guter Lautsprecher
KLANGFAKTOREN 26
kann den Klangeindruck also angenehmer machen, doch geht
dabei auch Information verloren.
Der Schlag einer Basstrommel ist schon zum größten Teil wieder
vorbei, bevor der Raum überhaupt in die Nähe kommt, eine
Resonanz durch stehende Wellen zu entwickeln! Wie sollte es
dann möglich sein, ein eingeschwungenes Signal als Basis für die
Korrektur im Bassbereich zu verwenden – zumal jeder Punkt im
Raum sein Eigenleben hat?
Bei zu dünn oder zu massiv klingenden Räumen sorgt eine
sanfte, recht breitbandige Bass-Anhebung oder Absenkung für
Abhilfe.
Die Vor- und Nachteile dieses Verfahrens (im Vergleich zu überhaupt
keiner Korrektur) sind ebenfalls nicht leicht zu bewerten.
Uns erscheint eine sanfte Raumkorrektur insgesamt als erwägenswert.
4. Seit einiger Zeit gibt es Bemühungen, auch im Zeitbereich den
Aufbau und das Abklingen einzelner stehender Wellen im
Tiefbass zu analysieren. Dann kann man in sehr aufwändigen
DSP-Systemen eine Reihe von Sperrfiltern (notch filter) programmieren,
deren Wirkung zeitlich mit Verzögerung einsetzt –
parallel zum Aufbau- und Abkling-Prozess der stehenden Wellen.
Damit kann der Nachteil weitgehend vermieden werden, die
„erste Wellenfront“ negativ zu beeinflussen. Trotzdem fielen
Hörversuche ohne diese Filter, dafür aber mit Double Bass Arrays
oder „günstiger akustischer Behandlung“ des Raumes, weit besser
aus.
Hat sich die DSP-Technik so weiter entwickelt, dass die Aussagen in "Technik satt" überarbeitet werden müssten oder habe ich da etwas falsch verstanden? Die Subs haben in diversen Test ja gut abgeschnitten und können daher ggf. doch etwas besser als die bisherigen DSP-freien Subs von Nubert. Wenn dem so ist, würde ich gerne etwas besser verstehen warum das so ist.

LG Oli

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Fr 30. Dez 2011, 15:13
von Primius
Der obere Abschnitt bezieht sich warscheinlich auf eine Korrektur bis in den Hochtonbereich hinein, wo hingegen im unteren Abschnitt nur der Bass <80Hz geglättet wird.

Ich glaube, die korrektur im Bass ist deswegen unproblematischer, weil verglichen mit der Periodendauer von Bassfrequenzen, die Verzögerungszeit der Wand Reflektionen kurz ist.
Es kommt also im Bass nicht zu einer zeitlich getrennten Wahrnehmung von direkten und undirekten (reflektierten) Schall, wie es im Hochton der Fall ist.

Bei größeren Räumen wie z.b. Sporthallen funktioniert auch eine Basskorrektur nicht: man höhrt flatter-echo bei Bassschlägen.

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Fr 30. Dez 2011, 15:40
von Oli H
Hallo Primius,

leider verstehe ich Deine Aussage nicht. Die Schallgeschwindigkeit ist doch bei allen Frequenzen gleich, somit ist die Verzögerungs-"Zeit" doch bei allen Frequenzen gleich.

Problematisch im Bassbereich ist meines Erachtens die hohe Schallenergie der tiefen Frequenzen, die ein Aufschaukeln als Raummoden bei länger andauernden tieffrequenten Signalen erst möglich macht.

Jetzt hat man soweit ich das bislang verstanden habe, die Wahl die Raummodenfrequenzen steilflankig abzusenken um unter Berücksichtung der Bassverstärkung durch die Reflexionen, wieder einen vernünftigen Pegel zu bekommen. Wenn man das aber tut, werden kurze Bassimpulse mit dieser Frequenz deutlich zu schwach wiedergegeben, da der Bass dann nicht einschwingen kann.

Wie löst also das DSP der neuen Subs dieses Problem?

