Der Thread um richtig Dampf abzulassen!

[daXXes]

... aber dann darf es keine Vollzeitkräfte geben die für 1200€ netto 180 Stunden malochen.

Es ist allerdings nicht die Schuld der Auszubildenden, wenn es irgendwo Vollzeitkräfte gibt, die für einen solches Azubi-Gehalt ihre volle Arbeitsleistung zur Verfügung stellen. Dann müssen halt LKW-Fahrer oder andere Branchen, wo das zutrifft, auch auf die Barrikaden gehen. Das Recht dazu hat prinzipiell jeder.

[Weyoun]

Für den 8. März ist ein erneuter Azubi-Streiktag angekündigt. Das hätte ich mir zu meiner Zeit als Lehrling auch mal gewünscht

Ausgerechnet am Frauentag wird gestreikt? Da ist in Berlin doch eh Feiertag.

Versteht mich nicht falsch, ich gönne den jungen Leuten den Wohlstand, aber dann darf es keine Vollzeitkräfte geben die für 1200€ netto 180 Stunden malochen. Zumindest in der Industrie werden die Azubis mit Samthandschuhen angefasst und was Arbeit ist wissen die nicht.

Mal schauen, ob ich morgen mal im Vorbeigehen einen Schnappschuss mit dem Smartphone mache: Heute beim Bäcker (eine der beiden größten Filialbäckereien von Nürnberg und Umgebung) hatte im Aushang geschrieben, dass man Azubis sucht (leider war nicht zu erkennen, ob Bäcker oder Verkäufer, ich vermute aber mal stark Bäcker). Wenn mich mein Gedächtnis nicht wirklich im Stich gelassen hat (ich schaue morgen noch mal zum Verifizieren nach) stand da folgendes: Im ersten Lehrjahr 1.250 €, im zweiten Lehrjahr 1.500 €, im dritten Lehrjahr 1.750 € => plus weitere Boni.

Für mich sah das schon nach verdammt viel aus. Wenn ich mir anschaue, was in Chemnitz manche Bäckergesellen (nicht Azubis wohlgemerkt) bekommen, dann ist das ein exorbitanter "Metropolregions-Zuschlag", der anscheinend in Nürnberg gezahlt wird. Ohne Grund würde man wohl nicht so hoch taxieren, also scheint zumindest im Bäckereihandwerk doch was am Fachkräftemangel dran zu sein.

[Zweck0r]

Aber klar, jeder Azubi braucht ja seine eigene Bude und sein eigenes Auto mit 18.

Ich war damals froh, dass ich keine Bude brauchte, und mit dem Zug zur Fachhochschule fahren konnte.

Heutzutage haben wohl weniger Eltern stadtnahe Wohnungen mit genügend Platz. Und ich hatte auch noch das Glück, vor der unverschämten Bologna-Reform auf Diplom studieren zu können. Mit den sinnlosen Präsenzpflichten und dem noch sinnloseren Neubewerbungszwang zum Master hätte das mit der Bahn wohl nicht mehr geklappt.

Präsenzpflicht hatte ich nur bei Praktika und Klausuren, alles andere war optional.

[aaof]

Was mich total bestürzt hat: eine Busfahrerin verdient 1600 netto in Vollzeit. Wie krank ist das denn? Die hat so eine Verantwortung, aber nee, ein Pilot im Flugzeug muss 20tsd. Euro verdienen. Das ist dem noch zu wenig. Wenn die Dame in ihrem Bus einen Fahrfehler begeht, sterben Menschen. Das ist ein richtig anspruchsvoller Job. Doofe Arbeitszeiten incl..

[Zweck0r]

Was mich total bestürzt hat: eine Busfahrerin verdient 1600 netto in Vollzeit.

Das erklärt das Fachkräftemangelgejammer. Lustig, dass "Fachkräftemangel" immer nur Berufe betrifft, bei denen Arbeitgeberkartelle die Marktwirtschaft mit indiskutablen Angeboten aushebeln wollen.

[Weyoun]

Und ich hatte auch noch das Glück, vor der unverschämten Bologna-Reform auf Diplom studieren zu können. Mit den sinnlosen Präsenzpflichten und dem noch sinnloseren Neubewerbungszwang zum Master hätte das mit der Bahn wohl nicht mehr geklappt.

Präsenzpflicht hatte ich nur bei Praktika und Klausuren, alles andere war optional.

War bei mir genauso. Wobei ich schon ein 1-Zimmer-Appartment nahe der FH gemietet hatte (das BaFöG war damals allerdings lächerlich mit etwas über 300 DM, weil mein Vater als Alleinverdiener angeblich zu viel verdiente und meine beiden jüngeren Schwestern ja angeblich nichts kosteten), um vom "Studentenleben" auch etwas zu erleben.

[Modell T]

@Weyoun - Bei den Bäckern kann ich es noch einigermaßen verstehen wenn sie über den Lohn Nachwuchs suchen. Will ja keiner mehr einen Beruf erlernen bei dem man körperlich arbeiten muss. Aber in den kaufmännischen Bereichen in Industrie und dem Bankensektor, da bekomme ich die Krise. Mein ehemaliger Arbeitgeber mit 1300 Mitarbeitern hat kaufmännisch und gewerblich ausgebildet. Bei den kaufmännischen Auszubildenden hatte ich immer den Eindruck, die sind auf Urlaub da. Pausenzeiten interessierten nicht, gewerbliche Kollegen grüßen, um Gottes Willen, die untere Kaste muss man doch ignorieren. Dafür bekommen die eine Vergütung, da träumt manche Pflegekraft davon.

