Interview zum neuen Messlabor unseres neuen Firmenzentrums
Verfasst: Mo 20. Nov 2017, 11:30
Hallo zusammen,
mit dem Einzug unserer Entwicklungsabteilung ist der Umzug großer Teile der Gmünder Speaker Factory in unsere neue Firmenzentrale in der Gmünder Nubertstraße abgeschlossen. Zur Einweihung haben wir ein Interview über unser neues Messlabor mit unseren beiden Entwicklern Thomas Bien und Christoph Meiler geführt. Besucher unserer Hausmesse nuDays konnten den Messraum bereits in Augenschein nehmen, für alle anderen gibt es im Anschluss einige Fotos.
Frage: Wie habt ihr denn bisher gemessen? Was waren die Vor- und Nachteile der bisherigen Messumgebung und warum stand ein neuer Messraum auf eurer Wunschliste für das Entwicklungszentrum in der Nubertstraße?
Thomas Bien: Zum Feintuning nach Gehör war der alte Laborraum eigentlich sehr gut. Er hatte aber auch einige Nachteile. Bei großen Lautsprechern und höheren Abhörpegeln hatten wir beispielsweise ein wenig mit Klirreinflüssen durch mitschwingende Flächen zu kämpfen. Es gab in bestimmten Frequenzbereichen Raummoden und durch den geringen Abstand von Boden und Decke zum Untersuchungsobjekt haben sich vor allem bei größeren Messabständen Reflexionen bemerkbar gemacht. Bei tiefen Frequenzen, also bei großen Wellenlängen oberhalb etwa drei bis fünf Metern, war es sehr mühsam, ordentliche Messergebnisse zu erzielen.
Frage: Wie seid ihr da bisher verfahren? Wie habt ihr das kompensiert?
Thomas Bien: Wir haben Teilmessungen in bestimmten Frequenzbereichen bei verschiedenen Entfernungen und Mikrofonhöhen gemacht und dann die Veränderungen an den Messkurven bewertet. Dadurch konnten wir die Raumeinflüsse relativ deutlich erkennen und uns sukzessive an ein verwertbares Messergebnis herantasten. Man bekam dadurch am Ende durchaus verlässliche Resultate, aber der Weg dorthin war immer mühsam und zeitaufwendig.
Bei unseren großen Lautsprechermodellen war es beispielsweise sehr aufwendig, die klanglichen Einflüsse der Übergangsfrequenzen zu bestimmen, weil man diese Frequenzbereiche eben in einer gewissen Entfernung messen muss, damit man die betreffenden Chassis gleichmäßig erfasst. Da mussten wir die Ergebnisse immer über unsere Mess-Software kompensieren. Das Ziel des neuen Messraums war deshalb, mit weniger Aufwand exakte Messergebnisse zu erzielen, um den Entwicklungsprozess zu beschleunigen.
Frage: Und ich nehme an, der erste Schritt dazu war, den Raum zu dimensionieren?
Thomas Bien: Korrekt. Damit man die Messabstände möglichst groß wählen kann, muss zwischen Wänden und Decke und dem Messobjekt genügend Luft sein. Der jeweils kleinste Abstand ist immer das limitierende Element in der Gleichung. Die untere Grenzfrequenz, die wir erfassen wollen, setzt eine Grundfläche von etwa sechs mal sechs Metern voraus. Daraus ergibt sich, dass die Deckenhöhe ebenfalls mindestens sechs Meter betragen sollte; letztlich sind es siebeneinhalb geworden. Die hohe Decke ermöglicht uns, sehr große Dämmelemente zu verwenden, die entsprechend tieffrequente, also lange Schallwellen absorbieren können.
Frage: Sprechen wir über das Dämpfungsmaterial! Ich nehme an, es gab verschiedene Optionen? Wie und warum habt ihr euch wofür entschieden?
