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Philips fidelio aw2000 - Bericht - Teardown

Verfasst: Sa 27. Sep 2014, 03:02
von ++Stefan++
Hallo da draußen.

Ich wollte euch von einem kleinen Gerät berichten das ich eigentlich schon länger gesucht habe, nur nicht gefunden.
Es gibt im prinzip auch keine Testberichte zu dem Gerät.

Worum es geht und was ich gesucht habe?

Einen kleinen Class D Verstärker für wenig Geld, der allerdings mehr als einen Eingang besitzt (Verstärker mit einem Eingang gibt es als China Import zu Hauf).

Was ist dieser Kasten überhaupt?

Es ist ein Stereo Class D Verstärker, der neben zwei digitalen Eingängen zwei Analoge Eingänge besitzt. Also ein klassischer Verstärker auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite, gibt es die Möglichkeit per UPNP Musik an die Kiste zu senden oder ihn als Internetradio mit Spotify bzw. Tunein zu verwenden.
Fehlen tut eigentlich nur noch ein Bluetooth Empfänger.
Jedoch hat Philipps das Gerät, 1. zu spät auf den Markt geworfen wurde und 2. nach den Amazon Bewertungen zufolge anfänglich mit vielen Problemen zu kämpfen gehabt.

Die Komplette Konfiguration des Verstärkers geschieht über eine Android oder I Tunes app. Die Analogen und Digitalen Eingänge können aber auch ohne App umgeschaltet werden.

Um es vorweg zu nehmen, diese App ist mit Sicherheit nicht so gut, wie jene von Sonos. Es gibt hier und da Dinge die ich als Negativ ankreiden würde:
1) Die Suche in Tunein ist sehr schlecht, man muss schon wissen wie der gesuchte Sender heißt
2) Die Lautstärkestufen sind relativ grob
3) Der Akkuverbrauch ist beim Streaming vom Telefon aus sehr hoch

Und weil wir schon bei den Negativen Punkten der App sind, mache ich gleich mal bei den Negativen Punkten am Gerät weiter:
1) Das Gehäuse wirkt recht billig (sieht dafür gut aus)
2) Streaming von 24bit 96K Files ist nicht möglich (dafür wird aber zumindest Flac unterstütz)
3) Die Lautstärkestufen des Drehgebers sind relativ grob und beim Streaming reagiert jener etwas verzögert.

Damit wäre ich jedoch schon mit den negativen Punkten fertig. Positiv ist mir zunächst der Klang im Vergleich mit einem "alten" Class D Verstärker aufgefallen. Ich betreibe den Verstärker an einer Nebenanlage an Canton Ergo 920 Boxen (In den Abmaßen ähnlich einer 380er aus der "goldenen" Hifi Ära).
Entweder war der alte Verstärker mit TDA 7492 nicht so gut schlecht oder der kleine Philips macht wirklich verdammt viel richtig(er).
Gerade die Hochtondynamik ist wieder zurück gekommen. Nicht ganz davon zu schweigen, dass ich jetzt auch vom Rechner in dem Zimmer ein 10m SPDIF Kabel, anstatt eine analoge Strippe verwenden kann. Zu letzt sei noch erwähnt, das ein Radiostream mit 128kbit dem DAB Radio den Rang abläuft.
Ich besitze mittlerweile 2 gute Revox B261 Tuner die im Prinzip "referenz" im UKW Bereich sind. Leider ist trotz einer guten Antenne in Berlin der UKW Empfang nicht so gut klingend wie der Stream (das hängt natürlich sehr von der Senderstation ab...).

Im Blindtest würde sicher keiner auf diese kleine Kiste Tippen!

Was mir jedenfalls gleich aufgefallen ist, war die Totenstille, selbst wenn ich mit dem Ohr vor den Hochtöner getreten bin. Sicher, die Stille entscheidet nicht über den Klang, aber die Stille verrät mir zumindest, dass jemand sein Werk versteht. Zu häufig habe ich schon Anlagen gesehen, bei denen Störgeräusche oder Rauschen in der Preisklasse stillschweigend hingenommen wurden.
Ich konnte es natürlich nicht lassen, und habe den kleinen mal aufgeschraubt.
Im Inneren erwartet einen ein großes Schaltnetzteil, das etwa 60% des Platzes ausmacht. Um etwas genauer einen Blick auf die Elektronik zu werfen, habe ich mich weiter durch Schirmbleche durchgekämpft.