Was mich bei den Tarifverhandlungen am meisten gestört hat, war das Verhalten von locker 90% der Angestellten. Größtenteils nicht in der Gewerkschaft und schon gar nicht am Warnstreik teilgenommen. Aber die Erhöhung ohne Murren mitgenommen. Ich war als Meister auch Angestellter und bin mit meinen Mitarbeitern immer mit raus vor das Werkstor. Wenn ich es auch nicht immer richtig fand was die Gewerkschaften da treiben, war aber wie oben beschrieben der einfachste Weg und das Volk war zufrieden.

[daXXes]

Was mich total bestürzt hat: eine Busfahrerin verdient 1600 netto in Vollzeit.

Das erklärt das Fachkräftemangelgejammer. Lustig, dass "Fachkräftemangel" immer nur Berufe betrifft, bei denen Arbeitgeberkartelle die Marktwirtschaft mit indiskutablen Angeboten aushebeln wollen.

Könnte vielleicht auch daran liegen, dass sie ledig ist?
Durchschnittliches Nettoeinkommen der Singles in Deutschland: https://de.statista.com/statistik/daten ... einkommen/
Laut dieser Statistik liegt man da sogar im Durchschnitt. Ist ja auch kein Wunder, wenn der Staat Unverheirateten rund 40% vom Brutto an Abzügen abknöpft.

@Weyoun - Bei den Bäckern kann ich es noch einigermaßen verstehen wenn sie über den Lohn Nachwuchs suchen. Will ja keiner mehr einen Beruf erlernen bei dem man körperlich arbeiten muss.

Ob das wirklich an der körperlichen Arbeit liegt oder doch eher an den extrem unattraktiven nächtlichen Arbeitszeiten? Elektriker und ähnliche Handwerksberufe haben diese Nachwuchs-Sorgen nicht in dem Ausmaß wie die Bäcker.

[Weyoun]

Was mich total bestürzt hat: eine Busfahrerin verdient 1600 netto in Vollzeit. Wie krank ist das denn? Die hat so eine Verantwortung, aber nee, ein Pilot im Flugzeug muss 20tsd. Euro verdienen. Das ist dem noch zu wenig. Wenn die Dame in ihrem Bus einen Fahrfehler begeht, sterben Menschen. Das ist ein richtig anspruchsvoller Job. Doofe Arbeitszeiten incl..

Ich habe gerade mal geschaut: Busfahrer ist offiziell ein Ausbildungsberuf mit dreijähriger Ausbildung. Aber inoffiziell ist der "Berufskraftfahrer" doch recht schnell nach seinem Führerschein im Einsatz (sowohl Bus- als auch LKW-Fahrer), oder täusche ich mich?

Zum Thema Pilot: Was man halt nicht vergessen darf ist die Tatsache, dass Piloten ihre mehrjährige Ausbildung seit einiger Zeit aus eigener Tasche bezahlen müssen. Selbst die Lufthansa übernimmt die Kosten nicht mehr. Sie gehen also vor ihrem ersten Arbeitstag erst mal mit 80.000 bis 90.000 € (so viel kostet die Ausbildung) in Vorleistung (sprich Kredit). Das hat schon amerikanische Verhältnisse, wo nahezu alle Uni-Absolventen (oder dessen Eltern) hochverschuldet sind.

@Weyoun - Bei den Bäckern kann ich es noch einigermaßen verstehen wenn sie über den Lohn Nachwuchs suchen. Will ja keiner mehr einen Beruf erlernen bei dem man körperlich arbeiten muss.

Bei den Bäckern ist die reine körperliche Arbeit gar nicht mal das Problem, sondern die seltsamen Arbeitszeiten. Man steht auf, wenn andere gerade ins Bett gehen. Es gibt sogar einige Bäcker, die aus diesem Grund bereits im Mehrschicht-System arbeiten, sodass die Azubis und Gesellen maximal alle zwei Wochen mitten in der Nacht aufstehen müssen, oder die Backstube öffnet generell erst später (geht aber nur, wenn viele Produkte vorgebacken werden).

Was mich bei den Tarifverhandlungen am meisten gestört hat, war das Verhalten von locker 90% der Angestellten. Größtenteils nicht in der Gewerkschaft und schon gar nicht am Warnstreik teilgenommen. Aber die Erhöhung ohne Murren mitgenommen.

Das ist bei uns in der Entwicklung nicht anders. "Sollen doch die Leute in der Produktion für meine Lohnerhöhung streiken!" lautet deren Credo. Leider gibt es bei uns (im Gegensatz zu anderen IGM-Betrieben) keine reinen "IGM-Leistungen", die nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten. Der Arbeitgeber zahlt freiwillig an jeden, damit weniger Mitarbeiter im Fall der Fälle streiken.

Ich bin VK-ler in der Entwicklung und kämpfe jedes Mal gegen Windmühlen, wenn ich meine Kollegen "motivieren" möchte.

[aaof]

@Weyoun

Ich kenne tatsächlich am Rande die Kosten für eine Pilotenausbildung, da wir im nahem Umfeld jemanden haben, der diese gemacht hat. War noch zu DM Mark Zeiten, die Ausbildung hat insgesamt 250tsd. DM gekostet. Das ist viel Geld und der Pilot soll ja auch sein Geld verdienen dürfen. Aber das rechtfertigt nicht, dass ein Busfahrer ein Bruchteil davon bekommt, der Lenker eines ICE bekommt auch nicht viel mehr. Verantwortung haben alle diese Jobs. Muss ordentlich bezahlt werden. Ich kann es daher sehr gut verstehen, dass sich mein Bekannter, der gern Zuglenker war, in den Innendienst versetzen lies. Für die Paar Kröten würde ich das auch nicht machen wollen. 300 Menschen hinter mir, Geschwindigkeit über 200kmh, doofe Arbeitszeiten und dafür ein Apfel und ein Ei. Nöö.