mralbundy hat geschrieben:Hi !
Hat jemand von Euch schon Erfahrungen gesammelt, was denn nun wirklich an Bild-Qualität dabei herauskommt, wenn man per Y U V Kabel ein Pal-progressive Bild hat ?
Mein Beamer hat leider kein YUV Eingang, jedoch würde mich interessieren, ob es sich für den Fernseher lohnt. Laut Datenblatt ist das Teil nämlich PAL-Progressive fähig per YUV.
PAL progressive hat einen Vorteil und einige Nachteile, wenn es in seiner einfachsten Form
implementiert ist.
Vorteil
Der Vorteil ist, daß die Zeilenstruktur weniger sichtbar ist bzw. verschwindet.
Diese entsteht durch Deckungsfehler der Halbbilder. Ursachen für diese Deckungsfehler
sind Bewegungen der Augäpfel des Betrachters. Zwei Quellen sind mir bekannt, zum
einen Augenzittern, zum anderen Objekt Tracking beim Verfolgen bewegter Quellen.
Zu Augenzittern:
http://members.liwest.at/gotthalmseder/erkennen/Erkennen1.html hat geschrieben:
Das ständige geringfügige Zittern des Augapfels ist ein Phänomen, das zumindest im Verdacht steht etwas mit der Konturausarbeitung zu tun zu haben. Es dürfte aus einer Notlösung hervorgegangen sein durch die sich die Möglichkeit eröffnet hat, die auf Bewegungswahrnehmung ausgelegten Netzhäute unserer tierischen Vorfahren, auch für die Wahrnehmung starrer Objekte zu nützen. Wie schon weiter oben beschrieben, erkennen die Schlange und auch andere Reptilien Beute und Feind vor allem an deren Bewegung. Ihre Netzhaut reagiert vorwiegend auf Veränderungen (Dithfurth 1980, S. 132). Interessanterweise trifft dies auch auf unsere Netzhäute zu, wir verfügen jedoch über einen Mechanismus, der ununterbrochen für die nötige Veränderung sorgt. Unser Auge führt mit einer Frequenz von 30 bis 150 Herz ständig mikroskopisch kleine Zitterbewegungen aus (Gilchrist 1986).
Als Augenärzte dieses Zittern entdeckten, wußte man noch nicht, wozu es dient. Die einfachste Methode dies festzustellen bestand darin, es auszuschalten. Dies kann geschehen indem das Zittern durch eine optische Vorrichtung kompensiert wird, oder indem die Augenmuskeln durch Injektion von Novokain einige Stunden gelähmt werden.
Wir können uns die Verblüffung der Wissenschafter vorstellen, als sie diese ersten Versuche an sich selbst vornahmen. Sie hatten Einblick in eine völlig andere Welt. Es ist nur noch ein heller Nebel zu sehen, aus dem abrupt immer wieder bewegte Dinge und Gestalten auftauchen, kaum zu erkennen und oft erschreckend, weil der Zusammenhang fehlt (Ditfurth 1980, ab S. 128).
Viele Besitzer von Linsenaugen aus dem Tierreich dürften ihre Umwelt auf eine ähnliche Art sehen, da sie nicht über dieses Augenzittern verfügen. Allerdings können sie sich im Gegensatz zu den Wissenschaftern keiner fehlenden Information bewußt sein.
Wird das Netzhautbild exakt stabilisiert, so kommt es nach etwa einer halben Minute zu dem beschriebenen Sehverlust (Ditfurth 1980, S. 129). Neueren Experimenten von Gilchrist (1987, S. 142) zufolge bereits nach drei Sekunden. Dieser Widerspruch in der Zeitangabe kommt meines Erachtens dadurch zustande, daß im Ultrakurzzeitgedächtnis das Bild noch eine Zeit lang weiter existiert, während auf der Netzhaut bereits keine Reaktion mehr vorliegt. 8*
Die folgenden Überlegungen zeigen, daß ein solches Abschalten von Netzhautbereichen auch unter normalen Bedingungen stellenweise eintreten müßte: Das Bild zittert normalerweise um zirka eine Rezeptorzellbreite hin und her. Dadurch sind die Zellen an den Flächenrändern ständiger Veränderung ausgesetzt. Für Zellen in der Flächenmitte herrschen jedoch dieselben Bedingungen wie beim ruhiggestellten Bild. Sie senden dementsprechend auch in der normalen Situation bald nichts mehr. Adaptionsprozesse dieser Art sind neurobiologisch nachgewiesen. (Kolb 1996, S. 86; vergl. Bierbaumer 1996, S. 322). Es ist jedoch keineswegs so, daß in unserem Bewußtsein im Zentrum regelmäßiger Farbflächen die Farbe nach einiger Zeit verschwindet. Ist ein Bild erst einmal analysiert, so bleibt im Gehirn die Information aufrecht, bis der Blick auf einen neuen Gegenstand fällt und neue Informationen hereinkommen.