LG Oli

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Fr 30. Dez 2011, 16:41
von JFD
Primius hat geschrieben: Ich glaube, die korrektur im Bass ist deswegen unproblematischer, weil verglichen mit der Periodendauer von Bassfrequenzen, die Verzögerungszeit der Wand Reflektionen kurz ist.
Es kommt also im Bass nicht zu einer zeitlich getrennten Wahrnehmung von direkten und undirekten (reflektierten) Schall, wie es im Hochton der Fall ist.
Tiefe und hohe Frequenzen verhalten sich unterschiedlich: http://masterclass-sounddesign.com/cont ... equenz.htm
Primius hat geschrieben: Bei größeren Räumen wie z.b. Sporthallen funktioniert auch eine Basskorrektur nicht: man höhrt flatter-echo bei Bassschlägen.
Eigentlich flattern nur die Mitten umher. Das hängt auch mit der Schröderfrequenz zusammen.
Oli H hat geschrieben:Hallo Primius,
leider verstehe ich Deine Aussage nicht. Die Schallgeschwindigkeit ist doch bei allen Frequenzen gleich, somit ist die Verzögerungs-"Zeit" doch bei allen Frequenzen gleich.
Eine 1Hz Schwingung braucht für eine Periode 1s -> 2Hz nur halb so lang. (Wenn der Zeitversatz entsprechend eine halbe Periodendauer ist (oder ein vielfaches davon) kommt es zur Auslöschung.)
Oli H hat geschrieben: Jetzt hat man soweit ich das bislang verstanden habe, die Wahl die Raummodenfrequenzen steilflankig abzusenken um unter Berücksichtung der Bassverstärkung durch die Reflexionen, wieder einen vernünftigen Pegel zu bekommen. Wenn man das aber tut, werden kurze Bassimpulse mit dieser Frequenz deutlich zu schwach wiedergegeben, da der Bass dann nicht einschwingen kann.
Das Problem ist, dass man den Direktschall absenkt um durch Direktschall + Raumanteil (Dröhnen) auf einen linearen Pegel zu kommen. Der Pegel mag dann passen, aber klanglich ist es eben nicht der Direktschall. Der Impuls ist im Direktschall und der ist dann eben abgesenkt.
Oli H hat geschrieben: Wie löst also das DSP der neuen Subs dieses Problem?
Gar nicht.

Der Ansatz von nubert ist mit dem DBA auch ein anderer/besserer. Der Bassbereich ist aber nicht das einzige Problem des akustischen Vergnügens. Für das Sümmchen kann man auch schon weitreichendere Optimierungen vornehmen. Das Wohnzimmer wird dadurch nicht hässlicher (Argument von nubert), nur kleiner. :D

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Fr 30. Dez 2011, 17:17
von Oli H
Hallo JFD,

zunächst einmal vielen Dank für Deine Klarstellungen. Das Prinzip des DBAs leuchtet mir vollkommen ein, auch dass die neuen Subs alle notwendige Steuerelektronik zum Aufbau eines DBAs mitbringen, was natürlich ein Vorteil ist.

Was ich noch nicht verstanden habe, was mit den Einstellungen zur Vermeidung des Druckkammereffekts und den Presets für bestimmte Lautsprechertypen bspw. den NL 102 erreicht werden soll. Laut den Beschreibungen in den Tests soll mit diesen Presets ein weitgehend dröhnfreier und linearer Bass im Hörraum auch ohne den Aufbau eines vollständigen DBAs erreicht werden. Oder hatten die Tester hier Tomaten auf den Ohren, denn wenn man sich die Frequenz-Pegelverläufe der "alten" Nubert Subs anschaut, so waren diese schon vorher sehr linear.

Was macht also ein einzelner AW-1200 bzw. AW-1300 dank der diversen DSP-Einstellmöglichkeiten besser /anders als bspw. AW-1000.

LG Oli

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Sa 31. Dez 2011, 11:11
von Zweck0r
Oli H hat geschrieben:Jetzt hat man soweit ich das bislang verstanden habe, die Wahl die Raummodenfrequenzen steilflankig abzusenken um unter Berücksichtung der Bassverstärkung durch die Reflexionen, wieder einen vernünftigen Pegel zu bekommen. Wenn man das aber tut, werden kurze Bassimpulse mit dieser Frequenz deutlich zu schwach wiedergegeben, da der Bass dann nicht einschwingen kann.