Thomas Bien: Wir haben die Dämpfung anfangs gar nicht als entscheidend wahrgenommen, schließlich hatten und haben wir ja die Möglichkeit, die Reflexionen bei den Messungen über die Software herauszurechnen. Also war der erste Gedanke, wir nehmen einfach ein paar Kantenabsorber und legen los. Aber als wir dann nachgerechnet haben, haben wir schnell festgestellt, dass wir ganz schön viele solcher Kantenabsorber bräuchten – so viele, dass so eine „einfache“ Lösung am Ende sehr teuer geworden wäre …
Christoph Meiler: Wir haben dann verschiedene Angebote von professionellen Raumakustikern eingeholt, die üblicherweise mit bewährten Materialien wie Basotect oder Mineralwolle arbeiten. Aber auch da haben uns die Preise abgeschreckt. Thomas und ich sind zwar nur „zugewanderte“ Schwaben, aber so ein bisschen färbt die hiesige Sparsamkeit dann doch ab. Deshalb haben wir nachgeforscht, ob wir in Eigenregie vielleicht eine Lösung finden, die nicht nur günstiger, sondern auch qualitativ besser ist.
Thomas Bien: Genau! Wir brauchen ja eigentlich keinen „Standardraum“, der zertifiziert nach Industrienorm ABC-123 ist, sondern wir brauchen eine Messumgebung, die verlässliche, exakte Ergebnisse liefert und speziell auf Lautsprechermessungen ausgerichtet ist.
Christoph Meiler: Wir ermitteln hier ja keine Lärmemissionen von Bohrmaschinen oder dergleichen, sondern wir haben sehr spezielle Anforderungen, die ein individuelles Dämpfungskozept viel besser erfüllt als Raumakustik nach Schema F. Beispielsweise sind für uns Messungen im Bassbereich besonders wichtig, wofür solche Normräume weniger ausgelegt sind. Gleichzeitig sparen wir Geld dadurch, dass wir Ausstattungsmerkmale weg lassen, die wir nicht benötigen.
Frage: Also habt ihr euch entschieden, die Planung selbst zu übernehmen, und euch auf die Suche nach dem passenden Dämpfungsmaterial begeben …
Thomas Bien: Wie üblich merkt man erst nach mehreren Umwegen, dass das Gute doch so nahe liegt. Fündig geworden sind wir schließlich bei dem Hersteller, der auch das Dämpfungsmaterial für unsere eigenen Lautsprecher fertigt. Wir hatten eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass der etwas Passendes im Angebot hat. Denn die Polyesterwatte, die wir in unseren Boxen verwenden, hat natürlich wesentlich kleinere Abmessungen als die Teile, die wir für so einen großen Messraum benötigen. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass der Hersteller seit kurzer Zeit auch deutlich größere Elemente produzieren kann – zumindest, wenn man diese in entsprechend großen Mengen abnimmt. Aber das war uns ja gerade recht.
Wir haben insgesamt knapp drei Tonnen der Polyesterwatte verbaut, davon etwa anderthalb Tonnen an der Decke. Die Elemente messen zwischen 2,20 Meter und 3,80 Meter in der Länge, sind 1,70 Meter breit und über 20 Zentimeter dick.
Ein entscheidender Pluspunkt dieses Materials ist, dass es wirklich hervorragende dämpfende Eigenschaften bis in den Tiefbass hinab zeigt, weshalb wir es ja auch in unseren Lautsprechern verwenden. Wir haben dazu recht ausführliche Versuche angestellt: Im mittleren und oberen Frequenzbereich sind die Dämpfungswerte hervorragend. In den unteren Frequenzbereichen, wo man durch die großen Wellenlängen immer auch mit Teilreflexionen rechnen muss, konnten wir durch eine clevere Anordnung der Elemente fast alle Restreflexionen minimieren und zerstreuen.
Christoph Meiler: Unter anderem, um diese Anordnung zu ermitteln, haben wir uns dann schließlich doch noch einen externen Berater mit ins Boot geholt. Und zwar haben wir jemanden gefunden, der auch die Messräume für mehrere HiFi-Zeitschriften ausgestattet hat. Er ist eigentlich inzwischen in Rente, hat sich aber von uns nochmal zu einem Einsatz überreden lassen, um seine jahrzehntelange Erfahrung mit einzubringen. Er hat dann anhand unserer Ideen, unserer Wünsche und unserer Materialwahl das Raumkonzept noch einmal durchgerechnet und dabei seine Erfahrungswerte und Vorschläge ergänzt, beispielsweise, was die nicht ganz einfache Montage des Dämpfungsmaterials anbelangt. Damit hatten wir dann schließlich den finalen Bauplan - wenn man so will.
