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Einspielzeit für Lautsprecher?
Verfasst: Mi 13. Feb 2002, 16:33
von Markus
Was hält die Firma Nubert von der oft gehörten Einspielzeit für Lautsprecher? Ändert sich der Klangcharakter während der ersten Tage, Wochen oder Monate oder ist dies alles lediglich Einbildung, gepaart mit einer sukzessiven Angleichung des Gehörs?
Gruß,
Markus.
Verfasst: Sa 16. Feb 2002, 10:28
von A. Goertler
Wir haben dieses Thema gestern kurz (zusammen mit G. Nubert) diskutiert. Dabei hat sich folgende Sichtweise herauskristallisiert: Ein großer Teil unserer Kunden beschreibt uns ausführlich den positiven Effekt des "Einspielens"; - es ist aber nicht so leicht, dieses Phänomen wirklich "wissenschaftlich einzukreisen".
Es drängt sich der Vergleich zur Wirkung homöopathischer Verfahren in der Medizin auf. - Ein großer Teil der Patienten schwört auf die Wirkung homöopathischer Medikamente, obwohl es in Doppel-Blind-Tests bisher nicht gelungen ist, sie von "Placebos" zu unterscheiden.
Herr Nubert spricht von zwei "adaptiven Zeit-Empfindungen". Die (einfach mal so genannte) Kurzzeit-Adaption hat eine "Halbwertszeit" von etwa 30 sec. und führt dazu, dass sich das Ohr an das Klangbild "gewöhnt", das gerade läuft. Dieser Effekt wird von "trickreichen Verkäufern" in HiFi-Geschäften oft bewusst eingesetzt. - Man startet mit der Box, die man gerne verkaufen möchte. Wenn sich das Ohr an diesen Klang etwas gewöhnt hat, wird kurz auf eine andere Box geschaltet, die dann vielleicht "als Fremdkörper" empfunden wird, obwohl sie in Wirklichkeit vielleicht viel ausgewogener ist.
Der (willkürlich gewählte Begriff) Langzeit-Adaption betrifft den Zeitraum "einige Tage bis einige Wochen". In dieser Zeit spielt sich eine Neu-Orientierung des Hörens ab, die oft sehr emotionelle Empfindungen auslöst. - Wenn die neue Klang-Richtung "richtig gut" wird, ist es nicht so leicht zu entscheiden, ob sich das Hörempfinden verändert hat, oder die Box nun eingespielt ist.
Herr Nubert hat (natürlich) auch schon versucht, dieses Thema einigermaßen wissenschaftlich anzugehen: Er gibt immer wieder mal "seinen" Profi-Kunden aus dem Tonstudio-Bereich 2 identische Pärchen einer neuen Box mit, die während der Endmessung insgesamt nur etwa eine Minute lang mit Leistungen um 1 Watt "belastet" wurden. - Nach 3 Wochen hat sich das im Studio aufgestellte Pärchen "nachweislich" (Aussage der hochkarätigen Profis) eingespielt! - Das im Original-Karton liegende Pärchen aber auch!!
Einen "echten" Einspiel-Effekt gibt es aber:
Wenn im Winter die freudig erwarteten neuen Lautsprecher angeliefert sind, können es viele Kunden kaum erwarten:
Ausgepackt, angeschlossen und los....
Lange Gesichter: "was ist denn das??" - "Das soll gut sein?? - So ein Mist!" - Nach dem Transport kann es einige Stunden dauern, bis die Hochton-Systeme von - 5 Grad Celsius auf Zimmer-Temperatur kommen. Das Ferrofluid-Öl im Luftspalt ist dabei so zäh, dass die Hochtöner-Membrane fast klemmt. Zwischen + 12 und 15 Grad Celsius verschwindet dieser Effekt vollständig.
A. Görtler
Nubert Speaker Factory
Gummimaterial
Verfasst: Sa 16. Feb 2002, 16:40
von Markus
Na das war ja mal eine informative und ausführliche Antwort, vielen Dank dafür! Was man in diesem Zusammenhang immer wieder hört ist, dass das verwendete elastische Material, was wohl meistens eine Art Gummilegierung ist, bei längerem Betrieb sich verändert und somit ein anderes Schwingverhalten bekommt.
Weiterhin ist natürlich auch die Frage, ob sich die Lautsprecher beim Kunden überhaupt noch veränden können dürfen. Wie kann man als Hersteller sicherstellen, dass sich beide Boxen in gleicher Art und Weise verändern?
Wäre interessant, aus berufenem Munde hierüber auch noch den ein oder anderen Gedanken zu erfahren.
Gruß,
Markus.
Einspielen...
Verfasst: Di 19. Feb 2002, 15:12
von Malte
Hallo Hr. Görtler,
auch wenn vieles beim Thema "Einspielen" durchaus der Suggestion / dem Irrtum vieler Hifiisten zuzurechnen ist, wie auch das Einspielen von Kabeln und Elektronik, so gibt es doch gerade bei Lautsprechern einige Anhaltspunkte, die sehr wohl für ein "Einspielen" sprechen:
Zumindest bei bestimmten Tieftönern kann man den Effekt beobachten, daß Sicken und Zentrierspinnen ihre dauerhafte Funktion erst nach einigen Stunden Einspielen erreichen. Aufgefallen ist mir das zumindest bei getränkten Gewebe- und Papiersicken/Spinnen. Die Erklärung liegt nahe, daß sich hier Tränke- und Kleberreste noch verändern, bevor die Langzeitparameter erreicht werden.
Konkret: Bei einigen PA- und Car-hifi-Woofern konnte ich beobachten, daß sich sogar die TSP meßbar in den ersten Betriebsstunden änderten - besonders die Freiluftresonanz wurde tiefer, aber auch die Güte veränderte sich noch leicht.
Gruß,
Malte
Verfasst: Do 21. Feb 2002, 12:14
von Dennis Becker
Hallo, mit der Temperatur beim Hochtöner könnte sogar stimmen, ich denke das Phänomen hatte ich auch. Ich habe meine Lautsprecher gegenübergestellt und mit Testtönen einspielen lassen. Keine Ahnung ob ich mich dann daran gewöhnt habe, aber ich empfinde es jetzt besser. Beim Bass kann ich nur sagen, am Anfang ist der Center "nur mit Mühe" vom Fernseher gefallen
jetzt klappt das recht schnell