Erfahrungsbericht: AntiMode 2.0 Dual Core
Verfasst: Sa 19. Mai 2012, 03:06
Nachdem ich mich in letzter Zeit etwas rar gemacht habe, will ich mal wieder etwas konstruktives zum Forum beitragen. Immerhin habe ich diesen Monat zehnjähriges nuForums-Jubiläum...
Vorgeschichte:
Ich experimentiere schon seit Jahren mit parametrischen Equalizern zur Bekämpfung von störenden Raummoden, weil sich diese Methode bei mir als guter Kompromiss aus Effektivität und optischer Erträglichkeit erwiesen hat. Früher war die Sache einfach, denn ich habe die Musik sowieso vom PC gehört und einfach ein VST-Plugin in den Player (foobar2000) eingeschleift. Die Filter habe ich von Hand eingestellt, für die Messungen verwende ich ein Behringer Messmic samt USB-Preamp für den Laptop.
Seit gut eineinhalb Jahren haben wir eine neue Wohnung mit richtigem Wohnzimmer (keine Studentenbude mehr), da wollte ich keinen PC im Wohnzimmer mehr haben. Für die Modenunterdrückung verwende ich deswegen seit ca. einem Jahr anstatt eines PEQs einen Subwoofer (AW-35), der gut versteckt hinterm Sofa mit invertierter Phase die kritischsten Dröhnfrequenzen wegbügelt. So richtig elegant ist diese Methode nicht, das Ergebnis ist nicht wirklich zufriedenstellend und die Einstellung war/ist extrem frickelig (habe auch mit Delay experimentiert und es dann weggelassen, weil es letztlich keinen Vorteil zur "einfachen" Invertierung gebracht hat). Deswegen habe ich immer wieder nach wohnzimmertauglichen und nicht PC-basierenden Equalizer- oder DSP-Lösungen für die Bassoptimierung gesucht, um den Subwoofer wieder durch eine solche Lösung ersetzen zu können - bis ich schließlich beim AntiMode 2.0 zugeschlagen habe.
Das AntiMode 2.0 Dual Core ist eine Kombination aus DAC, Vorverstärker und DSP mit automatischer Raummoden-Korrektur für Stereo-Signale. Ein passendes Mic wird mitgeliefert, außerdem ein USB-Kabel für den Export der Messdaten auf den PC.
Messungen:
Man hat die Wahl zwischen einer vollautomatischen Einmessung nach "typischen" Parametern oder einer benutzerdefinierten Messung, bei der man an einigen Werten wie Delay, Grenzfrequenz und Kompensationsgrad schrauben kann. Ich habe den benutzerdefinierten Weg gewählt und bin letztlich aber wieder bei den Einstellungen gelandet, die sowieso bei der "typischen" Messung verwendet werden. Der Einmessvorgang dauert recht lange, mehrere Sweeps von jeweils 2-3 Minuten, insgesamt ist eine knappe Viertelstunde vorbei bis das AM seine Filter eingestellt hat. Warum die Sweeps so lange dauern erschließt sich mir nicht, bei meinen früheren Messungen habe ich Sweeps von wenigen Sekunden für den gleichen Frequenzumfang immer als absolut ausreichend empfunden - mehr Messzeit hatte keine Auswirkungen mehr auf die gemessenen Amplituden. Naja, mir solls recht sein, lieber zu genau als andersherum.
Der unkorrigierte Frequenzgang nach der AM-Messung deckt sich mit meinen eigenen Messkurven (alles andere hätte mich auch sehr gewundert): zwei satte Überhöhungen bei 40 und 80 Hz, dazwischen ein Loch und zwischen 100 und 150 Hz noch ein ausgeprägtes Loch mit mehreren tiefen, schmalbandigen Einbrüchen. Die Überhöhungen werden durch die Korrektur des AM komplett glattgebügel und breitbandige Senken um ein paar dB angehoben. Insofern macht das AM hier meiner Ansicht nach alles richtig. Ob man ein vollständiges Linearisieren der Überhöhungen möchte oder lieber nur eine teilweise Glättung ist Streitpunkt und Geschmackssache, ich selbst habe die Moden nach früheren Experimenten und Hörtests immer komplett glattgezogen. Das AM arbeitet aber mit deutlich mehr Filtern, damit kann eine feinere Anpassung erreicht werden als "von Hand". Auf eine Anpassung oberhalb von 150 Hz habe ich verzichtet, das AM bietet aber auf Wunsch die Möglichkeit bis 500 Hz zu linearisieren.