Frage: Wie kompliziert war denn die Montage?
Christoph Meiler: An den Wänden ist die relativ simpel: Da kommen schlicht Dämmstoffdübel zum Einsatz, wie man sie aus dem Hausbau kennt. Die Elemente an der Decke sind zwischen zwei Aluprofile geklemmt, die wiederum an Stahlseilen oder an einer Rohrkonstruktion hängen, sodass wir möglichst wenig hart reflektierendes Material verwenden mussten. Hier hatten wir Hilfe von einer örtlichen Veranstaltungstechnikfirma, die sich im Bühnenbau auskennt.
Frage: Wenn man einen Blick in den Raum wirft, fällt auf, dass der Boden nicht bedämpft ist, wie man das etwa in schalltoten Räumen sieht. Hallt das nicht?
Thomas Bien: Nein. Die Messumgebung ist als sogenannter Halbraum ausgelegt. Das heißt, die Messebene ist der Boden. Ein Mikrofon, das auf den Boden liegt, kann faktisch keine Bodenreflexionen erfassen, weil diese von der Bedämpfung an den Wänden und an der Decke absorbiert werden. Akustisch gesehen wirkt der Raum also doppelt so groß, wie er tatsächlich ist. Man spricht in diesem Fall von einer sogenannten Groundplane-Messung.
Christoph Meiler: Wir können zusätzlich auch Vollraummessungen vornehmen, wenn wir das Mikrofon und das Messobjekt erhöht positionieren. Dann legen wir auf dem Boden zusätzliches Dämpfungsmaterial aus. Erfordert etwas zusätzlichen Aufwand, aber möglich ist es. So einen abgehängten Boden, wie man ihn aus schalltoten Räumen kennt, wollten wir nicht, weil er im Endeffekt nur die Arbeit erschwert. Es ist ziemlich unangenehm, auf so einem wabernden Federboden zu laufen. Wenn man da eine 170er zur Messung trägt, kann’s schon ein bisschen wackelig werden…
Frage: Wie lange haben denn die Planung und dann schließlich die Umsetzung des Messraums gedauert?
Christoph Meiler: Der Aufbau war in nur drei Wochen erledigt. Vieles haben wir mit eigenen Händen gemacht, beispielsweise die Dämpfungselemente nach der Anlieferung vom Lagerbereich nach oben in den Messraum geschleppt. Bei der Montage hatten wir Hilfe. Die Hauptarbeit war tatsächlich die Planung. Die hat sich über ein knappes Jahr erstreckt – natürlich nicht Vollzeit, aber immer mal wieder.
Frage: Und das Ergebnis …?
Thomas Bien: Nach ersten Tests können wir schon sagen, dass das Ergebnis bis auf kleinere Details genau so ist, wie wir es uns gewünscht haben. Wir sind noch dabei, die Kapazitäten des Raums final auszuloten, und zu schauen, wie sich eventuell minimale „Unebenheiten“ in der Bedämpfung beseitigen lassen. Aber bereits jetzt erhalten wir ohne spezielle Maßnahmen oder Tricks locker bis etwa 70 Hertz hinab saubere Messergebnisse. Mit leicht veränderter Anordnung der Dämmelemente, mithilfe cleverer Positionierung von Messobjekt und Mikrofon sowie etwas Software-„Zauberei“ schaffen wir auch bis 30 Hertz exakte, verlässliche und reproduzierbare Messergebnisse. Und das eben mit wesentlich weniger Zeitaufwand als früher. Das wäre in einem Standardmessraum nicht so einfach möglich gewesen.