Wie löst also das DSP der neuen Subs dieses Problem?
Die Lösung besteht darin, dass eine schmalbandige Absenkung wesentlich weniger stört als eine Überhöhung. So eine Raummode kann den ganzen Klang zukleistern und ein Druckgefühl auf den Ohren bewirken. Wenn z.B. jedes Mikrofon-Anhauchen des Nachrichtensprechers vom Raum mit einem Nachwummern bei 30 Hz beantwortet wird, ist die Kompromisslösung Equalizer schon ein wahrer Segen.

Ein DBA ist natürlich die Königslösung. Frage: wo ist die hörbare Verbesserung größer ? a) SBA -> SBA+EQ oder b) SBA+EQ -> DBA ? Ich tippe auf a) .

Grüße,

Zweck

Re: Widerspruch in "Technik satt" und Nubert-DSP-Subs

Verfasst: Di 10. Jan 2012, 15:24
von C. Meiler
Hallo zusammen,

die meisten Fragen wurden ja bereits korrekt beantwortet, dennoch möchte ich hier kurz einige Erläuterungen zur Funktionalität der DSP-Subwoofer geben.

Zunächst zu den Presets:
Um eine schnelle und unproblematische Erstinstallation des Subwoofers zu ermöglichen wurde für die Kombination mit gängigen Lautsprechern Presets im Subwoofer hinterlegt. Diese Werte basieren auf langjähriger Erfahrung und führen in den meisten Fällen bereits zu guten Ergebnissen. Dennoch ist jeder Raum und jede Installationssituation unterschiedlich, so dass die Presets als Ausgangspunkte für eigene Versuche angesehen werden sollten.

Zur Kompensation des Druckkammereffektes:
Die Einflüsse des Druckkammereffektes können bei den DSP-Subwoofern mit Hilfe des zweiteiligen Hochpasses ausgeglichen werden. Der Druckkammereffekt bewirkt unterhalb der Raumgrundresonanz eine Anhebung des Schalldruckpegels im Raum zu niedrigeren Frequenzen hin. Daher wurde das Hochpassfilter in den DSP-Subwoofern zweiteilig ausgelegt. Mit Hilfe des ersten Hochpassfilters des Subwoofers (mit 12 dB/Okt.) kann der Anstieg kompensiert werden, während der zweite Hochpassfilter (mit ebenfalls 12 dB/Okt.) die eigentliche Filterfunktion übernimmt. In dem Bereich, in dem beide Filter gemeinsam arbeiten ergibt sich eine Flankensteilheit von 24 dB/Okt.

Zum Equalizer:
Wie bereits richtig bemerkt wurde haben sowohl der AW-1000 als auch der AW-1300 DSP (so wie alle Subwoofer von Nubert) einen ausgesprochen linearen Frequenzgang. Der eingebaute Equalizer der DSP-Subwoofer dient NICHT der Linearisierung des Subwoofers selbst, sondern der Bekämpfung von Problemen, die durch den Raum und die Aufstellung entstehen. Gleichzeitig erlaubt der Equalizer auch die Anpassung an persönliche Hörvorlieben.
Wird versucht, mit dem Equalizer die Raummoden zu bekämpfen so kann sich oftmals subjektiv eine Verbesserung einstellen. Natürlich stellt dies einen Kompromiss dar, sobald extrem schnelle Bassimpulse wiedergegeben werden müssen. Eine zeitabhängige Kompensation der Raummoden lässt, wie im "Technik Satt" beschrieben, eine Verbesserung dieser Situation erwarten. Jedoch ist sie zum heutigen Tag nur mit immensem technischen, zeitlichen und nicht zuletzt finanziellem Aufwand realisierbar.
Was man jedoch auch mit diesem Vorgehen nicht beeinflussen kann ist die Schallverteilung im Raum. So kann es besonders bei automatischer Einmessung häufig vorkommen, dass eine vorgenommene Equalizereinstellung an einer Stelle des Raums eine Verbesserung bringt, während sie bereits einen Meter daneben eine Verschlechterung bewirkt. Spätestens hier ist eine sorgsame Aufstellung des Subwoofers Pflicht. Im günstigsten Fall realisiert man daher ein DBA.

Ich hoffe, damit konnten noch etwas mehr Licht in die Sache gebracht werden.
:)

Grüße
Christoph Meiler