Hier der Frequenzgang am Hörplatz, unkorrigiert und korrigiert:
Die MultiPoint-Messungen scheinen auch zu funktionieren: ich habe noch je ein Setting für das Sofa und den ganzen Raum eingerichtet, wobei ich jeweils mehrere Messpunkte verwendet habe. Es ist mir zwar nicht ganz klar was das Gerät genau tut (und es wird auch leider nirgendwo angezeigt, wie die interpolierte Kurve ausschaut), aber beim Nachmessen nach der Kalibrierung kann man einen eindeutigen Effekt, bzw. eine Abweichung zur zugrundeliegenden 1-Punkt-Messung, erkennen. So ganz schlau bin ich auf diesem Gebiet aber noch nicht geworden
Fazit:
Der Höreindruck ist super - die auffälligen Dröhnfrequenzen sind verschwunden, dafür ist der Sound dank der leicht angehobenen, breitbandigen Senken etwas wärmer geworden. Insgesamt kommt der Klang meiner Referenz (Kopfhörer AKG 272) näher als vorher. Mehr kann man eigentlich nicht erwarten, ich bin absolut zufrieden!
Besonders wichtig war mir aber von Anfang an, dass das Gerät selbstständig arbeitet - vielleicht liegt es daran dass ich mittlerweile auf die 30 zugehe, aber ich habe einfach kaum Lust auf stundenlange Messorgien im Wohnzimmer. Das AM ermöglicht eine Plug&Play-Lösung per Knopfdruck, die meinem Empfinden nach auch einer aufwändigen Einmessung "von Hand" in nichts nachsteht, eher im Gegenteil. Dass man dafür auch deutlich mehr Geld ausgibt als für eine "selbstgebastelte" Lösung, muss man natürlich in Kauf nehmen. Mir ist es das wert, als Student hätte ich das noch anders gesehen.
Ich fasse kurz meinen Eindruck bzw. die mir wichtigen Punkte zusammen:
Pro:
- Raummoden werden effektiv bekämpft, Bassbereich verbessert sich deutlich
- wohnzimmertauglich
- Plug&Play: vollautomatische Raummessung, keine Akustik-Kenntnisse zur Verwendung nötig
- mehrere Settings für bis zu 4 Hörplätze/-zonen speicherbar
- Zahllose "Spielmöglichkeiten": diverse Filter, House Curve, PC Export, ...
- tadelloser haptischer Eindruck
Contra:
- Preis von 800 Euro recht happig (im Vergleich zum selbstkonfigurierten PEQ nach eigenen Messungen)
- Ein paar kleine Kinderkrankheiten (z.B. scheint das AM die Hörzonen-Auswahl zu vergessen, wenn direkt der Stecker gezogen wird statt erst per Fernbedienung auszuschalten) - aber nichts was mich ernsthaft stören würde
- DSPs sind natürlich immer nur ein Kompromiss zugunsten der "Wohnlichkeit" und Optik des Hörraumes
Zu guter Letzt: dickes Lob an Axel aka Bass_Oldie für den guten Service und die Gummibärchen!
Vorgeschichte:
Ich experimentiere schon seit Jahren mit parametrischen Equalizern zur Bekämpfung von störenden Raummoden, weil sich diese Methode bei mir als guter Kompromiss aus Effektivität und optischer Erträglichkeit erwiesen hat. Früher war die Sache einfach, denn ich habe die Musik sowieso vom PC gehört und einfach ein VST-Plugin in den Player (foobar2000) eingeschleift. Die Filter habe ich von Hand eingestellt, für die Messungen verwende ich ein Behringer Messmic samt USB-Preamp für den Laptop.
Seit gut eineinhalb Jahren haben wir eine neue Wohnung mit richtigem Wohnzimmer (keine Studentenbude mehr), da wollte ich keinen PC im Wohnzimmer mehr haben. Für die Modenunterdrückung verwende ich deswegen seit ca. einem Jahr anstatt eines PEQs einen Subwoofer (AW-35), der gut versteckt hinterm Sofa mit invertierter Phase die kritischsten Dröhnfrequenzen wegbügelt. So richtig elegant ist diese Methode nicht, das Ergebnis ist nicht wirklich zufriedenstellend und die Einstellung war/ist extrem frickelig (habe auch mit Delay experimentiert und es dann weggelassen, weil es letztlich keinen Vorteil zur "einfachen" Invertierung gebracht hat). Deswegen habe ich immer wieder nach wohnzimmertauglichen und nicht PC-basierenden Equalizer- oder DSP-Lösungen für die Bassoptimierung gesucht, um den Subwoofer wieder durch eine solche Lösung ersetzen zu können - bis ich schließlich beim AntiMode 2.0 zugeschlagen habe.
Das AntiMode 2.0 Dual Core ist eine Kombination aus DAC, Vorverstärker und DSP mit automatischer Raummoden-Korrektur für Stereo-Signale. Ein passendes Mic wird mitgeliefert, außerdem ein USB-Kabel für den Export der Messdaten auf den PC.