Christoph Meiler: Ja, wir sind wirklich hochzufrieden. Die schnelleren, einfacheren Messungen werden letztlich unsere Entwicklungsarbeit spürbar beschleunigen und erleichtern.
mit dem Einzug unserer Entwicklungsabteilung ist der Umzug großer Teile der Gmünder Speaker Factory in unsere neue Firmenzentrale in der Gmünder Nubertstraße abgeschlossen. Zur Einweihung haben wir ein Interview über unser neues Messlabor mit unseren beiden Entwicklern Thomas Bien und Christoph Meiler geführt. Besucher unserer Hausmesse nuDays konnten den Messraum bereits in Augenschein nehmen, für alle anderen gibt es im Anschluss einige Fotos.
Frage: Wie habt ihr denn bisher gemessen? Was waren die Vor- und Nachteile der bisherigen Messumgebung und warum stand ein neuer Messraum auf eurer Wunschliste für das Entwicklungszentrum in der Nubertstraße?
Thomas Bien: Zum Feintuning nach Gehör war der alte Laborraum eigentlich sehr gut. Er hatte aber auch einige Nachteile. Bei großen Lautsprechern und höheren Abhörpegeln hatten wir beispielsweise ein wenig mit Klirreinflüssen durch mitschwingende Flächen zu kämpfen. Es gab in bestimmten Frequenzbereichen Raummoden und durch den geringen Abstand von Boden und Decke zum Untersuchungsobjekt haben sich vor allem bei größeren Messabständen Reflexionen bemerkbar gemacht. Bei tiefen Frequenzen, also bei großen Wellenlängen oberhalb etwa drei bis fünf Metern, war es sehr mühsam, ordentliche Messergebnisse zu erzielen.
Frage: Wie seid ihr da bisher verfahren? Wie habt ihr das kompensiert?
Thomas Bien: Wir haben Teilmessungen in bestimmten Frequenzbereichen bei verschiedenen Entfernungen und Mikrofonhöhen gemacht und dann die Veränderungen an den Messkurven bewertet. Dadurch konnten wir die Raumeinflüsse relativ deutlich erkennen und uns sukzessive an ein verwertbares Messergebnis herantasten. Man bekam dadurch am Ende durchaus verlässliche Resultate, aber der Weg dorthin war immer mühsam und zeitaufwendig.
Bei unseren großen Lautsprechermodellen war es beispielsweise sehr aufwendig, die klanglichen Einflüsse der Übergangsfrequenzen zu bestimmen, weil man diese Frequenzbereiche eben in einer gewissen Entfernung messen muss, damit man die betreffenden Chassis gleichmäßig erfasst. Da mussten wir die Ergebnisse immer über unsere Mess-Software kompensieren. Das Ziel des neuen Messraums war deshalb, mit weniger Aufwand exakte Messergebnisse zu erzielen, um den Entwicklungsprozess zu beschleunigen.
Frage: Und ich nehme an, der erste Schritt dazu war, den Raum zu dimensionieren?
Thomas Bien: Korrekt. Damit man die Messabstände möglichst groß wählen kann, muss zwischen Wänden und Decke und dem Messobjekt genügend Luft sein. Der jeweils kleinste Abstand ist immer das limitierende Element in der Gleichung. Die untere Grenzfrequenz, die wir erfassen wollen, setzt eine Grundfläche von etwa sechs mal sechs Metern voraus. Daraus ergibt sich, dass die Deckenhöhe ebenfalls mindestens sechs Meter betragen sollte; letztlich sind es siebeneinhalb geworden. Die hohe Decke ermöglicht uns, sehr große Dämmelemente zu verwenden, die entsprechend tieffrequente, also lange Schallwellen absorbieren können.
Frage: Sprechen wir über das Dämpfungsmaterial! Ich nehme an, es gab verschiedene Optionen? Wie und warum habt ihr euch wofür entschieden?