Als Verstärker IC arbeitet hier ein TAS 5518 von Texas instruments. Gepaart mit einer aufwändigen Ausgangsfilterung und gut großen Spulen (hier wird häufig gespart).
Dieses IC ist im Prinzip nur eine PWM Endstufe mit 2x 100W (Die angegebenen 2x50W des Verstärkers dürften also sicher stimmen).
Das ganze wird von einem TAS 5538 mit Daten gefüttert. Nun das sagt natürlich zunächst mal den meisten nichts.

Bei einem normalem Class D Verstärker (PWM) geht ein analoges Signal hinein und dieses wird mit einem anderen Signal (meist Dreieck) verglichen. Nach der Einfachen Entscheidung “größer oder kleiner” wird dann in der Endstufenausgang auf 0 oder 1 geschaltet.
Genau dieser Vergleichsmechanismus ist bei analogen Signalen gar nicht so einfach. Vor allem aber bedeutet dies, dass eine Wandlung zu viel stadtfindet.
Im klassischem Hifi als also eine DA Wandelung im CD Spieler, eine AD Wandelung in der Eingangsstufe des Verstärkers und eine DA Wandelung durch den Ausgangsfilter des Class D Verstärkers.

Bei der neuen Generation wird es anders gemacht:
Dort wird das PWM Signal direkt aus dem digitalen Datenstrom errechnet. Durch diese digitale Berechnung besitzt man einiges mehr an Freiheitsgraden.
Vor allem ist ein digitales Signal “immer genau” um die Entscheidungen für 0 oder 1 am Ausgang zu treffen und es ist absolut frei von anderen (analogen) Störungen.

Kurz gesagt, es ist ein viel direkterer Weg, vor allem wenn die Musikdaten auch digital sind!
Die letzten Zeilen hätten auch eine Werbung für die neuen Nupors sein können. Der Trend ist aber schon längst auch bei den Chip Herstellern verbreitet, es muss nur noch von vielen Herstellern adaptiert werden.
Vermutet hätte ich im Inneren eher ein Produkt, das "möglichst günstig" ist und oben drein vielleicht sogar angestaubte Technik.
Was ich dann gesehen habe, war eher "state of the Art" und im Rahmen ziemlich kompromisslos.

Desweiteren habe ich im Eingangsbereich einen "normalen" AD Wandler finden können und zu meinem Erstaunen einen richtig guten Sample Raten Konvertierer. Im Prinzip sollte daher das System auch in der Lage sein, analoge Eingänge an andere Quellen (wie bei Sonos) weitersenden zu können. Praktisch ist es aber von der Software nie zu dieser Entwicklungsstufe gekommen.

Nun, für wen kann ich nun eine Empfehlung aussprechen?
Eigentlich für jeden, der sich für wenig Geld einen Verstärker sucht, der kein ganzes Regalbrett einnimmt (für 100€ bekommt man auf dem Gebrauchtmarkt den ein oder anderen schönen Bolieden aus verganener Zeit).
Zusammen mit einer Nubox kommt man so an eine unschlagbar Preiswerte kompaktanlage, bei der der Verstärker sicher noch nicht der limitierende Faktor ist.
Vor der Smartphonebedienung sollte er jedoch auch nicht ganz zurückschrecken. Bedient werden kann der Verstärker aber auch von Personen, die nicht mit ihrem Smartphone verheiratet sind. So helfen die 5 Stationstasten fast sofort zum Internetradiogenuss zu kommen (und 128Kbit Mp3 sind hier um längen besser als DAB oder UKW).

Hätte ich den UVP Preis bezahlt (Fazit)?
Nein, zwar ist das Innere des Gerätes definitiv auf diesen Preissektor ausgelegt worden, jedoch ist mir dafür die App etwas zu schlecht geworden. Erst recht, wenn man sich nicht sicher sein kann, ob es auf Dauer Updates für diese Produktlinie geben wird.

Re: Philips fidelio aw2000 - Bericht - Teardown

Verfasst: Sa 27. Sep 2014, 11:15
von caine2011
schön kompakt, klingt lecker