Messungen:
Man hat die Wahl zwischen einer vollautomatischen Einmessung nach "typischen" Parametern oder einer benutzerdefinierten Messung, bei der man an einigen Werten wie Delay, Grenzfrequenz und Kompensationsgrad schrauben kann. Ich habe den benutzerdefinierten Weg gewählt und bin letztlich aber wieder bei den Einstellungen gelandet, die sowieso bei der "typischen" Messung verwendet werden. Der Einmessvorgang dauert recht lange, mehrere Sweeps von jeweils 2-3 Minuten, insgesamt ist eine knappe Viertelstunde vorbei bis das AM seine Filter eingestellt hat. Warum die Sweeps so lange dauern erschließt sich mir nicht, bei meinen früheren Messungen habe ich Sweeps von wenigen Sekunden für den gleichen Frequenzumfang immer als absolut ausreichend empfunden - mehr Messzeit hatte keine Auswirkungen mehr auf die gemessenen Amplituden. Naja, mir solls recht sein, lieber zu genau als andersherum.
Der unkorrigierte Frequenzgang nach der AM-Messung deckt sich mit meinen eigenen Messkurven (alles andere hätte mich auch sehr gewundert): zwei satte Überhöhungen bei 40 und 80 Hz, dazwischen ein Loch und zwischen 100 und 150 Hz noch ein ausgeprägtes Loch mit mehreren tiefen, schmalbandigen Einbrüchen. Die Überhöhungen werden durch die Korrektur des AM komplett glattgebügel und breitbandige Senken um ein paar dB angehoben. Insofern macht das AM hier meiner Ansicht nach alles richtig. Ob man ein vollständiges Linearisieren der Überhöhungen möchte oder lieber nur eine teilweise Glättung ist Streitpunkt und Geschmackssache, ich selbst habe die Moden nach früheren Experimenten und Hörtests immer komplett glattgezogen. Das AM arbeitet aber mit deutlich mehr Filtern, damit kann eine feinere Anpassung erreicht werden als "von Hand". Auf eine Anpassung oberhalb von 150 Hz habe ich verzichtet, das AM bietet aber auf Wunsch die Möglichkeit bis 500 Hz zu linearisieren.
Hier der Frequenzgang am Hörplatz, unkorrigiert und korrigiert:
Die MultiPoint-Messungen scheinen auch zu funktionieren: ich habe noch je ein Setting für das Sofa und den ganzen Raum eingerichtet, wobei ich jeweils mehrere Messpunkte verwendet habe. Es ist mir zwar nicht ganz klar was das Gerät genau tut (und es wird auch leider nirgendwo angezeigt, wie die interpolierte Kurve ausschaut), aber beim Nachmessen nach der Kalibrierung kann man einen eindeutigen Effekt, bzw. eine Abweichung zur zugrundeliegenden 1-Punkt-Messung, erkennen. So ganz schlau bin ich auf diesem Gebiet aber noch nicht geworden
Fazit:
Der Höreindruck ist super - die auffälligen Dröhnfrequenzen sind verschwunden, dafür ist der Sound dank der leicht angehobenen, breitbandigen Senken etwas wärmer geworden. Insgesamt kommt der Klang meiner Referenz (Kopfhörer AKG 272) näher als vorher. Mehr kann man eigentlich nicht erwarten, ich bin absolut zufrieden!
Besonders wichtig war mir aber von Anfang an, dass das Gerät selbstständig arbeitet - vielleicht liegt es daran dass ich mittlerweile auf die 30 zugehe, aber ich habe einfach kaum Lust auf stundenlange Messorgien im Wohnzimmer. Das AM ermöglicht eine Plug&Play-Lösung per Knopfdruck, die meinem Empfinden nach auch einer aufwändigen Einmessung "von Hand" in nichts nachsteht, eher im Gegenteil. Dass man dafür auch deutlich mehr Geld ausgibt als für eine "selbstgebastelte" Lösung, muss man natürlich in Kauf nehmen. Mir ist es das wert, als Student hätte ich das noch anders gesehen.
Ich fasse kurz meinen Eindruck bzw. die mir wichtigen Punkte zusammen:
Pro:
- Raummoden werden effektiv bekämpft, Bassbereich verbessert sich deutlich
- wohnzimmertauglich
- Plug&Play: vollautomatische Raummessung, keine Akustik-Kenntnisse zur Verwendung nötig
- mehrere Settings für bis zu 4 Hörplätze/-zonen speicherbar
- Zahllose "Spielmöglichkeiten": diverse Filter, House Curve, PC Export, ...
- tadelloser haptischer Eindruck
Contra:
- Preis von 800 Euro recht happig (im Vergleich zum selbstkonfigurierten PEQ nach eigenen Messungen)
- Ein paar kleine Kinderkrankheiten (z.B. scheint das AM die Hörzonen-Auswahl zu vergessen, wenn direkt der Stecker gezogen wird statt erst per Fernbedienung auszuschalten) - aber nichts was mich ernsthaft stören würde
- DSPs sind natürlich immer nur ein Kompromiss zugunsten der "Wohnlichkeit" und Optik des Hörraumes
Zu guter Letzt: dickes Lob an Axel aka Bass_Oldie für den guten Service und die Gummibärchen!