Thomas Bien: Wir haben die Dämpfung anfangs gar nicht als entscheidend wahrgenommen, schließlich hatten und haben wir ja die Möglichkeit, die Reflexionen bei den Messungen über die Software herauszurechnen. Also war der erste Gedanke, wir nehmen einfach ein paar Kantenabsorber und legen los. Aber als wir dann nachgerechnet haben, haben wir schnell festgestellt, dass wir ganz schön viele solcher Kantenabsorber bräuchten – so viele, dass so eine „einfache“ Lösung am Ende sehr teuer geworden wäre …
Christoph Meiler: Wir haben dann verschiedene Angebote von professionellen Raumakustikern eingeholt, die üblicherweise mit bewährten Materialien wie Basotect oder Mineralwolle arbeiten. Aber auch da haben uns die Preise abgeschreckt. Thomas und ich sind zwar nur „zugewanderte“ Schwaben, aber so ein bisschen färbt die hiesige Sparsamkeit dann doch ab. Deshalb haben wir nachgeforscht, ob wir in Eigenregie vielleicht eine Lösung finden, die nicht nur günstiger, sondern auch qualitativ besser ist.
Thomas Bien: Genau! Wir brauchen ja eigentlich keinen „Standardraum“, der zertifiziert nach Industrienorm ABC-123 ist, sondern wir brauchen eine Messumgebung, die verlässliche, exakte Ergebnisse liefert und speziell auf Lautsprechermessungen ausgerichtet ist.
Christoph Meiler: Wir ermitteln hier ja keine Lärmemissionen von Bohrmaschinen oder dergleichen, sondern wir haben sehr spezielle Anforderungen, die ein individuelles Dämpfungskozept viel besser erfüllt als Raumakustik nach Schema F. Beispielsweise sind für uns Messungen im Bassbereich besonders wichtig, wofür solche Normräume weniger ausgelegt sind. Gleichzeitig sparen wir Geld dadurch, dass wir Ausstattungsmerkmale weg lassen, die wir nicht benötigen.
Frage: Also habt ihr euch entschieden, die Planung selbst zu übernehmen, und euch auf die Suche nach dem passenden Dämpfungsmaterial begeben …
Thomas Bien: Wie üblich merkt man erst nach mehreren Umwegen, dass das Gute doch so nahe liegt. Fündig geworden sind wir schließlich bei dem Hersteller, der auch das Dämpfungsmaterial für unsere eigenen Lautsprecher fertigt. Wir hatten eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass der etwas Passendes im Angebot hat. Denn die Polyesterwatte, die wir in unseren Boxen verwenden, hat natürlich wesentlich kleinere Abmessungen als die Teile, die wir für so einen großen Messraum benötigen. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass der Hersteller seit kurzer Zeit auch deutlich größere Elemente produzieren kann – zumindest, wenn man diese in entsprechend großen Mengen abnimmt. Aber das war uns ja gerade recht.
Wir haben insgesamt knapp drei Tonnen der Polyesterwatte verbaut, davon etwa anderthalb Tonnen an der Decke. Die Elemente messen zwischen 2,20 Meter und 3,80 Meter in der Länge, sind 1,70 Meter breit und über 20 Zentimeter dick.
Ein entscheidender Pluspunkt dieses Materials ist, dass es wirklich hervorragende dämpfende Eigenschaften bis in den Tiefbass hinab zeigt, weshalb wir es ja auch in unseren Lautsprechern verwenden. Wir haben dazu recht ausführliche Versuche angestellt: Im mittleren und oberen Frequenzbereich sind die Dämpfungswerte hervorragend. In den unteren Frequenzbereichen, wo man durch die großen Wellenlängen immer auch mit Teilreflexionen rechnen muss, konnten wir durch eine clevere Anordnung der Elemente fast alle Restreflexionen minimieren und zerstreuen.
Christoph Meiler: Unter anderem, um diese Anordnung zu ermitteln, haben wir uns dann schließlich doch noch einen externen Berater mit ins Boot geholt. Und zwar haben wir jemanden gefunden, der auch die Messräume für mehrere HiFi-Zeitschriften ausgestattet hat. Er ist eigentlich inzwischen in Rente, hat sich aber von uns nochmal zu einem Einsatz überreden lassen, um seine jahrzehntelange Erfahrung mit einzubringen. Er hat dann anhand unserer Ideen, unserer Wünsche und unserer Materialwahl das Raumkonzept noch einmal durchgerechnet und dabei seine Erfahrungswerte und Vorschläge ergänzt, beispielsweise, was die nicht ganz einfache Montage des Dämpfungsmaterials anbelangt. Damit hatten wir dann schließlich den finalen Bauplan - wenn man so will.