So gesehen ist anzunehmen, daß Augenzittern und die Adaption der Sehzellen eher der Erholung der Zellen dienen, als der Erfassung von Konturen. Vielleicht ist es auch einfach als Ausweg der Evolution aus einer Sackgasse zu verstehen. Unsere frühen kaltblütigen Vorfahren waren vor allem am Erfassen von Bewegung interessiert. So entstanden Netzhäute, die vorwiegend auf Veränderung in der Lichtintensität reagieren. Um mit solchen Netzhäuten den unbewegten Teil der Welt erfassen zu können mußte das Augenzittern "erfunden" werden. Als Kontursystem (als solches wird es bei Gilchrist 1987 behandelt) wäre es mit mindestens drei Sekunden Anpassungszeit (Adaptionszeit) zu langsam.
Eine Bemerkung noch zum Objekttracking. Der Effekt ist am stärksten ausgeprägt,
wenn sich das Objekt eine (oder eine ungerade Anzahl von) Zeile pro Habbild in vertikaler
Richtung bewegt.
Noch mal: Augenbewegungen verursachen Deckungsfehler der Halbbilder, die die
Zeilenstruktur deutlicher hervortreten lassen. Ein 576 Zeilen interlaced Bild schwankt
dadurch immer zwischen 288 und 576 sichtbaren Zeilen.
Ein progressives Bild hat immer 576 Zeilen. °)
Nachteile
Normales PAL Progressive setzt einfach nur die (hoffentlich richtigen) Halbbilder zusammen
und gibt das so entstandene Vollbild (mit einer Vollbildfrequenz von 25 Hz) zweimal aus.
Hier ist der Haken 1. Für TVs mit 45...48 kHz Zeilenfrequenz sollte auch dreimal gehen
und für TVs mit 63 ... 64 kHz auch viermal. Zweimal ist zu wenig, das Bild flimemrt wieder
mit 2x25 Hz = 50 Hz.
Zweites Problem: Derzeitig werden einfach Halbbilder zusammengesetzt. Das ist weniger,
als viele TVs heutzutage schon bieten. Dieses triviale Zusammensetzen gelingt nur, wenn
Material nicht interlaced ist. Ist es interlaced, gibt es heftige Artefakte. Man beachte, daß
die Texteinblendungen von Abspännen von Kinomaterial häufig interlaced sind (obwohl
das Hintergrundbild progressiv ist). Das sieht häßlich aus.
Viele TVs bieten hier 2 bis 3 Generationen bessere Deinterlacer, anscheinend fehlen die
in Projektoren.
Generation 1a:
Deinterlacen erfolgt per vertikaler Interpolation (erste 100 Hz-TVs).
Generation 1b:
Deinterlacen erfolgt per Zusammensetzen zusammengehöriger Halbbilder.
(PAL Progressive)
Generation 1c:
Man kann per Hand zwischen 1a und 1b umschalten.
Generation 2:
Es sind 1a und 1b implementiert und es wird vollautomatisch zwischen beiden
umgeschaltet, je nach Quellmaterial (100 Hz der späten 90er).
Generation 3:
Wie 2, die Entscheidung erfolgt aber nicht Halbbild für Halbbild, sondern pixelweise.
BewegungsADAPTIVES De-Interlacen.
Generation 4:
Es werden die Bewegungen in den Halbbildern erfaßt und diese werden unter
Berücksichtigung der Bewegungen wieder zusammengesetzt.
BewegungsKOMPENSIERTES De-Interlacen (einige moderne Fernsehgeräte ab ca. 1200 EUR).
Weiteres sinnvolles Feature ist, nicht nur sauber zu De-Interlacen, sondern Bilder
nicht nur mehrfach zu wiederholen, sondern Zwischenbilder zu berechnen, um Bewegungen
bei Kinomaterial weniger ruckeln zu lassen ("Digital Natural Motion"). Auch Umrechnungen
von 25 Hz => 75 Hz für Kinomaterial und von 50 Hz => 75 Hz für Videomaterial sind
möglich und sinnvoll (wennd as Wiedergabegerät 47 kHz Zeilenfrequenz erlaubt).
Progressivumrechnung der Generation 4 ist aufwendig. Das wird kein DVD-Spieler, erst recht
nicht durch Firmwareupdate machen.
Noch Fragen?
Entschuldigt meine Abneigung gegen halbfertige Features aus der Marketing-Abteilung.
°)
Ein 576 Zeilen PAL-Bild mit Interlacing zeigt effektiv 288 bis 576 Zeilen,
durchschnittlich sind das ca. 430 Zeilen.
Progressiv ausgegeben sind es 576 Zeilen, allerdings mit 50 Hz Bildfrequenz.
Verdopple ich die Zeilenzahl auf das doppelte, kann ich auch 1152 Zeilen ausgeben,
beim gleichen Großflächenflimmern wie bei progressiver Ausgabe. Durch die
Deckungsfehler habe ich aber keine 1152 Zeilen, sondern durchschnittlich ca. 860 Zeilen.
Denkbar sind auch Mischvarianten mit 1,5facher zeilenzahl und 75 Hz. Einige TVs
verwenden solche Modi (Panasonic, Philips).