Frage: Wie kompliziert war denn die Montage?
Christoph Meiler: An den Wänden ist die relativ simpel: Da kommen schlicht Dämmstoffdübel zum Einsatz, wie man sie aus dem Hausbau kennt. Die Elemente an der Decke sind zwischen zwei Aluprofile geklemmt, die wiederum an Stahlseilen oder an einer Rohrkonstruktion hängen, sodass wir möglichst wenig hart reflektierendes Material verwenden mussten. Hier hatten wir Hilfe von einer örtlichen Veranstaltungstechnikfirma, die sich im Bühnenbau auskennt.
Frage: Wenn man einen Blick in den Raum wirft, fällt auf, dass der Boden nicht bedämpft ist, wie man das etwa in schalltoten Räumen sieht. Hallt das nicht?
Thomas Bien: Nein. Die Messumgebung ist als sogenannter Halbraum ausgelegt. Das heißt, die Messebene ist der Boden. Ein Mikrofon, das auf den Boden liegt, kann faktisch keine Bodenreflexionen erfassen, weil diese von der Bedämpfung an den Wänden und an der Decke absorbiert werden. Akustisch gesehen wirkt der Raum also doppelt so groß, wie er tatsächlich ist. Man spricht in diesem Fall von einer sogenannten Groundplane-Messung.
Christoph Meiler: Wir können zusätzlich auch Vollraummessungen vornehmen, wenn wir das Mikrofon und das Messobjekt erhöht positionieren. Dann legen wir auf dem Boden zusätzliches Dämpfungsmaterial aus. Erfordert etwas zusätzlichen Aufwand, aber möglich ist es. So einen abgehängten Boden, wie man ihn aus schalltoten Räumen kennt, wollten wir nicht, weil er im Endeffekt nur die Arbeit erschwert. Es ist ziemlich unangenehm, auf so einem wabernden Federboden zu laufen. Wenn man da eine 170er zur Messung trägt, kann’s schon ein bisschen wackelig werden…
Frage: Wie lange haben denn die Planung und dann schließlich die Umsetzung des Messraums gedauert?
Christoph Meiler: Der Aufbau war in nur drei Wochen erledigt. Vieles haben wir mit eigenen Händen gemacht, beispielsweise die Dämpfungselemente nach der Anlieferung vom Lagerbereich nach oben in den Messraum geschleppt. Bei der Montage hatten wir Hilfe. Die Hauptarbeit war tatsächlich die Planung. Die hat sich über ein knappes Jahr erstreckt – natürlich nicht Vollzeit, aber immer mal wieder.
Frage: Und das Ergebnis …?
Thomas Bien: Nach ersten Tests können wir schon sagen, dass das Ergebnis bis auf kleinere Details genau so ist, wie wir es uns gewünscht haben. Wir sind noch dabei, die Kapazitäten des Raums final auszuloten, und zu schauen, wie sich eventuell minimale „Unebenheiten“ in der Bedämpfung beseitigen lassen. Aber bereits jetzt erhalten wir ohne spezielle Maßnahmen oder Tricks locker bis etwa 70 Hertz hinab saubere Messergebnisse. Mit leicht veränderter Anordnung der Dämmelemente, mithilfe cleverer Positionierung von Messobjekt und Mikrofon sowie etwas Software-„Zauberei“ schaffen wir auch bis 30 Hertz exakte, verlässliche und reproduzierbare Messergebnisse. Und das eben mit wesentlich weniger Zeitaufwand als früher. Das wäre in einem Standardmessraum nicht so einfach möglich gewesen.
Christoph Meiler: Ja, wir sind wirklich hochzufrieden. Die schnelleren, einfacheren Messungen werden letztlich unsere Entwicklungsarbeit spürbar beschleunigen und erleichtern.